Eine-Welt-Laden

Eine-Welt-Laden
Weltladen in Mannheim

Weltläden sind die Fachgeschäfte für Fairen Handel. Ziel der Weltläden ist es, zu mehr Gerechtigkeit in den Handelsbeziehungen zwischen den Ländern des Südens und des Nordens beizutragen. Um dieses Ziel zu erreichen, verkaufen Weltläden Produkte aus Fairem Handel, beteiligen sich an politischen Kampagnen und leisten Informations- und Bildungsarbeit zu Fragen des Fairen Handels.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Die Anfänge

Auf internationaler Ebene wurde der Ruf nach einem anderen, gerechteren Handel auf der UNCTAD-Konferenz 1964 laut. Dabei wurden von Seiten der Entwicklungsländer unter dem Motto „Fairer Handel statt Almosen“ Forderungen an die Industrieländer gestellt. Unter diesem Motto leisteten die Weltläden in der Folge die Pionierarbeit zur Verbreitung der Idee des Fairen Handels. 1969 wurde der erste Weltladen in den Niederlanden eröffnet, von dort breitete sich die Bewegung über ganz Westeuropa aus. Heute sind über 2400 Weltläden im europaweiten Weltladen-Netzwerk Network of European World Shops organisiert. Wie in den Anfangszeiten ist die Bewegung aber auch weiterhin stark basisorientiert.

Funktionen: Detailhandel und Information

Weltläden verkaufen nicht nur Waren, sondern informieren die Öffentlichkeit über die Produkte, die Besonderheiten des Herkunftslandes, die Menschen, die sie erzeugen, deren Ideen und Leistungen, aber auch deren Rückschläge.

Weltläden zeigen auf, dass die Menschen im Süden und im Norden von ungerechten Welthandelstrukturen betroffen und an ihnen beteiligt sind. Sie arbeiten mit wirtschaftlich und politisch benachteiligten Produzent/Produzentinnen vornehmlich in den Regionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas zusammen. Die drei Säulen ihrer Arbeit sind Warenverkauf, Information und Bildungsarbeit, sowie Kampagnen und Lobbying.

Um die Öffentlichkeit zu mobilisieren und zu sensibilisieren, werden Kampagnen zu Welthandelsprodukten sowie zu entwicklungs- und gesellschaftspolitischen Themen durchgeführt. Informationsarbeit erfolgt daneben auch durch die Arbeit mit Schulklassen und Jugendgruppen, Veranstaltungen und einem regelmäßigen Austausch- und Dialogprogrammen mit ProduzentInnen des Fairen Handels.

Produzentenpartner der Weltläden

Partner der Weltläden sind vor allem kleinbäuerliche Betriebe, Genossenschaften, Handwerker, Plantagenarbeiter, Kleinfirmen und Selbsthilfegruppen in den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Das Mehreinkommen aus dem Fairen Handel wird von den Produzenten für Sozialprojekte, Bildungsprogramme, ökologische Investitionen, Verbesserung der Infrastruktur usw. verwendet.

Das Sortiment

Das typische Sortiment eines Weltladens umfasst einerseits die klassischen agrarischen Produkte des Südens wie Kaffee, Tee, Kakao, Honig, Gewürze, Zucker, Fruchtsäfte und getrocknete Früchte, andererseits auch (Kunst-)Handwerk aus diesen Ländern, etwa Körbe, Taschen, Musikinstrumente, Dekorationsfiguren, Kleidung und Hängematten.


Weltläden in der Bundesrepublik Deutschland

Jahr geschätzte Zahl von
Weltläden in der Bundesrepublik Deutschland
1987 350
1995 700
2004 800

In Deutschland gibt es mittlerweile über 800 Weltläden. Dazu kommen einige tausend Aktionsgruppen ohne festen Laden, die fair gehandelte Waren auch bei Festen und Märkten anbieten und oft ein enges Verhältnis zu einem Weltladen haben. Deutsche Weltläden beziehen ihre Verkaufsware in der Regel von den auf Fairen Handel spezialisierten Importorganisationen GEPA - THE FAIR TRADE COMPANY (Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt mbH), dwp eG (Dritte Welt Partner) oder der El Puente GmbH - oder aber auch direkt von Kleinbauernkooperativen und Genossenschaften in den Entwicklungsländern. Neben der GEPA, dwp und El Puente gibt es noch weitere Importorganisationen im Fairen Handel. Die meisten von ihnen sind im ATO-TÜV des Weltladen-Dachverbandes anhand von Konventionen bewertet worden.

