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Die Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz (EKsOL) war eine Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die kleine Landeskirche hatte ihren Sitz in Görlitz. Hauptgotteshaus (Bischofskirche) war die Görlitzer Stadtkirche St. Peter und Paul. Die Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz war eine der unierten Kirchen innerhalb der EKD. Die Kirche war eine Gliedkirche der Evangelischen Kirche der Union (EKU).
Mit Wirkung vom 1. Januar 2004 fusionierte sie mit der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg zur Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Seither ist Görlitz Sitz des (vierten) Sprengels dieser neuen Landeskirche. Vor der Fusion hatte die kleine Landeskirche ca. 70.000 Gemeindeglieder in 72 Kirchengemeinden.
Inhaltsverzeichnis
Gebiet der Landeskirche
Das Gebiet der „Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz“ umfasste den westlich der Lausitzer Neiße gelegenen Teil der ehemals preußischen Provinz Schlesien, der heute den nordöstlichen Teil Sachsens bildet. Einige wenige Gemeinden lagen im angrenzenden Brandenburg.
Geschichte
Beginnend mit evangelischen Predigten in Görlitz 1521 setzte sich die Reformation in der östlichen Oberlausitz in den folgenden drei Jahrzehnten endgültig durch. Aufgrund der Vorbehalte der damaligen Landesherren, der katholischen Böhmenkönige aus dem Haus Habsburg entstand in der Oberlausitz aber keine Landeskirche. Das Kirchenregiment lag vielmehr bei den einzelnen adligen oder städtischen Kirchenpatronen.
Im benachbarten Schlesien wurde die evangelische Konfession nach dem Dreißigjährigen Krieg von den Habsburgern mehr und mehr unterdrückt. Deshalb ließen einige Adlige im Ostteil der Oberlausitz so genannte Grenzkirche errichten, in die evangelische Schlesier aus den grenznahen Gebieten den Gottesdienst besuchen konnten. 1740 eroberte Preußen Schlesien und die Unterdrückung der Protestanten hatte ein Ende. 1742 wurde die Evangelisch-lutherische Inspektions- und Presbytherialordnung und 1748 eine Visitationsordnung erlassen. Damit waren die schlesischen Protestanten in einer Provinzialkirche organisiert.
Nach den napoleonischen Kriegen konnte Preußen auf dem Wiener Kongress die nordöstliche Hälfte der Oberlausitz mit Görlitz, Lauban und Hoyerswerda erwerben. Dieses Gebiet wurde 1825 in die Provinz Schlesien eingegliedert. Kirchlich wurden die Oberlausitzer Lutheraner dem Konsistorium in Breslau unterstellt, das für ganz Schlesien zuständig war. Die schlesische Provinzialkirche war kurz vorher Teil unierten Evangelischen Kirche in Preußen geworden, deren Gründung König Friedrich Wilhelm III. seinen lutherischen und reformierten Untertanen 1817 befohlen hatte.
Nach dem Ersten Weltkrieg musste der König von Preußen abdanken (Wegfall des Landesherrlichen Kirchenregiments). Die preußische Provinzialkirchen wandelten sich daher 1922 in die Evangelische Kirche der Altpreußischen Union um. Die schlesische Provinzialkirche blieb in ihren inneren Strukturen unverändert. 1933 erhielt der seit 1925 amtierende Generalsuperintendent Ewald Paul Otto Zänker den Titel eines Bischofs. Bald nach der Machtübernahme der Nazis war auch die schlesische Kirche in Anhänger des Regimes und die Christen der Bekennenden Kirche gespalten. Bischof Zänker bezog 1934 auf dem Breslauer Kirchentag klar Stellung für die Bekenntniskirche. Im Mai 1935 lud der Bischof zur vorläufigen schlesischen Synode auf bekenntnismäßiger Grundlage ein. Mit Disziplinarverfahren gingen staatliche und kirchliche Behörden gegen Zänker vor. Die Maßnahmen des Evangelischen Oberkirchenrates führten 1939 zunächst zu seiner Beurlaubung und 1941 wurde er in den Ruhestand versetzt. Damit hatten die regimekritischen Protestanten Schlesiens ihre wichtigste Stütze verloren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Oder-Neiße-Linie die Ostgrenze Deutschlands. Von der preußischen Provinz Schlesien blieb nur ein kleiner Teil in der Oberlausitz bei Deutschland. Zunächst versuchte die schlesische Kirchenführung unter Präses Ernst Hornig in Breslau zu bleiben, obwohl schon viele Kirchenmitglieder nach Westen vertrieben worden waren. 1946 tagte noch einmal eine Synode der Kirche in Schweidnitz. Doch im Advent des gleichen Jahres musste das Provinz-Konsistorium Breslau verlassen und nach Görlitz umsiedeln. Die östlich der Neiße gelegenen Gemeinden Schlesiens wurde in die Evangelische Kirche Augsburger Konfession in Polen eingegliedert.
