Combino

Combino

Als Combino werden Niederflur-Straßenbahn-Triebwagen bezeichnet, die von Siemens-Duewag 1996 erstmals als Prototyp gebaut wurden. Wegen ihres modularen Aufbaus mit standardisierten Bauteilen und des daraus resultierenden geringeren Preises galt der Combino als einer der erfolgreichsten Straßenbahn-Standardtypen. Rund 500 Fahrzeuge dieses Typs wurden in die Städte Amsterdam, Augsburg, Basel, Bern, Düsseldorf, Erfurt, Freiburg im Breisgau, Hiroshima, Melbourne, Nordhausen, Potsdam, Posen und Ulm verkauft.

Eine Weiterentwicklung des Combinos wurde in Budapest und Almada verkauft.

2007 wurde erstmals die neue Combino-Generation mit dem Namen Combino Classic an die Stadt Bern verkauft.

Combino der BVB in Basel

Inhaltsverzeichnis

Konzept

Combino der Freiburger Verkehrs AG

Der Combino wurde von Siemens Düsseldorf, ehemals Duewag AG, als Antwort auf den ständigen Preisdruck am Markt entwickelt. Die Entwicklung begann 1994. Ziel des innovativen Konzepts war die Umstellung von der oft maßgeschneiderten Kleinserie zu einer wesentlich ökonomischeren industriellen Großserien-Fertigung. Das Fahrzeug wurde als Modulsystem aus standardisierten Baugruppen konzipiert und sollte so alle Einsatzmöglichkeiten abdecken.

Der Combino ist in unterschiedlichen Längen, drei Wagenbreiten (2300, 2400, 2650 mm) und zwei Spurweiten, als Ein- oder Zweirichtungsfahrzeug, und als DuoCombino mit zusätzlichem Dieselantrieb lieferbar. Die aus Aluminium gebauten Fahrzeuge haben eine Länge von 19 Metern (Nordhausen) bis 43 Metern (Basel). Der aus Stahl gebaute Combino-Abkömmling NF12 für Budapest erreicht sogar eine Länge von 54 Metern.

Design

Grundlage des Designs waren sehr enge Zielvorgaben des Unternehmens, wie die Optimierung aller Baugruppen unter funktionalen, wirtschaftlichen und wartungstechnischen Gesichtspunkten. Beispiel sind die senkrechten flächigen Seitenwände. Das Design sollte die Ziele des Unternehmens unterstützen, prägnant sein und einen großen Kundenkreis ansprechen.

Das Design des ersten Combino wurde 1994-96 von dem Industrial Designer Werner Paulussen entwickelt. Zielsetzung war ein freundliches und funktionales Fahrzeugdesign mit hohem Wiedererkennungswert und optimierten ergonomischen Eigenschaften. Dazu gehörte auch eine blendfreie Zielanzeige und eine gute Sicht. Wartung und Lebenszyklus-Kosten waren weitere wichtige Faktoren bei der Gestaltung. Der Innenraum ist großzügig und hell gestaltet.

Insgesamt hat Paulussen-Design das Projekt über zehn Jahre betreut und vier unterschiedliche Fahrzeugköpfe für die Combino-Serie entwickelt. Die erste Serie kam in Potsdam, Augsburg, Freiburg, Basel, Nordhausen und Erfurt zum Einsatz. Die zweite Serie wurde für die Amsterdam Verkehrsbetriebe kompakter gestaltet. In Amsterdam werden 155 Fahrzeuge eingesetzt, weitere Fahrzeuge dieser Serie wurden nach Posen und Ulm geliefert. Für die acht Ulmer Fahrzeuge übernahm der Designer Busse die farbliche Anpassung. Die dritte Serie mit einem sehr geräumigen Fahrerraum fährt in Erfurt, Nordhausen, Freiburg, Melbourne, Budapest und Bern mit geänderter Bughaube. Für Freiburg wurde eine doppelte Zielanzeige aufgebracht. Die vierte Serie wird in Almada, Portugal eingesetzt. In Dalian, China, fährt ein Plagiat im angenäherten Combino-Design.[1]

