Dritter Italienischer Unabhängigkeitskrieg

Dritter Italienischer Unabhängigkeitskrieg

Bei den Italienischen Unabhängigkeitskriegen (Guerre di indipendenza italiane) handelt es sich um drei aufeinanderfolgende Kriegsereignisse, die im 19. Jahrhundert zwischen den italienischen Staaten unter Vorherrschaft Piemont-Sardiniens und Österreich ausgetragen wurden. Sie waren Teil des Risorgimento und führten letztendlich zur Einigung Italiens.

Inhaltsverzeichnis

Erster Unabhängigkeitskrieg

Märzrevolution 1848

In vielen Ländern Europas gab es 1848 Volksaufstände gegen die Restauration des Absolutismus. Doch in Italien und anderen vom Kaisertum Österreich beherrschten Ländern ging es auch um nationale Selbstbestimmung. Während der Märzrevolution versuchten etliche Städte, darunter Mailand und Venedig, aber auch Gebiete wie das Cadore, die österreichische Herrschaft abzuschütteln. In Mailand nahm der Volksaufstand (18. bis 22. März 1848) so gravierende Ausmaße an, dass sich die österreichischen Truppen unter Radetzky aus der Stadt und aus der Lombardei in das Festungsviereck Mantua-Peschiera del Garda-Verona-Legnago zurück ziehen mussten, um auf Verstärkung aus Österreich zu warten.

Piemontesische Kriegserklärung

Das unabhängige Königreich Piemont-Sardinien wurde daraufhin von vielen Seiten in Italien aufgefordert, sich an die Spitze der Einigungsbewegung zu stellen und den Moment zu nutzen, um die österreichische Herrschaft in Norditalien zu beenden. Am 23. März 1848 erklärte König Karl Albert von Savoyen der Donaumonarchie den Krieg. Der piemontesischen Armee schlossen sich 7.000 Männer aus der Toskana an, 10.000 Soldaten wurden vom Kirchenstaat zur Verfügung gestellt, 16.000 vom Königreich Beider Sizilien. Diese zusätzlichen Kräfte erreichten den Kriegsschauplatz aber erst mit einiger Verspätung, weswegen das Königreich Piemont-Sardinien zunächst allein gegen die österreichische Armee vorging.

Die Piemontesen griffen am 8. April bei Goito die vom Fluss Mincio begrenzte westliche Flanke des österreichische Festungsvierecks an. Dank des strategisch sehr bedeutenden Festungsvierecks Mantua-Peschiera-Verona-Legnago konnte Österreich ganz Norditalien kontrollieren und zugleich seine durch das Etschtal laufenden Verbindungen nach Norden sichern. Unmittelbar nach der Einnahme des Flussübergangs bei Goito gewannen die Piemontesen zwei weitere Gefechte bei den weiter nördlich, ebenfalls am Mincio gelegenen Orten Valeggio und Monzambano. Daraufhin drangen sie in das Festungsviereck ein und erzielten bei Pastrengo und danach auch in Santa Lucia bei Verona einen ersten größeren Erfolg. Die Festung von Peschiera wurde belagert und schließlich eingenommen. In der Zwischenzeit hatten österreichische Verstärkungen (35.000 Mann) die Festung von Mantua erreicht, von wo aus sie unmittelbar zu einem Gegenangriff antraten. Im nahen Curtatone und in Montanara stießen die Österreicher am 29. Mai 1848 auf den erbitterten Widerstand von 5.000 Studenten und Dozenten der Universitäten von Pisa und Siena. Dies gab Karl Albert die Zeit, um sich auf den südlichen Umfassungsangriff Radetzkys gegen das bei Goito liegende piemontesische Armeekorps vorzubereiten. Am 30. Mai schlugen die Piemontesen in der Schlacht von Goito die Verbände Radetzkys. Karl Albert von Savoyen wurde spontan zum "König von Italien" erklärt.

Die Wende

Kurz danach wendete sich das Blatt. In Frankreich, Österreich und Ungarn gewannen die konservativen Kräfte die Oberhand zurück. Da Österreich dem Papst mit einem Schisma drohte, zog dieser seine 10.000 Soldaten zurück. Auch der von ständigen Revolten bedrohte König Ferdinand II. beider Sizilien beorderte seine Truppen zurück. Der perplexe und unentschlossene Karl Albert ließ anderthalb Monate fast tatenlos vergehen. Mitte Juli versuchte er mit einigen Verbänden noch einen Angriff auf Mantua, wobei ihm bei Governolo ein Erfolg gelang, der seine Armee jedoch noch weiter auseinanderzog und strategisch in eine ungünstige Position brachte. Dies nutzte Radetzky, der ihn am 25. Juli 1848 schließlich in der Schlacht bei Custozza schlug und ihn am 8. August 1848 zum Waffenstillstand von Salasco zwang, durch den Österreich seine Herrschaft in Norditalien wiederherstellen konnte.