Das westlich der Neiße gelegene Gebiet Schlesiens wurde zunächst von der Berlin-Brandenburgischen Kirche treuhänderisch verwaltet. Am 1. Mai 1947 wurde aber die Evangelische Kirche von Schlesien als selbständige Landeskirche neu begründet. 1951 wurde die erste Kirchenverfassung verabschiedet. 1954 gründete die schlesische Kirche zusammen mit den fünf anderen ehemaligen Provinzialkirchen Altpreußens die Evangelische Kirche der Union als Nachfolgeeinrichtung der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union. In Westdeutschland bemühten sich viele evangelische Schlesier um die Bewahrung ihrer heimatlichen Traditionen. Es wurden zum Beispiel eigene schlesische Kirchentage abgehalten und seit 1950 die Zeitschrift Schlesischer Gottesfreund herausgegeben.
1968 musste die Kirche ihren Namen in "Evangelische Kirche des Görlitzer Kirchengebiets" ändern, weil die Regierung der DDR die Führung des Namensbestandteils "Schlesien" als Revanchismus und Nichtanerkennung der neuen Grenzen zu Polen ansah. Nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten konnte die Landeskirche 1992 jedoch wieder umbenannt werden und erhielt den Namen Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz.
Kirchenorganisation
Oberhaupt der Landeskirche
An der Spitze der Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz stand seit 1933 ein Bischof, als geistlicher Leiter. Er wurde von der Landessynode gewählt. Der Bischof war Vorsitzender der Kirchenleitung, der außerdem zwei leitende Oberkonsistorialräte (ein Theologe und ein Jurist) sowie der Präses der Synode angehörten.
Bischöfe
- 1925 - 1941: E.P. Otto Zänker
- 1945 - 1963: D. Ernst Hornig Präses, ab 1946 Bischof
- 1964 - 1979: D. Hans-Joachim Fränkel
- 1979 - 1985: Hanns-Joachim Wollstadt
- 1986 - 1994: Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim Rogge
- 1994 - 2003: Klaus Wollenweber
Landessynode
Die Landessynode diskutierte und beschloss die Kirchengesetze und fällte Richtungsentscheidungen, die von der Verwaltung umgesetzt werden mussten. Die Mitglieder der Synode wurden auf 6 Jahre von den Kirchenkreisen gewählt. Vorsitzender war der von den Synodalen gewählte Präses.
Präsides der Synode:
- 1950 - 1971: Dr. Hans Schwidtal
- 1972 - 1975: Gotthold Holzhey, Superintendent
- 1976 - 1990: Dipl.-Ing. Rolf Milker
- 1991 - 2003: Andreas Böer, Bürgermeister
Konsistorium und Kirchenkreise
Das Konsistorium führte die laufenden Geschäfte, es war für die Verwaltungsangelegenheiten zuständig und führte im Auftrag der Kirchenleitung die Dienstaufsicht über die Gemeinden, Kirchenkreise und kirchlichen Amtsträger.
Die Verwaltungs war hierarchisch von unten nach oben wie folgt strukturiert:
An der Basis standen die Kirchengemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit gewählten Kirchenvorständen, dem "Gemeindekirchenrat". Mehrere Kirchengemeinden bildeten zusammen einen Kirchenkreis, an dessen Spitze ein Superintendent stand. Die Kirchenkreise hatten als Gremium die Kreissynode, deren Mitglieder von den jeweiligen Kirchengemeinden bestellt werden und einen Kreiskirchenrat. Es gab zunächst 6 Kirchenkreise: Görlitz, Hoyerswerda, Niesky, Reichenbach (Oberlausitz), Ruhland, Weißwasser. Vor der Vereinigung mit der Berlin-Brandenburgischen Kirche wurde ihre Zahl auf vier reduziert, die in die neue Landeskirche überführt wurden: Görlitz, Hoyerswerda, Niesky, Weißwasser. Zuletzt hatte die Kirche 72 Gemeinden.Sorbische Minderheit
Im Sprengel Görlitz lebt verstreut eine kleine sorbische Minderheit. Für sie wird ein eigener Gemeindedienst unterhalten, der mit seinen seelsorglichen Angeboten etwa 750 Gemeindeglieder erreicht. In Hoyerswerda und Schleife finden regelmäßig sorbische und zweisprachige Gottesdienste statt.
