- Drudemodell
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Die Drude-Theorie (auch Drude-Modell) ist eine klassische Beschreibung des Ladungstransports in Metallen oder verallgemeinert durch freie Elektronen in Festkörpern.
Sie wurde 1900 von Paul Drude vorgestellt [1] [2], 1905 von Hendrik Antoon Lorentz erweitert und 1933 von Arnold Sommerfeld und Hans Bethe um die Ergebnisse der Quantentheorie ergänzt [3].
Inhaltsverzeichnis
Modellbeschreibung
In dem Modell wird ein elektrischer Leiter als Ionenkristall betrachtet, in dem sich die Elektronen frei bewegen können.
Verantwortlich für die Stromleitung sind demnach Elektronen, die ein ideales Elektronengas bilden.
Der Begriff Elektronengas rührt von der Ähnlichkeit dieser Theorie zur kinetischen Gastheorie: Herrscht im Inneren des Leiters nämlich kein elektrisches Feld, verhalten sich die Elektronen genauso wie Gasteilchen in einem Behälter. Dieses Verhalten wird durch die kinetische Gastheorie beschrieben.Durch ein äußeres elektrisches Feld E erfahren die freien Elektronen im Leiter eine Kraftwirkung Fel = eE und werden beschleunigt. Die Elektronen werden im Leitermaterial bei angelegter Spannung jedoch nicht kontinuierlich beschleunigt. Wäre dieses so, dürften der Widerstand und die Stromstärke nicht konstant sein und das Ohmsche Gesetz würde somit nicht gelten. Es stellt sich nach kurzer Zeit ein Gleichgewicht ein, bei dem die mittlere Geschwindigkeit des Elektrons zur Feldstärke proportional ist.
Das Drude-Modell erklärt diese Tatsache so: Das Elektron stößt mit einem Gitterion zusammen und wird abgebremst. Dieser Vorgang wird phänomenologisch durch eine mittlere Stoßzeit (Relaxationszeit) τ zwischen zwei Kollisionen beschrieben. Mit steigender Temperatur sinkt die mittlere Stoßzeit und erklärt damit die sinkende Leitfähigkeit der Metalle.
Die Bewegungsgleichung hierfür lautet:
- mit
m: Elektronenmasse, v: Elektronengeschwindigkeit, vD:Driftgeschwindigkeit (e-Geschwindigkeit abzüglich der thermischen Geschwindigkeit), τ: Stoßzeit
Für den stationären Zustand () gilt:
Mit der Ladungsträgerdichte n ergibt sich die Stromdichte j damit zu
Die Leitfähigkeit σ ist daher
Anwendungsgebiete
Mit diesem Modell konnte erstmals das ohmsche Gesetz erklärt werden, wenn auch der mit diesem Modell berechnete Widerstandswert etwa sechs mal größer als der wahre (gemessene) Widerstandswert des jeweiligen Materials ist. Es hat aber auch noch weitere deutliche Schwächen:
Das Drude-Modell steht mit seiner Annahme, alle Elektronen würden zum Strom beitragen, im Widerspruch zu den Aussagen des Pauli-Prinzips. Aber auch klassisch gesehen erzeugt diese Annahme einen Widerspruch: Aus der statistischen Thermodynamik folgt, dass alle Freiheitsgrade eines System (hier: Festkörper) im Mittel zu seiner inneren Energie beitragen. Jedes Elektron müsste also liefern. Messungen haben aber gezeigt, dass der elektronische Beitrag zur Gesamtenergie etwa tausendmal kleiner ist.
Grenzen des Modells
Das Modell sagt eine Proportionalität von Widerstand und Elektronengeschwindigkeit zur Wurzel aus der Temperatur voraus. Dieses ist in Wirklichkeit nicht gegeben. Des Weiteren kann überhaupt keine Aussage darüber getroffen werden, ob ein Material ein Leiter, Halbleiter oder ein Isolator ist. Letzteres kann insofern als Vorteil gewertet werden, als man die Theorie auch auf die freien Elektronen im Leitungsband eines Halbleiters anwenden kann.
Abhilfe schafft die quantenmechanische Beschreibung des sommerfeldschen Modells [3] bzw. weiterführend das Bändermodell, in dem die Bandlücken richtig vorausgesagt werden.
Eine Verallgemeinerung des Drude-Modells stellt das Lorentz-Oszillator-Modell (auch Drude-Lorentz-Modell) dar. Dabei werden zusätzliche Absorptionsmaxima beschrieben, die beispielsweise durch Bandübergänge verursacht werden. Mit dem Lorentz-Oszillator-Modell ist es möglich, die dielektrische Funktion einer Vielzahl von Materialien (auch Halbleiter und Isolatoren) zu beschreiben.[4]
Einzelnachweise
- ↑ Paul Drude: Zur Elektronentheorie der Metalle. In: Annalen der Physik. 306, Nr. 3, 1900, S. 566–613 (doi:10.1002/andp.19003060312).
- ↑ Paul Drude: Zur Ionentheorie der Metalle. In: Physikalische Zeitschrift. 1, 1900, S. 161–165.
- ↑ a b A. Sommerfeld, H. Bethe: Elektronentheorie der Metalle. In: Handbuch der Physik. Vol. 24-2, Springer Verlag, Heidelberg 1933, S. 333–622.
- ↑ Harland G. Tomkins, Eugene A. Irene: Handbook of Ellipsometry. Springer, Berlin 2005, ISBN 3540222936.
Weblinks
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