Deutschland-Vertrag

Deutschland-Vertrag

Der Deutschlandvertrag (Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten, auch Generalvertrag genannt; in der Sprachregelung der SED als „Generalkriegsvertrag“ bezeichnet[1]) ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der am 26. Mai 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den westlichen Siegermächten (Frankreich, Großbritannien, USA) geschlossen wurde, aber erst 1955 in leicht abgeänderter Version in Kraft trat. Er regelte das Ende des Besatzungsstatuts in der Bundesrepublik Deutschland und gab dieser in diesem Zusammenhang die Rechte eines souveränen Staates. Fortan unterlag das Recht ausländischer Truppen zum Aufenthalt auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland deren Zustimmung.

Inhaltsverzeichnis

Souveränität über innere und äußere Angelegenheiten

Die Erlangung der Souveränität war für die Bundesrepublik im Rahmen der westdeutschen Wiederbewaffnung notwendig geworden. Deshalb war das Inkrafttreten des Vertrages mit dem Beitritt der Bundesrepublik in die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) verbunden. Da der EVG-Vertrag allerdings am 30. August 1954 im französischen Parlament nicht ratifiziert wurde, konnte auch der seit 1952 vorliegende Deutschlandvertrag nicht in Kraft treten. Nach dem Scheitern musste das Vertragswerk neu verhandelt werden, da sich die Londoner Neunmächtekonferenz für einen Beitritt der Bundesrepublik zur NATO und die Bildung einer Westeuropäischen Union (WEU) entschieden und in den Pariser Verträgen vom 23. Oktober 1954 vollzogen hatte. Da sich die Bundesrepublik unter der Führung von Konrad Adenauer (siehe Westintegration) vor dem Hintergrund des Kalten Krieges zu einem vertrauensvollen Partner der Westalliierten entwickelt hatte, waren diese bereit, in der zweiten Auflage des Deutschlandvertrages der Bundesrepublik die – in der ersten Auflage noch nicht in vollem Umfang zugestandene – Souveränität zu überantworten. Die Alliierte Hohe Kommission und die Dienststellen der Landeskommissare wurden aufgelöst. Einige Kontrollrechte des alliierten Vorbehalts bestanden jedoch bis zur Verabschiedung der Notstandsgesetze 1968 und bis zur Wiedervereinigung Deutschlands 1990 weiter fort.

Im zweiten Deutschlandvertrag fiel der Zwang der Westbindung eines Gesamtdeutschlands weg, weswegen die erste Version stark umstritten war. Nach der Ratifizierung der Pariser Verträge trat der Deutschlandvertrag am 5. Mai 1955 in Kraft.

Aufenthalt ausländischer Streitkräfte

Am 23. Oktober 1954 wurde mit dem Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland (BGBl. II 1955, S. 253) zwischen der Bundesrepublik und acht Vertragspartnern (Belgien, Dänemark, Frankreich, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Vereinigtes Königreich, USA) eine vertragliche Grundlage für den Aufenthalt der Stationierungsstreitkräfte in Deutschland geschaffen. Der Aufenthaltsvertrag gilt auch nach Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrags weiter und kann mit einer zweijährigen Frist beiderseitig gekündigt werden (Notenwechsel vom 25. September 1990, BGBl. II 1990, S. 1390 und vom 16. November 1990, BGBl. II 1990, S. 1696). Er gilt auch weiterhin nicht in den neuen Bundesländern und Berlin.

Das Aufenthaltsrecht der sowjetischen Streitkräfte in der DDR erfuhr nie eine vertragliche Regelung. Für den Abzug der sowjetischen Streitkräfte wurden allerdings 1990 zwei Verträge mit der damaligen Sowjetunion geschlossen, u. a. der Truppenabzugsvertrag vom 12. Oktober 1990 (BGBl. II 1991, S. 256 ff.). Die ehemalige sowjetische Armee wurde bis 1994 vollständig aus Deutschland abgezogen.

