- Deutsch Tscherbeney
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Czermna (deutsch Tscherbeney, auch Deutsch Tscherbeney, 1937–1945: Grenzeck; tschechisch: Německá Čermná; später auch: Veliká Čermná) ist ein zur Stadtgemeinde Kudowa-Zdrój (Bad Kudowa) gehöriges Dorf im polnischen Powiat Kłodzki. Es gehörte zum Böhmischen Winkel in der ehemaligen Grafschaft Glatz.
Inhaltsverzeichnis
Geographie
Das Dorf liegt einen Kilometer nördlich des Stadtzentrums von Kudowa-Zdrój im Tal des Tscherbeneyer Baches (Czermnica), der in den zum Heuscheuergebirge gehörenden Wilden Löchern (Błędne Skały) entspringt, sich jenseits der Landesgrenze bei Brné mit der Brlenka vereint und bei Malé Pořičí in die Mettau mündet. Das typische Langdorf erstreckt sich über 5 km entlang der tschechischen Grenze. Es ist im unteren Teil dicht besiedelt und steigt in einer breiten Mulde allmählich an. Weiter oben wird das Tal durch einen tiefen Einschnitt zwischen zwei Bergen – dem Schweinsrücken (Świni Grzbiet) im Osten und dem Efeuberg (Bluszczowa) im Westen – geteilt. Hier beginnt das dünner besiedelte Oberdorf. Das engere Tal gehört durch seine bergige Landschaft zu einem der schönsten dieser Umgebung.
Im Unterdorf besteht ein Grenzübergang für den kleinen Grenzverkehr in das angrenzende Malá Čermná (Kleintschermna), einen Ortsteil von Hronov, über den auch die Radwandertrasse "Heuscheuergebirge" führt. Kurpark und Kurteich von Kudowa-Zdrój schließen an das Unterdorf unmittelbar an.
Geschichte
Das Dorf Czermna wird erstmals 1354 in den Konfirmationsbüchern des Erzbistums Prag erwähnt, zu dessen Sprengel es gehörte. In diesem Jahr wurde der Pfarrer von Machau durch den (namentlich nicht bekannten) Pfarrer von Czermna in sein Amt eingeführt. Aus der Tatsache, dass der Ort schon eine Kirche und einen Pfarrer besaß, kann geschlossen werden, dass er zu dieser Zeit eine regionale Bedeutung hatte und seine Gründung vermutlich in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erfolgte. Er gehörte zum kirchlichen Dekanat Dobruška in Ostböhmen.
Tscherbeney unterstand seit der frühesten Zeit der Herrschaft Náchod in Böhmen. Es bestand aus zwei Lehnsgütern, die zumeist dem Adersbacher Zweig der Adelsfamilie Berka von Dubá gehörten. Die Präsentation der Pfarrer erfolgte deshalb auch meistens durch zwei Patrone: 1364 präsentierten Johann und Zawisch von Adersbach einen Johannes, 1378 Johann von Dubá und Leo von Adersbach den Ulrich von Rychmberk, 1401 der neue Besitzer der Herrschaft Nachod, Jetřich (Dietrich) von Janowitz den Przibisko von Cowacz, dem 1404 Wenzel, Sohn des Paulus von Nachod folgte. Während der Hussitenkriege erlosch die Pfarrei, und vermutlich haben in dieser Zeit auch die Adersbacher ihre Tscherbeneyer Lehensanteile verloren. Nachdem die Herrschaft Nachod 1415 an Boček von Kunstadt und Podiebrad übergegangen war, waren die nachfolgenden Besitzer von Tscherbeney zumeist die Burggrafen von Nachod:
- Das erste Lehnsgut gehörte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts einem Ernst Krawa, dem Georg von Všestar folgte, von dem es auf dessen Söhne Rafuš und Alexius von Všestar überging. Ihnen folgte 1477 der Burggraf Simon Sudlitz von Žernov, in dessen Familie das Lehnsgut bis 1525 blieb. In diesem Jahre kam es an Tobias Slanský von Doubrawitz, der seit 1515 ebenfalls das Burggrafenamt bekleidete.
- Das zweite Lehnsgut gehörte seit 1447 den Nachkommen des Tamchyn von Doubrawitz und war 1485 im Besitz des Nachoder Hauptmanns Wenzel Vrtimak von Rokytník, dem Rafuš von Všestar folgte. Dieser verkaufte sein Tscherbeneyer Gut dem Hildebrand von Kauffung. Herzog Heinrich d. Ä. genehmigte den Verkauf am 6. April 1496 auf dem Glatzer Schloss und willigte ein, dass dieses Gut von der Herrschaft Nachod gelöst und der Herrschaft Hummel eingegliedert wird[1]. Da das erste Lehnsgut vermutlich schon 1477 an die Hummelherrschaft gelangte, gehörte somit ab 1496 ganz Tscherbeney zu ihr.
