Darwin-Finken

Darwin-Finken
Darwinfinken
Verschiedene Schnabelformen bei Darwinfinken

Verschiedene Schnabelformen bei Darwinfinken

Systematik
Ordnung: Sperlingsvögel (Passeriformes)
Unterordnung: Singvögel (Passeri)
Familie: Tangaren (Thraupidae)
Unterfamilie: Darwinfinken
Wissenschaftlicher Name
Geospizinae
Gattungen
  • Grundfinken (Geospiza)
  • Baumfinken (Camarhynchus)
  • Certhidea
  • Pinaroloxias

Die Darwinfinken oder Galápagos-Finken sind eine Gruppe von Singvogelarten, die nur auf den Galápagos-Inseln und mit einer Art, dem Kokosfinken (Pinaroloxias inornata), auf der Kokos-Insel verbreitet sind. Es handelt sich dabei um 14 sehr eng verwandte Arten, die alle von einem gemeinsamen Vorfahren abstammen. Ihre nächsten Verwandten sind nicht, wie der Name nahelegt, die Finken, sondern finkenähnliche Singvögel, die heute zu den Tangaren (Thraupidae), manchmal auch zu den Ammern (Emberizidae) gerechnet werden.

Inhaltsverzeichnis

Aussehen

Darwinfinken sind etwa 20 Zentimeter groß und unterscheiden sich im Wesentlichen durch die Form und Größe ihres Schnabels sowie ihre unterschiedlichen Lebens-, speziell Ernährungsweisen. Auch ihre Gesänge sind unterschiedlich.

Gattungen und Arten

  • Grundfinken (Geospiza)
  • Baumfinken (Camarhynchus)
    • Dickschnabel-Darwinfink (Camarhynchus crassirostris)
    • Mangrove-Darwinfink (Camarhynchus heliobates)
    • Papageischnabel-Darwinfink (Camarhynchus psittacula)
    • Zweig-Darwinfink (Camarhynchus parvulus)
    • Kleinschnabel-Darwinfink (Camarhynchus pauper)
    • Spechtfink (Camarhynchus pallidus)
  • Certhidea
    • Waldsängerfink (Certhidea olivacea)
  • Pinaroloxias
    • Kokosfink (Pinaroloxias inornata)
Dickschnabel-Darwinfink (Camarhynchus crassirostris)
Kaktus-Grundfink (Geospiza scandens)

Evolution der Darwinfinken

Die Galapagos-Inseln sind vulkanischen Ursprungs und wurden erst nach und nach von unterschiedlichen Organismen besiedelt. Durch Stürme oder andere Ursachen sind wenige Finken einer Gründerpopulation auf die Inselgruppe verschlagen worden. Aus diesem Grunde gab es dort zunächst keine Opponenz und keine Konkurrenz zwischen den dort durch Zufall hingelangten Darwinfinken (möglicherweise nur ein einziges trächtiges Weibchen). Allerdings war kein Räuber, ein großes Nahrungsangebot und viel Raum zur Ausbreitung und zur Brutpflege vorhanden. Durch die günstigen Bedingungen war die Vermehrungsrate sehr hoch. Dies führte nach einem längeren Zeitraum zu einer Überbevölkerung, die den Selektionsdruck und die intraspezifische Konkurrenz auf die Finken erhöhte. Vermutlich durch zufällige, geografische Separation konnten sich die Finken nach und nach auf anderen Inseln des Galapagos-Archipels ansiedeln und dort neue, leere ökologische Nischen besetzen. Nach dieser Auseinanderentwicklung wurden einige Individuen auf die Insel der Ausgangsart zurückvertrieben. Dort lebten sie mit der Stammart in Koexistenz zusammen, da sie inzwischen durch Isolationsmechanismen genetisch und fortpflanzungsmäßig voneinander isoliert waren. Dieser Vorgang wiederholte sich vielleicht mehrere Male, was zu den 14 Finkenarten der Galapagos-Inseln führte. Diesen Prozess nennt man adaptive Radiation. Dieser Artbildungsprozess ist zugleich beispielhaft für die Artenbildung der Evolution.

Zoologische Geschichte

Während ihrer fast fünf Jahre dauernden Vermessungsfahrt hielt sich die H.M.S Beagle vom 15. September bis zum 20. Oktober 1835 im Gebiet der Galápagos-Inseln auf. Charles Darwin, der als junger Mann an der Fahrt teilnahm, erkundete während dieser Zeit die Inseln San Cristóbal, Floreana, Isabela und San Salvador. Unter den auf diesen Inseln geschossenen Vögeln, die er am 4. Januar 1837[1] der Zoologischen Gesellschaft schenkte, befanden sich 31 Exemplare der Galápagos-Finken.[2]

