Addisonsche Krankheit

Addisonsche Krankheit

Bei der primären Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison, benannt nach dem englischen Arzt Thomas Addison) handelt es sich um eine Unterfunktion der Nebennierenrinde (NNR), die unbehandelt tödlich verläuft. Die Nebenniere besteht aus dem Nebennierenmark, das Katecholamine (Adrenalin und Noradrenalin) produziert, und der Nebennierenrinde, die Steroidhormone (Cortisol (Glukokortikoide), Aldosteron (Mineralokortikoide), Sexualhormone) herstellt. Die Nebenniere liegt der Niere am oberen Pol auf. Die Bildung von Cortisol wird vom Hormon ACTH gesteuert, das im Hypophysenvorderlappen der Hirnanhangsdrüse gebildet wird. Dieser wiederum wird vom Hypothalamus, einer übergeordneten Hirnregion, gesteuert. Je weniger Cortisol im Blut vorhanden ist, desto mehr ACTH wird abgegeben, um die Produktion in den Nebennieren zu fördern. Weitere Hormone, die in der Nebennierenrinde gebildet werden, sind das Aldosteron, das für den Wasserhaushalt sowie die Regulation der Konzentration von Natrium und Kalium im Blut wichtig ist. Die Aldosteronproduktion wird nicht über die Hypophyse reguliert, sondern über das RAAS (Renin-Angiotensin-Aldosteron-System).

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Klassifikation nach ICD-10
E27.1 Primäre Nebennierenrindeninsuffizienz
Addison-Krankheit
E85 Amyloidose
E35.1* Krankheiten der Nebennieren bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
A39.1+ Waterhouse-Friderichsen-Syndrom
A18.7+ Tuberkulose der Nebennieren
E23.0 Hypopituitarismus
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Es gibt drei Arten der Unterfunktion der Nebennierenrinde:

  • Primäre Nebennierenrindeninsuffizienz = Morbus Addison (etwa 80 Prozent aller Fälle) - die Störung liegt in der Nebenniere selbst. Dazu gehören
Die Tuberkulose mit Befall der Nebennieren war früher die häufigste Ursache eines Morbus Addison. Damals überwog die Anzahl der Männer. Heute ist in den entwickelten Ländern die Autoimmunerkrankung als Ursache vorherrschend und Frauen sind häufiger als Männer betroffen.
Durch den niederen Cortisolspiegel im Blut wird in der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) vermehrt ACTH gebildet. Die Zellen der Hypophyse, die für die ACTH-Produktion verantwortlich sind, produzieren noch ein zweites Hormon, das MSH (melanozytenstimulierendes Hormon), das die in der Haut vorhandenen Melanozyten zur vermehrten Pigmenteinlagerung anregt. Die Haut erscheint dadurch brauner. Das ist der Grund dafür, dass man den primären Morbus Addison auch „braunen“ Addison oder „Bronzekrankheit“ nennt.
  • Die Ursache der sekundären Nebennierenrindeninsuffizienz ist eine Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse). Diese bildet zu wenig ACTH, wodurch die Nebennierenrinde nicht ausreichend zur Bildung von Cortison angeregt wird. Er entsteht bei
    • Erkrankungen der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse)
    • länger andauernder Cortisonbehandlung - ist es notwendig, einem Patienten über längere Zeit Cortison zu verabreichen, so wird auf Grund des hohen Cortisonspiegels im Blut in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) kein oder nur wenig ACTH gebildet. Wird am Therapieende das Cortison zu rasch abgesetzt, reagiert die Hirnanhangsdrüse zu langsam, es fehlt der Nebennierenrinde damit der Befehl zur Hormonproduktion. Deshalb ist es wichtig, das Ende einer längeren Cortisonbehandlung langfristig zu planen und langsam die Dosis zu senken. Abrupter Abbruch von Cortisonbehandlungen kann zur lebensbedrohlichen Zuständen führen (Addisonkrise, engl. Addisonian crisis).
  • Ursache der tertiären Nebennierenrindeninsuffizienz ist eine Unterfunktion des Hypothalamus. Dieser bildet zu wenig CRH, wodurch die Hirnanhangsdrüse nicht ausreichend zur Bildung von ACTH angeregt wird. Durch den Mangel an ACTH wird wiederum die Nebennierenrinde nicht ausreichend zur Bildung von Cortison angeregt. Die tertiäre Nebenniereninsuffizienz entsteht bei
    • länger andauernder Cortisonbehandlung - ist es notwendig, einem Patienten über längere Zeit Cortison zu verabreichen, so wird auf Grund des hohen Cortisonspiegels im Blut im Hypothalamus kaum mehr CRH und in der Hirnanhangsdrüse kaum mehr ACTH gebildet. Wird am Therapieende das Cortison zu rasch abgesetzt, reagieren der Hypothalamus und die Hirnanhangsdrüse zu langsam, es fehlt der Nebennierenrinde damit der Befehl zur Hormonproduktion. Deshalb ist es wichtig, das Ende einer längeren Cortisonbehandlung langfristig zu planen und langsam die Dosis zu senken. Abrupter Abbruch von Cortisonbehandlungen kann zur lebensbedrohlichen Zuständen führen (Addisonkrise, engl. Addisonian crisis).
    • Erkrankungen des Hypothalamus