Bilder (Auswahl)

Technik

Fahrwerk eines Combino für Meterspur
Combino duo der Stadtwerke Nordhausen bei Niedersachswerfen
Fahrgastraum eines Combino in Posen

Der Combino wurde in einer Aluminium-Schraubbauweise in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Alusuisse hergestellt. Die verschraubten Baugruppen aus Aluminium-Strangpress-Profilen erreichen eine gut lackierfähige Oberfläche. Somit konnten gegenüber herkömmlicher Stahlbauweise Richt- und Spachtelarbeiten eingespart werden.

Der Combino besitzt keine Drehgestelle, sondern sogenannte Fahrwerke – die Räder werden in Fahrwerksrahmen gelagert, welche nicht drehbar unter den kurzen Waggonsegmenten angeordnet sind, die dann über Drehgelenke und Faltenbalg mit achslosen, längeren Waggonsegmenten verbunden sind. Die Räder sind nicht durch eine Achse verbunden, sondern einzeln gelagert und paarweise mit Längsmotoren angetrieben. Vorteil dieser Bauart ist der durchgehende Niederflur, der bequemes Einsteigen und Barrierefreiheit (für Rollstuhlfahrer und Kinderwagen) im gesamten Wagen erlaubt.

Dieses Konstruktionsprinzip hat aber auch besonders unruhige Laufeigenschaften zur Folge, da die Gleisführung auch bei kleinen Richtungskorrekturen auf gerader Strecke unmittelbar auf das gesamte Gefährt einwirkt und nicht nur auf ein Drehgestell wie bei konventioneller Bauform. Das bedeutet einen erhöhten Verschleiß der Radreifen und des Gleises, selbst auf gerader Strecke. Diese Problematik ist bei vielen Niederflurstraßenbahnen zu beobachten. Die Verschleißwerte sind jedoch von vielen Parametern (Schienenmaterial, Unterbau, Gleiszustand, Fahrweise, Spurkranzschmierung, uvm.) abhängig, weshalb bei demselben Fahrzeugtyp je nach Einsatzort sehr unterschiedliche Werte erreicht werden können.

Die Modulbauweise der Combinos ist so ausgelegt, dass die Fahrzeuge theoretisch ohne großen Aufwand verlängert oder verkürzt werden könnten. So sind beispielsweise alle für ein Antriebsmodul nötigen Steuerungselemente direkt über diesem angeordnet, was insbesondere aufwändige Verkabelungsarbeiten vermeidet. In vielen Aspekten bietet das Fahrzeug auch Vorteile bei der regulären Wartung: So kann beispielsweise die Motor-/Getriebeeinheit seitlich entnommen werden, ohne den Wagen anheben zu müssen. Im Innenraum sind in den langen Modulen alle Sitze an der Seitenwand befestigt; der Boden ist dort frei von Stützen und kann leicht gereinigt werden, und die Sitzanordnung lässt sich durch Verschieben der Sitze auf der Befestigungsschiene bei Bedarf ohne große Umbauten anpassen.

Ursprünglich sah das Combinokonzept auch einachsige Endmodule vor - ein solches wurde aber nur am vierteiligen und fünfachsigen Prototypen realisiert und nicht weiterverfolgt.

Combino Duo

Bei der Straßenbahn Nordhausen wird auf einer zum Teil nichtelektrifizierten Strecke ein Combino duo genanntes Modell mit Hybridantrieb eingesetzt. Außerhalb der mit Oberleitung ausgestatteten Strecken werden die Fahrzeuge von einem 8-Zylinder-Pkw-Motor von BMW dieselelektrisch angetrieben. Wie die anderen Fahrzeuge der Straßenbahn Nordhausen sind diese Wagen nur dreiteilig und damit recht kurz, was ihnen den Spitznamen „Bambino“ einbrachte.

