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Die Dr. Martens, kurz häufig auch als Docs oder Doc Martens bezeichnet, sind eine Schuhserie des britischen Unternehmens AirWair International, das eine Tochtergesellschaft der britischen R. Griggs Group ist. Seit ihrer Markteinführung haben sie internationalen Kultstatus erreicht.

Dr. Martens, schwarz

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Dr. Martens

Die Anfänge

Die Dr. Martens wurden entwickelt von Dr. Klaus Maertens, dem sie ihren Namen verdanken. Er konstruierte die ersten Prototypen 1945, wenige Wochen nach dem Ende des 2. Weltkriegs. Dabei wollte er stabile Schuhe entwickeln, die eine weniger harte Schuhsohle haben als die konventionellen Sicherheitsstiefel, die er als Arbeiter tragen musste. Er selbst beschreibt die Realisierung seiner Idee später:

„Der Krieg ging zu Ende und jeder stürmte nach draußen und begann zu plündern. Doch während die meisten Leute nach Wertgegenständen wie Schmuck und Pelzen suchten, suchte ich mir einen Leisten, etwas Leder, Nadeln und Nähfäden und machte mir daraus ein Paar Schuhe mit den dicken luftgepolsterten Sohlen, die ich mir ausgedacht hatte.“

Dr. Klaus Maertens

Mit diesen Prototypen überzeugte Maertens seinen alten Studienkollegen Herbert Funck von der Münchner Universität. Funck war gebürtiger Luxemburger und deshalb von den Handelsrestriktionen im Nachkriegsdeutschland nicht betroffen. Maertens und Funck wurden Partner und begannen 1947 in Seeshaupt bei München damit, mit einigen Tonnen Gummi der ausgedienten deutschen Luftwaffe ihre Sohlen zu konstruieren. Auch die anderen Bestandteile der ersten Schuhe bestanden aus Armeeresten. Als Einlagen dienten die Schulterstücke (Epauletten) der Uniformjacken, das Leder von den Hosen der Offiziersuniformen. Dabei konnte Maertens aus einer Hose zwei Paar Schuhe nähen. Nach eigenen Aussagen des Erfinders war das Timing perfekt, nach der Kriegszeit in den sehr unbequemen Sicherheitsstiefeln sehnten sich die Menschen nach bequemem Schuhwerk. Die Schuhe wurden sehr schnell populär, sodass Maertens und Funck 1952 eine Fabrik in München eröffneten. Im Verlauf der 1950er Jahre verkauften sie das Schuhwerk in 200 unterschiedlichen Ausführungen, wobei über 80 Prozent von Frauen über 40 Jahren gekauft wurden. 1959 bewarb das Team die Idee erstmals in internationalen Magazinen.

Es gibt seit den frühen Jahren das Gerücht einer lebenslangen Garantie auf die Schuhe von Dr. Martens; die Internetseite des Herstellers klärt aber auf, dass das nicht stimmt, und die Schuhe nur die gesetzesübliche Gewährleistung bieten unter Ausschluss von Abnutzung, passendem Sitz oder Komfort.

Der charakteristische gelbe Nähfaden

Griggs Company und die frühen 1960er

Eines der Magazine war das Shoe & Leather News, ein britischer Katalog für Schuhe und Lederbekleidung. Hier erregte die Anzeige die Aufmerksamkeit von Bill Griggs, dem Geschäftsführer des englischen Traditionsbetriebes R. Griggs & Co und er war begeistert von der Idee der Deutschen. Der englische Schuhmarkt war hart umkämpft, Marktführer waren die so genannten Tuf Boots, und wie viele andere suchte Griggs nach einem innovativen neuen Produkt. Griggs erwarb die Produktionslizenz für die weichen Sohlen, änderte allerdings das Design der Schuhe in einen konservativeren Stil, da er die Schuhe als strapazierfähige Arbeitsstiefel produzieren und vermarkten wollte. Hinzu kam die gewölbte Lederkappe auf den Zehen sowie ein gelber Nähfaden, der bis heute das Markenzeichen der Dr. Martens ist. Griggs nannte die Sohle Air Wair und kreierte das bekannte Logo mit dem Slogan „with bouncing soles“. Am 1. April 1960 gingen die Dr. Martens als Stiefel mit acht Löchern für das Schnürband in Produktion.

Wie geplant verkauften sich die neuen Stiefel zu Beginn sehr gut als Arbeitsschuhe an Soldaten, Postboten, Polizisten und Fabrikarbeiter. Aufgrund der von Beginn an hohen Popularität brachte Griggs sehr schnell auch die Schuhvariante mit drei Schnurlöchern auf den Markt, die vor allem bei der britischen Post sehr gut aufgenommen wurde. Die Vorteile der Schuhe waren enorm. Sie waren bequem und zugleich strapazierfähig; die Sohlen waren außerdem unempfindlich gegen Öl, Benzin oder Säuren. Durch eine Wachsschicht waren die Lederteile auch wasserabweisend und hielten die Füße trocken. Bis heute hat der Dr. Martens seine charakteristische Form behalten, wurde aber in unterschiedlichen Größen, Höhen und Farben produziert.

Der erste populäre Träger der Dr. Martens war Tony Benn, der als Sozialist im britischen Parlament saß. Er war ein Verfechter der Rechte von Arbeitern und Gewerkschaften und wollte auf diese Weise die Verbundenheit demonstrieren. Damit war er der erste, der die Dr. Martens als politisches Zeichen nutzte. Bis heute wird dieses Symbol von vielen politischen Sprechern und Studenten eingesetzt, die sich der Arbeiterklasse verbunden fühlen. Als Element der Mode war dieser Stiefel jedoch nicht geeignet, gerade zu einer Zeit als London als Modestadt berühmt wurde und viele spektakuläre Schuhmodelle den Markt überfluteten. Auch die frühen Jugendkulturen zu der Zeit als Mods gegen Rocker „kämpften“, bevorzugten anderes Schuhwerk.

