Doppelblind-Studie

Doppelblind-Studie

Eine Blindstudie ist eine Form des Experiments, bei der die Versuchspersonen nicht wissen, ob sie der Experimental- oder der Kontrollgruppe angehören. Dadurch wird der Einfluss von Erwartungen und Verhaltensweisen, welche durch diese Information ausgelöst würden, eliminiert. Blindstudien sind in der medizinischen und psychologischen Forschung besonders weit verbreitet.

Inhaltsverzeichnis

Historie

Die Geschichte der Blindstudie ist eng mit der des Placebos verknüpft. Placebos wurden in der wissenschaftlichen Medizin erstmals im 17. Jahrhundert eingesetzt. Aus dieser Zeit stammt auch der Begriff Verum (lat. das Wahre, das Richtige) für das eigentliche Medikament. In dieser Epoche wurde die Wirksamkeit von Chinin bei Malariafieber durch Thomas Sydenham (1624-1689) nachgewiesen. Chinin gilt daher heute als erstes Verumpräparat, das nachweislich kein Placebo darstellt.

Der britische Schiffsarzt James Lind führte 1747 erstmals eine Kontrollmedikation ein. Er testete an zwei Skorbutkranken die Wirksamkeit von Orangensaft und Zitronensaft. Einer der Patienten bekam ein Getränk aus Seewasser (Placebo) und der andere das Verum.[1]

Die ersten doppelblind durchgeführten Versuche in Mitteleuropa begannen in der Mitte des 19. Jahrhunderts.[2]

Medizin

In medizinischen Wirksamkeitsstudien werden Personen im Verlauf einer Studie entweder der Prüfbehandlung oder der Kontrollbehandlung ausgesetzt. Bei Arzneimittelstudien spricht man von Prüfpräparat beziehungsweise Verum (also das zu untersuchende Medikament) oder Kontrollpräparat (also ein zu vergleichendes Arzneimittel oder Placebo). Die Zuteilung von Prüfbehandlung und Kontrollbehandlung geschieht idealerweise rein zufällig (randomisiert).

Eine Studie ist

  • einfachblind, wenn die Patienten nicht wissen, welche Substanz (Kontrolle oder Verum) sie erhalten (Versuchsperson „blind“),
  • doppelblind, wenn die Patienten und der behandelnde Mediziner nicht wissen, wer welche Substanz erhält (Versuchsperson und Versuchshelfer „blind“),
  • dreifachblind, wenn weder die Patienten noch der behandelnde Mediziner, noch diejenigen, die die Auswertung durchführen, wissen, wer welche Substanz erhält (Versuchsperson, Versuchshelfer und Versuchsauswerter „blind“).

Verblindungstechniken

Wichtig bei einer Blindstudie ist, dass die Arzneimittel von den Probanden nicht unterschieden werden können. Die Arzneimittel sollten also optisch identisch erscheinen (inklusive der Verpackung), und auch Geruch und Geschmack spielen eine Rolle.

Um Arzneimittel mit sehr unterschiedlichem Erscheinungsbild, wie z. B. unterschiedlicher Darreichungsform, zu vergleichen, bedient man sich der Double-Dummy-Technik. Dazu müssen den Probanden zwei Arzneimittel verabreicht werden, von denen jeweils eines ein Placebo ist. Beispiel: eine Tablette soll mit einem Saft verglichen werden: die Patienten einer Gruppe erhalten die Tablette mit Wirkstoff und einen Placebo-Saft, die Vergleichsgruppe erhält eine Placebo-Tablette und einen Saft mit Wirkstoff.

Manche Arzneimittel sind aufgrund ihrer typischen Nebenwirkungen eindeutig zu erkennen. Um hier eine Verblindung zu erreichen sind aktive Placebos notwendig, also Substanzen, die nur die entsprechende Nebenwirkung auslösen.[3][4]

Auch nicht-medikamentöse Interventionen lassen sich verblinden. So gibt es beispielsweise spezielle Akupunktur-Nadeln, bei denen die eigentliche Nadel nach Druck in eine Hülle fährt und nicht in die Haut einsticht.

Einzelnachweise

  1. Gauler T, Weihrauch T, Placebo – ein wirksames und ungefährliches Medikament?, 1997, Verlag Urban & Schwarzenberg
  2. BINZ, U, Das Placebo-Phänomen, Dissertation, Universität Mannheim, 1977
  3. Boutron I, Estellat C, Guittet L, Dechartres A, Sackett DL, et al. (2006) Methods of Blinding in Reports of Randomized Controlled Trials Assessing Pharmacologic Treatments: A Systematic Review. PLoS Med 3(10): e425 doi:10.1371/journal.pmed.0030425
  4. Quitkin FM. Am J Psychiatry 156:829-836, June 1999

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