Wissenschaftstourismus

Wissenschaftstourismus

Wissenschaftstourismus bezeichnet professionelles Reisen im Dienst an der Wissenschaft, also etwa an der Forschung (auch Forschungstourismus) oder zwecks Teilnahme an Tagungen, Symposien, Konferenzen, Kongressen (auch Kongresstourismus). Mitunter bezeichnet Wissenschaftstourismus auch eine intensive Form von Bildungstourismus oder Kulturtourismus, etwa in der Werbung von Reiseveranstaltern.

Im Wissenschaftstourismus als Forschungstourismus geht es um Forschungsanliegen, die zwecks Gewinnung von Datenmaterial eine Reisetätigkeit erfordern. Dies betrifft viele Disziplinen, Geo- und Lebenswissenschaften ebenso wie jene, die den Menschen selbst studieren, wie Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften und Kulturwissenschaften, besonders die Ethnologie.

Inhaltsverzeichnis

Ökonomische Aspekte

Innerhalb der Reiseindustrie ist Wissenschaftstourismus nur ein kleiner Nischenmarkt[1], aber mit steigenden Zahlen von teilnehmenden Personen. Dieser Trend wird begünstigt durch Finanzierung von Stiftungen, Fonds, Projekten.

Destinationen

Die geographischen Gebiete, die Forschungsinteressen der genannten Disziplinen anziehen, liegen immer öfter in Entwicklungsländern. Wenn sie in Gebieten liegen, die zugleich Destinationen eines Freizeittourismus sind, treffen Forscher und Touristen aufeinander.

Erforschung

Wissenschaftstourismus als Forschungstourismus ist zunehmend Gegenstand von Tourismusforschung und Tourismuswissenschaft. Mit der Erarbeitung von Abgrenzungen zwischen Forschern und Touristen, dem Erfassen von Unterschieden und Gemeinsamkeiten, befasst sich innerhalb der Tourismuswissenschaft besonders die Tourismusethnologie [2] [3] [4].

Kritik

Forschungstourismus ist Gegenstand der Tourismuskritik, auch dann, wenn die Forscher sich noch in Ausbildung befinden und als Studenten Praktika absolvieren oder Daten sammeln für Diplom- und Masterarbeiten. Denn deren primäres Ziel liegt im akademischen Abschluss und nicht in der Wahrung der Interessen der Bereisten und Beforschten. Dies gilt in besonderem Maße für die Ethnologie. Da sie jene Wissenschaft ist, die ihre Kompetenz in der Deutung von Andersheit sieht, sind ihre Aktivitäten auf Reisen - vielleicht mehr als die anderer Disziplinen - der Kritik ausgesetzt und der Forderung, ethische Standards bei der Forschung in den armen Gebieten der Welt verbindlich einzuhalten und intellektuelle Eigentumsrechte zu wahren [5] [6].

Einzelnachweise

  1. Benson, Angela: Research tourism. Professional travel for useful discoveries, in: Marina Novelli (Hg.), Niche Tourism. Contemporary issues, trends and cases, Oxford: Elsevier Butterworth-Heinemann 2005, 133-142.
  2. Clifford, James: Routes. Travel and Translation in the Late Twentieth Century, Cambridge, Mass. etc.: Harvard University Press 1997, 52 ff.
  3. Crick, Malcolm: The Anthropologist as Tourist: an Identity in Question, in: Lanfant, Marie-Francoise/Allcock, John B./Bruner, Edward M. (Eds.), International Tourism. Identity and Change (Sage Studies in International Sociology 47), London etc.: Sage 1995, 205 ff.
  4. Harkin, Michael: Modernist Anthropology and Tourism of the Authentic, in: Annals of Tourism Research, vol. 22/3, 1995, 650, 667.
  5. Association of Social Anthropologists of the UK and Commonwealth, Ethical Guidelines for Good Research Practice, 1999
  6. Deutsche Gesellschaft für Völkerkunde, Ethik in der Ethnologie, 2007, 44-48

Literatur

  • Badone, Ellen: Crossing Boundaries: Exploring the Borderlands of Ethnography, Tourism, and Pilgrimage. In: Badone, Ellen/Roseman Sharon R. (Eds.), Intersecting Journeys. The Anthropology of Pilgrimage and Tourism. Urbana, Ill. etc.: University of Illinois Press 2004, 180-189.
  • Galani-Moutafi, Vasiliki: The Self and the Other. Traveler, Ethnographer, Tourist. In: Annals of Tourism Research, vol. 27/1, 2000, 203-224.
  • Schlehe, Judith: Ethnologie des Tourismus: Zur Entgrenzung von Feldforschung und Reise. In: Peripherie. Zeitschrift für Politik und Ökonomie in der Dritten Welt, Nr. 89/23, 2003, 31-47.
  • Thurner, Ingrid: Bereist. Beforscht. Wissenschaftstourismus als Ethnotourismus. In: Trupp, Claudia/Trupp, Alexander (Hg.), Ethnotourismus - Interkulturelle Begegnung auf Augenhöhe? Wien: Mandelbaum Verlag 2009, 156-171.

Siehe auch

Weblinks


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