- Dynax 9
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Die Minolta Dynax 9 (in Japan: Alpha 9, in den USA: Maxxum 9) ist eine Kleinbild-Spiegelreflexkamera, die für professionelle Fotografen und engagierte Amateure konzipiert und erstmals Ende 1998 von Minolta vorgestellt wurde. Die Dynax 9 gehört nach der Minolta 9000 und Dynax 9xi zur dritten Generation der Profimodelle und löste nach sechs Jahren die Dynax 9xi (vorgestellt im Juni 1992) ab.
Inhaltsverzeichnis
Kurzcharakteristik
Die Minolta Dynax 9 ist eine umfangreich ausgestattete, robuste Hochleistungs-Spiegelreflexkamera mit einem schnellen Autofokus-System, eingebautem Motor für den Filmtransport, der bis zu 5,5 Bilder in der Sekunde transportieren kann, und einer sehr kurzen Verschlusszeit von 1/12.000 Sekunde sowie einer Blitzsynchronzeit von 1/300 Sekunde.
Das staubgeschützte Gehäuse ist mit Gummidichtungen versiegelt. Es besteht aus einem korrosionsbeständigen Edelstahl vom Typ SUS 304, der mit einem UV-gehärteten Polymer beschichtet ist. Die Bodenplatte aus Zinkdruckguss ist gummiarmiert, der Spiegelkasten besteht aus rostfreiem Stahl und Zinkdruckguss. Das Bajonett besteht wiederum aus rostfreiem Edelstahl und ist selbstschmierend.
Der extrem schnelle Schlitzverschluss, dessen Lamellen aus kohlefaserverstärktem Epoxydharz besteht, wurde bereits in der Dynax 9xi eingesetzt, galt als sehr langlebig und markiert bis heute einen Weltrekord. In der Praxis ist die kurze Blitzsynchronzeit jedoch nützlicher; die 1/12.000 Sekunde werden nur bei extremen Aufnahmebedingungen benötigt, beispielsweise wenn bei starkem Sonnenlicht mit Offenblende auf hochempfindlichem Film fotografiert wird.
Das nackte Kameragehäuse wiegt ohne Objektiv und Batterien 910 Gramm; das ist bereits mehr, als eine aufnahmebereite Digitalkamera wie die Minolta Dimage 7Hi mit Zoomobjektiv wiegt (700 Gramm). Mit dem Teleobjektiv Minolta AF APO Tele Zoom 1:2,8/80-200 mm, Akkus und Funktionshandgriff VC-9 bringt die aufnahmefähige Kamerakombination dann rund 2,9 Kilogramm auf die Waage.
Bedienkonzept und Ergonomie
Im Entwurf des Bedienkonzepts ist gegenüber dem Vorgängermodell Dynax 9xi aus dem Jahr 1992 eine vollständige Kehrtwendung festzustellen. Während die 9xi überwiegend mit Schaltern und Tastenfeldern ("Mäuseklavier") bedient wurde, setzt die Dynax 9 durchgängig ein analoges Bedienkonzept um: Alle häufig benötigten Funktionen sind über Einstellräder oder -knöpfe unmittelbar erreichbar, es gibt kaum doppelt belegte Tasten und keine verschachtelten Menüstrukturen.
Durch die Orientierung an analogen, "erfühlbaren" Bedienelementen und Taktilität sollte die Ergonomie gegenüber dem Vorgängermodell, der Dynax 9xi verbessert werden.
Alle Parameter der einzelnen Kamerafunktionen werden über die zwei Einstell- oder Wahlräder justiert. Das vordere Rad bedient man mit dem Zeigefinger, das hintere mit dem Daumen der rechten Hand. Stützt man das Objektiv mit der linken Hand ab, können beide Räder bedient werden, ohne die Kamera vom Auge absetzen zu müssen, hält man die Kamera nur in der rechten Hand, kann nur das vordere Einstellrad bedient werden, da Daumen und Handballen die Kamera stützen (dafür ist extra eine Daumenstütze vorgesehen).
Das Fotografieren mit der Dynax 9 beginnt mit zwei Minolta-Spezialitäten: Nimmt man die eingeschaltete Kamera in die Hand, stellt dies die Kamera durch einen auf Messung der Leitfähigkeit beruhenden Griffsensor sofort fest und schaltet die Kamera in Aufnahmebereitschaft. Dies funktioniert so lange ausgezeichnet, bis der Fotograf Handschuhe trägt. Dieses 'Eigenleben' ist bei Profifotografen zumindest umstritten.
