- Concerto Grosso
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Bei einem Concerto grosso steht eine kleine, solistisch behandelte Gruppe von Instrumenten (Concertino, it. kleines Konzert) einer größeren (Concerto grosso, it. großes Konzert) gegenüber; Passagen, in denen beide Gruppen gemeinsam spielen, werden als Tutti bezeichnet. Die Ripieno-Stimmen, die in den zuletzt angesprochenen Passagen spielen, werden zumeist mehrfach besetzt. Entstanden ist das Concerto grosso aus einer Erweiterung der Triosonate, ein weiterer Vorläufer ist die Venezianische Mehrchörigkeit. Formal folgt es oft der Kirchensonate (viersätzig langsam - schnell - langsam - schnell) oder der Kammersonate (Einleitung und einige Tanzsätze).
Bereits bei Francesco Usper (1619) und in Massimiliano Neris Op.2 (1651) finden sich die ersten Beispiele des Prinzips. Erstmals verwendete Alessandro Stradella die Begriffe Concertino und Concerto grosso (später Ripieno) in einer Kantatenkomposition. Auch war es Stradella mit seinen „Sinfonie a piú stromenti“ die als Manuskripte in der "Biblioteca Estense" in Modena aufbewahrt werden die ersten vollständigen Werke des Genres zu schaffen.
Die Weiterentwicklung setzte sich in der Mitte des 17. Jahrhunderts in Italien fort. 1698 veröffentlichte Giovanni Lorenzo Gregori als erster eine Sammlung unter dem Namen „Concerti grossi a piú stromenti“. Die Bezeichnung „Concerto grosso“ wird nicht zwingend angewandt, da sich die Werke durch Form und Stil, dem Prinzip klar zuordnen lassen. Viele wurden als Concerti oder Sinfonie a 4,5,6,7 bezeichnet, entsprechen jedoch von der Anlage her genau dem hier beschriebenen Schema, namentlich sind hier die Werke von Tomaso Albinoni, Alessandro Marcello oder Giuseppe Tartini zu erwähnen.
Georg Muffat, der Corellis Aufführungspraxis aus eigener Anschauung kannte, beschreibt die flexiblen Möglichkeiten der Besetzung: "a tre", d.h. als Triosonate, "a quattro", d.h. Tutti und Soli zusammengezogen, und die Gegenüberstellung von Concertino und chorisch besetztem Ripieno. Auch eine Ergänzung der Streicher durch colla parte spielende Oboen, Flöten und Fagotte war üblich. Muffat komponierte seine ersten Concerti 1682 in Rom, die im Hause Corellis unter dessen Anleitung “ausprobieret wurden....„ “...deme wegen vieler großgünstig communizierten nützlichen observationen disen Stylum betreffend, ich mich verbunden profitiere.“. Also rund 25 Jahre vor der Veröffentlichung von dessen Op.6.
Im Jahr 1687 veranstaltete Corelli im Auftrag der Königin Christine von Schweden ein Konzert für Papst Innozenz XI., bei dem er 150 Streicher einsetzte, was für die Zeit nicht unüblich war. Dem Orchester an S.Petronio in Bologna standen zur gleichen Zeit 120 Streicher zur Verfügung. Um den Concerti grossi bei Feierlichkeiten in den großen Kathedralen mehr Glanz zu verleihen, wurden zu besonderen Anlässen die Concertinostimmen durch Oboen und Trompeten verstärkt.
Inhaltsverzeichnis
Corelli
Arcangelo Corellis zwölf Concerti grossi op. 6 gelten als die erste veröffentlichte Sammlung reifer Kompositionen dieser Gattung, obschon bekannt ist dass er das Prinzip bereits um 1680 einsetzte. Ihre genaue Entstehungszeit ist nicht bekannt; gedruckt wurden sie frühestens im Herbst 1713. Die ersten acht (darunter die bekannte Nr. 8, „fatto per la notte di Natale“, das sog. Weihnachtskonzert) folgen sehr frei dem Typ der Kirchensonate; das Tempo wechselt auch innerhalb der Sätze häufig. Die restlichen vier sind Kammersonaten und enthalten stilisierte Tanzsätze (Allemande, Courante, Menuett, Sarabande, Gigue).
Charakteristisch sind relativ kurze Motive, in deren Ausführung sich Concertino (zwei Violinen, Cello) und Ripieno abwechseln, auch spielen generell die Solisten (Concertino), anders als im Solokonzert alle Tuttipartien mit.