Die Bundesregierung kann zudem nach dem Streitkräfteaufenthaltsgesetz vom 20. Juli 1995 (BGBl. II 1995, S. 554) mit ausländischen Staaten Vereinbarungen über Einreise und vorübergehenden Aufenthalt ihrer Streitkräfte in Deutschland für Übungen, Durchreise auf dem Landwege und Ausbildung von Einheiten abschließen, wie bisher mit Polen und Tschechien.

Einzelnachweise

  1. Die Zeit: Mit Tarzan zu den Waffen

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Vertrag von Paris — Als Vertrag von Paris, Pariser Vertrag, teils auch Friede(n) von Paris oder Pariser Friede(n) bezeichnet man folgende Verträge: Vertrag von Paris (1229), Vertrag von Meaux Paris, Friedensschluss der Albigenserkriege zwischen den Grafen von Foix… …   Deutsch Wikipedia

  • Vertrag von Zarskoje Selo — Der Vertrag von Zarskoje Selo (heute: Puschkin) – geschlossen am 27. August 1773 – regelte Erbfolgen in Schleswig Holstein und verhinderte eine weitere Aufsplitterung des Territoriums. Der Vertrag begründete den Dänischen Gesamtstaat und gilt als …   Deutsch Wikipedia

  • Deutschland — (Deutsches Reich, franz. Allemagne, engl. Germany), das im Herzen Europas, zwischen den vorherrschend slawischen Ländern des Ostens und den romanischen des Westens und Südens liegende, im SO. an Deutsch Österreich und im N. an das stammverwandte… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Deutschland [4] — Deutschland (Gesch.). I. Älteste Geschichte bis zur Völkerwanderung. Die ersten historischen Nachrichten, die wir über germanische Völkerschaften besitzen, rühren von Cäsar her, später berichtet Plinius über dieselben. Beider Angaben sind aber… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Vertrag von Luxemburg — (auch Saarvertrag; eigentlich: Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage) bezeichnet einen völkerrechtlichen Vertrag, mit dem die schrittweise politische und wirtschaftliche Rückkehr …   Deutsch Wikipedia

  • Vertrag über den offenen Himmel — Vertrag über den Offenen Himmel, OH Vertrag oder Open Skies (englisch offener Himmel) bezeichnet einen Vertrag aus dem Jahre 1992 zwischen NATO und ehemaligen Warschauer Pakt Staaten, der es den teilnehmenden Nationen gestattet, gegenseitig ihre… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutschland: Das geteilte Deutschland 1955 bis 1985 —   Die staatliche Teilung Deutschlands fand mit der doppelten Blockintegration 1955 ihren nun auch international sichtbaren Ausdruck. Beide deutsche Regierungen hielten zwar daran fest, dass diese Spaltung nicht dauerhaft sein dürfe, und erklärten …   Universal-Lexikon

  • Deutschland — (d.h. der deutsche Bund) ist das Centralland Europas, weniger massenhaft als das europ. Tiefland zwischen den Karpathen, dem Kaukasus und Ural, nicht so gegliedert wie das südl. und westl. Europa, die Scheidewand zwischen Romanen und Slaven, der… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Deutschland: Die deutsche Einigung im 19. Jahrhundert —   Der preußisch österreichische Dualismus   Nur wenige Tage nach seiner Ernennung zum preußischen Ministerpräsidenten trat Otto von Bismarck am 30. September 1862 vor die Budgetkommission des Abgeordnetenhauses, um seine politische Philosophie zu …   Universal-Lexikon

  • Deutschland [3] — Deutschland, I. (Weltlage). D. liegt in der Mitte Europas, ist das Herz, der Mittelpunkt des ganzen Erdtheils, in unmittelbarer Berührung u. Verbindung mit den bedeutendsten Ländern desselben: es grenzt im N. an Dänemark u. Skandinavien, die ganz …   Pierer's Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”