- Graf von Hennegau
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Die Grafschaft Hennegau (lat. Hannonia, niederl. Henegouw (die Gau) oder Henegouwen (die spätere Grafschaft), franz. le Hainaut, nach dem Flüsschen Haine benannt) ist ein historisches Territorium auf dem heutigen Gebiet Belgiens und Frankreichs.
Inhaltsverzeichnis
Altertum und Frühmittelalter
Der Hennegau war ein fränkischer Gau. Das Gebiet gehörte in römischer Zeit zur Silva carbonaria (Kohlenwald) und war die Heimat der Nervier.
Vom Hochmittelalter in die Neuzeit
Die Grafschaft Hennegau entstand aus der Vereinigung von drei Reichslehen:
- Die Grafschaft Bergen aus dem alten Hennegau, 998 von Reginar IV. erworben.
- Die südliche Grafschaft aus dem Brabantgau, von Reginar V. von Bergen von seinem Schwiegervater, dem Grafen Hermann von Eenham, Gaugraf im Brabant, um 1024 erworben.
- Die Markgrafschaft Valenciennes, ein Reichslehen, das 945 nach der Absetzung des Grafen Balduin V. von Flandern wegen seiner Rebellion gegen den deutschen Kaiser wahrscheinlich dem Vater von Richilde von Egisheim (Reginar von Hasnon ?), zugewiesen wurde. Richilde brachte nach dem Tod ihres Vaters die Markgrafschaft in ihre Ehe mit graf Hermann von Bergen ein.
1051 starb Graf Hermann von Bergen, Sohn des Grafen Reginar V. Seine Witwe, Richilde von Egisheim, brachte die drei Grafschaften an ihren zweiten Gemahl, den Grafen Balduin VI. von Flandern († 1070), den man im Hennegau Balduin I. nannte. Nach ihrer Niederlage in der Schlacht von Cassel in Flandern (1071) versuchte Richilde, ihre Grafschaften und Allode beim deutschen König Heinrich IV. zu Geld zu machen. Bischof Theodwin von Lüttich kaufte die Lehnshoheit über die Allode und die Reichslehen. Er gab die Lehen über die neue Grafschaft Hennegau an den Herzog von Niederlothringen, der darauf die Grafschaft der Gräfin Richilde zu Lehen gab. Auf diese Weise (Refeodalization genannt) ging die Reichsunmittelbarkeit verloren.
Balduin V. von Hennegau vereinigte durch seine Heirat mit Margarete von Elsass und Flandern 1191 die Grafschaft Hennegau zum zweiten Mal mit Flandern (und Namur). Balduin VI. (IX. von Flandern), ein Sprössling dieser Ehe, wurde 1204 erster lateinischer Kaiser zu Konstantinopel; seine Erblande fielen zuerst an seine älteste Tochter, Johanna von Flandern, dann 1244 an deren Schwester Margarete von Flandern, die zuerst mit Burchard von Avesnes und dann mit Wilhelm von Dampierre verheiratet war. Im Jahr 1246 wurde den Kindern erster Ehe der Hennegau, denen zweiter Ehe Flandern zugeteilt. Zwischen den Söhnen aus beiden Ehen kam es nun zu langwierigen Kämpfen, in denen sich Margarete auf die Seite der Dampierres stellte. Gegenstand des Zwistes war vornehmlich Reichsflandern (Flämischer Erbfolgekrieg)
Doch folgte 1279 nach Margaretes Tod ihr Enkel Johann II. im Hennegau, und er erwarb 1299 auch die Grafschaft Holland. Mit Wilhelm II. erlosch 1345 die männliche Linie der Avesnes im Hennegau. Des Grafen Wilhelm I., des Guten (1304-37) Tochter Margarethe, Gemahlin Kaiser Ludwigs des Bayern, brachte den Hennegau samt Holland und Zeeland 1345 an das Haus Bayern. Ihre Urenkelin, die ebenso leichtsinnige wie heroische Jakoba von Bayern, trat 1433 ihr Erbe an Philipp den Guten von Burgund ab, und so kam der Hennegau mit der burgundischen Erbschaft 1477 an das Haus Habsburg, bei welchem es (1556-1713 bei der spanischen, dann bei der österreichischen Linie) bis zur Französischen Revolution blieb.
Seit dem Pyrenäischen Frieden (1659) und dem von Nijmegen (1678) war inzwischen der heute zum französischen Département Nord gehörige südliche Teil von Hennegau mit der Hauptstadt Valenciennes an Frankreich gekommen. Aus dem übrigen wurde 1815 mit Einverleibung der vormals flandrischen Landschaft Tournaisis, des namurschen Distrikts Charleroi und einiger Teile von Brabant und Lüttich, welche vorher das französische Département Jemappes ausmachten, die zwischen 1815 und 1830 niederländische, danach belgische Provinz Hennegau gebildet.
Grafen von Hennegau
Bis 923:
- 908–921 Sigehard, auch Graf im Lüttichgau
- 921–923 Haganon
Haus der Reginare
- 924–931 Reginar II.
- 931–957 Reginar III., abgesetzt († 971/997)
Ab 957 ist die Grafschaft Hennegau in die Grafschaft Bergen und die Markgrafschaft Valenciennes getrennt
- Markgrafschaft Valenciennes:
- 957–973 Amalricus
- 973–973 Garnerus (Warinharius, Garnier, Werner) († 973)
- 973–1011/1012 Arnulf
- 1013–1035 Balduin IV. von Flandern († 1035)
- 1035–1045 Balduin V. von Flandern, abgesetzt († 1067).
- 1045–um 1048 (Reginar von Hasnon ?)
- um 1048–1051 Hermann von Bergen († 1051)
- Grafschaft Bergen:
- 958–964 Gottfried von Jülich (Matfriede)
- 965–973 Richar, auch Graf im Lüttichgau († 973)
- 973–973 Reinout († 973)
- 976–998 Gottfried der Gefangene von Verdun (Wigeriche)
- 998–1013 Reginar IV. († 1013)
- 1013–1039 Reginar V. († 1039)
- 1039–1051 Hermann († 1051)
- 1051–1070 Balduin I.
- 1070–1071 Arnulf
Ab 1071: refeodierte Grafschaft Hennegau:
- 1071–1076 Richilde von Egisheim
- 1076–1098 Balduin II.
- 1098–1120 Balduin III.
- 1120–1171 Balduin IV.
- 1171–1195 Balduin V.
- 1195–1205 Balduin VI.
- 1205–1244 Johanna
- 1212–1233 Ferdinand von Portugal, ihr 1. Ehemann
- 1239–1244 Thomas II. von Savoyen, ihr 2. Ehemann
- 1244–1253 Margarete
- 1253–1256 Karl von Anjou
- 1256–1280 Margarete
Haus Avesnes
- 1280–1304 Johann
- 1304–1337 Wilhelm I. der Gute
- 1337–1345 Wilhelm II.
- 1345–1356 Margarethe II. von Avesnes
Haus Wittelsbach
- 1356–1389 Wilhelm III.
- 1389–1404 Albrecht
- 1404–1417 Wilhelm IV.
- 1418–1425 Johann III.
- 1417–1433 Jakobäa
Herzöge von Burgund
- 1433–1467 Philipp der Gute
- 1467–1477 Karl der Kühne
- 1477–1482 Maria von Burgund
Haus Habsburg
Literatur
Charles Duvivier: Recherches sur le Hainaut ancien. Fr. J. Olivier, Brüssel 1865.
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