Häufigkeit und Vorkommen

Der Morbus Addison findet sich ungefähr bei fünf von 100.000 Einwohnern Westeuropas, es ist also eine seltene Erkrankung. Von der Addison-Erkrankung sind Frauen häufiger betroffen als Männer, das durchschnittliche Alter bei Diagnosestellung liegt bei 40 Jahren mit einer weiten Streuung.

Symptome

Beschwerden treten erst auf, wenn 90 Prozent der Nebennierenrinde nicht funktionieren. Die Patienten klagen über:

  • allgemeines Schwächegefühl
  • immer wiederkehrende Infekte
  • rasche Ermüdbarkeit
  • Gewichtsverlust
  • Anorexie (Appetitlosigkeit)
  • Erbrechen
  • Salzhunger (Verlangen nach salzigen Nahrungsmitteln)
  • Schwindel
  • niedrigen Blutdruck mit Kollapsneigung
  • bräunliche Verfärbung der Haut, auch an Handflächen und Fußsohlen
  • starke bräunliche Verfärbung von Narben
  • bräunliche oder bläuliche Verfärbung der Lippen
  • Bauchschmerzen
  • Verstopfung oder Durchfall
  • bei Frauen eventuell Verlust der Schambehaarung
  • Verlust der Libido
  • Spontanhypoglykämien (Unterzuckerungen)

Komplikationen

Durch besondere Belastungssituationen, wie z. B. Operationen und Krankheiten, kann sich vor allem ein noch nicht behandelter Morbus Addison plötzlich verschlechtern – es kann sich eine sogenannte Addison-Krise entwickeln. Dies ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der durch eine Bewusstseinstrübung bis hin zu Koma, Blutdruckabfall, massive Austrocknung des Organismus, Unterzuckerung und Bauchbeschwerden (Pseudoperitonitis – harter Bauch wie bei einer Bauchfellentzündung) gekennzeichnet ist.

Diagnose

Bei Verdacht auf Morbus Addison werden die Blutspiegel von Natrium, Kalium, Cortisol und ACTH bestimmt. Bei den primären Formen sind Cortisol und Natrium deutlich vermindert, Kalium ist erhöht. Hier liegt die Störung in der Nebenniere selbst, deshalb ist das ACTH erhöht. Bei den sekundären Formen ist sowohl Cortisol wie auch ACTH erniedrigt. Der Natrium- und Kalium-Haushalt ist weniger betroffen, da die Aldosteronproduktion über das Renin-Angiotensin-System geregelt wird, welches unabhängig von der Hypophyse ist.

Beim sekundären M. Addison kann durch den ACTH-Test festgestellt werden, ob die Nebennierenrinde auf einen Anstieg des ACTH im Blut mit einer entsprechenden vermehrten Cortisonproduktion reagiert. Ist die Nebenniere gesund, ist der Cortisonspiegel nach Gabe von ACTH erhöht.

Wenn man eine Autoimmunerkrankung vermutet, gibt es Suchtests für diejenigen Antikörper, die gegen die Nebennierenrindenzellen gerichtet sind. Mit einer Ultraschalluntersuchung oder einer Abdomen-Computertomographie können Tumore und entzündliche Veränderungen der Nebennieren erkannt werden.

Behandlung

Die Behandlung des Morbus Addison besteht in der Zufuhr der im Körper nicht ausreichend gebildeten Hormone in Form von

Bei besonderen Belastungen für den Körper, etwa bei Operationen, muss die Dosis vorübergehend erhöht werden. Eventuell vorliegende Infektionen als Ursache für den Morbus Addison werden mit Antibiotika behandelt, Tumore werden operiert. Eine Addison-Krise verlangt eine intensivmedizinische Überwachung sowie eine Behandlung mit zucker- und cortisonhaltigen Infusionen.

Prognose

Die fehlenden Hormone müssen lebenslang in Form von Medikamenten zugeführt werden.

Bei der heute seltenen tuberkulösen Form der primären Nebenniereninsuffizienz führt die alleinige Cortisongabe zur Verschlechterung der Tuberkulose. Die TBC muss ausgeheilt werden und der Hormonmangel dauerhaft ersetzt werden.

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