Diese Aufnahmebereitschaft gilt – zumindest was den Energiebedarf angeht – als unproblematisch: Im Gegensatz zu Digitalkameras mit ähnlicher Funktionalität muss der Autofokus und die Belichtungsmessung nämlich erst noch aktiviert werden. Dies erledigt wahlweise der Eye-Start-Sensor oder der Zweistufenauflöser.
Der Griffsensor aktiviert den Eye-Start-Sensor am Sucherokular. Durch diese Sensor-Kombination aus IR-Sender und -Empfänger kann die Kamera durch einen Näherungsschalter feststellen, wenn sie ans Auge genommen wird. Diese Funktion ist allerdings umstritten, in den Worten des Fachautors Thomas Maschke: "Am Eye-Start scheiden sich die Geister". Wie fast alle Funktionen kann dieses Ausstattungsmerkmal daher mit einem Handgriff abgeschaltet werden. In diesem Fall wird der Autofokus (AF) und die Belichtungsmessung durch einen leichten Druck auf den Auslöser aktiviert.
Ein möglicher Nachteil des mechanisch-taktilen Bedienkonzepts kann darin gesehen werden, dass die Dynax 9 anders als viele moderne Kameras mit elektronisch-digitalem Bedienkonzept nicht über eine so genannte "Paniktaste" verfügt. Damit wird gewöhnlich die Kamera auf Knopfdruck in einen definierten Zustand, meist Vollautomatik mit Standard-Einstellungen, zurückversetzt. Zum einen ging Minolta wohl davon aus, dass die angepeilte Klientel keine "Paniktaste" braucht, zum anderen lassen sich mechanische Kontrollelemente naturgemäß nicht elektronisch zurücksetzen.
Die mechanischen Einstellungen lassen dafür zweifelsfrei die eingestellten Funktionen optisch und taktil erkennen.
Ausstattung
Die Dynax 9 richtet sich hinsichtlich ihrer Ausstattung an anspruchsvolle Fotografen, die eine hohe Funktionalität erwarten, und konkurriert in diesem Segment nur mit wenigen anderen Kameras.
Ein genormter Blitzsynchronanschluss befindet sich an der linken, ein Fernsteuerungsanschluss an der rechten Gehäuseseite und ein proprietärer Minolta-Zubehör- beziehungsweise Blitzschuh ist auf der Gehäuseoberseite zu finden. Hier können externe Blitzgeräte oder Zubehör wie Blitzkabel, die drahtlose Fernbedienung oder Nahaufnahmediffusoren aufgesteckt werden. Die Kamera verfügt auch über einen Stativanschluss auf der Kameraunterseite und beherrscht das Blitzen auf dem zweiten Verschlussvorhang sowie die Möglichkeit der Spiegelvorauslösung.
Auf den Zubehörschuh werden nicht nur externe Blitzgeräte aufgesetzt, sondern beispielsweise die als externes Zubehör erhältliche drahtlose Fernsteuerung IR-1N, mit der die Kamera über eine Distanz von bis zu 60 Metern bedient werden kann. Genau genommen können sogar drei Kameras beziehungsweise Kameragruppen ferngesteuert werden, da die Infrarotfernbedienung über drei Kanäle verfügt. Allerdings ist die IR-1N kein Funkauslöser, es muss also immer Sichtkontakt zwischen Empfangseinheit und IR-Auslöser bestehen.
Auf der linken Gehäuseseite befindet sich neben dem Objektivbajonett ein Schalter zum Wechsel zwischen automatischer und manueller Fokussierung sowie direkt darüber die in dieser Kameraklasse obligatorische Abblendtaste; die Logik hinter dieser Anordnung besteht wohl darin, dass sich die zu Optik und Fokussierung gehörigen Bedienelemente auch tatsächlich in der Nähe des Objektivs befinden.
Der Vollformatsucher – einer der wenigen 100%-Sucher bei AF-SLR-Kameras überhaupt – bietet ein helles, klares und großes Sucherbild; er ist als High-Eyepoint-Sucher ausgelegt, der sich auch für Brillenträger noch recht gut überblicken lässt.
In den Sucher werden nur die notwendigen Informationen eingeblendet. Dies schafft zwar Übersicht, die Kamera muss jedoch gelegentlich auch vom Auge genommen werden, um spezielle Einstellungen im Display zu kontrollieren. Mit einem Schalter an der rechten Seite der Rückwand lässt sich bei Bedarf eine Sucherbeleuchtung zuschalten.