Gesangbücher
Die Gemeinden der Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz singen bzw. sangen vor allem aus folgenden Gesangbüchern:
- Gesangbuch für Evangelische Gemeinden Schlesiens, eingeführt 1878
- Schlesisches Provinzial-Gesangbuch, eingeführt 1908
- Evangelisches Kirchen-Gesangbuch (EKG) - Ausgabe für die Evang. Landeskirche Anhalt, Evang. Kirche Berlin-Brandenburg, Evang. Kirche des Görlitzer Kirchengebietes, Evang. Landeskirche Greifswald, Evang. Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, eingeführt am 1. Advent 1953
- Evangelisches Gesangbuch (EG) - Ausgabe für die Evangelische Landeskirche Anhalts, die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg, die Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz, die Pommersche Evangelische Kirche, die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, eingeführt am Pfingstfest 1994
Fusion
Das Anliegen der Kirchenfusion war zunächst, mehrere Mitgliedskirchen der Evangelischen Kirche der Union zu einer großen Landeskirche zu vereinen. Aber eine Kirche nach der anderen gab die Fusionsabsichten auf und es blieben nur die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg (EKIB) und die Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz übrig.
Während der Verhandlungen über eine Fusion mit der EKIB wurde von der Gemeindebasis auch ein Zusammenschluss mit der Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens vorgeschlagen. Diese Fusion war jedoch aus formalen Gründen nicht möglich, da die sächsische Kirche nicht uniert sondern lutherische Kirche ist.
Die Vereinigung mit der ebenfalls unierten EKIB scheiterte im ersten Anlauf, weil die Fusion auf der Provinzialsynode im September 2003 nicht die erforderliche 2/3-Mehrheit erhielt. Auf der folgenden Synode im November 2003 setzten sich die Befürworter soweit durch, dass die Görlitzer Synodalen in der dritten Abstimmung für einen Zusammenschluss stimmten.
Nach der Fusion mit der EKiB bildete das bisherige Gebiet der EKsOl einen Sprengel innerhalb der neu gegründeten Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Sitz der vierten Generalsuperintendentur innerhalb der neuen Kirche wurde Görlitz. Um die frühere Eigenständigkeit zu würdigen, ist der Görlitzer Generalsuperintendent als einziger in der EKBO berechtigt, den Titel Regionalbischof zu tragen.
Zeitschrift
Seit Juli 2005 erscheint der Schlesische Gottesfreund in gemeinschaftlicher Herausgeberschaft des Evangelischen Kirchenkreisverbandes Schlesische Oberlausitz, der Gemeinschaft evangelischer Schlesier e.V. und des lutherischen Bistums im polnischen Schlesien.
Literatur
- Christian-Erdmann Schott (Hrsg.): Spuren und Wirkungen der schlesischen evangelischen Kirche im Nachkriegsdeutschland. Würzburg 2000. ISBN 3-87057-232-9
- Die evangelische Kirche im Görlitzer Kirchengebiet im SED-Staat. Beobachtungen, Analysen, Dokumente, hrsg. von der Evangelischen Akademie Görlitz und dem Verein für Schlesische Kirchengeschichte, Redaktion: Dietmar Neß. (= Studien zur schlesischen und Oberlausitzer Kirchengeschichte. 2). Metzingen 1997. ISBN 3-930250-18-7
- Manfred Jacobs: Bleibendes im Wandel. Ernst Hornigs kirchenleitende Tätigkeit nach 1945, in: Jahrbuch für Schlesische Kirchengeschichte 74, 1995, S.38 -72.
- Ernst Hornig: Rundbriefe aus der Evangelischen Kirche von Schlesien 1946 - 1950, hrsg. v. Dietmar Neß (=Beihefte zum Jahrbuch für schlesische Kirchengeschichte. 9). Sigmaringen 1994. ISBN 3-7995-3809-7.
- Hans-Dietrich Haemmerlein (Hrsg.): Zwischen Landeskrone und Knappensee. Berichte aus dem Görlitzer Kirchengebie. Berlin 1978.
- Hans-Joachim Fränkel: Die Evangelische Kirche von Schlesien nach 1945, in: Jahrbuch für Schlesische Kirchengeschichte 67, 1988, S. 183 – 205.
Weblinks
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