- Die Herrschaft der Hundert Tage
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Als Herrschaft der Hundert Tage bezeichnet man die erneute Machtübernahme in Frankreich durch Napoléon Bonaparte nach dessen Rückkehr von seiner Verbannungsinsel Elba bis zum endgültigen Verlust seiner Macht in Folge der Schlacht bei Waterloo.
Inhaltsverzeichnis
Der Marsch auf Paris
Nach der Ankunft Napoleons auf der Insel Elba, die ihm von den Siegermächten von 1814 als Besitz zuerkannt worden war, begann er mit verschiedenen Reformen. Diese füllten ihn allerdings nicht aus. Durch ein Netz von Agenten wusste Bonaparte, dass in Frankreich Unzufriedenheit über die Amtsführung von Ludwig XVIII. herrschte. Ihm waren auch die Meinungsverschiedenheiten auf dem Wiener Kongress bekannt. Zum Handeln veranlassten Napoleon nicht zuletzt Gerüchte, dass die Alliierten planten, ihn aus Europa zu entfernen. All dies führte zum Entschluss, noch einmal zu versuchen, in Frankreich die Macht zu übernehmen.
Am 26. Februar 1815 ging er mit einer Truppe von etwa 1.000 Mann an Bord einiger Schiffe und traf am 1. März in Antibes ein. Bei seinem Marsch nach Paris blieb die Unterstützung anfangs gering. Kurz vor Grenoble traf die Gruppe zum ersten Mal auf königliche Truppen. Diese gewann Bonaparte für sich, und auch die Garnison der Stadt stellte sich auf seine Seite. Der weitere Verlauf des Wegs nach Paris wurde zu einem Triumphzug.
Seit seinem Einzug in Lyon agierte er wieder als Kaiser der Franzosen und erließ entsprechende Dekrete. Der Versuch des Königs, Bonaparte durch dessen ehemaligen Marschall Ney gefangen zu nehmen, misslang. Stattdessen lief dieser zu Napoleon über. Daraufhin floh Ludwig XVIII. aus Paris, und Bonaparte übernahm wieder die Macht. Die rasche Rückkehr an die Macht wird auch als Adlerflug bezeichnet.[1]
Innenpolitik
François-René de Chateaubriand charakterisierte die erneute „Machtübernahme“ durch Napoleon als „Invasion eines Landes durch einen Mann.“[2] Allerdings konnte er sich dabei vor allem auf seine Armee stützen. Innenpolitisch stützte sich Bonaparte auf unterschiedlichste mit der restaurierten Monarchie unzufriedener Kräfte. Dazu zählten neben Bonapartisten, wie etwa Marschall Ney, auch ehemalige Republikaner, wie Lazare-Nicolas-Marguerite Carnot, oder Liberale, wie Benjamin Constant, die in der ersten Phase der Herrschaft Napoleons teilweise noch zu dessen Kritikern gehört hatten. In sozialer Hinsicht wurde das Regime zunächst von den städtischen Unterschichten und den Bauern getragen, während ein Großteil des Bürgertums abseits blieb. Dennoch setzte Bonaparte wie 1799 auf das Bürgertum und versprach die Errichtung einer liberalen konstitutionellen Monarchie.
Er versuchte in der Folge, seine Diktatur in der Vergangenheit vergessen zu machen, indem er eine neue liberale Verfassung, den Acte additionnel aux Constitutions de l'Empire de 1815, erarbeiten ließ. Federführend war dabei Benjamin Constant. Gegenüber der Charte Constitutionnelle von 1814 des geflüchteten Königs war der Entwurf in einigen Punkten noch freiheitlicher. So war der zur Wahlbeteiligung nötige Zensus niedriger, außerdem war die parlamentarische Verantwortlichkeit der Minister vorgesehen.
Bereits auf dem Marsch nach Paris hat Napoleon die Abschaffung des gerade wieder eingeführten Feudaladels und die Ausweisung der Emigranten verkündet. In Paris verordnete er am 24. März 1815 die Abschaffung der Zensur und die Einführung der Pressefreiheit.
Allerdings gelang es der Regierung nur unzureichend, dies als Reformen zu vermitteln, weil das Konzept von Constant nicht als neue Verfassung, sondern nur als Ergänzung zur Verfassung des Kaiserreichs verkündet wurde. Wie groß das Misstrauen gegen die erneute Herrschaft Bonapartes war, zeigte das abgehaltene Plebiszit. Es stimmten zwar 1,5 Millionen Wähler der Verfassung zu, und nur 4.800 stimmten mit nein, aber die Masse der fünf Millionen Wahlberechtigten blieb der Abstimmung fern. Auch bei den Wahlen zur Repräsentantenkammer zeigte sich, wie gering die Unterstützung des Regimes tatsächlich war. Von 629 Abgeordneten waren nicht einmal hundert erklärte Parteigänger Bonapartes.