Einige Details finden sich nur bei der Dynax 9: So wird beispielsweise der Blitzsynchronanschluss durch eine aufschraubbare Kappe geschützt, der Sucher kann mit einer Daumenbewegung mit einem Okularverschluss abgedeckt werden, selten benötigte Spezialfunktionen sind hinter einem aufklappbaren und federverriegelten "Türchen" zugänglich, der Fernsteuerungsanschluss verbirgt sich hinter einer verschiebbaren Klappe und auch die Rückwand ist mit einem Dreh- und Klappverschluss vor dem versehentlichen Öffnen zuverlässig geschützt.
Neben dem Sucher wird der Fotograf über einen LCD-Datenmonitor auf der Gehäuseoberseite mit Statusinformationen versorgt; das Display zeigt in sieben Feldern übersichtlich Verschlusszeit, Filmempfindlichkeit, AF-Messfeldwahl, Filmtransportgeschwindigkeit, Auslöseverzögerung, Bildnummer bei (Blitz-) Belichtungsreihen, Datenspeicherung und -abruf, Custom-Funktionen, Blende, Belichtungskorrektur, Stufung bei (Blitz-)Belichtungsreihen, Nummer der Custom-Funktion, Batteriezustand, Bildzahl einer Belichtungsreihe oder Mehrfachbelichtungen, Datenspeicherbereich, Optionsnummer der Custom-Funktion, Filmeinlegen, -transport und -rückspulung und Auslöse-Priorität ("RP", Release Priority) an.
In der Aufnahmepraxis gilt das Display als sehr aufgeräumt und funktional, da es nur die jeweils relevanten Parameter, im Normalfall Batteriestatus, Zeit und Blende anzeigt. Alle anderen Parameter können an den analogen Kontrollelementen auf einen Blick abgelesen oder – zumindest teilweise – auch ertastet werden.
Belichtungssystem
Auch die Palette an Belichtungsfunktionen ist relativ komplett. Über das rechte der beiden Einstellräder kann das Belichtungsprogramm gewählt werden; zur Verfügung stehen Zeitvorwahl (Blendenautomatik; "S" für Shutter) und Blendenvorwahl (Zeitautomatik; "A" für Aperture), Programmautomatik ("P" für Program) sowie manuelle Belichtungssteuerung ("M" für Manual).
Die Programmautomatik ist voll shiftbar, sobald die Individualfunktion 18 auf den Wert "2" gesetzt ist. Der so genannte "kreative Programmshift" bedeutet, dass mit den hinteren beziehungsweise vorderen Wahlrädern die von der Programmautomatik bestimmte Zeit-/Blendenkombination beliebig "verschoben" werden kann; die Dynax 9 kennt dabei zwei Shift-Modi: Verschlusszeitenpriorität (PS) und Blendenpriorität (PA). In Verbindung mit der Belichtungskorrektur (linkes Einstellrad) erlangt der Fotograf auch beim Fotografieren mit Programmautomatik die volle Kontrolle über die Belichtung. Die Dynax 9Ti bietet in diesem Bereich noch mehr Flexibilität bei der Konfiguration.
Motivprogramme bietet die Dynax 9 angesichts ihrer Ausrichtung auf professionell arbeitende Fotografen nicht. Die Belichtungsprogramme sind – verglichen mit älteren Kameragenerationen recht ausgefeilt. Sie berücksichtigen neben Motivhelligkeit und Objektivdaten auch die Art des Motivs; mit Fuzzy-Logik versucht die Kamera, typische Motivsituationen wie Landschafts-, Porträt-, Nah- oder Sportaufnahmen zu erkennen.
Als Belichtungsmessarten stehen Spotmessung, Integralmessung sowie "intelligente" 14-Zonen-Belichtungsmessung zur Auswahl, die durch einen Dreiwegschalter an der rechten Rückseite komfortabel mit dem Daumen umgeschaltet werden können. Die Spotmessung wird im Sucher durch einen Spot-Messkreis mit einem Durchmesser von 5,5 Millimeter markiert. Er erfasst etwa 2,7 Prozent der Bildfläche und ermöglicht so eine äußerst präzise Belichtungsmessung. Mit der AEL-Taste (engl. für Auto Exposure Lock) kann der Spot-Messwert gespeichert und anschließend der Bildausschnitt beliebig gewählt werden. Die mittenbetonte Integralmessung bringt 80 Prozent der gemessenen Belichtung aus dem Bildzentrum sowie 20 Prozent aus den umgebenden Bereichen ein.
Die Mehrzonenbelichtungsmessung (Honeycomb- oder Wabenmessung) misst in 13 sechseckigen Wabensegmenten und einem Hintergrund-Segment; sie ist an den Autofokus gekoppelt und gewichtet die als bildwichtig erkannten Segmente über Fuzzy-Logik. Dieser Messmodus kann komplizierte Aufnahmesituationen wie Gegenlicht oder hohe Motivkontraste erkennen, sicherer ist jedoch immer eine gezielte Spotmessung. Der Dynax 9 fehlt eine spezielle Lichter- oder Schattenmessung, wie sie noch die Minolta 9000 besaß.