Weitere Entwicklung

Doch sowohl in Ungarn, als auch in Österreich selbst kam es erneut zu Aufständen, derentwegen im Dezember 1848 Kaiser Ferdinand I. zugunsten seines Neffen Franz Joseph I. abdanken musste (schon im Frühjahr war der allmächtige Minister Metternich nach England geflohen). Daraufhin machte Karl Albert von Savoyen im März 1849 einen erneuten Versuch, Österreich aus Norditalien zu drängen, scheiterte aber in der Schlacht von Novara und dankte zugunsten seines Sohnes Viktor Emanuel II. ab. Es war deutlich geworden, dass das kleine Piemont nicht ohne umfangreiche Vorbereitungen und vor allem nicht ohne einen großen Verbündeten die Donaumonarchie militärisch zum Rückzug zwingen konnte. Doch dies hielt andere nicht davon ab, weiterhin für die Unabhängigkeit Italiens zu kämpfen. Am 23. März 1849, dem Tag der piemontesischen Niederlage bei der Schlacht von Novara, begann in der lombardischen Stadt Brescia ein zehntägiger Volksaufstand, bei dem der österreichische Befehlshaber, General Nugent, den Tod fand. Den Österreichern gelang es erst mit dem Eintreffen eines kompletten Armeekorps unter dem Befehl Haynaus, den Widerstand zu brechen. Bereits ein Jahr davor hatte auch Venedig unter Daniele Manin die österreichische Herrschaft abgeschüttelt und die Republik ausgerufen. Die Venezianer ergaben sich erst am 24. August 1849, nachdem die österreichische Belagerung zu Land und See zu Hungersnöten und Epidemien geführt hatte. Zeitweise wurde Venedig mit Artillerie beschossen und von österreichischen Heißluftballonen mit Brandbomben aus der Luft angegriffen (der erste Luftangriff der Weltgeschichte). In der Toskana musste der habsburgische Großherzog Florenz verlassen. Auch in Rom kam es zum Aufstand. Der Papst floh nach Gaeta, woraufhin unter Giuseppe Mazzini die Römische Republik ausgerufen wurde, die eine der fortschrittlichsten Verfassungen ihrer Zeit erhielt. Von seinem neapolitanischen Exil aus blieb der Papst bemüht, seine weltliche Herrschaft wiederherzustellen. Die päpstliche Diplomatie hatte schließlich Erfolg, als sich Louis Napoléon, der [Präsident]] der 1848 wiedererstandenen französischen Republik, zu einer militärischen Intervention entschloss. Unter dem Befehl von General Oudinot landeten französische Truppen im päpstlichen Kriegshafen von Civitavecchia und marschierten auf Rom, das von Freiwilligen unter Giuseppe Garibaldi verteidigt werden sollte. Die Franzosen griffen von Westen aus an und trafen auf dem "Gianicolo", einem Höhenzug südlich des Petersdoms, auf Garibaldi. Von dort aus entwickelte sich in der Stadt ein erbitterter Häuserkampf, der den ganzen Monat Juni des Jahres 1849 andauern sollte. Besonders um die Porta San Pancrazio und die Villa Pamphilj wurde heftig gekämpft. Viele berühmte Persönlichkeiten der italienischen Freiheitsbewegung fielen hier. Angesichts der hoffnungslosen Lage kapitulierte die "Römische Republik" schließlich am 2. Juli 1849. Garibaldi konnte noch vorher mit etlichen Freiwilligen aus Rom ausbrechen, löste dann seine kleine Armee aber in der Republik San Marino auf. Während des Versuchs, das noch kämpfende Venedig zu erreichen, starb seine Frau. Er selbst entging seinen österreichischen Verfolgern nur knapp und floh schließlich nach Amerika.

Zweiter Unabhängigkeitskrieg

Hauptartikel: Sardinischer Krieg

Giuseppe Garibaldi

Der Zweite Italienische Unabhängigkeitskrieg führte zusammen mit Garibaldis Zug der Tausend zur Gründung des italienischen Nationalstaates.