Händel
Georg Friedrich Händel schrieb zwei Reihen von Concerti grossi, sein op. 3 mit 6 (HWV 312 – 317) und sein op. 6 mit zwölf Konzerten (HWV 319 - 330) sowie das einzeln stehende Concerto grosso C-dur „Alexanderfest“ HWV 318.
In op. 3, 1734 veröffentlicht, greift Händel durchweg auf eigene ältere Kompositionen zurück (Parodie), die als instrumentale Einleitungs- oder Zwischenaktmusiken für Vokalwerke dienten. Obwohl die Stücke auch unter dem Titel „Oboenkonzerte“ bekannt sind, werden neben meist zwei Oboen auch zwei Violinen, Celli, Fagotte und Blockflöten solistisch eingesetzt.
Das Konzert HWV 318 von 1736 wurde als Zwischenaktmusik zu seinem Oratorium „Alexanderfest“ geschrieben. Das Concertino besteht aus zwei Violinen und Cello, das Ripieno aus zwei Oboen, zwei Violinen, Viola und Continuo.
Die zwölf Konzerte des op. 6 wurden im Herbst 1739 innerhalb nur eines Monats komponiert und machen nur wenige Anleihen bei früheren Werken. Das Concertino besteht durchgehend aus zwei Violinen und Cello, das Ripieno neben Streichern und Continuo auch aus zwei Oboen, die meist colla parte mit den Violinen geführt werden. Händels op. 6 weist mit neuartigen Stilelementen, wie der Einführung und Verarbeitung eines zweiten Themas und einer differenzierten Dynamik und Harmonik, bereits auf die Sinfonik der Frühklassik hin.
Bach
Johann Sebastian Bachs Brandenburgische Konzerte sind keine Concerti grossi im eigentlichen Sinne. Am ehesten entspricht das zweite mit einem ungewöhnlichen Concertino aus hoher Trompete, Blockflöte, Oboe und Violine dem Typus. Das erste, dritte und sechste sind mehr der Gattung des Gruppenkonzerts zuzuordnen, im vierten und fünften haben Solovioline bzw. Cembalo ein deutliches Übergewicht gegenüber den anderen Soloinstrumenten.
Komponisten weiterer Concerti grossi
- Evaristo Dall'Abaco
- Charles Avison
- Francesco Barsanti
- Francesco Antonio Bonporti
- Pietro Castrucci
- Charles Dieupart
- Willem de Fesch
- Francesco Geminiani
- Baldassare Galuppi
- Johann Gottlieb Graun
- Giovanni Lorenzo Gregori (1663-1745)
- William Hayes
- Pieter Hellendaal
- Johann Philipp Krieger
- Leonardo Leo
- Pietro Locatelli
- Francesco Manfredini
- Benedetto Marcello
- Michele Mascitti
- Giovanni Mossi (setzt in seinem op.4 vier Soloviolinen ein)
- Georg Muffat
- Johann Christoph Pepusch
- Giovanni Platti
- Giovanni Battista Sammartini
- Giuseppe Sammartini
- Alessandro Scarlatti
- Georg Philipp Telemann
- Giuseppe Torelli
- Unico Wilhelm van Wassenaer
- Silvius Leopold Weiss (1668-1750)
- Robert Valentine
- Giuseppe Valentini (erweitert in seinem op.7 um 1710 das Concertino um eine Viola)
- Antonio Vivaldi
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde das Concerto grosso von der Sinfonie und der Konzertanten Sinfonie ersetzt.
20. Jahrhundert
Erst in den letzten einhundert Jahren wurde das Prinzip des Concerto grosso im Zuge intensiver Beschäftigung mit der Barockmusik wiederbelebt, zuerst von Max Reger (Konzert im alten Stil), Ernst Krenek (Concerto Grosso Nr.1, op.10; Concerto Grosso Nr.2, op.25) und Paul Hindemith (Konzertmusik für Streicher und Blechbläser op.50/1),
- Jean-Louis Agobet
- Ernest Bloch
- Eibhlis Farrell
- Byron Fidetzis
- Giancarlo Facchinetti
- Pelle Gudmundsen-Holmgreen
- Bengt Hambraeus
- Miklós Maros
- Bohuslav Martinů
- Ernst Hermann Meyer
- Jan De Maeyer
- Julian Orbon
- Jean Perrin (Komponist)
- Silvestre Revueltas
- Alfred Schnittke
- Jan van der Roost
- Eino Tamberg
- Ralph Vaughan Williams
- Malcolm Williamson
- Ellen Taaffe Zwilich
- Gregorio Zanon
Literatur
- Hans Engel: Das Concerto Grosso (Das Musikwerk 23), Laaber-Verlag - ISBN 3-89007-618-1
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