Statt dessen muss die manuelle Belichtungskorrektur bemüht werden, die über das linke der beiden Einstellräder um +/- 2 beziehungsweise +/- 3 EV modifiziert wird. Einen mit der Lichter- und Schattenmessung der Minolta 9000 vergleichbaren Effekt erzielt man durch Einsteuern von etwa +/- 2 1/2 Belichtungsstufen (EV), denn die Hellichtmessung der 9000 AF entsprach einer fixen Belichtungskorrektur um +2,3 EV, die Schattenmessung einer Korrektur um -2,7 EV. (Bei dem titanfarbenen Sondermodell Dynax 9Ti können diese Werte über die auf eines der Einstellräder gelegte Belichtungskorrektur sogar exakt eingestellt werden, da bei dieser Methode auch in 1/3 EV Stufung ein Korrekturumfang von +/- 3 EV möglich ist - bei der schwarzen Dynax 9 ist man auf +/- 3 EV bei 1/2 EV Stufung und +/- 2 EV bei 1/3 EV Stufung beschränkt.) Die Schrittweite der Belichtungskorrektur kann durch Anheben und Drehen des Belichtungskorrekturrades um 180° zwischen 0,3 und 0,5 EV umgeschaltet werden; das Einstellrad kann dabei mit einem Sperrhebel arretiert werden.
Neben der normalen Belichtungskorrektur verfügt die Dynax 9 auch über eine Blitzbelichtungskorrektur. Diese wird über einen Drehring unterhalb des Einstellrades für die Belichtungskorrektur adjustiert. Im Gegensatz zu der letzteren kann dieser Drehring jedoch nicht arretiert werden.
Eine Spezialität der Dynax 9 ist der Belichtungsindikator, der als Skala rechts in den Sucher eingeblendet wird. Er zeigt auf einer Skala die Differenz zwischen einem fixierten Messwert und der aktuellen Messung. Eine derartige Funktion ist bekannt von Handbelichtungsmessern, aber bisher einzigartig bei einer Spiegelreflexkamera.
Autofokus-System
Wie bei allen Kleinbild-Autofokus-Spiegelreflexkameras von Minolta befindet sich der AF-Motor im Kameragehäuse und nicht im Objektiv (wie bei Canons EOS-Modellen), allerdings bietet Konica Minolta mittlerweile auch spezielle Objektive mit (Ultraschall-) AF-Motor an.
Die Schärfemessung der Dynax 9 basiert auf drei CCD-Sensoren, darunter einem zentralen Kreuzsensor. Der Autofokus funktioniert nach dem Prinzip der TTL-Phasendetektion, es handelt sich also nicht um einen (langsamen) Video-Autofokus, wie ihn viele aktuelle Digitalkameras verwenden.
Das System ist als Allrichtungs-Prädikationsautofokus konzipiert, der versucht, vorausschauend festzustellen, in welchem Abstand sich das (bewegte) Motiv im Moment der Aufnahme befinden wird. Dieses weitgehend zuverlässig funktionierende System vermeidet das ziellose Durchfahren des Fokussierbereichs, wie man es bei AF-Kameras früherer Generationen oder auch bei heutigen Video-AFs häufig beobachten kann, hat aber seine Grenzen eben in Aufnahmesituationen, wo sich das Motiv in einer nicht voraussehbaren Weise bewegt (beispielsweise ein hakenschlagender Hase auf der Flucht).
Derselbe Minolta-Kreuzsensor wurde übrigens auch von Hasselblad in der H1 (2002) eingesetzt; Hasselblad verzichtete dabei allerdings auf weitere AF-Sensoren, da man dort die Ansicht vertritt, nur der Fotograf selbst – und nicht die Kameraelektronik – solle den Schärfepunkt bestimmen. Nach Testberichten arbeitet das AF-System selbst mit nur diesem einen Minolta-Sensor "erstaunlich schnell und zuverlässig" (ColorFoto 12/2002, S. 43). Laut Herstellerangaben lassen sich mit der Dynax 9 und dem Minolta-Objektiv 2.8/300 Apo 40 km/h schelle Objekte bis zu einer Entfernung von 8 Metern zur Kamera verfolgen.
Bei schwachem Licht sorgen Messblitze aus einem Dreistrahl-LED in einem Arbeitsbereich von 0,7 bis 7 Metern auch bei weniger als -1 EV (also weniger als 0,06 cd/m²) für scharfe Aufnahmen – vorausgesetzt, der Fotograf nimmt das Bild nicht aus freier Hand auf.
