- Deutsch-Böhmen
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Der Begriff Deutschböhmen wurde und wird in verschiedener Bedeutung gebraucht. Er war einerseits:
- bis zum frühen 20. Jahrhundert eine Sammelbezeichnung für die deutschen Bewohner Böhmens (später Sudetendeutsche)
- und andererseits schließlich Bezeichnung einer Verwaltungseinheit in Nordböhmen kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges (tschechisch Německé Čechy) .
Nach 1848, als sich durch die tschechische Nationalbewegung eine Gleichstellung der Deutschen und Tschechen durchsetzte, versuchten die in Böhmen lebenden Deutschen zumindest in den Regionen, in denen sie die Mehrheit bildeten, auch die politische und kulturelle Hoheit zu erringen. Auf dem Kongress in Teplitz 1848 wurden die Forderungen verankert. 1868 bis 1871 wurde die Forderung nach einer staatsrechtlichen Regelung immer lauter. Das Postulat einer geschlossenen Region nahm teilweise Formen an, in denen gefordert wurde, Tschechisch völlig auszuschließen. Die Demarkation sollte einer völlig neuen Aufteilung der Kreisgebiete dienen, die von Ämtern der jeweiligen Nationalität verwaltet werden sollten. Festgehalten wurde die Aufteilung im Pfingstprogramm vom 20. Mai 1899, das weitgehende Regelungen für die nichtdeutschen Völker enthielt. 1900 folgten Vorschläge für die Einteilung Böhmens in eine deutsche und eine tschechische Zone. 1907 wurden im Zuge der neuen Wahlkreisaufteilung für die Reichsratswahlen die Wahlbezirke des deutschen und tschechischen Siedelungsgebietes weitestgehend scharf voneinander abgegrenzt. 1909 erarbeitete der Deutsche Zweiteilungsausschuss auf dieser Grundlage einen Entwurf zur völligen Aufteilung Böhmens und der Schaffung der Region Deutschböhmen.
Nach 1918 wurde die Frage erneut diskutiert. Der österreichische Ministerpräsident Ernst Seidler von Feuchtenegg wollte diesen Bemühungen durch Einrichtung von Kreisen, die nach der Nationalität der Bewohner aufgeteilt werden sollten, entgegenkommen. Einen Tag nach der Ausrufung der Tschechoslowakei wurde am 29. Oktober 1918 die Provinz Deutschböhmen mit Sitz in Reichenberg ausgerufen. Erster Landeshauptmann war Raphael Pacher, gefolgt von Rudolf Lodgman von Auen.
Diese Provinz Deutschböhmen bestand aus einem zusammenhängenden Gebiet in Nord- und Westböhmen, das sich vom Egerland bis zum Braunauer Ländchen entlang der Grenze zum Deutschen Reich erstreckte. In Südböhmen entstand die Verwaltungseinheit Böhmerwaldgau als Teil von Oberösterreich. Deutsche im Adlergebirge und im Gebiet von Landskron, sogenannte Deutschmähren, schlossen sich zur Provinz Sudetenland zusammen. Der Bezirk Neubistritz wurde Znaim zugeschlagen und damit ebenfalls von Oberösterreich verwaltet. Das Gerichtswesen war für Sudetenland und Deutschböhmen in Reichenberg angesiedelt, für die restlichen Regionen war Wien zuständig. Am 22. November 1918 erklärte sich die Provinz Deutschböhmen zum Teil von Deutschösterreich. Der genaue Umfang des Gebiets wurde schließlich am 30. November 1918 im Staatsgesetzblatt veröffentlicht.
Die tschechische Regierung bestand weiter auf einem Einheitsstaat und verweigerte die Anerkennung der genannten deutschen Verwaltungsbezirke. Einige Bezirke wurden gleich zu Beginn auch unter tschechoslowakische Verwaltung gestellt, so Warnsdorf, Winterberg, Bilin, Böhmisch Leipa, andere wie Mies, Hirschberg am See oder Brüx wurden kurze Zeit später durch die tschechoslowakische Armee besetzt. Die vertraglichen Verhandlungen Deutschösterreichs um die Verwaltungaufteilung scheiterten. Die Tschechoslowakische Republik berief sich dabei auf das Waffenstillstandsabkommen vom 3. November 1918. Aber erst durch die Friedensabkommen, die im Wesentlichen auf die Vorstellungen Frankreichs, Großbritanniens und Italiens zurückgingen, wurden die Gebiete der Tschechoslowakischen Republik zugesprochen.
Trotz allem bestand Deutschösterreich weiter auf seine Rechte. Bei den Pariser Verhandlungen wurde die Unteilbarkeit Tschechiens durch Les Tchécoslovaques, leur histoire et civilisation und Le problème des Allemands de Bohème nochmals bestätigt. Durch den Friedensvertrag von Versailles erhielt die Tschechoslowakei die uneingeschränkte Autorität über ihr Gebiet. Allerdings wurden auch der deutschen Minderheit durch den Vertrag von Saint-Germain am 10. September 1919 Rechte zugesprochen.
Später wurde der Gedanke von Deutschböhmen durch die Sudetendeutschen neu aufgegriffen.
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