Eidgenössische Abstimmung über die Weiterführung der Personenfreizügigkeit und ihrer Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien

Eidgenössische Abstimmung über die Weiterführung der Personenfreizügigkeit und ihrer Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien
Abstimmungszettel zur Abstimmung

Bei der Abstimmung über die Weiterführung der Personenfreizügigkeit und deren Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien stimmten die Schweizer Stimmberechtigten am 8. Februar 2009 darüber ab, ob sie den Bundesbeschluss vom 13. Juni 2008 annehmen möchten. Der Bundesbeschluss genehmigt die Weiterführung des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten sowie ihre Ausdehnung auf die neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Rumänien und Bulgarien. Die Schweizer Stimmberechtigten stimmten im Rahmen eines fakultativen Referendums darüber ab, weil ein Bündnis von mehreren Parteien und Gruppierungen das Referendum gegen den Parlamentsbeschluss ergriffen hatte. Das Referendum kam mit 51'348 gültigen Unterschriften zustande. Mit rund 59,62 Prozent stimmte das Schweizer Stimmvolk für die Weiterführung und Ausdehnung der Personenfreizügigkeit.[1]

Die Gegner der Abstimmung und Parteien, die das Referendum ergriffen – allen voran die Junge SVP, die Lega dei Ticinesi, die Schweizer Demokraten, die Young4FUN.ch – hatten dem Bundesrat vor allem vorgeworfen, dass die «Päckli»-Abstimmung (schweizerdt. für Päckchen) undemokratisch sei, weil man die Frage der Weiterführung und der Ausdehnung des Abkommens zu einer einzigen Abstimmung verknüpfte. Sie hielten dafür, die Guillotine-Klausel des bilateralen Vertragspakets würde bei einer Nichtannahme der Personenfreizügigkeit für Bulgarien und Rumänien nicht automatisch auslösen, bzw. man hätte vor der Auslösung Neuverhandlungen mit der EU durchführen können. Zudem nannten sie die mögliche Arbeitslosigkeit, die Armut in Rumänien und Bulgarien, den Lohndruck der kommenden ausländischen Arbeitskräfte und die mögliche Kriminalität als Argumente und warben mit Parolen wie «Ostzuwanderung Nein!».

Ein Spezialfall war die SVP: Ursprünglich wollte die SVP-Spitze ein Referendum ergreifen. Weil sich Christoph Blocher jedoch für die Weiterführung der Personenfreizügigkeit aussprach verzichtete man auf ein Referendum und überliess die Unterschriftensammlung der Jungen SVP und den Schweizer Demokraten. Am 29. Oktober gab die SVP-Parteileitung jedoch bekannt, dass sie ein «Nein» zur Vorlage über die Weiterführung und Ausdehnung der Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union empfehlen.[2] Während des Abstimmungskampfes warb die SVP mit Plakaten, auf denen drei Raben zu sehen waren, welche auf die Schweiz einhacken, und der Parole «Freipass für alle? – Nein». Obwohl die SVP die vierte europapolitische Abstimmung in Folge verloren hatte, kündigte sie eine Volksinitiative an, die die Personenfreizügigkeit in Zeiten, in denen es der Wirtschaft nicht gut geht, einschränken soll.[3]

Auf der Befürworterseite standen die Bundesratsparteien FDP, CVP und SP, sowie die Grüne Partei der Schweiz und der Wirtschaftsverband economiesuisse. Die Befürworter warben mit dem Argument, dass das Personenfreizügigkeitsabkommen notwendig für die Wirtschaft sei. Sie argumentierten mit der Parole «Bewährte Bilaterale», dass nur eine Annahme der Vorlage die bilateralen Verträge I garantieren würde, da eine Ablehnung aufgrund der sogenannten Guillotine-Klausel eine automatische Auflösung des gesamten Vertragspaketes zur Folge hätte. Der Bundesrat empfahl den Bürgern, der Vorlage zuzustimmen.

Abstimmungsresultat

Resultate nach Ständen (Kantone):
██ Ja (19 ½ Stände)
██ Nein (3 ½ Stände)
Kanton Ja (%) Nein (%) Beteiligung
Aargau Aargau 55,52 44,48 50,32
Appenzell-Ausserrhoden Appenzell-Ausserrhoden 57,31 42,69 53,40
Appenzell-Innerrhoden Appenzell-Innerrhoden 46,65 53,35 47,25
Basel-Landschaft Basel-Landschaft 63,26 36,74 50,64
Basel-Stadt Basel-Stadt 66,84 33,16 56,50
Bern Bern 62,88 37,12 45,79
Freiburg Freiburg 64,50 35,50 49,47
Genf Genf 62,40 37,60 54,80
Glarus Glarus 48,99 51,01 54,10
Graubünden Graubünden 59,35 40,65 45,69
Jura Jura 66,85 33,15 50,00
Luzern Luzern 58,09 41,91 51,15
Neuenburg Neuenburg 69,36 30,64 55,16
Nidwalden Nidwalden 50,26 49,74 58,04
Obwalden Obwalden 52,28 47,72 54,37
Schaffhausen Schaffhausen 54,25 45,75 68,19
Schwyz Schwyz 43,43 56,57 54,40
Solothurn Solothurn 57,82 42,18 50,42
Sankt Gallen St. Gallen 55,62 44,38 51,20
Tessin Tessin 34,21 65,79 56,30
Thurgau Thurgau 56,56 43,44 49,00
Uri Uri 51,84 48,16 43,96
Waadt Waadt 70,15 29,85 53,78
Wallis Wallis 59,61 40,39 57,27
Zug Zug 59,23 40,77 50,84
Zürich Zürich 61,86 38,14 52,02
Schweiz 59,62 40,38 52,66

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. vgl. Rohr, Mathieu von: Schweizer bestätigen enge Partnerschaft mit der EU überraschend klar bei Spiegel Online, 8. Februar 2009 (aufgerufen am 8. Februar 2009)
  2. SVP jetzt doch gegen die Personenfreizügigkeit. In: NZZ Online. Neue Zürcher Zeitung AG, 29. Oktober 2008. Abgerufen am 9. Februar 2009.
  3. Die «gerupfte» SVP setzt nun auf eine neue Initiative. Südostschweiz Mediengruppe, 9. Februar 2009. Abgerufen am 9. Februar 2009.

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