Das AF-System der Kamera beherrscht drei Modi: einen statischen Speicher-Autofokus ("S"), einen kontinuierlich nachgeführten Autofokus ("C") sowie eine Automatikfunktion, bei der die Kamera selbständig einen der beiden Basis-Modi auswählt. Der AF-Modus wird durch einen Dreiwegschalter an der Vorderseite des Gehäuses gewählt, wo er mit der linken Hand auch ohne Blickkontakt umgeschaltet werden kann.
Die von der Kamera bestimmte Scharfstellung kann durch Andrücken des Auslösers gespeichert werden. In Verbindung mit der Speicherung einer Spot-Belichtungsmessung durch Drücken der "AEL"-Taste an der Gehäuserückseite hat der Fotograf also durch Drücken von zwei Knöpfen größtmögliche Freiheit bei der Bildgestaltung.
Durch die AF-Taste auf der rechten Kamerarückseite kann man – je nachdem, wie man diese Taste mit den Custom-Funktionen konfiguriert hat – entweder gezielt ein AF-Messfeld anwählen, oder einen Spot-AF mit dem mittleren Sensor erzwingen. Welches AF-Messfeld aktiv ist, zeigt die Dynax 9 im Sucher an.
Filmtransport
Die Dynax 9 verfügt über einen eingebauten Elektromotor zum Filmtransport; eine Möglichkeit zum manuellen Zurückkurbeln des Filmes, wie sie noch die Minolta 9000 von 1985 bot, gibt es nicht mehr, ohne Strom kommt man nicht an einen noch nicht zurückgespulten Film heran.
Die Kamera beherrscht sechs verschiedene Filmtransportmodi, die am rechten Einstellrad unterhalb des Belichtungsprogrammes angewählt werden:
- Einzelbildauslösung (DR-S, Drive Single);
- Dauerbildauslösung (DR-C, Drive Continuous) mit bis zu 4,5 Bildern pro Sekunde bei Autofokus oder 5,5 Bildern pro Sekunde bei manueller Fokussierung;
- Belichtungsreihe mit Einzelbildauslösung (BR-S, Bracketing Single);
- Belichtungsreihe mit Dauerbildauslösung (BR-C, Bracketing Continuous);
- Selbstauslöser; die Vorlaufzeit kann auf zwei oder 10 Sekunden eingestellt werden;
- Mehrfachbelichtung (ME, Multiple Exposure); die Anzahl der Belichtungen ist nicht begrenzt, der Datenmonitor zählt jedoch nur die ersten neun von M1 bis M9 mit.
Die Belichtungsreihenautomatik wird bei den Spezialfunktionen mit der "ADJ"-Taste an der rechten Gehäuseseite konfiguriert; eingestellt werden können pro Motiv drei, fünf oder sieben unterschiedliche Belichtungen in Schritten von 0,3, 0,5, 0,7 oder einer Blendenstufe.
Eine Spezialität ist die kameraunterstützte Teilbelichtung von Filmen (Mid-Reload-Funktion). Dieses praktische Merkmal wurde wohl vom Advanced Photo System übernommen. Dabei kann ein teilbelichteter Film an beliebiger Position zurückgespult und ein anderer Film eingelegt und belichtet werden; man muss sich nur die Anzahl der bisher belichteten Bilder merken. Diese wird beim Belichten des Restes des ersten Filmes eingestellt und automatisch an die noch unbelichtete Bildposition vorgespult. Das alles kann auch manuell geschehen, so lange beim Rücktransport nicht die Filmlasche in die Patrone eingezogen wird, die Mid-Reload-Funktion ist jedoch komfortabler und präziser, da sie Film spart.
Energieversorgung
Von Hause aus wird die Dynax 9 mit zwei (teuren) Lithium-Batterien vom Typ CR123A (kompatibel: DL123A, K123LA und EL123AP) mit einer Spannung von 6 Volt (= 2 x 3 Volt in Serie) versorgt, die nicht durch Akkus ersetzt werden können. Daher empfiehlt es sich dringend, den als optionales Zubehör erhältlichen Funktionshandgriff VC-9 zu erwerben, mit dem eine enorme Flexibilität bei der Stromversorgung erreicht wird.
