- Die Kraft und die Herrlichkeit
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Die Kraft und die Herrlichkeit, engl. The Power and the Glory, ist ein 1940 zuerst in London erschienener Roman von Graham Greene. Er beschreibt den blutigen Kampf eines jungen revolutionären Offiziers in Südamerika gegen einen der letzten Arme-Leute-Priester der katholischen Kirche auf dem Land.
Inhaltsverzeichnis
Handlung
Nach einer linken Revolution in Mittelamerika (vermutlich die republikanische Revolution 1930 in Mexiko) verfolgt ein junger Offizier voller Hass auf die heuchlerische katholische Kirche einen ihrer letzten lebenden Priester. Dieser Pater, der mit der Seelsorge unter den Armen auf dem Land sein Leben riskiert, flieht von Dorf zu Dorf vor den zu seiner Tötung ausgesandten Soldaten, die auch Geiseln ermorden, um seiner habhaft zu werden. Er ist mitnichten ein Heiliger und vor allem ein Mensch, der sich mit einer Anzahl Todsünden seiner Kirche beladen hat: Er ist alkoholabhängig, also ein Schnapspriester. Er hat im Suff ein Kind gezeugt und sich um dessen Betreuung jahrelang nicht gekümmert. Und nur zürnend folgt er seinem Gott und der ihm auferlegten Berufung - seine Angst und Erschöpfung im Alkohol ertränkend.
Mehrmals kommt es zu grotesken Situationen: Um sich zum Beispiel Messwein zu besorgen, lässt der Pater sich auf einen Bettler mit Beziehungen ein und landet in einem Hotelzimmer, wo er vom Vetter des Gouverneurs Wein und Schnaps in Flaschen kauft, welche er zusammen mit dem Vetter und dem ihn verfolgenden Polizeichef austrinken muss.
Um der Belohnung Willen verrät schließlich ein Mestize den Pater, der sehenden Auges in die Falle läuft. Zwar wurde er gerufen, um einem angeschossenen Verbrecher die letzte Beichte abzunehmen, aber ein Stück weit sucht er - wieder frevelnd - auch Erlösung durch den Tod, Erlösung von seinen ihn drückenden Sünden, von der Verfolgung und der Gewissenslast der seinetwegen erschossenen Geiseln.
Vor seiner Erschießung kommt es zu ein paar Gesprächen zwischen dem Leutnant und dem Priester, in denen sich ein gegenseitiger Respekt entwickelt: Beide Seiten suchen auf ihre Weise den Ausweg aus der Schlechtigkeit dieses Lebens – der eine in der Revolution, der andere in der (geläuterten) Kirche der Armen. Beiden, dem Verfolger und dem Verfolgtem gemeinsam ist die Gewissheit, im Elend der Welt verlassen zu sein.
Stil und Komposition
Die Ereignisse werden chronologisch in einer linearen Struktur mit gelegentlichen kurzen Rückblicken erzählt. Der auktoriale Erzähler hat seinen Schwerpunkt beim Priester, aus dessen Perspektive er überwiegend erzählt. Aber der Erzähler kennt auch die Gefühlswelt anderer Figuren, z. B. die seines ihn verfolgenden Offiziers, und meldet sich mehrfach mit philosophischen Kommentaren zu Wort.
Der Roman beginnt und endet nicht zufällig mit Familiensituationen − Erlösung kommt für Greene nicht aus den Gewehren der sozialen Bewegungen oder Ideologien, sondern aus der Liebe der Einzelnen:
- Anfangs treffen wir einen Zahnarzt in der Wüste der Stadt. Er führt uns zum Priester, dem er von seiner Verlassenheit berichtet: getrennt von seiner Frau lebend, ein Sohn gestorben, vom anderen lange Jahre kein Lebenszeichen erhaltend, sich sein Versagen eingestehend – eben ein "verlassene Ruine der Liebe". Dann, angestoßen durch das Gespräch mit dem Priester, schreibt er seiner Frau und erhält am Ende des Romans tatsächlich eine Antwort von ihr - eine der ganz wenigen tröstlichen Ereignisse in diesem humanitären Elend.
- Auf den allerletzten Seiten des Romans sind wir wieder bei der schon am Anfang erwähnten Familie der frommen Mutter, die ihren Kindern abends Heiligengeschichten vorliest. Und ausgerechnet an ihre Tür klopft leise ein Nachfolger des berufenen und inzwischen erschossenen Priesters. Er ist wie sein Vorgänger auf der Flucht und begehrt Einlass – die Geschichte der Missionierung im Untergrund geht weiter.
Deutung
Die Figuren sowohl des Leutnants als auch die des verfolgten Paters haben keine individuellen Namen, sie sind Vertreter zweier weltumspannender Kräfte zur Erleichterung der Mühsal der Beladenen. Aber beide sind in ihrem sozialen Gefüge isoliert: der Leutnant, der nach den Priestern schon die Politiker und sogar seinen eigenen korrupten Chef auf die Liste der zu Verfolgenden setzen will, und der Priester, der im Gegensatz zur Kirche der Wohlhabenden den Ruf der Armen gehört hat und bei ihnen zu leben versucht.
Greene schafft es, die beiden Repräsentanten ihrer Bewegungen gleichzeitig als Helden zu zeichnen: Weder der eine noch der andere dieser beiden einander gegenüber stehenden Figuren wird denunziert. Beide sind in die Ideale ihrer Bewegungen und zugleich in ihre Verbiegungen verstrickt, das Recht und nicht weniger das Unrecht sind auf beiden Seiten zu finden. Das Leben ist so oder so ein Jammertal - Mühsal und Selbstkritik, mehr Gewissheit ist nicht zu finden: "Es muß zuweilen ein Trost für den Soldaten sein, daß die Gräuel auf beiden Seiten dieselben sind: niemand war je allein."
Bibliografie
- Graham Greene: The Power and the Glory. Roman. William Heinemann, London 1940
- Deutsche Ausgabe: Die Kraft und die Herrlichkeit. Deutsch von Veza Magd und Bernhard Zebrowski. Zsolnay, Berlin 1948.
Kategorien:- Graham Greene
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