Walter Bredendiek

Walter Bredendiek
Walter Bredendiek

Walter Otto Wilhelm Bredendiek (* 7. April 1926 in Swinemünde; † 26. Juli 1984 in Berlin) war ein Pädagoge, Hochschullehrer für Kirchengeschichte und Funktionär der DDR-CDU.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Der Sohn eines Lehrerehepaares wuchs nach dem frühen Tod der Eltern im uckermärkischen Gramzow bei Prenzlau auf. Er besuchte die Grundschule in Swinemünde, die Oberschule in Swinemünde, Camin (Pommern) und Angermünde, wo er 1943 seine Reifeprüfung ablegte. Nachdem er an der Berliner Universität ein Semester Geschichte und Germanistik studiert hatte, wurde er 1943 zum Reichsarbeitsdienst und 1944 zur Wehrmacht eingezogen. Nach der Entlassung aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft im Herbst 1945 studierte er ein Semester Theologie in Hamburg. Aus persönlichen Gründen ging er 1946 nach Gramzow zurück und wurde dort zunächst Neulehrer und später stellvertretender Schulleiter. Seine erste Lehrerprüfung bestand er 1947 mit sehr guter Benotung. Anschließend studierte er an der Berliner Humboldt-Universität Pädagogik, Geschichte und Germanistik und schloss dieses Studium 1950 mit ausgezeichnetem Ergebnis ab.

1947 trat Bredendiek, der vorher LDP-Mitglied gewesen war, der Ost-CDU bei. Im Sommer 1948 wurde er Hochschulreferent und Jugendvertreter im Ostberliner Landesvorstand der CDU, der sich als Arbeitskreis aus dem Gesamtberliner Landesverband ausgegliedert hatte, sowie CDU-Vertreter im Demokratischen Block der Berliner Universität. Mitte Juli 1948 wurde er Vorsitzender des Unterausschusses für Hochschulfragen im Kulturpolitischen Ausschuss des Hauptvorstandes der CDU. Während dieser Zeit entwickelte er eine umfassende publizistische Tätigkeit für die „Neue Zeit“, das zentrale Organ der CDU in der SBZ, den „Fortschritt“, Organ des Landesverbandes der Ost-Berliner CDU, und über die Pressestelle beim Hauptvorstand der CDU für die Landeszeitungen der Partei in der SBZ. Von 1951 an war er wissenschaftlicher Mitarbeiter, zuletzt Oberreferent am Deutschen Pädagogischen Zentralinstitut Berlin. Seit 1952 war er Mitarbeiter der CDU-Parteileitung und als Hauptreferent nacheinander für die Referate Schulung, Kultur und Kirchenfragen zuständig. 1954 kam es zu Auseinandersetzungen mit dem Generalsekretär Gerald Götting und Bredendiek wurde aus politischen Gründen fristlos entlassen. Nach einer einjährigen Tätigkeit im Schuldienst wurde er 1955 zum Mitarbeiter und kurz darauf zum Sekretär des Friedensrates der DDR berufen. Diese Tätigkeit übte er mehr als zehn Jahre lang, bis 1967, aus. Während seiner Tätigkeit kam er in Kontakt mit vielen westdeutschen Friedenskämpfern, wie Martin Niemöller, Renate Riemeck, Helmut Gollwitzer und Friedrich-Wilhelm Marquardt. In dieser Zeit untersuchte er Struktur und Wirkungsweise des deutschen Protestantismus des 19. und 20. Jahrhunderts, insbesondere dessen Auswirkungen auf die nicht-proletarischen, demokratischen und christlichen Friedensbewegungen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen übernahmen der Weltfriedensrat und die Christliche Friedenskonferenz für ihre Studienarbeit. Im Jahre 1963 beauftragte ihn das Internationale Institut für den Frieden in Wien mit der Erforschung und Darstellung von Leben und Werk Bertha von Suttners. Für den Weltfriedensrat wurden die Ergebnisse dieser Arbeit eine Grundlage für die Würdigung dieser Pazifistin zu ihrem 50. Todestag.

Es war der religiöse Sozialist Emil Fuchs, der Bredendiek bei seiner Arbeit anregte, beriet und förderte. Von Emil Fuchs und Erich Hertzsch, einem weiteren religiösen Sozialisten und Lehrstuhlinhaber für Praktische Theologie in Jena, wurde er für die Aufnahme in eine wissenschaftliche Aspirantur an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität vorgeschlagen, die er 1967 antrat. Im Mai 1971 wurde er dort zum Doktor der Theologie mit dem Prädikat „magna cum laudepromoviert. Seit 1972 besaß er die Lehrbefähigung für Neuere und Neueste Kirchengeschichte und wurde umgehend mit einer Dozentur für Kirchengeschichte zuerst an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald und noch im gleichen Jahr an der Martin-Luther-Universität in Halle berufen. 1983 erfolgte die Umberufung an die Humboldt-Universität zu Berlin, an der er nur kurze Zeit, bis zu seinem Tod 1984, wirkte.

