Drogenmischkonsum

Drogenmischkonsum

Mischkonsum bezeichnet den gleichzeitigen oder zeitnahen und damit simultanen Konsum von mehreren Drogen, so dass sich die Wirkungsspektren der jeweiligen Drogen überlappen. Damit steht der Konsument unter dem nichtselektiven Einfluss dieser Drogen. Als Motivation für einen solchen Mischkonsum kann insbesondere die wahrnehmbare Mischwirkung der kombinierten Drogen angenommen werden. Oftmals wird auch ein nacheinander folgender (sequentieller) Konsum zweier Drogen als Mischkonsum bezeichnet, obwohl beim Wirkungseintritt der zweiten Droge die (erwünschte) Hauptwirkung der ersten Droge bereits vorüber ist.

Bei chronischem Drogengebrauch wird auch der wechselnde Konsum von verschiedenen Drogen über einen längeren Zeitraum als Mischkonsum bezeichnet, wobei hier häufig der zur Substitution von nicht verfügbaren Drogen gemeint ist. Bei Abhängigkeit bezeichnet man die betroffenen Personen als polytoxikoman.

Durch pharmakologische Wechselwirkungen von mehreren Substanzen können die Risiken beim Mischkonsum höher sein als beim jeweiligen Konsum der einzelnen Substanzen. Belastungen für Körper und Psyche sind bei einigen Substanzkombinationen schwer voraussehbar.

Inhaltsverzeichnis

Drogenmischkonsum

Die Praxis, verschiedene psychotrop und psychoaktiv wirkende Drogen zu mischen, hat eine lange Tradition und ist auch heute in verschiedenen Kulturkreisen bei diversen Anlässen üblich.

Geschichte

Zu den ältesten überlieferten Mixturen von Drogen zählt Ayahuasca, eine halluzinogen wirkende Drogenzubereitung aus Naturdrogen, welche einerseits den halluzinogenen Wirkstoff DMT und andererseits MAO-Hemmer aus der Harmala-Reihe (z. B. Harmalin) enthalten. Im Amazonasgebiet wurde schon vor mehr als 3500 Jahren Ayahuasca bei Ritualen zubereitet und eingesetzt. Auch die Kräutermixturen in den Hexensalben des Mittelalters verweisen auf den Gebrauch von Drogenmischungen.

Bis ins 17. Jahrhundert wurde auch Bier mit den Samen des Bilsenkrautes versetzt, um seine Wirkung zu verstärken. Das Bilsenkraut, ein Nachtschattengewächs, enthält die Wirkstoffe Scopolamin und Hyoscyamin und hat eine halluzinogene Wirkung, die durch den Alkohol des Bieres verstärkt wird. Durch das bayrische Reinheitsgebot von 1516 durfte Bilsenkraut nicht mehr zur Bierbrauerei verwendet werden. Verschiedene Quellen geben an, dass auch der Name der Stadt Pilsen, aus der das bekannte Pilsner Bier stammt, in Zusammenhang mit dem Anbau dieser Pflanze steht.

Das Trinken von Schnaps zum Kaffee, wie es in weiten Teilen Europas üblich ist, stellt eine Form von Drogenmischkonsum dar. Das Rauchen von Zigaretten zum Kaffee ist eine weitere weit verbreitete Formen von Drogenmischkonsum.

Seit Beginn der 1990er Jahre wurden Formen des Mischkonsums im Zusammenhang mit dem Beikonsum diverser Medikamente wie Benzodiazepine und Barbiturate und Drogen wie Heroin, Kokain und Alkohol bei Substitutionsbehandlungen mit Methadon problematisiert. In letzter Zeit richtete sich die Aufmerksamkeit bezüglich Mischkonsum zunehmend auch auf die Formen des Mischkonsums diverser Substanzen im Umfeld der Partyszenen.

Wechselwirkungen

Die Wirkung, die eine Kombination zweier oder mehrerer Substanzen auslöst, wird vor allem durch pharmakodynamische und pharmakokinetische Interaktionen bestimmt. Die Effekte der Interaktionen können die Wirkungen der einzelnen Substanzen sowohl verstärken (synergistische Effekte) als auch abschwächen (antagonistische Effekte). Beim additiven Synergismus addieren sich die Einzeleffekte und die Gesamtwirkung entspricht der Summe der Einzelwirkungen und beim überadditiven Synergismus (Potenzierung) ist der Gesamteffekt höher als die Summe der Einzeleffekte. Überadditive Synergismen sind eher selten. Ein überadditiver Synergismus ist beispielsweise bei der Kombination von MAO-Hemmern und gewissen Partydrogen wie Amphetamin oder Ecstasy zu beobachten. Die Folge kann eine Blutdruckkrise sein. Auch die Kombination von Gamma-Hydroxy-Buttersäure (GHB / Liquid Ecstasy) und Alkohol führt zu einem überadditiven Synergismus mit der Folge von gesundheitlich nicht selten so schwerwiegenden Effekten, dass eine intensivmedizinische Behandlung der Konsumenten notwendig wird.

