Dembitzer

Dembitzer

Salamon Dembitzer (auch: Salomon Dambitzer, * 29. Januar 1888 in Krakau/Österreich-Ungarn, heute Polen; † 11. Oktober 1964 in Lugano/Schweiz) war ein vorwiegend deutschsprachiger Schriftsteller und Journalist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend

Salamon Dembitzer war der Sohn von Herschel und Amalia Dembitzer und der Enkel des Talmudgelehrten und Historikers Chaim Nathan Dembitzer. Er hatte drei Geschwister. Seine Kindheit verbrachte er in dem kleinen Dorf Lancut bei Krakau. Schon früh widersetzte sich der junge Salamon den Plänen seiner Familie, er solle Rabbiner werden.

Im Jahr 1903 verließ der fünfzehnjährige Dembitzer sein Elternhaus, flüchtete nach Deutschland und dann weiter nach Antwerpen. Als seine Familie 1906 nach Kassel zog, stieß er wieder zu ihr, begann in Göttingen ein Studium, das er bald abbrach und arbeitete als Journalist beim Kasseler Volksblatt. 1908 veröffentlichte er erste Gedichte – diese noch auf Yiddish - und 1914 dann ersten Erzählungen unter dem Titel ‚Aus engen Gassen’.

Es folgten weitere Aufenthalte in Antwerpen und Amsterdam, wo er als Redakteur für das Algemeen Handelsblad und für Het Volk arbeitete. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs siedelte Dembitzer nach Berlin um, hielt aber seinen Kontakt nach Holland aufrecht, wo er mehrere Bücher mit Erzählungen in niederländischer Sprache veröffentlichte. Zudem war er Kriegskorrespondent des Vorwärts.

Weimarer Republik

1919 kehrte er nach Berlin zurück und wurde Redakteur für die Die Welt am Montag, das Berliner Tagblatt sowie die Wiener Arbeiter-Zeitung. Viele Kurzgeschichten von ihm wurden abgedruckt. 1928 starb die Mutter. 1930 veröffentlichte er den ihr gewidmeten ersten Roman ‚Bummler und Bettler’ und den Theatertext ‚Wohlfahrtsamt’. Das literarische Berlin wurde auf ihn langsam aufmerksam. Seine mit Freunden und Kollegen neu gegründete Literaturzeitschrift ‚Clique’ blieb erfolglos.

Im März 1933 floh der jüdischstämmige Dembitzer vor den Nazis in die Niederlande, wo er kurzfristig als Redakteur arbeitete. Hier publizierte er – auf Deutsch – sein Hauptwerk, den Roman ‚Die Geistigen’. Der junge Albert Vigoleis Thelen besprach den Roman euphorisch, daneben hagelte es einige Verrisse, der Roman wurde kaum wahrgenommen. Es handelt sich um eine amüsante satirische Skizze des Kulturbetriebs der Weimarer Republik mit den Figuren Abel Krampf (= Alfred Kerr) und Abel Driglin (= Alfred Döblin). Eine Neuauflage dieses Romans erschien 2007.

Exil

1935 zog Dembitzer weiter nach Brüssel (Belgien), wenig später nach Portugal, 1940/41 bekam er dort ein amerikanisches Visum und emigrierte in die Vereinigten Staaten nach New York City. Im August 1942 wurden sein Bruder Chaim Nussyn Dembitzer und dessen Frau von den Nazis umgebracht. Ein weiterer nach Neuseeland emigrierter Bruder unterstützte Salomon finanziell, da dieser in den USA kaum Arbeit fand.

1947 wanderte Dembitzer mit seiner späteren Frau Hertha, geb. Weiß, nach Australien aus und lebte in Sydney. Hier erschienen seine selbst publizierten Bücher ‚Drama in Ostend’ (1950) und ‚Visas for America’ (1952), beides stark autobiographische Auseinandersetzungen mit Flucht und Exil, auf englisch. 1955 erschienen einige Erzählungen aus den 1920er Jahren in englischer Übersetzung unter dem Titel ‚Adventures in Prague’. 1958 kehrte Dembitzer schließlich nach Europa zurück und zog in die Schweiz, wo er 1964 in Lugano starb. In den letzten zehn Lebensjahren veröffentlichte er nicht mehr. Salamon Dembitzer kehrte zeitlebens nicht nach Deutschland zurück. Seinen Nachlass verwaltet das Leo Baeck Institute in New York.