Vor allem nach dem Wiederaufflammen des Krieges nahm die innenpolitische Opposition zu. So kosteten Napoleon die Einberufungen zur Armee viele Sympathien. Daneben zeigten sich in Paris deutliche jakobinische Tendenzen bei den Unterschichten. Die Aussichten auf einen neuen Krieg ließen die bürgerlich-liberale Opposition stärker hervortreten, so verweigerte die Repräsentantenkammer den Eid auf die Verfassung und in der Vendée setzte erneut monarchistischer Widerstand ein.
Außenpolitik und Krieg
Napoleon versicherte den Staaten Europas, dass er den Frieden von Paris anerkennen, die Grenzen von 1792 nicht überschreiten und zukünftig mit den Nachbarn in Frieden leben wolle. Die Alliierten waren aber keinesfalls bereit, eine neue Herrschaft Napoleons anzuerkennen. Am 13. März erklärten ihn die Mächte auf dem Wiener Kongress als geächtet. Am 25. März schlossen Großbritannien, Österreich, Russland und Preußen erneut einen Koalitionsvertrag. Die nun notwendig gewordenen Rüstungsanstrengungen Napoleons stießen vielfach auf Widerstand. Er selbst wirkte auf Vertraute in dieser Zeit als wenig entschlussfreudig.
Die Verbündeten zogen in Belgien eine Armee von 95.000 Mann unter dem Herzog von Wellington und eine zweite mit 120.000 Mann unter General Blücher zusammen. Hinzu kamen die österreichischen und russischen Truppen, die allerdings beim Beginn der Kampfhandlungen noch nicht auf dem Kriegsschauplatz erschienen waren.
Dem konnte Bonaparte 125.000 Mann entgegenstellen. Diese waren, anders als die Rekruten der vorangegangegen Zeit, erfahrene und gut ausgerüstete Veteranen. Noch einmal versuchte Napoleon, durch schnelle Manöver die Verbündeten voneinander zu trennen und einzeln zu schlagen. Die bewährte Vorgehensweise schien anfangs durchaus erfolgreich zu sein. Nachdem er die Truppen Blüchers und Wellingtons von einander getrennt hatte, gelang es ihm, die Preußen bei Ligny zu schlagen, ohne deren Schlagkraft aber wirklich entscheidend zu schwächen. Ohne dies zu wissen, wandte sich Bonaparte den Truppen Wellingtons zu. Nach witterungsbedingten Verzögerungen kam es am 18. Juni 1815 zur Schlacht bei Waterloo. Diese war für Bonaparte verloren, als auch die preußischen Truppen auf dem Schlachtfeld erschienen.
Das Ende
Bonaparte kehrte nach Paris zurück. Dort demonstrierten zwar ein Teil der städtischen Unterschichten für den Kaiser, aber ansonsten hatte er jegliche Unterstützung verloren. Insbesondere die liberal gesinnten Abgeordneten wandten sich gegen Napoleon. Vor allem unter dem Einfluss von Polizeiminister Joseph Fouché, der die Furcht vor einer Diktatur Bonapartes schürte, erklärte sich das Parlament für permanent und bezeichnete jeden Versuch es aufzulösen als Hochverrat. Am 22. Juni forderten die Kammern Napoleon ultimativ auf zurückzutreten. Kriegsminister Louis-Nicolas Davout erklärte zudem, dass sich die Armee bei der Errichtung einer erneuten Diktatur auflehnen würde.
Vor diesem Hintergrund trat Bonaparte am 22. Juni 1815 endgültig zu Gunsten seines Sohnes als Napoleon II. ab. Die Kammern nahmen die Abdankung zur Kenntnis, überließen die Frage nach dem künftigen Staatsoberhaupt den Alliierten, wohl wissend, dass es zur Wiederherstellung der Herrschaft Ludwig XVIII. kommen würde.
Zunächst ging Napoleon nach Schloss Malmaison, um dann am 29. Juni nach Rochefort zu reisen. Die Hoffnung auf eine Emigration in die USA erfüllte sich nicht, und Napoleon musste sich in die Hände der britischen Regierung begeben, die ihn auf die Insel St. Helena bringen ließ.
Anmerkungen und Einzelnachweise
- ↑ Kurzinformationen Adlerflug und Herrschaft der hundert Tage (auf historicum.net)
- ↑ zit. nach Ullrich, S.129
Literatur
- Volker Ullrich: Napoleon. Reinbek bei Hamburg 2006, ISBN 3-499-50646-7, S. 126–134.
- Franz Herre: Napoleon. Eine Biographie . Hugendubel, München 2006. ISBN 978-3-7205-2860-3, S.276-294
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