Combino-Krise

Inzwischen zeigten sich Schwächen des Aluminium-Schraub-Systems: Bei den geschraubten Aluminium-Rahmen der Züge lösen sich Verbindungen, einige der Straßenbahnen zeigen Risse in den Verbindungen zwischen Dächern und Seitenwänden. Anfang 2004 lagen große Teile der Combino-Flotte still, weil Siemens Einstürze der Fahrzeug-Dächer oder fortschreitende Beschädigungen an den Seitenwänden nicht ausschließen konnte. Mittlerweile ist bis auf einige stark beschädigte Wagen der allergrößte Teil der Combinos wieder im Einsatz. Als eine der Ursachen wurde inzwischen erkannt, dass die Entwicklungsingenieure bei der Berechnung der Wagenkästen auf Berechnungsformeln für klassische Hochflurfahrzeuge zurückgegriffen hatten. Dabei hatten sie vergessen, dass durch die Multigelenkbauweise von Niederflurfahrzeugen die überwiegend auf dem Dach montierte Ausrüstung und die fehlende Wankmöglichkeit der Wagenteile gegeneinander erhebliche Kräfte auf die Gesamtkonstruktion einwirken. Diese wurden allgemein unterschätzt und deren Übertragung und Wirkung innerhalb der Wagenkästen falsch berechnet. Auftretende Risse gefährdeten in der Folge die Stabilität der Konstruktion

Zwar dementiert Siemens, dass 450 der weltweit verkauften Combino-Straßenbahnen fast völlig neu aufgebaut werden müssen, dennoch hat der Konzern inzwischen rund 500 Millionen Euro Rückstellungen für diese Risiken gebildet. An einer Sanierung der Wagen arbeitet Siemens; die ersten vollsanierten Bahnen fahren in Amsterdam (hier wurde im August 2007 der 100. von 155 zu sanierenden Zügen ausgeliefert), Potsdam, Erfurt, Freiburg, Nordhausen und Posen. Als erste Combino-Flotte eines Betreibers ist die der Stadt Bern seit Anfang 2007 vollständig saniert. Bis Ende 2008 soll die Ertüchtigung aller Combino-Straßenbahnen abgeschlossen sein. Die sanierten Fahrzeuge zeichnen sich durch verbesserte Lastverteilung, Wankmöglichkeiten der Wagenkästen untereinander und in der Folge erheblich bessere Fahreigenschaften aus.

Einsatzorte

Bahnen des Typs Combino und Combino Plus sind international im Einsatz.

Stadt Betrieb Typ Baujahr Anzahl
Almada, Portugal Metro Sul do Tejo (MST) Combino Plus 24
Amsterdam, Niederlande GVB Advanced 2005 155
Augsburg Stadtwerke Augsburg Verkehrsgesellschaft mbH (StwA) 2000-2004 41
Basel, Schweiz Basler Verkehrs-Betriebe BVB 2002 28
Bern, Schweiz Bernmobil (ehemalige Städtische Verkehrsbetriebe Bern) Advanced 2003 15
Bern, Schweiz Bernmobil (ehemalige Städtische Verkehrsbetriebe Bern) Classic 2009-2010 21
Budapest, Ungarn Budapesti Közlekedési Részvénytársaság (BKV Rt.) Combino Plus 40
Düsseldorf Rheinbahn AG NF 10 2000-2002 36
Düsseldorf Rheinbahn AG NF 8 2003-2004 15
Düsseldorf Rheinbahn AG NF8U 2006-2007 15
Erfurt Erfurter Verkehrsbetriebe AG (Stadtbahn Erfurt) Basic-Fünfteilig (7)
Advanced-Fünfteilig (29)
Advanced-Dreiteilig (12)
2000
2002-2005
2002-2005
48
Freiburg im Breisgau Freiburger Verkehrs AG (FVAG) Basic (8)
Advanced (10)
1999–2000
2004–2006
18
Hiroshima, Japan Hiroshima Dentetsu 2002 12
Kaohsiung, China (Taiwan)
Melbourne, Australien Yarra Trams 2003 59
Nordhausen Stadtwerke Nordhausen Verkehrs- und Stadtreinigungsbetrieb GmbH 2002 7
Nordhausen Stadtwerke Nordhausen Verkehrs- und Stadtreinigungsbetrieb GmbH Combino duo 2004 3
Posen, Polen Miejskie Przedsiębiorstwo Komunikacyjne w Poznaniu Sp. z o.o. 2004 14
Potsdam Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH (ViP) 1998-2001 16
Ulm SWU Verkehr GmbH 2003/2008 10