Kurator des Museums der Zoologischen Gesellschaft war zu dieser Zeit John Gould, der die unbekannten Vögel untersuchte und entdeckte, dass diese Exemplare eine völlig neue Gruppe darstellten. Nur wenige Tage später, am 10. Januar 1838, stellte Gould seine Erkenntnisse der Zoologischen Gesellschaft vor. Die von ihm als Geospiza benannte neue Gattung unterteilte er zunächst in die Untergattungen Camarhynchus sowie Cactornis und beschrieb 12 Arten. Bei der weiteren Aufarbeitung der von Darwin von den Galápagos-Inseln mitgebrachten Vögeln erkannte Gould, dass auch der Waldsängerfink (Certhidea olivacea) zu dieser Gruppe gehörte und stellte die Art in die dritte Untergattung Certhidea. In der endgültige Fassung seines Vortrages, die Ende des Jahres erschien, umfasste die neue Gruppe insgesamt 13 Arten.[3]

Die Übereinstimmung der Anzahl der 1838 durch John Gould beschriebenen Arten mit den heute von den Galápagos-Inseln bekannten Arten ist Zufall. Der Opuntien-Grundfink (Geospiza conirostris), der Mangrove-Darwinfink (Camarhynchus heliobates), der Kleinschnabel-Darwinfink (Camarhynchus pauper) und der Spechtfink (Camarhynchus pallidus) wurden erst zwischen 1868 und 1899 entdeckt. Der Kokosfink (Pinaroloxias inornata), die einzige zur Gruppe der Darwinfinken zählende Art, die nicht von den Galápagos-Inseln stammt, wurde während der Fahrt der H.M.S. Sulphur auf der Kokos-Insel entdeckt und 1843 durch Gould beschrieben.

Dass Darwin die von ihm geschossenen Darwinfinken nicht den einzelnen Inseln zuordnete, sorgte immer wieder für taxonomische Schwierigkeiten. Durch die Einbeziehung der von Robert FitzRoy, dessen persönlichen Stewards Harry Fuller sowie Darwins Gehilfen Syms Covington gesammelten Exemplare konnten diese jedoch gelöst werden. Die häufig anzutreffende Darstellung, dass die Beobachtung der „Finken“ auf den Galápagos-Inseln durch Darwin mit zu seiner Evolutionstheorie geführt hat, ist nicht korrekt. In Die Entstehung der Arten werden die Galápagos-Finken nicht erwähnt.[4]

Der Begriff „Darwinfinken“ wurde 1935 von Percy Roycroft Lowe (1870–1948) geprägt[5] und durch das 1947 erschienene Buch Darwin's Finches von David Lack populär gemacht.[6]

Nachweise

Literatur

  • Frank J. Sulloway: Darwin and His Finches: The Evolution of a Legend. In: Journal of the History of Biology. Band 15, S. 1-53, 1982; Online PDF
  • Frank J. Sulloway: Darwin's Conversion: The Beagle Voyage and Its Aftermath. In: Journal of the History of Biology. Band 15, S. 325-96, 1982; Online PDF
  • Frank J. Sulloway: The Beagle collections of Darwin's finches (Geospizinae). In: Bulletin of the British Museum (Natural History) Historical Series. Band 43, Nr. 2, S. 49-94, 1982; Online PDF

Einzelnachweise

  1. Reports of the council and auditors of the Zoological Society of London. 1837, S. 15
  2. Frank J. Sulloway: The Beagle collections of Darwin's finches (Geospizinae). S. 62
  3. J. Gould: [Remarks on a Group of Ground Finches from Mr. Darwin's Collection, with Characters of the New Species]. In Proceedings of the Zoological Society of London Band 5, S. 4-7, 1838 (eingereicht am 3. Oktober 1838); online
  4. Richard Darwin Keynes: From Bryozoans to Tsunami: Charles Darwin’s Findings on the Beagle. In: Proceedings of the American Philosophical Society. Band 147, Nr. 2, 2003, S. 125-127
  5. Percy Roycroft Lowe: The Finches of the Galapagos in Relation to Darwin's Conception of Species. In: Ibis Band 6, S. 310-321, 1936
  6. David Lack: Darwin's Finches. Cambridge University Press, 1947

Weiterführende Literatur

  • Peter R. Grant, Jonathan Weiner: Ecology and Evolution of Darwin's Finches Princeton University Press, 1999, ISBN 0-691-04866-5
  • Peter R. Grant, B. Rosemary Grant: Genetics and the origin of bird species. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 94, Nr. 15, S. 7768-7775, Juli 1997; Online PDF
  • A. Sato, C. O’Huigin, F. Figuera, P. R. Grant, B. R. Grant, H. Tichy, J- Klein: Phylogeny of Darwin’s finches as revealed by mtDNA sequences. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 96, Nr. ?, S. 5101-5106, April 1999; Online PDF
  • Jeffrey Podos: Correlated evolution of morphology and vocal signal structure in Darwin's finches. In: Nature Band 409, S. 185-188, Januar 2001, doi:doi:10.1038/35051570; Abbildung der Schnabelformen

Weblinks


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