Deutscher Friedensrat

Deutscher Friedensrat

Der Friedensrat der DDR war eine gesellschaftliche Organisation in der DDR, in der namhafte Vertreter des öffentlichen Lebens und aller in der Nationalen Front vereinigten Parteien und Massenorganisationen sowie der Kirche vertreten waren. Der Friedensrat war keine unabhängige Organisation. Kritik an der Rüstungs- und Kriegspolitik der Sowjetunion und der Warschauer Paktes war ihm ebenso unmöglich wie ein Eintreten für Menschenrechte im Ostblock.

Der Friedensrat der DDR war Mitglied des Weltfriedensrates und seiner leitenden Organe[1] und Mitglied der Nationalen Front der DDR. Signet des Friedensrates war Picassos Taube. Weiß auf blauem Grund wurde sie auch als so genannte Friedenstaube bekannt.

In ihm arbeiteten wenige hauptamtliche und viele ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitglieder anderer Parteien und Massenorganisationen. 1990 zählte man 23 Personen, die in der DDR Anspruch auf Zusatzversorgung dank ihrer direkten Beschäftigung im Friedensrat hatten.[2]

Schon bald nach Ende des Zweiten Weltkrieges (1939–1945) wurde die am 9. November 1892 gegründete Deutsche Friedensgesellschaft (DFG) in den Westzonen Deutschlands neu konstituiert. In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bzw. später der DDR wurden die Anträge auf Zulassung nicht bewilligt.[3] Aus dem Organisationskomitee bzw. aus dem Kreis der Tagungsteilnehmer für den 1. Weltfriedenskongress 1949 wurde dort am 10. Mai 1949 das Deutsche Komitee der Kämpfer für den Frieden gebildet, aus dem der Friedensrat der DDR hervorging.

Im Laufe der Jahre wurde seine Bezeichnung mehrfach geändert:

  • Mai 1949: Deutsches Komitee der Kämpfer für den Frieden
  • Dezember 1950: Deutsches Friedenskomitee
  • Januar 1953: Deutscher Friedensrat
  • Juni 1963: Friedensrat der DDR
  • 1990: Der Friedensrat wurde im wiedervereinten Deutschland als Deutscher Friedensrat e.V. neu gegründet.

Nach dem zentralen Komitee der Kämpfer für den Frieden kam es flächendeckend zu Gründungen von vielen Friedenskomitees in den Ländern (später Bezirke), Kreisen und Gemeinden der DDR. Diese gingen später in die Friedensräte der Länder bzw. Bezirke und Kreise über. Die zunehmend dominierende Rolle der Nationalen Front bei der allseitigen Propagierung staatlicher Friedenspolitik führte 1962/63 zur Umstrukturierung des Friedensrates zum Friedensrat der DDR, zur Auflösung aller nachgeordneten Gliederungen und ihrer Verschmelzung mit den entsprechenden örtlichen Ausschüssen der Nationalen Front.[4]

Der Friedensrat der DDR trat nach seinem Selbstverständnis für den Weltfrieden, für internationale Entspannung und Sicherheit, für friedliche Koexistenz von Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnungen, für Abrüstung, Nationale Unabhängigkeit, die Beseitigung von Neokolonialismus und Rassismus und für die internationale Solidarität ein. In ihm war die partei- und regierungsnahe "Friedensbewegung" institutionell gebunden. Seine politische Zielrichtung war antiimperialistisch und in Gegnerschaft zur NATO zu suchen.

Die heterogene Zusammensetzung entsprang ursprünglich der Friedenssehnsucht vieler Menschen unterschiedlicher politischer und sozialer Herkunft angesichts der Zerstörungen und menschlichen Tragödien im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges. "Nie wieder Krieg!" – diese Losung bzw. Forderung vereinte sie alle. So war es auch nicht verwunderlich, dass zum Beispiel bereits 1955 der Deutschen Friedensrat der DDR erste Gespräche mit der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG) der Bundesrepublik führte und in der 1957 eingerichteten Deutschlandkommission verschiedene Vorschläge für die Lösung der Berlin- und Deutschlandfrage entwickelte, deren Grundlage bis in die 1960er-Jahre das Ziel der Wiedervereinigung auf einer Verständigungsbasis bildete. Auch hier war der gemeinsame Friedensgedanke und die reale Gefahr eines Dritten Weltkrieges, der aus dem Kalten Krieg ausbrechen könnte, Grundlage der Zusammenarbeit.

Auf der anderen Seite sah sich die Partei- und Staatsführung der DDR selbst als legitimierte Führerin der Friedensbestrebungen im Lande an und nahm diese Rolle mehr oder weniger offensichtlich auch im Friedensrat wahr. Die Rechtfertigung dazu leitete sie aus zwei Überlegungen ab:

  1. theoretisch (ideologisch): Der Ursprung der modernen Kriege wäre, im Machtkampf der imperialistischen Kräfte nach mehr Herrschaft zu suchen. “Kriegsgewinnler” wären immer nur die Monopole, die an ihm verdienten. Die sozialistische Welt würde diesem profitorientierten "Kriegsautomatismus" als neue Gewalt entgegen treten, so dass sie damit objektiv dem Frieden diene und die wichtigste Kraft in einer Friedensbewegung wäre. Diese Ableitung gipfelte in der Behauptung, die zur allgegenwärtigen Losung wurde: "Wer den Sozialismus stärkt, der stärkt den Frieden!"
  2. politisch: Der Machtanspruch der SED wurde in der DDR gesellschaftsweit offen geltend gemacht. Die DDR war im Verständnis der Kommunisten eine Form der Diktatur des Proletariats, in der eine Organisation wie der Friedensrat nicht unbeeinflusst gelassen werden könne. Außerdem diente der Friedensrat der SED nach außen als sichtbarer Beweis ihrer Friedensliebe und der Einbeziehung breitester Kreise der Gesellschaft.