Neben den Batterien vom Typ CR123A können dann auch Lithium-Batterien vom Typ 2CR5 sowie Mignon-Zellen genutzt werden. Die Dynax 9 verlangt vier Zellen, dabei können sowohl Batterien als auch Alkali-Mangan- oder Nickel-Cadmium-Akkus eingesetzt werden. Alkali-Mangan- oder NiMH-Zellen liefern die besten Ergebnisse bei Temperaturen um 20°C, bei Minusgraden sind dagegen Nickel-Cadmium-Akkus zu empfehlen. Gute Ergebnisse erzielt man mit Akkus ab 1900 mAh, 2200 mAh schaden jedoch nicht.
Mit einem Akkusatz können angeblich 45 Filme à 36 Bilder belichtet werden, realistischer ist dagegen die Hälfte, zumindest aber über 400 Bilder. Mit einem zweiten Akkusatz erzielt man bereits einen hohen Grad an Unabhängigkeit von einer Steckdose; typische Digitalkameras erzielen mit demselben Akkusatz bestenfalls ein Drittel dieser Bildmenge.
Besonderheiten
Zu den weiteren Besonderheiten der Kamera gehört der 100-Prozent-Sucher (sog. Vollbildsucher) mit auswechselbaren Mikrowabenscheiben, integrierten Custom-Funktionen für die Anpassung der Kamera an individuelle Benutzerwünsche sowie die Möglichkeit der Speicherung fototechnischer Daten sowie einem ebenfalls optionalen Funktionshandgriff VC-9 für Hochformataufnahmen und zusätzliche Stromversorgungsoptionen mit Mignon-Batterien oder -Akkus.
Die Dynax 9 kann auch ohne Systemzubehör die fototechnischen Daten (Blende, Verschlusszeit, Brennweite, Blitz- und Belichtungskorrektur, Blitz- und Belichtungsreihe, Belichtungsart und -messart) von bis zu sieben Filmen à 36 Aufnahmen speichern; die Daten können über das Display abgerufen, jedoch nicht aus der Kamera ausgelesen werden. Wer die Aufnahmespezifikationen benötigt, muss dies manuell abschreiben.
Mit der als Zubehör erhältlichen Datenrückwand DM-9 lässt sich diese Funktionalität sowohl automatisieren als auch erweitern. Die DM-9 speichert die o.g. Parameter sowie einige weitere wie Zeit und Datum (insgesamt 18) von bis zu 400 Filmen á 36 Aufnahmen auf einer FAT16-formatierten SmartMedia_Speicherkarte mit einer Kapazität von 2 (oder 4) Megabyte. Mit 8 MB (oder 16 MB) Speicherkarten erhöht sich die Speicherkapazität auf 900 Filme. Größere Karten sind laut Spezifikation leider nicht einsetzbar. Die Karte kann problemlos am PC ausgelesen und dort weiterverarbeitet werden. Als Datenformat wird eine universell verwendbare, per Tabulator getrennte Textdatei verwendet. Darüber hinaus kann die DM-9 auch sieben ausgewählte Parameter aus den insgesamt 18 in die Filmstege einbelichten. Das einzige, was der DM-9 fehlt, sind Steuerungsfunktionen, um die Kamera in definierten Intervallen auszulösen sowie für Langzeitbelichtungen und Multi-Spotmessungen. Eine reine Datenrückwand gibt es unter dem Namen QD-9 (nicht mit der gleichnamigen, aber inkompatiblen Quartz Data Back QD-9 aka QD-9xi für die Dynax 9xi verwechseln).
Erstmalig wurde in eine Kleinbild-Spiegelreflexkamera für den Profibereich ein Blitzgerät in das Kameragehäuse integriert. Es verfügt über Leitzahl 12 bei ISO 100/21° und leuchtet Motive mit Objektiven bis zum Weitwinkel mit 24 mm aus. Der Sinn eines solchen Ausstattungsmerkmals in einer professionellen Kamera ist umstritten, nützlich ist er in jedem Falle in der Studiofotografie, da er drahtlos fernsteuerbare externe Blitzgeräte oder eine Blitzanlage auslösen kann.
Der Funktionshandgriff VC-9 bietet neben den zusätzlichen Möglichkeiten der Energieversorgung auch eine verbesserte Griffigkeit sowie einen Hochformathandgriff mit vollständigem Satz an Kontrollelementen; sowohl der Auslöser als auch beide Wahlräder werden dupliziert.
Als Profikamera ist die Dynax 9 einsatzfähig unter extremen Temperaturen. Als zulässigen Temperaturbereich gibt Minolta -20 bis +50°C an. Diese zunächst extrem klingenden Temperaturen erreicht man jedoch beispielsweise in der libyschen Wüste zur Mittagszeit in der Sonne sehr rasch. Das schwarze Gehäuse heizt sich dann sehr rasch auf, arbeitet jedoch – im Gegensatz beispielsweise zu Objektiven von Sigma – absolut zuverlässig. (Berichten von Expeditionsteilnehmern zufolge arbeitet die Kamera auch noch bei -30°C zuverlässig, wenn auch außerhalb ihrer offiziellen Spezifikation.)
