Der reiche Fürst

Der reiche Fürst

Preisend mit viel schönen Reden ist die Anfangszeile eines Gedichts von Justinus Kerner. Die Vertonung dieses Gedichts gilt als inoffizielle Landeshymne Württembergs.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Eberhard im Bart, 1492

Justinus Kerner verfasste den Text im Jahre 1818 als Ballade mit dem Titel Der reichste Fürst zu Ehren des Grafen Eberhard im Bart. Gesungen wird der Text nach der Melodie des Volksliedes In des Waldes tiefsten Gründen, die lange Zeit zuvor von einem unbekannten Komponisten geschaffen und 1801 erstmals in einem Liederbuch veröffentlicht wurde. Auffällig sind die melodischen Gemeinsamkeiten mit der Marseillaise. Der früheste gemeinsame Abdruck des Textes und der Melodie erschien im Jahr 1823.

Kerner schöpfte den Stoff seiner Ballade aus der historischen Sage über den Reichstag zu Worms im Jahre 1495, bei der Eberhard in Anerkennung seiner Leistungen von König Maximilian I. zum ersten Herzog von Württemberg erhoben wurde. Laut dem Humanisten und Reformator Philipp Melanchthon soll es auf dem Gastmahl zu einem Streitgespräch der anwesenden Fürsten über die Reichtümer ihrer Länder gekommen sein, aus dem Eberhard, als Sieger hervorgegangen sein soll. Denn sein Land Württemberg sei zwar arm, aber sein Fürst könne seinen Untertanen rückhaltlos vertrauen, denn selbst im tiefsten Wald könne er seinen Kopf jedem beliebigen Fremden zum Schlafen in den Schoß legen, ohne befürchten zu müssen, dass er ermordet würde.

Das später zur Württembergischen Landeshymne gemachte Lied der Württemberger zeigt, dass der Graf im Bart bei der Bevölkerung sehr beliebt war und bei den Reichsfürsten großes Ansehen genoss. Noch Jahrhunderte später verkörperte Eberhard das Ideal des volksnahen und gerechten Landesvaters in einem friedlichen Staat.

Möglicherweise verwechselte Melanchthon allerdings den späteren Herzog Eberhard mit dessen Vorfahren Eberhard dem Greiner. Von diesem geht die Sage, dass er bei einem Aufenthalt im Wildbad (dem heutigen Bad Wildbad, aber eventuell auch Bad Teinach) vom Grafen Wolf von Eberstein überfallen werden sollte, dies aber von einem Hirten verhindert wurde, der Eberhard zunächst warnte und diesen, als er bei seiner Flucht zu erschöpft war, über die Berge des Schwarzwalds in die schützende Burg Zavelstein getragen haben soll.

Die Verbreitung des Loblieds in Liederbüchern und Liedflugschriften stieg in den 1840er-Jahren sprunghaft an. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurde es oft in Schul- sowie in allgemeinen Liederbüchern abgedruckt. Heute wird das historische Landeslied nur noch selten offiziell vorgetragen.

Text

Preisend mit viel schönen Reden
Ihrer Länder Wert und Zahl,
Saßen viele deutsche Fürsten
Einst zu Worms im Kaisersaal.
„Herrlich“, sprach der Fürst von Sachsen,
„Ist mein Land und seine Macht;
Silber hegen seine Berge
Wohl in manchem tiefen Schacht.“
„Seht mein Land in üpp'ger Fülle,“
Sprach der Kurfürst von dem Rhein,
„Goldne Saaten in den Tälern,
Auf den Bergen edlen Wein!“
„Große Städte, reiche Klöster!“,
Ludwig, Herr zu Bayern sprach.
„Schaffen, daß mein Land dem euren
wohl nicht steht an Schätzen nach.“
Eberhard, der mit dem Barte,
Württembergs geliebter Herr,
Sprach: „Mein Land hat kleine Städte,
Trägt nicht Berge silberschwer;
Doch ein Kleinod hält's verborgen:
Daß in Wäldern, noch so groß,
Ich mein Haupt kann kühnlich legen
Jedem Untertan in Schoß.“
Und es rief der Herr von Sachsen,
Der von Bayern, der vom Rhein:
„Graf im Bart! Ihr seid der Reichste!
Euer Land trägt Edelstein!“

Literatur

  • Susanne Dieterich: Württembergische Landesgeschichte für neugierige Leute. 2 Bände. DRW-Verlag Weinbrenner, Leinfelden-Echterdingen 2002–2003, ISBN 3-87181-468-7. Zum Lied: Teil 1, Seite 89ff.
  • Gerhard Raff: Hie gut Wirtemberg allewege. Das Haus Württemberg. Band 1. DVA, Stuttgart 1988, ISBN 3-89850-110-8, S. 348

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Der reichste Fürst — Preisend mit viel schönen Reden ist die Anfangszeile eines Gedichts von Justinus Kerner. Die Vertonung dieses Gedichts gilt als inoffizielle Landeshymne Württembergs. Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Text …   Deutsch Wikipedia

  • Fürst Hans Adam II. von Liechtenstein — Fürst Hans Adam II. von und zu Liechtenstein Hans Adam II. (voller Name: Johannes Adam Ferdinand Alois Josef Maria Marko d Aviano Pius von und zu Liechtenstein; * 14. Februar 1945 in Zürich, Schweiz) ist als regierender Fürst das Staatsoberhaupt… …   Deutsch Wikipedia

  • Fürst Hans Adam II. von und zu Liechtenstein — Hans Adam II. (voller Name: Johannes Adam Ferdinand Alois Josef Maria Marko d Aviano Pius von und zu Liechtenstein; * 14. Februar 1945 in Zürich, Schweiz) ist als regierender Fürst das Staatsoberhaupt Liechtensteins. Die offizielle Titulatur des… …   Deutsch Wikipedia

  • Fürst — [fʏrst], der; en, en: a) seit dem Mittelalter nach dem Kaiser oder König rangierender, an der Herrschaft über das Reich beteiligter Angehöriger des hohen Adels: Heinrich Fürst [von] Sorden. Syn.: ↑ Herrscher, ↑ Regent. b) Angehöriger des hohen… …   Universal-Lexikon

  • Reiche (der) — 1. Ain Reicher dünckt sich weise sein, aber ain Armer verstendiger mercket jn. – Agricola II, 229. 2. Auch der Reiche kriegt nur ein Tuch als Leiche. Frz.: Le plus riche n emporte qu un linceul. (Bohn I, 33.) 3. Auf den Reichen wie den Armen sind …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Fürst — 1. Alle Fürsten sind Grafen (Edelleute, Bürger) gewesen. – Pistor., VII, 10. Bei den Russen dagegen heisst es: Auch unter den Fürsten gibt s Leibeigene. (Altmann V.) 2. Aller frommen Fürsten angesicht möcht man auff ein Ring stechen. – Zeytbuch,… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Der Stoinerne Ma — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Der Geizige — Daten des Dramas Titel: Der Geizige Originaltitel: L Avare ou l’École du mensonge Gattung: Komödie Originalsprache: Französisch Autor: Molière …   Deutsch Wikipedia

  • Der Bettelstudent (1936) — Filmdaten Originaltitel Der Bettelstudent Produktionsland Deutschland …   Deutsch Wikipedia

  • Fürst, der — Der Fürst, des en, plur. die en, Fämin. die Fürstinn, plur. die en. 1) Der Erste und Vornehmste seiner Nation, seiner Provinz oder seines Staates, ein regierender Herr, ohne Rücksicht auf dessen anderweitige Unterscheidungswürde. In diesem… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”