- Echte Netzspinnen
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Echte Webspinnen Zebraspringspinne (Salticus scenicus) mit Beute
Systematik Überstamm: Häutungstiere (Ecdysozoa) Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda) Unterstamm: Kieferklauenträger (Chelicerata) Klasse: Spinnentiere (Arachnida) Ordnung: Webspinnen (Araneae) Unterordnung: Echte Webspinnen Wissenschaftlicher Name Araneomorphae (Simon, 1892) Teilordnungen Die Echten Webspinnen (Araneomorphae) bilden die artenreichste Unterordnung von Spinnentieren aus der Ordnung der Webspinnen. Eine ältere Bezeichnung für die Araneomorphae ist „Labidognatha“ - als Unterscheidung zu „Orthognatha“ (heute: Vogelspinnenartige, Mygalomorphae).
- „Not long ago the spiders were the most neglected of the most interesting animals…“
- „Noch vor kurzem waren Spinnen die am meisten vernachlässigten der interessantesten aller Tiere…“ (T. H. Savory, zitiert in: R. F. Foelix, 1979)
Inhaltsverzeichnis
Die Vielfalt der Echten Webspinnen
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind in dieser Gruppe, die 1892 von Eugène Simon araneae verae genannt wurde, bei steigender Tendenz etwa 36.000 Arten Echter Webspinnen in 94 Familien bekannt. Davon sind 1310 Arten in Mitteleuropa nachgewiesen (Dezember 2004). Um diese Vielfalt biologisch und taxonomisch zu systematisieren, teilt man die Unterordnung häufig in Überfamilien, Familien und Unterfamilien auf; sowie, da das zu einfach wäre, in noch nicht vollständig systematisierte Gruppen auf.
Lebens- und Verhaltensweisen, Jagdstrategien, Brutpflege, Balz und Kommunikation der wichtigsten Nützlinge der Welt sind, soweit überhaupt bekannt, zu vielschichtig und werden nach Möglichkeit in den unten genannten weiteren Artikel der Überfamilien oder Gruppen behandelt. Die einzige Gemeinsamkeit besteht darin, dass es sich ausschließlich um Insekten vertilgende Nützlinge handelt, die nicht nur dem Menschen keinen Schaden zufügen. Vielmehr ist die menschliche Existenz ohne diese Tiere schlecht vorstellbar, da ihre Fraßleistung an Insekten wahrscheinlich unübertroffen ist. Webspinnen sind die wichtigsten Antagonisten der Insekten.
Trotz dieser herausgehobenen Bedeutung gibt es bis heute kein vollständiges Werk über die echten Webspinnen. Dahls Tierwelt in mehreren Bänden war lange das einzige Bestimmungsbuch über sie, bis Spinnen Mitteleuropas von Heimer, Nentwig et. al. erschien, um kurz nach der zweiten Auflage nach massiver Kritik für immer zu verschwinden und nur noch als Online-Version verfügbar zu sein.
Systematik der Echten Webspinnen
Die Systematik ist in ständiger Bewegung, da noch heute viele Arten das erste mal beschrieben werden und neue Techniken wie die Analyse der DNA ganz neue Erkenntnisse in einem spärlich untersuchten Bereich der Zoologie ermöglichen, dessen Systematik sich vorher meist am Verhalten der Tiere orientierte. Lange konnte man die Wendung „Systematik der Spinnentiere“ synonym zum „absoluten Chaos“ benutzen. Eine Übersicht über die Echten Webspinnen und ihre möglichen Verwandtschaftsbeziehungen gibt der Artikel Systematik der Echten Webspinnen.
Die Überfamilie der Radnetzspinnen
Die Angehörigen der größten Gruppe der echten Webspinnen, die Überfamilie der Radnetzspinnen (Araneoidae), produzieren mit drei spezialisierten Spinndrüsen (Triade) einen elastischen Leimfaden. Ihr gehören 11 Familien an.
Die Baldachinspinnen (Linyphiidae) sind innerhalb dieser Überfamilie mit 4289 Arten vertreten. Sie werden auch Zwergspinnen genannt, weil die meisten Arten nur zwei bis vier Millimeter klein sind. Das Synonym Deckennetzspinnen sagt wiederum aus, dass die meisten kleine waagerecht Baldachine oder Decken weben, in denen sie Kopfüber auf Beute warten. Sie Bewegen sich durch eine Flugtechnik, das Ballooning über hunderte Kilometer fort und gehören zu den Erstbesiedlern auf z.B. neu entstandenen Vulkaninseln. Durch ihr massenhaftes Auftreten prägten sie den Begriff Altweibersommer. Sie sind weltweit verbreitet und einige Arten bewohnen gar die Strände und Gezeitenzone der Meere. Bei einigen Arten leben Männchen und Weibchen nach der Paarung eine Zeit lang zusammen in einem Netz.