Die Kamera kann mit insgesamt 21 so genannten Individualfunktionen an die Präferenzen des Fotografen angepasst werden. Beispielsweise kann die Funktion einiger Tasten umkonfiguert oder das Verhalten der Filmrückspulung (schnell und laut oder langsam und leise) konfiguriert werden.
Objektivsystem
Zum Anschluss von Wechselobjektiven setzt Minolta auf das 1985 mit der Minolta 7000 eingeführte Minolta A-Bajonett. Das Bajonett selbst besteht aus schmiermittelimprägnierten, rostfreien Sinterstahl; der Objektivwechsel erfolgt durch Drücken der Bajonettentriegelung, gefolgt von einer raschen Drehung um 54°. Das Auflagenmaß, also der Abstand zwischen Objektivanlage und Filmebene, beträgt 44,50 mm. Der Datenaustausch zwischen Objektiv und Kameraelektronik erfolgt über acht vergoldete, angefederte Kontaktstifte.
Die AF-Objektivpalette von Minolta ist über zwei Jahrzehnte gewachsen; sie reicht von einem Fisheye-Objektiv mit 16 mm bis zu einem Superteleobjektiv mit einer Brennweite von 600 mm und umfasst zahlreiche Spezialitäten wie Spiegeltele-, Softfocus- und Makroobjektive wie das AF Macro Zoom 3x-1x 1:1,7-1:2,8/45-52 mm, das einen Abbildungsmaßstab von 1:1 bis 3:1 (also dreifache Vergrößerung!) erreicht.
Ebenfalls eine Minolta-Spezialität ist das Smooth Trans Focus STF 1:2,8/135 mm (T4,5-T6,7), bei dem sich der Unschärfebereich gezielt einstellen lässt. Kein anderer Hersteller bietet ein vergleichbares Objektiv.
Über T2-Adapter von Fremdherstellern lassen sich auch beliebige Mittelformatobjektive (Fa. Zörk) sowie Mikroskope (Hama) und Teleskope an die Dynax 9 anschließen. Ebenfalls verfügbar sind M42-Adapter für Objektive mit Wechselgewinde oder Nikkor-Objektive von Nikon.
Besonders interessant für die Mikrofotografie ist Zörkendorfers Mini-Makro-Schnecke. Weitere Spezialitäten von Fremherstellern sind Multi-Focus-Systeme zur Schärfedehnung nach Scheimpflug sowie Panorama-Shift-Adapter.
Blitzsystem
Die Dynax 9 ist vollständig in das hochtechnisierte Minolta-Blitzsystem integriert; der interne Blitz oder die jeweiligen externen Systemblitzgeräte unterstützen sowohl Voll- als auch Aufhellblitz sowie Programmautomatik, Blitz-Zeitautomatik, Blitz-Blendenautomatik und manuelles Blitzen.
Beim drahtlosen Blitzen wird immer mit 1/60 Sekunde synchronisiert, beim kabelgebundenen Blitzen sind Verschlusszeiten von bis zu 1/300 Sekunde möglich. Daneben wird natürlich auch die proprietäre High-Speed-Synchronisation (HSS) unterstützt, durch die mit Verschlusszeiten bis zur 1/12.000 Sekunde geblitzt werden kann.
Kritik
Neben den ausführlich dargestellten Vorteilen der Dynax 9 gibt es allerdings wenige mehr oder minder gravierende Ärgernisse:
- Dies ist zum einen der Blitzbelichtungskorrektur-Drehring unterhalb des linken Einstellrades, der sich unter ungünstigen Voraussetzungen in Kameratasche oder -rucksack verstellen kann. In stärkerem Maße gilt dies jedoch für den ursprünglich sehr leichtgängigen und nicht arretierbaren Motor-Funktionswähler unterhalb des rechten Einstellrades für die Belichtungsautomatik. In späteren Chargen der Dynax 9 sowie bei der Dynax 9Ti ist dieser Wahlschalter schon ab Werk deutlich schwergängiger ausgeführt. Bei den frühen Exemplaren lässt sich das Rastverhalten der Drehknöpfe jedoch leicht vom Minolta Service anpassen.