Im 16. Jahrhundert erwarben Tscherbeney die protestantischen Herren von Stubenberg, die es ihrer Herrschaft Neustadt an der Mettau eingliederten. Da die Untertanen die Religion ihrer Herrschaft annehmen mussten, diente die Kirche von Tscherbeney, das seit dieser Zeit als Deutsch-Tscherbeney bezeichnet wurde, nunmehr als evangelisches Gotteshaus.
Nach der Schlacht am Weißen Berge wurden die Stubenberger wegen ihrer Beteiligung am Böhmischen Ständeaufstand enteignet. Ihre Besitzungen gingen für kurze Zeit an Albrecht Wallenstein, der sie seinem Schwager Trczka verkaufte. Dieser gründete auf Tscherbeneyer Fluren das spätere „Bad Kudowa“ (Chudoba), dessen Sauerbrunnen seit 1580 bekannt waren. Nach 1622 kam es auch in der Grafschaft Glatz zu einer umfassenden Rekatholisierung und Tscherbeney wurde Filialkirche der katholischen Pfarrei Neustadt an der Mettau. Nach Adam Erdmann Trczkas Tod 1634 in Eger wurde der kaiserliche Feldmarschall Walter Leslie Besitzer von Neustadt und damit auch von Tscherbeney.
1664 kam Tscherbeney wegen seiner kirchlichen Zugehörigkeit zu Neustadt an das im Zuge der Gegenreformation neu gegründete Bistum Königgrätz. Im selben Jahr wurde das älteste Tscherbeneyer Kirchenbuch mit Tauf- und Sterbematrikeln angelegt. Der Königgrätzer Bischof Johann Joseph Wratislaw von Mitrowitz erhob 1738 Tscherbeney wieder zu einer selbständigen Pfarrei, zu der auch die Ortschaften Kudowa mit Blasewey, Straußeney mit Bukowine, Jakubowitz und die böhmischen Dörfer Žďárky und Malá Čermná gehörten. Nachdem die Grafschaft Glatz nach dem Hubertusburger Frieden 1763 endgültig an Preußen kam, wurden zwei Jahre später auch die kirchlichen Verhältnisse den politischen Grenzen angepasst. Tscherbeney wurde aus dem Bistum Königgrätz ausgegliedert und dem Dekanat Glatz zugewiesen. Damit gehörte es ab diesem Zeitpunkt wiederum zum Erzbistum Prag. Im Jahre 1780 wurden die ebenfalls in der Grafschaft Glatz liegenden Dörfer Schlaney und Brzesowie, die bis dahin zur Pfarrei St. Laurentius in Nachod gehörten, der Pfarrei Tscherbeney zugewiesen und die Dörfer Ždarky und Malá Čermná in die böhmische Pfarrei Hronov umgegliedert.
1785 verkauften die Grafen Leslie die Gutsherrschaft Tscherbeney an Michael von Stillfried auf Neurode. Während der Napoleonischen Kriege wohnte vom 9. bis 29. Juni 1813 Friedrich Wilhelm III. im Tscherbeneyer Pfarrhaus. Unter Mitwirkung von August Neidhardt von Gneisenau und Ernst Moritz Arndt führte er hier vorbereitende Gespräche für das antinapoleonische Militärbündnis mit Russland und Österreich und nahm zeitweise auch an den Verhandlungen auf Schloss Opočno teil.
1819 erwarben die Brüder Adolf Sigismund († 1847) und Friedrich Wilhelm von Götzen d. J die Herrschaft Tscherbeney. Da beide ohne Nachkommen starben, erbte deren Neffe Anton Graf von Magnis die Besitzungen. Er verkaufte den Besitz bald weiter, und es folgten in kurzen Abständen verschiedene Eigentümer. 1873 teilte Freiherr von Otterstedt die Herrschaft in zwei Teile, wobei er das Gebiet von Kudowa für sich behielt und den Anteil Tscherbeney verkaufte.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde 1937 Tscherbeney in Grenzeck umbenannt. Als Folge des Zweiten Weltkriegs fiel Tscherbeney/Grenzeck 1945 wie fast ganz Schlesien an Polen und wurde zunächst in Czerwone und später in Czermna umbenannt. Die deutsche Bevölkerung wurde zum größten Teil vertrieben. Schon vorher waren zahlreiche Bewohner über die nahe Grenze in die Tschechoslowakei geflohen. Die neuen Siedler waren ihrerseits zum Teil Heimatvertriebene aus Ostpolen. In den 1950er Jahren wurde Czermna nach Kudowa-Zdrój eingemeindet.