Seit Beginn seiner Lehrertätigkeit war Bredendiek Mitglied in gesellschaftlichen Organisationen innerhalb der DDR und schließlich auch darüber hinaus: im FDGB, in der GDSF, in der FDJ, im Kulturbund und in der CDU der DDR, deren Hauptvorstand er von 1958 bis 1968 angehörte. Dazu kamen Tätigkeiten im Friedensrat der DDR, in dessen Präsidium er seit 1956 mitwirkte. Seit deren Gründung 1958 war er Mitglied der Christlichen Friedenskonferenz, wurde Mitglied ihres DDR-Regionalausschusses und der Internationalen Kommission der CFK für europäische Sicherheit. Seit ihrer Gründung gehörte er zum Herausgeberkreis der evangelischen Zeitschrift Standpunkt. Auf zahlreichen Reisen in das sozialistische wie in das kapitalistische Ausland referierte er auf wissenschaftlichen Tagungen und Kolloquien zu den Themen seiner Spezialgebiete. Nach anfänglichem Zögern öffneten sich ihm auch die Kirchen der DDR und er war ein dort durch sein Fachwissen sehr geschätzter Referent und Diskussionsteilnehmer.

Bredendiek war verheiratet mit einer Lehrerin und Vater von drei Söhnen und einer Tochter.

Nach seinem Tod wurde seine Privatbibliothek mit circa 4.000 Bänden zu Geschichte, Kirchengeschichte, Theologie und Ökumene als Depositum dem Berliner Missionswerk überlassen.[1] Der schriftliche Nachlass befindet sich in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin Abteilung Historische Sammlungen.[2]

Ehrungen

Werke

  • Christliche Sozialreformer des 19. Jahrhunderts. Koehler & Amelang, Leipzig 1953
  • Kunstkalender 1954. u.a. Walter Bredendiek: Zum 150. Geburtstag Moritz von Schwinds., VEB Verlag der Kunst, Dresden 1954
  • William S. Schlamm: porte-parole de la troisième guerre mondiale: Conseil allemand de la paix [Deutscher Friedensrat]. Berlin 1959
  • Der ewige Friede: Traum – Hoffnung – Möglichkeit. Friedensideen und Friedensbewegungen der Vergangenheit. Schriftenreihe Unsere Information Heft 4, Deutscher Friedensrat, Berlin 1960
  • Hefte aus Burgscheidungen. Teil 97, Die Friedensappelle deutscher Theologen von 1907/1908 und 1913. Burgscheidungen 1963
  • Hefte aus Burgscheidungen. Teil 112, Emil Fuchs und die Anfänge des Christlichen Arbeitskreises im Friedensrat der Deutschen Demokratischen Republik. Burgscheidungen 1964
  • Hefte aus Burgscheidungen. Teil 142, Reflektierte Geschichte : Eine Dokumentation. Burgscheidungen 1965
  • Irrwege und Warnlichter: Anmerkungen zur Kirchengeschichte der neueren Zeit. In: Evangelische Zeitstimmen 24. Mit einem Geleitwort von Helmut Gollwitzer, Hamburg-Bergstedt 1966
  • Hefte aus Burgscheidungen. Teil 171, Zwischen Revolution und Restauration: Zur Entwicklung im deutschen Protestantismus während der Novemberrevolution und in der Weimarer Republik. Burgscheidungen 1969
  • Zur Struktur und Funktion des deutschen Protestantismus im Zeitalter des Imperialismus und beim Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus. 1971
  • Zwischen Aufbruch und Beharrung: Der deutsche Protestantismus in politischen Entscheidungsprozessen. Studien von Walter Bredendiek u.a., Berlin 1978
  • Bertha von Suttner – Vorkämpferin für eine Welt ohne Krieg, Stimme der Humanität in unmenschlicher Zeit. In: Ann-Charlott Settgast: Wagnis einer Frau. Berlin: 1967, S. 231-246.
  • Walter Bredendiek: Kirchengeschichte von 'links und von unten'. Studien zur Kirchengeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts aus sozialhistorischer Perspektive., Leonhard-Thurneysser-Verlag 2011 ISBN 978-3-939176-83-1
  • Zur Bedeutung des „klassischen“ Pazifismus für die Anfänge christlicher Friedensarbeit in Deutschlands, = Standpunkt Heft 6-1984