Skinheadszene

Ändern sollte sich dies in den Jahren 1963 bis 1964, als innerhalb der Mods Splittergruppen entstanden, die sich von den anderen Gruppen auch äußerlich distanzieren wollten. Dabei handelte es sich um die so genannten Hard Mods und sie taten dies vor allem durch die Rasur ihres Kopfes und provokative Kleidung – und durch das Tragen der Dr. Martens. Aus ihnen entwickelten sich die ersten Skinheads, die dem „Summer of Love“-Trend den Stil des Proletariers oder „Every-Day-Workers“ entgegensetzten.

Eines der ersten größeren Auftreten der Skins als Provokateure war bei einem Protestmarsch gegen den Vietnamkrieg im März 1968. Etwa 150 Skinheads störten die Veranstaltung durch Zwischenrufe und Provokationen gegen die Demonstranten. Gekleidet waren sie in den Farben des FC Millwall und den hohen Dr. Martens. Die Skinheads und mit ihnen die Dr. Martens wurden sehr schnell berüchtigt. Einige der Jugendlichen waren extrem aggressiv und brutal: Die Dr. Martens dienten mit ihrer Stahlkappe, der manchmal auch noch Stacheln aufgesetzt wurden, als gefürchtete Waffe.

„In der Rangliste aller Schrecken der Nation rangieren Skinheads irgendwo zwischen Serienmördern und Höllenhunden. Es ist, als ob das Rasieren deines Kopfes und das Tragen von Dr. Martens dich in eine Art gefährliche außerirdische Lebensform verwandelt.“

George Marshall: Spirit of '69 – Eine Skinhead-Bibel

Die Skinheads pflegten ihre Docs, da neben der Funktionalität für sie vor allem die Wirkung stimmen musste. Sie wurden poliert oder antiquiert. Dabei wurden meistens rote Dr. Martens mit schwarzer Schuhcreme präpariert, um sie auffälliger zu machen. Auch die Frauen der Szene trugen Docs, kombiniert mit Netzstrumpfhosen und einem Haarschnitt, der als feather cut bekannt wurde.

Mit dieser Nutzung begann die Popularität der Schuhe in den jugendlichen Subkulturen, die bis heute andauert. Aus der Skinheadbewegung resultierten u.a. die Suedeheads, die den Dr. Martens als zu klobig ablehnten. Ihre Symbolwirkung als Zeichen einer sich auflehnenden Jugendkultur verloren die Docs jedoch nicht.

Punkszene

In der Punkszene sind sie deshalb so beliebt bei beiden Geschlechtern, weil die Punks, ähnlich wie die Skinheads dadurch eine gewisse Verbundenheit zu ihren Wurzeln in der Arbeiterklasse sehen.

Waver, Goths und Anhänger der EBM-Szene

Auch in der Wave-Szene, vor allem innerhalb der Dark-Wave-Bewegung, sind die Docs seit den 80er Jahren beliebt. Sie gelangten zum Teil über die Punkszene dort hinein. Künstler wie Anne Clark, Dave Gahan oder Martin L. Gore trugen vorzugsweise 3- bis 8-Loch-Schuhe, in den späten 80ern wurden die Varianten ab 10 Loch aufwärts populär und verdrängten in den 90ern die in der Gruftie-Szene verbreiteten Pikes bzw. Schnallenschuhe.

In der EBM-Szene gewannen die Docs durch das britische Musikprojekt Nitzer Ebb an Bedeutung. Viele Anhänger der EBM-Kultur fanden den Weg in die Szene allerdings auch über das Basildoner Quartett Depeche Mode und brachten zwangsläufig den charakteristischen Kleidungsstil der Depeche-Mode-Fans in die EBM-Szene.

Ab der Mitte der 1990er mussten die Docs zunehmend anderen Stiefelsorten wie Rangers, Getta Grip, Commanders oder Underground-Schuhen weichen.

Halbschuh, hergestellt nach 2003

Gegenwart

Am 1. April 2003 wurden alle Fabriken von Dr. Martens AirWair in England geschlossen, womit über 1.000 britische Angestellte ihre Arbeit verloren. Alle Dr. Martens AirWair-Schuhe und -Stiefel wurden für gut 4 Jahre in Vietnam und Thailand produziert. Hierzu wurden die Original-Maschinen nach Asien verbracht. Die Frage der Qualität wird unterschiedlich beurteilt: Einerseits wird auf die angeblich höherwertige Verarbeitung in England verwiesen, bei der es allerdings einen hohen Anteil an Montagsstücken gab, bei denen Nähte oder Klebestellen zerfielen. Allerdings ist die Verarbeitung viel gleichmäßiger als dies früher der Fall war. Für viele ist es ungewohnt, auf der Sohle nicht mehr den Schriftzug „made in England“ zu lesen. Seit 2007 gibt es allerdings unter dem Namen "The Vintage Collection" eine Neuauflage klassischer Dr. Martens-Schuhe, die in England hergestellt werden und daher wieder mit dem Schriftzug "made in England" versehen sind.

Literatur und Musik

  • Air Wair Limited: Dr. Martens, 1999
  • George Marshall: Spirit of '69 - A Skinhead Bible, ST Publishing, 1991
  • Die Kassierer: Dr. Martens (Album: Der Heilige Geist greift an), 2003
  • Skarface: Doc Martens Boots
  • The Bates: Doc's (Album: Shake), 1995
  • Böhse Onkelz: "Dr. Martens Beat" (Album: "Der nette Mann"), 1984

Weblinks


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