1993 wurde von Einwohnern von Czermna, von Tschechen aus Hronov, Žďárky und Malá Čermná sowie von Deutschen aus Aachen ein Projekt zur Völkerverständigung und -begegnung begonnen. Aus dieser Initiative entstanden 1994 die Jugendbegegnungsstätte „Marzanka“ und 1999 das „Denkmal der drei Kulturen“.
Sehenswürdigkeiten
- Die Pfarrkirche St. Bartholomäus entstand im 14. Jahrhundert und wurde in den Hussitenkriegen zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte im 16. Jahrhundert. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts erhielt sie ihre heutige barocke Gestalt. Die Ausstattung der Kirche wurde in der Folgezeit mehrmals erneuert und restauriert. Seitenaltäre und Kanzel schuf 1930 der Landecker Bildhauer Aloys Schmidt.
- Der frei stehende Glockenturm wurde 1603 als Wehrturm errichtet.
- Zwischen Kirche und Glockenturm befindet sich die viel besuchte Schädelkapelle. Sie wurde 1776 bis 1804 von Pfarrer Wenzel Tomaschek mit finanzieller Unterstützung des damaligen Patrons Graf Leopold von Leslie erbaut. Wände und Decke der Kapelle sind mit etwa 3.000 gebleichten Totenschädeln und anderen Menschenknochen bedeckt. Weitere 20.000 Knochenteile liegen in der Gruft der Kapelle. Sie sollen aus Massengräbern der näheren Umgebung stammen, in denen die Opfer von Pest- und Choleraepidemien, aber auch von Gefallenen des Dreißigjährigen Krieges und der Schlesischen Kriege bestattet worden waren.
- Im Oberdorf (ul. Kościuszki 101) kann in der Wohnstube eines typischen kleinen Hauses eine vier Meter lange mechanische Weihnachtskrippe besichtigt werden, die eine Nachbildung der Stadt Betlehem darstellt und mit 150 Figuren und 100 Schäfchen, die aus Lindenholz geschnitzt wurden, ausgestattet ist. Die Krippe wurde in den Wintermonaten zwischen 1896 und 1924 vom Landwirt und Weber Franz Stephan geschnitzt und ständig vervollkommnet.
- In den Wintermonaten 1930–1938 baute Franz Stephan, eine Orgel mit einem beachtenswerten Orgelgehäuse. Sie wurde mit 10 Registern für 270 Pfeifen ausgestattet und 1938 bei der Volkskunst- und Spielzeugausstellung der Bürgerhalle des Breslauer Rathauses ausgestellt. Sie ist noch immer bespielbar und kann ebenfalls besichtigt werden.
- Das Denkmal der drei Kulturen, das einen drei Pfeiler überspannenden Regenbogen darstellt, befindet sich seit 1999 im oberen Teil des Dorfes und erinnert in drei Sprachen an die tschechische, deutsche und polnische Geschichte des Ortes.
Persönlichkeiten
- Gerhard Hirschfelder (1907–1942), 1932–1939 Kaplan in Tscherbeney, anschließend Jugendseelsorger der Grafschaft Glatz. Starb 1942 im KZ Dachau.
Verweise
Literatur
- Aloys Bach: Urkundliche Kirchen-Geschichte der Grafschaft Glaz [sic]. Breslau 1841
- Franz Albert: Die Geschichte der Herrschaft Hummel und ihrer Nachbargebiete. Erster Teil: Die Herrschaft Hummel bis zum Jahre 1477. Im Selbstverlag des Verfassers, 1932. S. 80–86
- Norbert Bartonitschek: 650 Jahre Grenzeck/Tscherbeney. In: Grafschafter Bote 02/2004
- Ders.: Die Kirche von Grenzeck/Tscherbeney. In: Groffschoaftersch Häämtebärnla 2006, S. 80
- Joseph Kögler: Die Schädelkapelle von Tscherbeney. In: Die Grafschaft Glatz 1908, Heft 03, S. 53-54
- Albert Hantsch: Vom Hummel zur Heuscheuer. Leimen 1976
- Ladislav Hladký: K církevní organizaci tzv. Českého koutku v Kladském hrabstvi. In: Kladský Sborník 1, 1996
- Jan Čížek: Kladská ves Německá Čermná v Novoměstké farní kronice. In: Dissertationes Historicae. Hradec Králové 1998
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Martín Šandera: Jindřich I. Minsterberský - První hrabě Kladský a jeho majetková základna. In: Kladský Sbroník 6-2004, S. 16
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