Literatur

  • Käte Gaede: Predigt zur Beerdigung Walter Bredendieks. In: Fink, Heinrich (Hrsg.): In Memoriam Walter Bredendiek (1926–1984). Berlin 1986, S. 46–48.
  • Heinrich Fink: Ansprache am Grab. In: Fink, Heinrich (Hrsg.): In Memoriam Walter Bredendiek (1926–1984). Berlin 1986, S. 49–50.
  • Bewegender Abschied – Trauerfeier für Unionsfreund Prof. Dr. Bredendiek. In: Neue Zeit (1. August 1984) S. 8.
  • Günter Wirth: Walter Bredendiek als politischer Publizist. In: Fink, Heinrich (Hrsg.): In Memoriam Walter Bredendiek (1926–1984). Berlin 1986, S. 5–15.
  • Fritz Klein: Walter Bredendiek – Historiker der deutschen Geschichte. In: Fink, Heinrich (Hrsg.): In Memoriam Walter Bredendiek (1926–1984). Berlin 1986, S. 16–19.
  • Herbert Trebs: Walter Bredendiek als Kirchenhistoriker. In: Fink, Heinrich (Hrsg.): In Memoriam Walter Bredendiek (1926–1984). Berlin 1986, S. 20–30.
  • Elisabeth Adler: Walter Bredendiek – einer aus der Wolke der Zeugen. In: Fink, Heinrich (Hrsg.): In Memoriam Walter Bredendiek (1926–1984). Berlin 1986, S. 31–34.
  • Arno Sames: Walter Bredendiek als Hochschullehrer in Halle. In: Fink, Heinrich (Hrsg.): In Memoriam Walter Bredendiek (1926–1984). Berlin 1986, S. 35–39.
  • Ulrike Treu: Walter Bredendiek als Erzieher und Förderer der jungen Generation. In: Fink, Heinrich (Hrsg.): In Memoriam Walter Bredendiek (1926–1984). Berlin 1986, S. 40–42.
  • Bernd Wittchow: Walter Bredendiek als Hochschullehrer in Berlin. In: Fink, Heinrich (Hrsg.): In Memoriam Walter Bredendiek (1926–1984). Berlin 1986, S. 43–45.
  • Aus der Geschichte lernen – Akademische Gedenkfeier für Walter Bredendiek. In: Neue Zeit (22. September 1984) S. 5.
  • „Kirchengeschichte von links und von unten“ – zum Gedenken an Professor Dr. Walter Bredendiek. In: Die Kirche (28. Oktober 1984) S. 2.
  • Herbert Trebs: „Pflüget ein Neues“ – in memoriam Walter Bredendiek. In: Neue Zeit (28. Juli 1984) S. 5.
  • Carl Ordnung: In memoriam Walter BredendiekIn: CFK-Rundbrief (08/1984) S. 2.
  • Kirchenhistoriker Prof. Walter Bredendiek (Berlin/DDR) verstorben. In: Informationsdienst für lutherische Minderheitskirchen in Europa (31. Juli 1984) Nr. III, S. 2.
  • Freunde und Weggefährten – Walter Bredendiek 7.4.1926–26.7.1984. In: Standpunkt – Evangelische Monatsschrift (1984) Nr. 9, S. 237–239.
  • Herbert Trebs: Tradition und Aufgabe – Historiker der Friedensbewegung: Walter Bredendiek. In: Neue Zeit (12. April 1986) S. 5.
  • Günter Wirth: Mittler zwischen den Fronten – im April wäre Walter Bredendiek 65 Jahre alt geworden. In: Die Märkische (2. Mai 1991) S. 4.
  • Friedemann Stengel: Die Förderung Walter Bredendieks. In: Die Theologischen Fakultäten in der DDR als Problem der Kirchen- und Hochschulpolitik des SED-Staates bis zu ihrer Umwandlung in Sektionen 1970/71. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 1998. S. 633–635.
  • Gerhard Besier: Evangelische Kirche und Ost-CDU. In: Besier, Gerhard (Hrsg.): Die evangelische Kirche in den Umbrüchen des 20. Jahrhunderts. Neukirchen-Vluyn Neukirchener Verlag, 1994, S. 231.
  • BStU MfS AP 11669/84254
  • Prof. Dr. Fritz Klein: „Erinnerungen an Walther Rathenau in der DDR“. Vortrag auf der Versammlung der Walther-Rathenau-Gesellschaft in Bad Freienwalde am 29. September 1995 (Auszug). 1995.
  • Günter Wirth: Der andere Transformationsprozeß – Christliche Option für den Sozialismus: Walter Bredendiek. In: UTOPIEkreativ (2006) Nr. 189/190, S. 674–680.
  • Käte Gaede: In der Kirche gegen und für die Kirchen – zum 80. Geburtstag des Berliner Theologieprofessors Walter Bredendiek (1926 bis 1984). In: Die Kirche (2. April 2006) S. 6.
  • Ina Matthes: Walter Bredendiek – ein Fanatiker der Kleinarbeit. In: Märkische Oderzeitung (8./9. April 2006) S. 20.
  • Hans-Otto Bredendiek: „Die ‚ideologische Lage‛ verträgt den Aufenthalt Ihres,Pazifismus' nicht.“ – Martin Niemöller und die 800-Jahr-Feier in Gramzow 1968. In: Forum Pazifismus 6 (2005) Nr. II, S. 9–15.

Einzelnachweise

  1. http://www.bb-evangelisch.de/7517_2739.php
  2. http://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/189Wirth.pdf

Weblinks


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