- Drittes Newtonsches Gesetz
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Als klassische Mechanik bezeichnet man die Mechanik, wie sie bis zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts ausgearbeitet wurde. In der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde diese Beschreibung durch die konzeptionell grundlegend neuen Theorien der Quantenmechanik und der Relativitätstheorie ergänzt, die die Grundlage der modernen Physik bilden.
Die Theorien der klassischen Mechanik haben damit ihre Bedeutung nicht eingebüßt, vielmehr sind sie als Näherung in den neueren Theorien der Mechanik enthalten. Unter dieser Bedingung wird der Geltungsbereich der klassischen Mechanik durch zwei Voraussetzungen eingeschränkt: Die Geschwindigkeit der Relativbewegung zweier Objekte ist klein im Vergleich zu der Lichtgeschwindigkeit und die physikalischen Entitäten sind unterscheidbar. Typische Anwendungen der klassischen Mechanik sind Beschreibungen der Bewegung von Pendeln, Planetenbahnen, starren Körpern oder von Körpern im freien Fall.
Inhaltsverzeichnis
Grenzen der klassischen Mechanik
Viele alltägliche Phänomene werden durch die klassische Mechanik ausreichend genau beschrieben. Es gibt aber Phänomene, die mit der klassischen Mechanik nicht mehr erklärt oder nicht mehr in Einklang gebracht werden können. In diesen Fällen wird die klassische Mechanik durch genauere Theorien ersetzt, wie z. B. durch die spezielle Relativitätstheorie oder die Quantenmechanik. Diese Theorien enthalten die klassische Mechanik als Grenzfall.
Das Verhältnis der klassischen Mechanik zur Relativitätstheorie
Anders als in der Relativitätstheorie gibt es in der klassischen Mechanik keine Maximalgeschwindigkeit, mit der sich Signale ausbreiten können. So ist es in einem klassischen Universum möglich, alle Uhren mit einem unendlich schnellen Signal zu synchronisieren. Dadurch ist eine absolute, in jedem Inertialsystem gültige Zeit denkbar.
In der Relativitätstheorie ist die größte Signalgeschwindigkeit gleich der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit. Unter der Annahme, dass zur Messung physikalischer Vorgänge benötigte Uhren perfekt synchronisiert werden können, lässt sich nun der Geltungsbereich der klassischen Mechanik gegenüber der Relativitätstheorie bestimmen. Die Annahme über die Synchronisierbarkeit gilt nämlich genau dann, wenn die zu messende Geschwindigkeit v im Vergleich zur (maximalen) Signalgeschwindigkeit c, mit der die Uhren synchronisiert werden, klein ist, d. h. .
Das Verhältnis der klassischen Mechanik zur Quantenmechanik
Im Gegensatz zu der Quantenmechanik lassen sich Massenpunkte mit identischen Observablen (Masse, Ort, Impuls) unterscheiden, während man in der Quantenmechanik von ununterscheidbaren Entitäten ausgeht. Das bedingt, dass klassische Körper in dem Sinne makroskopisch sein müssen, dass sie individuelle Eigenschaften besitzen, die sie unterscheidbar machen. Somit lassen sich z. B. Elementarteilchen einer Familie nicht als klassische Massenpunkte auffassen. Die Unterscheidbarkeit eines klassischen Teilchens rührt daher, dass, wenn es sich selbst überlassen wird, in seinem vorherigen Inertialsystem verharrt. Dies ist für ein quantenmechanisch beschriebenes Teilchen nicht der Fall, da ein sich selbst überlassenes Teilchen nicht zwingendermaßen in seinem Inertialsystem verharrt. Diese Tatsache kann man in der Quantenmechanik herleiten, in dem man das Schrödinger-Anfangswertproblem für die Wellenfunktion eines Teilchens löst, dessen Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu einen Zeitpunkt t = 0 genau an einem Ort lokalisiert ist (ein so genannter δ-Peak). Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit beginnt mit zunehmender Zeit zu zerlaufen. Der physikalische Grund dafür ist, dass die (exakte) Messung des Ortes eines mikroskopischen Teilchens ein Eingreifen in das physikalische System bedeutet.