Innerhalb der Überfamilie bilden die echten Radnetzspinnen (Araneidea) mit über 2.800 Arten in rund 160 Gattungen weltweit die nach den Springspinnen (Salticidae) drittgrößte Familie der Webspinnen. Diese Familie war Namensgeber für die Überfamilie der Radnetzspinnen. Allseits bekannte Vertreter sind Arten der Kreuzspinnen (Araneus), die zugleich die artenreichste Gattung ist. Sie sind namensgebend für die Überfamilie der Radnetzspinnen. Sie stellen beeindruckende Netzbauten aus klebriger, hoch reißfester und hochelastischer Seide her. Aber nicht alle Arten der Überfamilie bauen Radnetze, sondern bedienen sich anderer ausgefeilter Techniken zum Nahrungserwerb, wie z.B. das Anlocken der Beute mit Pheromonkugeln. Die Kreuzspinnen sind semisozial einzustufen, denn bei ausreichendem Nahrungsangebot erhöht sich ihre Toleranz. Dann leben sie manchmal in Kolonien, in der die Netze aneinander befestigt werden.
Dass die Radnetzspinnen komplizierte Netze bauen und sich geschickt in ihnen bewegen können, verdanken sie der Ausprägung ihrer Fußspitzen, den Tarsalklauen. Sie besitzen jeweils zwei Seitenklauen und eine bewegliche Mittelklaue, durch die der Faden meist mit den hinteren beiden Beinpaaren, geführt wird. Das befähigt sie auch zum blitzschnellen einspinnen der Beute.
Die Überfamilie der Lycosoidea (Jagdspinnen)
Die Überfamilie Lycosoidea umfasst Jagd- und Raubspinnen mit drei Tarsalklauen (vgl.: Dionycha). Zu ihr gehören etwa 3200 Arten. Die größten Familien stellen die Wolfspinnen (Lycosidae) mit rund 2300 Arten, die Luchsspinnen (Oxiopidae) mit etwa 400 Arten und die Raubspinnen (Pisauridae) mit rund 300 Arten.
Die Angehörigen dieser Überfamilie sind meist tagaktive Jäger, die ihre Beute nicht in Netzen fangen; aber andere tagaktive Jäger sind unter den „modernen Laufspinnen“ (Dionycha). Sie verharren meist in Lauerstellung und warten, bis ein Insekt sich nähert. Das aktive Jagen am Tage wird durch größere, nach vorne ausgerichtete Mittelaugen ermöglicht, deren Gesichtsfeld sich überschneidet und so Entfernungsabschätzungen zulässt. Wolfspinnen (Lycosidae) betreiben eine auffällige Brutpflege. Raubspinnenweibchen (Pisauridae) z. B. legen in der Krautschicht ein schützendes Gespinst an, in dem das Kokon mit den noch nicht geschlüpften Jungtiere aufgehängt, bewacht und vor Fressfeinden verteidigt wird.
Die Gruppe der Dionycha (Zwei-Klauen-Spinnen)
Anstelle der Mittelklaue der vorgenannten Arten treten bei den Dionycha (Zwei-Klauen-Spinnen) feinste Härchen (Setae), die sich spatelförmig aufteilen. Auf diesen Härchen sitzen Cuticulafortsätze, die Scopula, die mit einem Feuchtigkeitsfilm überzogen sind und wie beim Gecko Adhäsionskräfte erzeugen.
Dieser kleine Unterschied ist grundlegend für sehr unterschiedliche Lebensweisen und damit auch interessant für die Evolution der Webspinnen (Aranea). Die Dionycha sind dadurch befähigt, glatte Oberflächen wie Glasscheiben zu erklimmen. Der Beute wird durch Auflauern und Anschleichen regelrecht gejagt. Die Tiere können ausgezeichnet klettern, sprinten und springen.
Die Jagdstrategie erforderte eine Weiterentwicklung der Sinnesorgane, der Laufbeine und damit eine auffällige morphologische Umgestaltung. Vor allem die Springspinnen besitzen neben den für Spinnen typischen akustischen, taktilen und chemischen Sinnen einen guten Sehsinn und eine erstaunliche nervöse Leistung und Schnelligkeit. Damit verbunden ist auch eine differenziertere innerartliche Kommunikation, beispielsweise führen manche Arten Balztänze aus, erzeugen stets Infraschall-Laute und manche Männchen weisen einen auffälligen Schmuck auf.
In tropischen Gegenden sind sie an die Kronenschicht der Wälder angepasst, wo sie von Blatt zu Blatt springen. Auch mitteleuropäische Springspinnen (Salticidae) leben ähnlich und sind auch an Städte angepasst. Die tagaktiven Tiere haben ihre Fähigkeit zum Erzeugen der Seide aber nicht verloren; sie wird auf vielfältige Weise als Sicherungsleine, als Tapete für die Wohnröhren oder als Behausung für die Nachkommen genutzt.
Zur Zeit sind weltweit etwa 10.000 Arten der Zwei-Klauen-Spinnen bekannt.
Literatur
- Rainer F. Foelix: Biologie der Spinnen. Thieme, Stuttgart 1979, ISBN 3-135-75802-8
- D. Jones: Der Kosmos Spinnenführer., Franckh-Kosmos, 1990, ISBN 3-440-06141-8
- J. Willis Gertsch: American Spiders, 2nd edition., Van Nostrand Reinhold, New York 1979. ISBN 0-442-22649-7
- Stefan Heimer, Wolfgang Nentwig et al.: Spinnen Mitteleuropas., Parey Berlin 1990, (http://www.araneae.unibe.ch/ online-Version)
- Eugène Simon, 1892: Histoire naturelle des Araignées. Paris.
Weblinks
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