Anfangs sahen auch die Kirchen in der Mitwirkung im Friedensrat die beste Möglichkeit, ihre Friedensmissionen unter den herrschenden Verhältnissen in der DDR zu erfüllen. Bei einem Treffen des Vorstandes der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR mit dem Vorsitzenden des Staatsrats, Erich Honecker, am 6. März 1978 allerdings machten sie offen Ansprüche geltend, über die Arbeit im Friedensrat hinaus eigene Friedens- und Pazifismusziele unter christlichen Aspekten zu definieren und zu verfolgen.[5] Einer kircheneigenen oder anderweitig eigenständigen Friedensbewegung aber stand die Staats- und Parteiführung ablehnend gegenüber und polemisierte und agitierte nicht nur dagegen, sondern behinderte diese Tendenzen, wo es ging. Einer offenen Konfrontation mit den Kirchen und dem Vatikan aber ging sie dennoch aus dem Wege.

Ein Ausdruck der sich wandelnden politischen Kräfteverhältnisse in der DDR war die Bildung oppositioneller Gruppen und zum Beispiel einer selbständigen Friedensgemeinschaft, die sich mit eigenen Losungen und Plakaten an der Friedensmanifestation zum Pfingsttreffen der Jugend auf dem Platz der Kosmonauten am 19. Mai 1983 beteiligt hatte. Sie protestierte in einem Offenen Brief von 24. Mai 1983 an den Zentralrat der FDJ und den Friedensrat der DDR gegen Übergriffe auf die Akteure der Friedensgemeinschaft.[6]

Unbestritten ist, dass die Mitglieder des Friedensrates für Frieden, Abrüstung und friedliche Koexistenz wirkten. Dabei trat der Friedensrat selten ins Rampenlicht der Tagespolitik. Die Kontakte seiner Mitglieder innerhalb der DDR und der anderen sozialistischen Länder, aber auch in den Westen bewirkten manch Gespräch und Verhandlung jenseits der offiziellen Propaganda, was aber in Einzelheiten nur selten veröffentlicht wurde. Weitere Aktivitäten waren unter anderem:

Der Friedensrat wurde vom Präsidenten repräsentiert, der seinerseits von seinen Vizepräsidenten vertreten wurde. Innerhalb der Organisation des Friedensrates waren unter anderem ein Beirat für Weltraumfragen und ein Christlicher Arbeitskreis gebildet worden.

Der Friedensrat war Herausgeber von zum Beispiel:

  • Stimme des Friedens. periodische Mitteilungen des Deutschen Friedensrates
  • Friedenswacht. Internationale Zeitschrift im Kongreß-Verlag Berlin
  • und vieler Bücher, unter anderem:
    • Köhler, Fritz: Frieden, Wissenschaft und die Verantwortung der Gelehrten. Friedensrat der DDR, Berlin ca. 1969.[9]
    • Dokumente der Weltfriedensbewegung - Oktober 1962 bis Dezember 1974.[10]

Der Friedensrat vergab unter anderem folgende Medaillen und Auszeichnungen für Verdienste um den Frieden:

  • Abzeichen "Für die Stärkung der Friedensbewegung“ in Silber (um 1950)
  • Carl-von-Ossietzky-Medaille
  • Medaille "Für Verdienste um den Frieden", später "Deutsche Friedensmedaille";
  • Ehrennadel für langjährige Mitgliedschaft.

'Präsidenten' des Friedensrates der DDR waren unter anderem:

'Vizepräsidenten des Friedensrates der DDR waren unter anderem:

Einzelnachweise

  1. Meyers Universallexikon in vier Bänden, Band II, 1. Auflage, VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1979, S. 61
  2. Antrag der Gruppe der PDS auf Versorgungsansprüche Deutscher Bundestag: Drucksache 13/7118 vom 28. Februar 1997 aufgerufen 24. Februar 2008
  3. https://www.dfg-vk.de/verband/geschichte/ (aufgerufen 23. Februar 2008)
  4. Organisationen in Sachsen, Bezirksfriedensrat aufgerufen 24. Februar 2008
  5. Anke Silomon, Schwerter zu Pflugscharen in der DDR. Die Friedensarbeit der Evangelischen Kirchen in der DDR im Rahmen der Friedensdekaden 1980 bis 1982, Göttingen 1999, S. 327–329 (abgerufen am 20. Februar 2008 auf: http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/pdf/deu/Chapter12Doc12Intro.pdf
  6. Robert-Havemann-Gesellschaft in http://www.jugendopposition.de/index.php?id=1420 aufgerufen 24. Februar 2008
  7. http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/pdf/deu/Chapter12Doc1NEW1.pdf aufgerufen 24. Februar 2008
  8. Dean Reed-Website, aufgerufen 24. Februar 2008
  9. der Uni Erlangen aufgerufen 24. Februar 2008
  10. Erscheinungsjahr 1976, 320 Seiten http://www.friedenspaedagogik.de/datenbank/detail.php?id=24280
  11. Artikel Liste der Ehrenbürger von Jena. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 31. Januar 2008, 17:41 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Liste_der_Ehrenbürger_von_Jena&oldid=41892943 (Abgerufen: 18. Februar 2008, 22:29 UTC)

Weblinks


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