Die Konzepte der Mechanik
Typischerweise spricht man in der Mechanik von Massenpunkten. Jeder Massenpunkt besitzt eine endliche, von null verschiedene Masse m. Jedem Massenpunkt ist zu jeder Zeit t ein eindeutiger Ort zugeordnet. Zudem besitzt jeder Massenpunkt einen Impuls , der jedoch null wird, wenn das Objekt im Bezugssystem ruht. Manchmal spricht man auch von Observablen, wenn man von , oder m spricht. Wenn man von einem Ereignis spricht, so meint man einen Ort zu einer bestimmten Zeit t0. Dies lässt sich kompakt schreiben als oder auch als . Betrachtet man nicht nur den Ort eines Ereignisses, sondern auch den Impuls zu der Zeit t0 so spricht man von einem Punkt im Phasenraum. Oft kürzt man einen Punkt im Phasenraum ab durch oder . Betrachtet man die zeitliche Entwicklung eines Massenpunktes im Phasenraum, so spricht man von Phasenraumbahnen.
Zeit
Da es in der klassischen Mechanik keine Obergrenze der Signalausbreitungsgeschwindigkeit gibt, können in einem klassischen Universum alle Uhren perfekt synchronisiert werden, d. h. die Zeit ist absolut. Dies erlaubt es in einem klassischen Universum, zwei Ereignisse , die zu verschiedenen Zeiten ta,tb an verschiedenen Orten geschehen sind, in Bezug auf die Zeit eindeutig miteinander in Relation zu stellen. Dabei gibt es drei Kategorien:
- passiert vor
- und passieren gleichzeitig, und
- passiert nach .
Nimmt man weiter an, dass man mit den idealen Uhren die Zeit beliebig genau vermessen kann, so lässt sich die Zeit mit den reellen Zahlen identifizieren, auf denen eine Ordnungsrelation gegeben ist:
- Vorzeitig: ta < tb
- Gleichzeitig: ta = tb
- Nachzeitig: ta > tb
Aus diesen zeitlichen Relationen lässt sich eine Bedingung dafür finden, wann zwei Ereignisse in einem kausalen Zusammenhang stehen können: kommt als Ursache von genau dann in Frage, wenn ist. Andererseits kann nur dann eine Wirkung von sein, wenn ist.
Das führt zu einer für die klassische Mechanik typischen Situation: Sämtliche Orte in einem klassischen Universum können zu einer bestimmten Zeit t0 in einer kausalen Relation zueinander stehen. Das ist insofern nicht verwunderlich, als es in der klassischen Mechanik keine Obergrenze für die Signalausbreitung gibt. Umgekehrt lässt sich sagen: Eine Raumzeit mit einer solchen kausalen Relation erlaubt die unendlich schnelle Ausbreitung von Information.
Raum
In der klassischen Mechanik geht man davon aus, dass der Raum homogen und isotrop ist. Die Homogenität impliziert, dass es keine ausgezeichneten Punkte im Universum gibt. Dies impliziert unter anderem, dass es keine absoluten Distanzangaben gibt. Distanzen können nur relativ zwischen zwei Punkten angegeben werden. Die Isotropie impliziert, dass es im klassischen Universum keine ausgezeichnete Richtung gibt. Diese Überlegungen führen zum Schluss, dass der physikalische Raum der klassischen Mechanik durch einen affinen Raum beschrieben werden kann:
Ein Affiner Raum ist ein Tripel (M,E, + ) wobei M eine Menge ist, E ein Vektorraum und + eine freie transitive Gruppe auf M ist. Dabei gibt es eine Abbildung von welches einem Paar einen Punkt so zuordnet, dass folgende Bedingungen erfüllt sind:
- so dass
Üblicherweise wird eine konkrete physikalische Situation in konkreten Koordinaten beschrieben. In diesem Zusammenhang spricht man oft von einem Laborsystem, von dem aus gemessen wird.
Bemerkungen: Es ist interessant zu bemerken, dass es in einem klassischen Universum keine Möglichkeit gibt, experimentell eine Orientierung des Raumes zu bestimmen. Linkshändigkeit und Rechtshändigkeit können zwar experimentell als zwei (verschiedene) Klassen bestätigt werden, aber die absolute Benennung der Linkshändigkeit und der Rechtshändigkeit sind unmöglich. Erst das Experiment von Wu erlaubt eine experimentelle Festlegung der Orientierung im Raum mit Hilfe der schwachen Wechselwirkung.