- Vielfach als störend empfunden werden die spartanischen Display-Anzeigen der Dynax 9. Zwar werden alle wichtigen Zustände entweder eindeutig angezeigt oder sind direkt am jeweiligen Schalter ablesbar, aber oft wünscht man sich vollumfängliche Sucheranzeigen, die alle Informationen auf einen Blick enthalten. Als Gegenargument wird oft herangeführt, dass die Kamera auf diese Weise sehr übersichtlich bleibt und nichts vom Motiv ablenkt, aber es wäre ein Leichtes gewesen, den Umfang der Anzeigen über eine weitere Custom-Funktion einstellbar zu gestalten.
- Die meisten Minuspunkte erntet die Dynax 9 eigentlich nur im Vergleich zu ihrer jüngeren Schwester, der Dynax 7. Diese Kamera besitzt zwar nicht das extrem robuste Gehäuse der Dynax 9, Sucher und Verschluss sind nicht so hochgezüchtet und auch der AF-Motor nicht so anzugsstark, aber technisch ist die Jüngere in nahezu allen Punkten einen guten Schritt weiter. Angefangen von eingebauter SSM-Unterstützung für neue Ultraschall-Objektive, dem verbessertem AF-Modul mit mehr Sensoren, dem ADI-Blitzbetrieb mit neuen (D)-Objektiven, dem im Kameragehäuse eingebautem Entfernungsencoder für einfacheren ADI-Blitzbetrieb und Mehrfeldmessung auch ohne (D)-Objektive und in MF-Stellung, der automatischen AF-/MF-Umschaltung mit DMF-Rutschkupplung zum manuellen Override der AF-Einstellung, dem verbesserten Mid-Reload, der jetzt auch für quer über den Film verteilte Mehrfachbelichtungen funktioniert, der Blendeneinstellung, die auch noch während der Abblendung möglich ist, der Anzeige der exakten Schärfentiefenbereiche und Abbildungsmäßstäbe während der Abblendung von (D)-Objektiven, der grafischen Darstellung der Helligkeitsverteilung über die einzelnen Waben der Mehrfeldmessung, der eingebauten STF-Funktion zur Erzielung besonders weicher Schärfe-Unschärfeübergänge, den benutzerdefinierbaren Konfigurationsspeicherplätzen, dem Programm-Shift mit Endanschlag, der nicht mehr über die jeweiligen Einstellgrenzen hinaus möglich ist sowie eben den deutlich umfangreicheren Sucher- und Displayanzeigen, so wünscht man sich immer wieder einen Dynax 9-Nachfolger, ausgestattet mit den technischen Errungenschaften der Dynax 7. Da die Kameras vom Grundkonzept her sehr ähnlich sind, ist es verwunderlich, warum Minolta eine solche Kamera nicht herausgebraucht hat - eine Nachfrage wäre da gewesen... Immerhin ließen sich SSM- und ADI-Unterstützung bei der Dynax 9 durch den Minolta-Service (bzw. später durch Runtime Contract) nachrüsten. Die Kosten dafür beliefen sich 2003 - 2008 auf 150 EUR plus Versandkosten und Mehrwertsteuer, bei Kaufnachweis für ein SSM-Objektiv rüsteten Minolta und Konica Minolta die Kameraelektronik bis 2006 kostenlos um, Sony übernahm die Kosten dafür aber in der Regel nicht mehr. Das SSM-/ADI-Upgrade ist seit Herbst 2008 vergriffen. Aufgrund der anhaltenden Nachfrage nach diesem Upgrade laufen derzeit (2009) Bestrebungen, Sony zu einer Wiederaufnahme des Umrüstservice für die Dynax 9 zu bewegen [1].
- Ein weiteres generelles Desiderat ist das Fehlen eines Bildstabilisierungs-Systems für Minoltas Analog-SLRs. Dieses wäre allerdings nur durch Stabilisatoren in den Objektiven möglich, nicht wie bei den neuen Konica Minolta DSLRs mit dem kamerabasierten Anti-Shake-System.
Siehe auch
Literatur
- Josef und Robert Scheibel: Foto-Guide Minolta Dynax 9. 176 Seiten. vfv Verlag für Foto, Film und Video: Gilching. ISBN 3-88955-116-5 ([1])
- Thomas Maschke: Minolta Dynax 9. München: Laterna Magica 1999. ISBN 3-87467-755-9
Einzelnachweise
- ↑ Petition zur Wiederaufnahme des Umrüstservice im Minolta-Forum Petition zur Wiederaufnahme des Umrüstservice im Minolta-Forum
Weblinks
- Minolta Dynax 9 (Original englischsprachige Produktseite)
- AF-Kleinbild-Spiegelreflexkameras von Minolta (deutschsprachige Übersicht)
- Review of the Minolta Dynax 9 (Chris' Photography Pages, englischsprachig)
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