Nach den Erfahrungen der Revolutionen und Kämpfe der Jahre 1848 und 1849 leitete man im Königreich Piemont-Sardinien eine Phase der Reformen und der politischen und militärischen Vorbereitungen für einen erneuten Einigungsversuch ein. Diese Politik wurde maßgeblich vom neuen Ministerpräsidenten Camillo Benso von Cavour gestaltet. Durch die Beteiligung am Krimkrieg gelang es ihm, die italienische Frage auf die politische Agenda der Regierungen Frankreichs und des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Irland zu bringen, die er als Verbündete im Kampf gegen die damalige europäische Großmacht Österreich als unverzichtbar erachtete. 1858 schloss er mit Napoléon III. in Plombières-les-Bains einen Geheimvertrag, der für den Fall eines österreichischen Angriffs die Unterstützung Frankreichs vorsah. Im Gegenzug sollte das Königreich Piemont-Sardinien auf sein Stammland Savoyen und auf die Grafschaft Nizza zugunsten Frankreichs verzichten. In Absprache mit der französischen Regierung gelang es Cavour im Frühjahr 1859, Österreich zum Angriff auf das Piemont zu provozieren. Dies legitimierte die französische Teilnahme am Sardinischen Krieg. Die Schlachten von Montebello (21.5.), San Fermo (26./27.5.), Palestro, Vinzaglio (30.5.), Magenta (4.6.), Melegnano (8.6.), San Martino und Solferino (24.6.) beendeten die österreichische Herrschaft in der Lombardei. Frankreich zog sich in der Folge aus politischen Gründen zurück, weswegen Österreich weiterhin Venetien, das Trentino und Julisch Venetien behielt, was sieben Jahre später den dritten italienischen Unabhängigkeitskrieg auslösen sollte. Indessen floh der habsburgische Großherzog Ferdinand IV. von Toskana aufgrund einer Volkserhebung der Florentiner. In Süditalien beendete Garibaldis Zug der Tausend die bourbonische Herrschaft. Den Kirchenstaat besetzten piemontesische Truppen, wobei sie Rom und seine Umgebung aus politischen Gründen unangestastet ließen. Auf dem Weitermarsch nach Süditalien stellten sie sicher, dass Garibaldi sich mit seinen Freischaren der Regierung in Turin unterordnete. Der von Cavour politisch sehr geschickt eingeleitete Krieg gegen Österreich und die zugleich auf wirksame Weise aufgefangene Bewegung Garibaldis ermöglichte die Einigung Italiens unter dem Haus Savoyen.

Dritter Unabhängigkeitskrieg

Hauptartikel: Deutscher Krieg

1866 misslang ein italienischer Versuch (Dritter Italienischer Unabhängigkeitskrieg), im Rahmen des Deutschen Krieges Venetien militärisch zu erobern in der Schlacht bei Custozza. Den Österreichern gelang dabei ein glücklicher Sieg, da die Italiener unzusammenhängend kämpften und nach einem ersten unbedeutenden Misserfolg auf einen Gegenangriff verzichteten (Österreich 1.200 Tote, Italien 600 Tote). Aus ganz ähnlichen Gründen verloren die Italiener auch die anschließende Seeschlacht von Lissa. Den einzigen italienischen Erfolg im Krieg von 1866 erfocht Garibaldi beim nordwestlich des Gardasees gelegenen Bezzecca.

Da das mit Italien verbündete Preußen Österreich in der Schlacht von Königgrätz besiegt hatte, musste Österreich Venetien trotz seiner militärischen Erfolge im Süden an Frankreich (das eine – wenn auch nicht unbedingt neutrale, sondern eher mit Piemont sympathisierende – Vermittlerrolle einnahm) abtreten, das es dann an Italien weitergab.

Die italienischen Unabhängigkeitskriege endeten im September 1870 mit der Eroberung Roms (20.9., Breccia di Porta Pia). Wegen des Deutsch-Französischen Kriegs konnte Frankreich den Papst nicht wie vereinbart schützen. Die Beseitigung des Kirchenstaats führte zu einen schweren Konflikt zwischen Kirche und Staat (Römische Frage), der erst 1929 durch die Lateranverträge endgültig gelöst werden konnte.

Dem späteren italienischen Irredentismus zufolge endeten die italienischen Unabhängigkeitskriege erst 1918 mit dem Ersten Weltkrieg, da bis dahin die teilweise italienischsprachigen Gebiete um Triest und Trient noch nicht zu Italien gehörten.

Literatur

Denis Mack Smith: Modern Italy. A political history. New Haven/London 1997.


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