Constantin von Tischendorf

Constantin von Tischendorf
Konstantin von Tischendorf um 1870

Lobegott Friedrich Konstantin von Tischendorf (* 18. Januar 1815 in Lengenfeld (Vogtland); † 7. Dezember 1874 in Leipzig) war ein deutscher evangelischer Theologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Tischendorf war der Sohn eines Arztes, der aus einer Papiermüller-Dynastie stammte, und genoss seine erste Schulbildung in Lengenfeld. Ab 1829 besuchte er das Gymnasium in Plauen. Später studierte er an der Universität Leipzig Theologie und Philologie. Dieses Studium schloss er 1838 mit einer Promotion ab und konnte sich zwei Jahre später, ebenfalls in Leipzig, habilitieren.

In den folgenden Jahren war er aber kaum als Privatdozent tätig, sondern unternahm mehrere ausgedehnte Studienreisen nach Frankreich, Großbritannien, Italien und in den Nahen Osten. 1845 kehrte er wieder nach Leipzig zurück und begann seine Forschungsergebnisse auszuwerten. Ende 1845 wurde Tischendorf zum außerordentlichen Professor und 1851 zum Honorarprofessor berufen. Acht Jahre später betraute man ihn mit dem Ordinariat für Theologie und biblische Paläografie.

Als einer der bedeutendsten Erforscher der Textgeschichte des Neuen Testaments trug er maßgeblich zu einem wissenschaftlich gesicherten Bibeltext bei. Unter anderem entzifferte er den Codex Ephraemi Syri, entdeckte den Codex Sinaiticus und erforschte die Septuaginta.

Für seine wissenschaftlichen Leistungen wurde Tischendorf in den russischen Erbadel erhoben.

Am 5. Mai 1873 erlitt Tischendorf einen Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholte. Knapp sechzigjährig starb er am 7. Dezember 1874 in Leipzig. Sein Werk setzte Caspar René Gregory fort.

Werke

Laut Bruce Metzger, einem der führenden heutigen Textkritiker des Neuen Testaments, hat Tischendorf mehr Manuskripte entdeckt und publiziert und mehr kritische Ausgaben des Neuen Testaments herausgegeben als irgendein anderer Gelehrter. Sein Werk umfasst über 150 Bücher und Artikel.

Eines seiner wichtigsten Werke ist die 1869–72 in zwei Bänden publizierte kritische Oktav-Ausgabe des Textes des Neuen Testaments (Editio octava critica maior) begleitet von einem kritischen Apparat mit allen Textvarianten, die er und seine Vorgänger in Manuskripten und bei Kirchenvätern gefunden hatten.

  • Editio octava critica maior (1869–1872)
  • Reise in den Orient (1854–1846)
  • Wann wurde unser Evangelium verfaßt? (1866)

Der Codex Sinaiticus

Zeit seines Lebens suchte Tischendorf nach alten Bibelhandschriften, da er es als seine Aufgabe ansah, den Theologen ein griechisches Neues Testament zur Verfügung zu stellen, dessen Text auf den ältesten Handschriften basierte. Er wollte möglichst nah an die Originalquellen herankommen. Seine größte Entdeckung gelang Tischendorf in Kloster St. Katharinen auf der Sinai-Halbinsel, das er im Mai 1844 und nochmals 1853 und 1859 besuchte.

1862 veröffentlichte Tischendorf den Text des dort gefundenen Codex Sinaiticus zum 1000. Jubiläum der russischen Monarchie in einer prachtvollen vierbändigen Faksimileausgabe und zusätzlich einer preiswerten Textausgabe, damit jeder Theologe den Text dieser uralten Bibelhandschrift selber sollte studieren können.

Literatur

  • Christfried Böttrich: Tischendorf-Lesebuch. Bibelforschung in Abenteuern. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 1999. ISBN 3-374-01744-4 (Bietet neueste Forschungen über Tischendorf und bisher unbekanntes Quellenmaterial)
  • Alexander Schick: Auf der Suche nach der Urbibel. Die Schriftrollen vom Toten Meer, das Alte Testament und der geheime Bibelcode. Oncken, Wuppertal 2000. ISBN 3-7893-7261-7 (Speziell die alttestamentlich Bibelüberlieferung anhand der Qumranrollen, aber auch die des Codex Siniaticus)
  • Ludwig Schneller: Tischendorf-Erinnerungen. Merkwürdige Geschichte einer verlorenen Handschrift. Erinnerungen seines Schwiegersohnes. Leipzig 1927, 1929; Schweikardt-St. Johannis, Lahr-Dinglingen 1954, 1983, 1991. ISBN 3-501-00100-2 (ausführliche Geschichte der Entdeckung des Codex Sinaiticus)

Weblinks



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