Die Kenntnis der Wechselwirkungen von den Substanzen, die bei einem Mischkonsum eingenommen werden, ist eine unabdingbare Voraussetzung für ein verantwortungsvolles Risikomanagement im Vorfeld des Mischkonsums. Für den Laien, der nur die Wirkungen der einzelnen Substanzen kennen gelernt hat, sind die Wechselwirkungen kaum einschätzbar, da sie eben nicht immer der Summe der Einzelwirkungen entsprechen. Drogenmischkonsum ist oft mit höheren gesundheitlichen Risiken verbunden als der alleinige Konsum der einzelnen Drogen. Wer dennoch mischt, sollte zumindest die Einzelwirkungen der Substanzen gut kennen und über Wechselwirkungen bescheid wissen.

Beim Drogenmischkonsum ist zu bedenken, dass verschiedene Substanzen bei weitem nicht immer die gleiche Zeitspanne benötigen, um im Körper ihre maximale Wirkung zu entfalten, und dass sie auch unterschiedlich lange wirken können. Wechselwirkungen können deshalb zeitverzögert auftreten. Beim Mischkonsum ist deshalb besonders auf das Set und Setting zu achten. Außerdem ist es wichtig, dass weitere Personen informiert sind, welche Substanzen konsumiert wurden. Bei einem Notfall kann durch diese Information schneller und effizienter geholfen werden.

Mischkonsum unter Beteiligung von Alkohol

Der Mischkonsum von Alkohol und einer illegalen Droge ist weit mehr verbreitet als der Mischkonsum von zwei oder gar drei oder mehr illegalen Drogen ohne Beteiligung von Alkohol. Am weitesten verbreitet ist die Kombination von Alkohol und Cannabis. Fast 90 % der Konsumenten von Cannabis haben schon Erfahrungen mit dieser Kombination gemacht, wobei die Bewertungen der Erfahrungen ambivalent (teils gut, teils schlecht) ausfallen. Dies gilt auch für die Kombination von Alkohol und Ecstasy. Die Kombinationen von Alkohol mit Kokain als auch mit Amphetamin werden überwiegend positiv, die mit LSD, Psilocybin und Heroin eher negativ oder überwiegend negativ bewertet. [1] [2]

Mischkonsum unter Beteiligung von Cannabis

Der Mischkonsum von Cannabis und „Zauberpilzen“ (Psilocybin) oder LSD wird von den Personen, die mit dieser Kombination Erfahrungen gesammelt haben, fast ausschließlich für gut befunden (subjektive Bewertung), von den Personen, die darüber medizinisches Wissen gesammelt haben, fast ausschließlich für gesundheitlich höchst bedenklich befunden (objektive Bewertung). Überwiegend gut fallen unter den Probanden die Bewertungen der Kombinationen von Cannabis und Ecstasy oder Kokain aus. Auch die Kombination von Cannabis und Speed wird überwiegend positiv bewertet. Die Kombination von Cannabis und Alkohol wird eher ambivalent bewertet und die Kombination von Cannabis und Heroin überwiegend negativ.

Auch wenn Konsumenten bestimmte Kombinationen überwiegend positiv beurteilen, bedeutet das nicht, dass diese Kombinationen gesundheitlich unbedenklich sind. Der Mischkonsum ist immer mit einem bestimmten Risiko verbunden. Beispielsweise gilt: [3]

Die Wirkung von Cannabis intensiviert die psychotrope Wirkung der Zauberpilze. Bei einem günstigen Set und Setting werden dadurch die psychedelischen Effekte, die durch die Pilzwirkung hervorgerufen werden, klarer und deutlicher wahrgenommen, leidenschaftlicher empfunden und intensiver erlebt. Unter guten Voraussetzungen steigert zudem die Kombination von Cannabis und Zauberpilzen (im Vergleich zum Monokonsum der einzelnen Substanzen) die Begeisterungsfähigkeit und begünstigt somit das Erleben inniger Verbundenheit. Bei einer individuell ungünstig geprägten Prädisposition kann beim Mischkonsum im Vergleich zum Monokonsum von Cannabis oder von Zauberpilzen die Wahrscheinlichkeit, dass eine latent vorhandene Psychose vorzeitig ausgelöst wird, erhöht sein. Gleiches gilt auch für die Kombination von Cannabis und LSD.

Wird nach dem Konsum von Cannabis Kokain geschnupft, wird ein höherer Blutspiegel von Kokain erzielt als nach dem Schnupfen von Kokain in nüchternem Zustand. Dies führt zu länger anhaltenden Phasen euphorischer Gefühlsempfindungen, die zudem etwas intensiver wahrgenommen werden als nach dem Monokonsum von Kokain. Zu beachten ist jedoch, dass der Mischkonsum von Cannabis und Kokain auch zu einer stärkeren Erhöhung der Herzfrequenz und des Blutdrucks führt als der Monokonsum dieser Substanzen. Besonders in Situationen von Anspannung und Stress tritt dieser additive Effekt verstärkt auf. Deshalb sollten Personen mit einem vorgeschädigten Herz-Kreislauf-System vor dem Mischkonsum von Cannabis und Kokain dieser pharmakologischen Wechselwirkung beim Risikomanagement bzw. bei der Risikoabwägung besondere Aufmerksamkeit schenken.

