Drahtwickeltechnik

Drahtwickeltechnik
Die Wickelpistole, ein elektrisch angetriebenes Wickelwerkzeug
Werkzeug zum Abisolieren des Drahtes vor dem Wickeln
Werkzeug zum Lösen von Wickelverbindung

Der Begriff Wickelverbindung oder Wickeltechnik (auch Drahtwickelverbindung, Drahtumwicklung; engl. wire-wrap connection oder wrapped joint) bezeichnet eine Verbindungstechnik, die u. a. bei elektronischen Baugruppen (hauptsächlich in der Nachrichtentechnik) verwendet wird.

Dabei werden Einzeladern aus Volldraht (Leiterdurchmessern zwischen 0,2 und 0,8 mm) mit einem meist motorisch angetriebenen Wickeldorn (Elektro-Handwerkzeug, Wickelpistole) um einen scharfkantigen, quadratischen oder rechteckigen Wickelstift gewickelt. Der hohe Anpressdruck sorgt an den Stiftecken durch Kaltverschweißung für oxidfreie, gasdichte Kontaktstellen. Es sind mindestens vier Windungen für eine einwandfreie Verbindung erforderlich. Als Stiftabmessungen (Grundfläche) sind 1×1 mm² bis 0,6×0,6 mm² üblich. Die Stiftlänge ist meist für zwei bis drei Wickel (also zwei bis drei Adern) übereinander bemessen und beträgt bis 50 mm. Üblich ist, dass zu Beginn zwei Windungen isolierten Drahtes mit um den Stift gewickelt wird, ehe das blanke Kupfer kommt. Das hat den Grund, dass mechanische Erschütterungen abgefedert werden und der Draht bei Schwingungsbelastung nicht bricht.

Die Verbindung lässt sich praktisch nur mit dem Entwrapper (einem speziellen Dorn mit einer hohlen Kralle oder Hohlwendel) wieder lösen, weil der Draht mikroverschweißt und kaltverfestigt ist. Der Pfosten ist nach dem Lösen nicht mehr so scharfkantig, so dass eine neue Verbindung an diesem Pfosten nicht mehr so zuverlässig sind. Der abgewickelte Draht kann zwar nach dem Richten der Ader wieder neu auf einen anderen Pfosten gewickelt werden, aufgrund der Kaltverfestigung durch zweimaliges Verformen ist der Draht nun jedoch bruchgefährdet. Diese Verbindungen sind daher unzuverlässiger.

Inhaltsverzeichnis

Anwendungsbeispiele

Wire-wrapped Z80 Doppel-Europaformat-Computerplatine 1977 (Unterseite)
Detail

Die Wickelverbindungstechnik wurde 1973 in Deutschland bei der damaligen Deutschen Bundespost (DBP) eingeführt, um Verbindungen am Verteiler von NF-Verstärkerstellen und 2-MBit-Verteilern herzustellen. Mit einer speziellen Wickelpistole wurden die Drähte auf richtige Länge geschnitten, abisoliert und lötfrei durch einen Drahtwickel auf dem Anschlussstift aufgebracht. Die Bestimmung des richtigen Wickeleinsatzes für die vorhandene Drahtstärke wird anhand der Bezeichnung AWG (American Wire Gauge) (z. B. AWG 26) vorgenommen.

Die Steuerungscomputer des Apollo-Programms (Apollo Guidance Computer) waren in Wickelverbindungstechnik gefertigt, die danach noch mit Epoxidharz vergossen wurden. Grund war die gegenüber dem Löten deutlich höhere Zuverlässigkeit.

Wickeltechnik wurde auch bei der Rückseitenverdrahtung der Träger-Platine (Backplane) von Steckverbindern für Steckkarten in Geräten und frühen Computern angewendet. Dazu ragen die Stifte der Steckverbinder nach hinten aus der Trägerplatine heraus und können individuell verdrahtet werden. Andere Verbindungen (z. B. Betriebsspannungen) sind dagegen bereits als Leiterzüge ausgeführt.

Eine weitere Anwendung war die Herstellung von Prototypen.

Die Wickeltechnik ist vereinzelt auch heute für anwenderspezifische Gerätekonfigurationen in Gebrauch.

Vor- und Nachteile

Mit diesem Verfahren wurden gegenüber der herkömmlichen Verkabelung erhebliche Vorteile erreicht: Es entfiel das Löten, das vorher über Jahrzehnte hinweg grundsätzlich erforderlich war, es konnte statt vorgefertigter Kabel einfach Draht von der Rolle genommen werden, und es wurde am Verteiler eine wesentlich höhere Packungsdichte erreicht, so dass dieser nun kleiner und kostengünstiger gefertigt werden konnte. Wickeln mit Pistole ist schneller als Löten.

Wickeln ist wesentlich zuverlässiger als Löten, das Problem kalter Lötstellen entfällt, das Risiko der Isolierstoffverletzung benachbarter Drähte durch Hitzeeinwirkung ebenfalls.

Nachteile sind die fehlende Automatisierbarkeit und somit der große Aufwand an Handarbeit sowie die oben erwähnte mechanische Unzuverlässigkeit sowohl des Drahtes als auch des Pfostens beim Ändern einer Verbindung.

Werkzeuge und Einzelheiten

Die zwei Löcher am Ende eines Handwickelwerkzeugs: Der abisolierte Draht wird bis zum Anschlag der Isolation in das exzentrisch liegende Loch eingeführt, dann wird das Werkzeug mit dem zentrischen Loch auf den Wickelpfosten aufgesetzt.

Eine vollautomatische Wickelpistole führt alle nötigen Arbeiten aus: Abisolieren, Wickeln, Draht abtrennen. Daneben gibt es auch einfache Wickelpistolen, die nur wickeln, aber nicht abisolieren, und nach dem Wickeln abschneiden.

Neben der Wickelpistole gibt es auch Handwickeldorne. Sie haben eine ähnliche Form wie die Maschineneinsätze, jedoch einen Handgriff. Die Weiterentwicklung waren mechanische Wickelwerkzeuge ohne Motor, die mittels eines ratschenartigen Pistolengriffes bedient werden und dadurch eine Drehbewegung ausführen. Der Vorteil dieser Werkzeuge liegt darin, dass man sie an Orten ohne Stromversorgung einsetzen kann. Nachteilig ist, dass man die Adern von Hand auf die richtige Länge kürzen und mit dem Spezialwerkzeug abisolieren muss.

Die Kabelader wird üblicherweise im Uhrzeigersinn um den Vierkantstift gewickelt. Mit dem Handwickeldorn ist es auch möglich, die Ader andersherum um den Stift zu wickeln. Dann lässt sie sich jedoch nicht wieder mit dem Entwrapper lösen, weil dieser eine linksgedrehte Hohlwendel bzw. Kralle eingearbeitet hat (auf dem Bild nicht klar zu erkennen.)

Siehe auch


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