Potsdam

Die Verkehrsbetriebe der Stadt Potsdam schafften bereits 1997 – als erste Kommune weltweit – den Siemens Combino an. Bei der Einführung wurde die Barrierefreiheit der neuen Wagen hervorgehoben. Bis 2009 sollten insgesamt 48 Fahrzeuge angeschafft werden - vier Fahrzeuge pro Jahr. Allerdings wurden aufgrund von Finanzierungsproblemen seitens der Stadt nur 16 Fahrzeuge geliefert und es erfolgte 2002 bis 2004 ein Aufschub der Bestellung. Aufgrund der Combino-Krise (Rückruf aller Combino Fahrzeuge zur Sanierung) wurde die Bestellung der noch ausstehenden 32 Fahrzeuge storniert. Die bestehende Combinoflotte wurde bis zum Dezember 2008 vollständig saniert. Aktuell wird der Combinoprototyp mit der Betriebsnummer 400 durch Siemens saniert um anschließend in den Fahrgastbetrieb übernommen zu werden. Die Inbetriebnahme des Prototyps ist für das Jahr 2009 geplant. Derzeit erfolgt (2008) eine erneute Ausschreibung von bis zu weiteren 19 Fahrzeugen. Mit der Abweisung des Einspruchs von Siemens gegen die Vergabe des Auftrages an Stadler ist die Vergabe des Nachfolgeauftrages an Stadler nun rechtsgültig.

Die Bestellung aus Potsdam spielte in den ersten Jahren eine große Rolle bei PR-Aktionen in anderen Städten. Waren dort Neuanschaffungen geplant, wurden Fahrzeuge aus Potsdam dort zu Demonstrationszwecken vorgeführt.

Combino Supra Budapest NF12B tram in Budapest

Budapest

Für Budapest entwickelte Siemens den Combino Plus, einen Straßenbahnwagen, der zwar im Design stark den bisherigen Combino-Konstruktionen ähnelt, aber in einigen grundlegenden Punkten abweicht. Zum einen ist die Konstruktion nun aus Edelstahl statt Aluminium, zum anderen gibt es keine fahrwerklosen Module mehr. Das Fahrzeug ist mit 54 Metern Länge der zur Zeit längste Straßenbahnwagen der Welt und besteht aus sechs Elementen mit je einem Fahrwerk, die mit zwei unterschiedlichen Gelenkbauarten verbunden sind, wobei zwei der fünf Gelenke auch einen Querversatz der Wagenkästen zulassen. Im März 2006 wurde das erste Fahrzeug angeliefert. Der Name Combino Supra ist eine Bezeichnung der BKV. Der Einsatzbeginn in Budapest führte zu weiteren Herausforderungen in der Combino-Fahrzeugentwicklung. Selbst von Rückgabe der Trams wurde seitens der zuständigen Stellen gesprochen. Am 4. Mai 2007 wurde der 40. und damit letzte Zug aus dem Siemens-Werk in Wien beim Betreiber BKV Rt. angeliefert. Alle Fahrzeuge werden auf den Linien 4 und 6 eingesetzt.

Einzelnachweise

  1. http://www.paulussen.de/paulussen/combino%20plagiat.html Designauszeichnung PLAGIARIUS für das Plagiat der Combino Straßenbahn

Weblinks


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