Im folgenden sind einige Beispiele von Mischkonsum und damit verbundene Gefahren aufgeführt, die allgemein bekannt sind. Viele Mischkombination sind jedoch noch nicht oder kaum erforscht worden; die Wahrscheinlichkeit eines hohen Risikos, beim Konsum dieser Kombinationen Schaden zu nehmen, ist somit vorhanden.

Kokain und Medikamente

Sympathomimetika und bestimmte Antidepressiva (trizyklische Antidepressiva, MAO-Hemmer) haben als Haupt- oder Nebenwirkung die Steigerung des Blutdrucks. In Verbindung mit dem ebenfalls den Blutdruck steigernden Kokain kann dies zu lebensgefährlichen oder tödlichen Komplikationen führen.

Ecstasy (MDMA) und Speed/Kokain

Die Wirkung von Kokain wird maßgeblich durch eine Erhöhung des Gehaltes eines Neurotransmitters (Botenstoff) in den synaptischen Spalten (Verbindungsstellen zwischen den Nervenzellen) erzielt. Dies gilt auch für die Wirkung von Amphetamin. In beiden Fällen handelt es sich um den Botenstoff Dopamin. Kokain bewirkt diese Erhöhung durch eine zellulare Wiederaufnahmehemmung, Amphetamin durch Auslösung einer erhöhten Ausschüttung. Die Wirkmechanismen von Kokain und Amphetamin sind grundlegend verschieden, obwohl der Haupteffekt, eine Erhöhung des Dopaminspiegels in den synaptischen Spalten, gleich geartet ist. In beiden Fällen kommt es zu einer allgemeinen Anregung, doch beim Kokain wird weit mehr als beim Amphetamin das Verlangen nach Sex und bei Männern auch die Fähigkeit zum Sex stimuliert. Das Bedürfnis nach Liebe und Zärtlichkeit wird jedoch von diesen Substanzen kaum beeinflusst. Ecstasy stimuliert hingegen das Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Liebe sowie die Empathie. Der gleichzeitige Konsum von Kokain und von Ecstasy kann je nach Konstitution der Konsumenten, bezüglich der Stimulierung der verschiedenen Bedürfnisse einen synergetischen und harmonischen Effekt haben, jedoch auch eine innere Zerrissenheit und Ziellosigkeit bewirken. Aufgrund der Möglichkeit von nahezu entgegengesetzten Auswirkungen auf die eigene Befindlichkeit ist bei dieser Kombination das Beachten von Set und Setting besonders wichtig wie auch eine kompetente Selbsteinschätzung in Verbindung mit einem verantwortungsvollen Risikomanagement. [4]

Ecstasy/Kokain/Speed (auch Thaipille) und Alkohol

Diese Kombination wirkt aktivierend und hemmend gleichzeitig. Dies führt zu einer großen Belastung für Leber und Niere, trocknet den Körper aus und kann zu einem Wärmestau und zu Überhitzung führen. Große Mengen Speed/Kokain gemischt mit Alkohol fördern die Gewaltbereitschaft und die Bereitschaft zu sexueller Nötigung und sind auch besonders gefährlich im Straßenverkehr, da der Rauscheffekt des Alkohols nicht bemerkt und daher unterschätzt wird. Ecstasy (MDMA) mit Alkohol kombiniert führt zu Übelkeit und Erbrechen.

GHB (Liquid Ecstasy) und Alkohol (auch in geringer Dosierung)

Beim Mischkonsum dieser beiden Substanzen verstärken sich die jeweiligen Effekte. Alkohol und GHB führen nicht nur zu Übelkeit, Erbrechen und einem Abfallen des Blutdrucks, sondern können lebensbedrohliche Atemdepressionen auslösen. Die häufigste Ursache für die Einlieferung von Partyteilnehmern ins Krankenhaus ist die kombinierte Einnahme von Alkohol und GHB. [5]

Kokain und Speed

Kokain und Speed zusammen konsumiert beeinträchtigen die Atmung, was eine sehr große Herz-Kreislaufbelastung darstellt.

Quellen

  1. Joachim Eul, Gundula Barsch, Tibor Harrach: Prävalenzen und Konsumbewertungen – Drogenmischkonsum anders verstehen, in: Wiener Zeitschrift für Suchtforschung, Jg. 27 2004 Nr. 4, S. 49–60
  2. Michael Pießkalla: Aktuelle Fragen zur Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten unter besonderer Berücksichtigung des Mischkonsums mit Alkohol, in: Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht 2008, S. 542 ff.
  3. Eve & Rave Berlin: Pressemitteilung vom 31. August 2006: Drogenmischkonsum, Konsumhäufigkeiten und Konsumbewertungen
  4. Fachinformation Kokain für den nichtmedizinischen Gebrauch
  5. Fachinformation GHB für den nichtmedizinischen Gebrauch
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