Agfa Family

Agfa Family

Bei Agfa Family handelte es sich um ein Super-8-Kamerasystem von Agfa, mit dem man sowohl filmen, als auch fotografieren konnte. Es gilt als Musterbeispiel für ein Produkt, das entgegen den Kundenwünschen auf den Markt gebracht wurde.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Marktsituation

Kameras für das System Super 8 ließen sich in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre zunehmend schwerer verkaufen. Die Ursache hierfür lag in den neuen Videokameras, die zwar noch keine nennenswerte Zahl von Kunden fanden, aber deutlich vor Augen führten, dass der Schmalfilm keine Zukunft haben wird. 1980 verkauften die Fotohändler kaum noch Filmkameras, zwei Jahre später gaben die meisten von ihnen dieses Produktsegment auf.

Überlegungen bei Agfa

Die Produkte des Agfa Camerawerks München sind immer vorrangig mit dem Ziel geschaffen worden, den Filmabsatz zu erhöhen. Und so kam man auf die Idee, fotografieren und filmen zu vereinen und damit einen neuen Kameratyp auf den Markt zu bringen. Hierzu gab es zwei Tasten, eine zum Filmen und eine zum Fotografieren, dann belichtete die Kamera ein einziges Bild und stanzte eine Markierung in den Filmrand. Die Markierung diente später bei der Projektion dazu, das Einzelbild zu finden und eine Weile stehen zu lassen. Dieses Verfahren war schon seit langem bekannt und von verschiedenen Herstellern angewendet worden, aber nicht allzu bekannt geworden, so dass man es auf der Photokina 1979 als Neuheit anbieten konnte.

Das Family-System

Kamera

Damit die Kombination Kamera plus Projektor für 498 DM Listenpreis angeboten werden konnte, durfte die Kamera alleine nur 149 DM kosten. Dies wiederum erlaubte nur eine sehr einfache Ausführung, zwar mit Belichtungsmesser, aber ohne Zoomobjektiv. Letzteres stellte bereits eine erhebliche Einschränkung dar, weil ein Verändern der Brennweite auch im Amateurbereich längst zum Standard eines jeden Films gehörte. Außer der orangeroten Taste zum Fotografieren und der schwarzen zum Filmen gab es keine weiteren Bedienelemente: Das Movaron f/1,5 mit 10 mm Brennweite war ein Fixfokus-Objektiv, bedurfte also keiner Scharfstellung, und die Filmgeschwindigkeit ließ sich ebenfalls nicht variieren, die Kamera arbeitete mit den gewohnten 18 Bildern/s.

Projektor

Der zugehörige Projektor besaß liegende Spulen und eine mit 8 cm x 10 cm ausgesprochen kleine Mattscheibe, die sich als Verkaufsargument nicht sonderlich eignete – später half man dem mit einem Vorsatz ab, der das Bild auf immerhin 15,5 cm x 20,5 cm vergrößerte. Der Projektor arbeitete ebenfalls nur mit 18 Bildern/s und hielt den Filmtransport bei einem Foto automatisch für 8 s an.

Sofortbildzusatz

Als besondere Raffinesse stellte Agfa den Family-Projektor mit einem seitlich ansetzbaren Sofortbild-Zusatz vor, der aber erst Ende 1981 lieferbar war. So konnte man von seinen Fotos auf einfache Art und Weise Papierbilder erhalten. Dieser Zusatz verwendete Sofortbildfilme des Konkurrenten Kodak vom Typ PR 10, sein Format betrug 6,8 cm x 9 cm.

Design

Sowohl Kamera, wie auch Projektor waren Entwürfe von Schlagheck Schultes Design, jenem Studio, das auch alle anderen Agfa-Kameras entwarf. Die Kamera hatte dabei eine ungewöhnlich runde Form.

Erfolg

Das System Agfa Family erwies sich als nahezu unverkäuflich. Es hatte mit den aufwendigen Kunststoffgehäusen für Kamera und Projektor immense Entwicklungs- und Produktionskosten verursacht, die wesentlich zum Untergang des Camerawerks München beitrugen.

Fritz Pölking beschrieb die Situation mit den Worten[1]: Erinnern Sie sich noch an das Agfa Super-8-Kamerasystem „Family“? Das war ein am grünen Tisch konzipierter Flop von gigantischen Dimensionen. Laut Gerücht wollte der Verantwortliche dafür bei der Agfa sich mit Selbstmordabsichten aus dem vierzehnten Stock der Verwaltung stürzen: Es gelang nicht. Draußen stapelten sich schon bis zum zwölften Stock die unverkäuflichen Kartons mit dieser Plastic-Filmkamera. Wenn es im „Guinness-Buch der Rekorde“ eine Eintragung für das falscheste Produkt am verkehrtesten Platz zum ungünstigtsten Zeitpunkt gäbe, Agfa hätte sie hierfür sicher bekommen.

Weblinks

Quellen

  1. Fritz Pölking: Werkstattbuch Naturfotografie, Kapitel: Warum gibt es keine deutsche Fotoindustrie mehr?, ISBN 3-929192-17-9

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