Gemeinsame Betrachtung von Raum und Zeit
In der Dynamik betrachtet man die zeitliche Entwicklung eines physikalischen Systems im so genannten Phasenraum. Für die Beschreibung eines physikalischen Systems ist es sinnvoll davon auszugehen, dass das Laborsystem, von dem aus man die Entwicklung des Systems betrachtet, keinen äußeren Einflüssen durch Krafteinwirkung unterworfen ist. Da es kein bevorzugtes Laborsystem gibt, gibt es beliebig viele gleichwertige Laborsysteme, die sich von einander dadurch unterscheiden, dass sie zueinander entweder in Ruhe sind oder dass sich die Abstände linear in der Zeit ändern. Systeme, die sich so zueinander verhalten, nennt man Inertialsysteme.
Raum und Zeit können folgendermaßen zu einer so genannten Galilei-Raumzeit zusammengefasst werden:
Eine Galilei-Raumzeit ist ein vierdimensionaler affiner Raum (H,E, + ) mit folgenden Eigenschaften:
- Auf dem Differenzenraum E existiert eine Linearform τ. Für zwei Ereignisse gibt es eine eindeutigen objektiven Zeitunterschied τ(p,q).
- Auf dem Unterraum ist eine positiv definite Bilinearform gegeben, d. h. E0 ist ein Euklidscher Vektorraum.
Die Linearform τ induziert in der Galilei-Raumzeit eine Faserung.
Grundlage und ein Beispiel der Arbeitsweise in der klassischen Mechanik
Einige Zusammenhänge lassen sich durch Verwendung folgender Abkürzungen axiomatisch aufbauen (SI-Einheit in Klammern):
- t Zeit (Sekunde)
- m Masse eines Körpers (Kilogramm)
- zurückgelegte Strecke (m)
- Geschwindigkeit (m/s)
- Beschleunigung (m/s²)
- Kraft (Newton)
Was heißt Geschwindigkeit eigentlich? Bei einer konstanten Geschwindigkeit können wir eine bestimmte Zeit warten und die zurückgelegte Strecke messen. Dann hat der Körper die Geschwindigkeit
Wenn gleichzeitig eine Kraft auf den Körper wirkt, und sich seine Geschwindigkeit dadurch zeitlich verändert, bekommen wir damit jedoch nur eine Art Durchschnittsgeschwindigkeit! Was heißt nun Geschwindigkeit? Hier hat Newton seinen großen Durchbruch gehabt: er definierte die Ableitung einer Größe
welche die Geschwindigkeit für jeden beliebigen Zeitpunkt definiert. Hierbei wird das untersuchte Zeitintervall immer weiter verkleinert und die entsprechende Strecke gemessen (ein Limes ). Die weitere Diskussion dieser Tatsache soll der Analysis überlassen bleiben, hingegen definiert die Ableitung der Ortsfunktion zu jedem Zeitpunkt die Geschwindigkeit:
Analoges gilt für die Beschleunigung, definiert als Änderung der Geschwindigkeit:
Nun können wir die zwei ersten newtonschen Gleichungen so schreiben:
- (oder v(t) = konstant)
Letztere Gleichung definiert eigentlich den Begriff Masse, genauer die träge Masse, welche als Proportionalitätskonstante zwischen Kraft und Beschleunigung die Trägheit des Körpers bestimmt. Allgemein bleibt zu erwähnen, dass in der klassischen Mechanik weiterhin nur Kräfte betrachtet werden, die von Ort und der Geschwindigkeit abhängen, also
Arbeitsgebiete der klassischen Mechanik
- Statik: Untersuchung ruhender Systeme
- Kinetik: Newtonsche Axiome
- Kinematik: Untersuchung bewegter Körper
- Schwingungslehre
Literatur
- Norbert Straumann, Klassische Mechanik. Grundkurs über Systeme endlich vieler Freiheitsgrade. (Lecture Notes in Physics; Bd. 289). Springer Verlag, Berlin 1987, ISBN 0-387-18527-5
- Ralph Abraham, Jerrold E. Marsden, Foundations of Mechanics, Addison-Wesley, ISBN 0-201-40840-6
- Herbert Goldstein, Charles. P. Poole, John Safko, Klassische Mechanik, Wiley-VCH, ISBN 3-527-40589-5
- W. M. Oliva, Geometric Mechanics, Springer Lecture Notes In Physiks, ISBN 3-540-44242-1
- David Oliver, The Shaggy Steed of Physics – Mathematical Beauty in the Physical World, Springer, ISBN 0-387-40307-8
Weblinks
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