Werke

  • Verlorene Welten (1910), Gedichte
  • Schwarze Blätter (1913), Gedichte
  • Aus engen Gassen (1915), Erzählungen
  • Der Osten (1916)
  • Über die Liebe (1920)
  • Mein Onkel (1922), Erzählungen
  • Holländische Erde (1924), Erzählungen
  • Nächte im Vondelpark (1924), Erzählungen
  • Bummler und Bettler (1930), Roman
  • Wohlfahrtsamt (1930), Drama in 3 Akten
  • Abrechnung (1931)
  • Die Geistigen (1934), Roman
  • Drama in Ostend (1950), Roman
  • Visas for America (1952), Roman (die deutsche Originalfassung mit dem Titel "Visum nach Amerika" ist 2009 im Weidle Verlag, Bonn, erschienen, mit einem Nachwort von Ursula Seeber)
  • Adventures in Prague and Other Stories (1955), Erzählungen
  • Die Geistigen (2007), Roman (Neuauflage, Weidle Verlag, Bonn. Mit einem ausführlichen Nachwort von Uta Beiküfner)

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Dembitzer — Family name Meaning from Dębica (Yiddish: דעמביץ Dembits), Dębice Region of origin Poland Language(s) of origin Yiddish Related names Dembitz, Dębicki (Dembicki); Dambitzer Dembitzer …   Wikipedia

  • DEMBITZER, ḤAYYIM NATHAN — (1820–1892), talmudist and historian. Dembitzer was born in Cracow and became a dayyan in his native city. Active in financial support of the old yishuv in Ereẓ Israel, Dembitzer urged scholars to renew their support for the R. Meir Ba al ha Nes… …   Encyclopedia of Judaism

  • Dembitzer Records — This article is about the record company. For the author, see Haim Nathan Dembitzer. Dembitzer Records (properly Dembitzer Music) is the record label run by Ireneusz Socha, a composer and drummer from Dębica, Poland. Artists Bolesław Błaszczyk… …   Wikipedia

  • Dembitzer, Hayyim Nathan — (1820 92)    Polish talmudist and historian. He was born in Krakow and became dayyan there. He was active in financial support of the old yishuv in Palestine. He published works on responsa literature, the tosaphists, and talmudic and rabbinic… …   Dictionary of Jewish Biography

  • Salomon Dembitzer — Salamon Dembitzer (auch: Salomon Dambitzer, * 29. Januar 1888 in Krakau/Österreich Ungarn, heute Polen; † 11. Oktober 1964 in Lugano/Schweiz) war ein vorwiegend deutschsprachiger Schriftsteller und Journalist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 …   Deutsch Wikipedia

  • Salamon Dembitzer — (auch: Salomon Dambitzer, * 29. Januar 1888 in Krakau/Österreich Ungarn; † 11. Oktober 1964 in Lugano/Schweiz) war ein vorwiegend deutschsprachiger Schriftsteller und Journalist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1.1 Jugend …   Deutsch Wikipedia

  • Haim Nathan Dembitzer — (June 29, 1820, Krakow November 20, 1892, Krakow) was a Polish Galician rabbi and historian. Biography His father, Jekuthiel Solomon, a scholarly merchant who claimed he was a descendant of R. Moses Isserles, died in 1833, aged forty one. While… …   Wikipedia

  • Ireneusz Socha — (b. 1964, Dębica, Poland). Drummer, Composer. Co editor of DRUT (1985 1987) one of Poland s first artzines. The mastermind behind Kirkut Koncept (1986 1990) a group performing original compositions bordering on rock song, cabaret, ethnic music… …   Wikipedia

  • Tomasz Krakowiak — (b. July 31 1972, Tarnów, Poland) is a percussionist and composer. During the last few years, Krakowiak has performed and recorded with artists such as Mike Hansen, John Oswald, Ireneusz Socha, Le Quan Ninh, Kaffe Matthews, Mike Snow, Domenico… …   Wikipedia

  • Aryeh Leib ben Saul — Lowenstam (ca. 1690, Cracow – April 2, 1755, Amsterdam) was a Polish rabbi. Contents 1 Life 2 Works 3 Descendants 4 Jewish Encyclopedia bibliography …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”