Dicarboxylat/4-Hydroxybutyratzyklus

Dicarboxylat/4-Hydroxybutyratzyklus

Der Dicarboxylat/4-Hydroxybutyratzyklus ist ein biochemischer Zyklus, der es dem Archaeon Ignicoccus hospitalis erlaubt, Kohlenstoffdioxid (CO2), auch in Form von Bicarbonat (HCO3), zu assimilieren. Der Zyklus verdankt seinen Namen, da als erste Intermediate Dicarbonsäuren und im späteren Verlauf 4-Hydroxybutyrat gebildet werden.

Inhaltsverzeichnis

Vorkommen

Der Stoffwechselweg wurde in hyperthermophilen Archaeon Ignicoccus hospitalis der Abteilung Crenarchaeota nachgewiesen. I. hospitalis ist der Wirt des obligaten Parasiten Nanoarchaeum equitans, auch ein Archaeum.[1] I. hospitalis lebt chemolitoautotroph unter anaeroben Bedingungen.

Biochemie

Schematische Darstellung des Dicarboxylat/4-Hydroxybutyratzyklus. Die namensgebenden Intermediate sind eingezeichnet. Bitte auch den Fließtext beachten.

Ausgehend von Acetyl-CoA wird CO2 durch eine Pyruvatsynthase zu Pyruvat assimiliert, wobei Reduktionsäquivalente benötigt werden. Vermutlich stammen diese aus reduzierten Ferredoxinen. Pyruvat wird dann unter ATP-Verbrauch zu Phosphoenolpyruvat (PEP) umgesetzt, was eine Pyruvat:Wasser-Dikinase katalysiert. Ein Molekül Bicarbonat reagiert dann mit PEP zu Oxalacetat durch eine PEP-Carboxylase.

Oxalacetat wird analog im reduktiven Citratzyklus über L-Malat, Fumarat, Succinat zu Succinyl-CoA umgesetzt. Hierbei werden ATP und weitere Reduktionsäquivalente verbraucht. Durch diese isolierbaren Dicarbonsäuren verdankt der Zyklus die eine Hälfte seines Namens. Aus Succinyl-CoA entsteht durch eine Succinyl-CoA-Reduktase und einer Succinatsemialdehyd-Reduktase unter Verbrauch weiterer Reduktionsäquivalente schließlich 4-Hydroxybutyrat.

4-Hydroxybutyrat wird dann durch mehrere enzymatische Reaktionen zu Acetoacetyl-CoA umgesetzt. Eine Acetoacetyl-CoA β-Ketothiolase spaltet schließlich Acetoacetyl-CoA in zwei Moleküle Acetyl-CoA, wodurch der Zyklus geschlossen wird.

Die Bilanz für die Bildung von einem Molekül Acetyl-CoA lautet:

\mathrm{CO_2 + HCO_3^- + 6\ Fd_{red} + NAD(P)H/H^+ + 3\ ATP + CoA \rightarrow\ } \mathrm{Acetyl\text{-}CoA + + 6\ Fd_{ox} + 4\ NAD(P)^+ + ADP + 2\ AMP + PP_i + 3\ P_i}

Acetyl-CoA wird dann in der Regel durch Fixierung eines weiteren Moleküls CO2 und Verbrauch von Reduktionsäquivalenten, z. B. Ferredoxin (Fd), sowie ATP zu Glycerinaldehyd-3-phosphat umgesetzt. Dieses kann dann im Kohlenhydratstoffwechsel weiter metabolisiert werden.

Infolgedessen beläuft sich die Gesamtbilanz für die Bildung eines Moleküls Glycerinaldehyd-3-phosphat (G3P):

\mathrm{2\ CO_2 + HCO_3^- + 8\ Fd_{red} + 2\ NAD(P)H/H^+ + 5\ ATP \rightarrow\ } \mathrm{G3P + 8\ Fd_{ox} + 2\ NAD(P)^+ + 2\ ADP + 3\ AMP + PP_i + 5\ P_i}

Biologische Bedeutung

Dieser Stoffwechselweg ist der letzte entdeckte Weg zur CO2-Fixierung und ähnelt dem 3-Hydroxypropionat/4-Hydroxybutyratzyklus. Jedoch verläuft die Bildung zu Succinyl-CoA über Dicarbonsäuren, ab 4-Hydroxybutyrat entsprechen sich beide Zyklen dann wieder weitgehenst.

Der Aufbau einer phosphorylierten Triose, G3P, ist im Vergleich zum Calvin-Zyklus energetisch etwas günstiger: Es werden acht ATP-Äquivlante benötigt (AMP zählt doppelt). Beim Calvin-Zyklus geht aber durch die auftretende Photorespiration immer etwas Energie (und Reduktionsäquivalente) verloren.

Bilanz Calvinzyklus:

\mathrm{3\ CO_2 + 6\ NAD(P)H/H^+ + 9\ ATP  \xrightarrow{Calvin-Zyklus} G3P +  6\ NAD(P)^+ + 9\ ADP + 8\ P_i}

Wegen der zahlreichen, involvierten sauerstoffempindlichen Eisen-Schwefel-Proteine und Ferredoxine läuft dieser Zyklus nur unter strikt anaeroben Bedindungen ab. Möglichweise ist der Stoffwechselweg nur auf wenige Crenarchaeota beschränkt. Ob es sich hierbei um einen der ersten autotrophen Stoffwechselwege handelt, wird noch diskutiert.

Einzelnachweise

  1. Podar, M. et al. (2008): A genomic analysis of the archaeal system Ignicoccus hospitalis-Nanoarchaeum equitans. In: Genome Biol 9(11); R158; PMID 19000309; PDF (freier Volltextzugriff, engl.)

Literatur

  • Huber, H. et al. (2008): A dicarboxylate/4-hydroxybutyrate autotrophic carbon assimilation cycle in the hyperthermophilic Archaeum Ignicoccus hospitalis. In: Proc Natl Acad Sci USA 105(22); 7851–7856; PMID 18511565; PDF (freier Volltextzugriff, engl.)

Siehe auch


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