Geschichte

Weltläden entstanden zuerst aufgrund der Aktion Dritte-Welt-Handel, die 1970 von der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend und dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend zur Betreuung entwicklungspolitischer Aktionsgruppen gegründet wurde.

Weltläden in Österreich

Jahr Gesamtumsatz* Anzahl der
Weltläden
1987 0,8 k.A.
1992 2,9 k.A.
1997 4,5 57
1999 4,9 61
2000 5,2 62
2001 5,9 62
2002 6,5 64
2003 7,5 74
2004 8,4 81
2005 k.A. k.A.
*aller Weltläden in Österreich, netto in Mio. Euro;
Quelle: ARGE Weltläden

In Österreich gibt es im Jahr 2006 schon über 90 Weltläden. Die meisten Weltläden werden von Vereinen geführt. Einige wenige Weltläden werden von Privatpersonen, drei von der Importorganisation EZA Fairer Handel und einer von der Importorganisaton Eine Welt Handel geführt. Sie beschäftigen rund 110 hauptamtliche und 1200 ehrenamtliche MitarbeiterInnen, hauptsächlich Frauen. Eine neue, aktuelle Entwicklung sind Weltcafés, die gastronomische Schiene der Weltläden, in der biologische und fair gehandelte Produkte angeboten werden. Die ARGE Weltläden ist die Dachorganisation der Weltläden und der Weltcafés.

Geschichte

Ein wichtiger Schritt für die Etablierung des Fairen Handels in Österreich war die Gründung der Firma EZA Dritte Welt (heute EZA Fairer Handel GesmbH.) als Importeur für fair gehandelte Produkte. Ohne Verkaufsstellen war deren Aktionsradius aber praktisch auf den Versandhandel beschränkt, ein starkes Handicap, galt es doch, die Menschen "vor Ort" von der neuen Idee zu überzeugen. 1977 wurde der erste eigenständige 3. Welt Laden in Innsbruck eröffnet, weitere Weltäden in anderen Gemeinden folgten bald. Gehandelt wurde zunächst hauptsächlich mit kunstgewerblichen Waren, ehe Mitte der 1970er Jahre so genannte „politische Waren“ immer mehr an Bedeutung gewannen. Den AkteuerInnen der Fairhandelsbewegung ging es zu dieser Zeit in erster Linie darum, über die Thematik zu informieren und das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Probleme der dritten Welt zu schärfen. 1982 beschlossen die BetreiberInnen mehrerer 3. Weltläden, den „Verein zum besseren Verständnis für die Probleme der Dritten Welt" (kurz ARGE-Dritte-Welt-Läden, heute ARGE Weltläden) zu gründen. Die Bewegung war stark politisch ausgerichtet, es folgten eine Reihe von Informationskampagnen wie etwa „Hunger ist kein Schicksal“, „Kauf kritisch“, „Frontstaatenkampagne“ (Unterstützung der Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika), aber auch Informationsveranstaltungen wie die „Nicaragua-Wochen“ anlässlich des zehnten Jahrestages des Sturzes der Somoza-Diktatur. Die Themen Umwelt und Umweltzerstörungen waren und sind ebenfalls ein wichtiges Anliegen.

Ab den 1990 begannen sich immer mehr 3. Welt-Läden zu professionalisieren: Neben den ehrenamtlichen MitarbeiterInnen wurden auch bezahlte Angestellte eingestellt, die Läden übersiedelten in besser frequentiertere Lagen, die Gestaltung der Läden und die Warenpräsentation wurde verbessert, ein einheitliches und klares Erscheinungsbild sowie Marketing und Umsatzsteigerung wurden stärker forciert. 1993 war die ARGE Dritte Welt zentral an der Gründung des Vereins Transfair Österreich (heute Fairtrade Österreich) beteiligt. Ziel war es, fair gehandelte Produkte mit Hilfe eines Gütesiegels für fair gehandelte Produkte auch in die Supermärkte zu bringen. In diese Zeit fiel auch die Umbenennung von „Dritte Welt Läden“ in Weltläden, um den Gedanken der EINEN Welt stärker zum Ausdruck zu bringen. 1995 gab es bereits 50 Fachgeschäfte für Fairen Handel in Österreich, mittlerweile sind es 90 Weltläden (Stand Mai 2006).

Kriterien für Weltläden und Fairen Handel

Die Definition des Fairen Handels für die Weltläden in Österreich ist in einem Grundsatzpapier festgehalten. Darin werden Kriterien für die Arbeit der Weltläden als auch und die Auswahl der HandelpartnerInnen (sowohl der Importorganisationen als auch der Produzentenorganisationen in Afrika, Asien und Lateinamerika) festgelegt.

Es definiert Standards für:

  • Transparenz
  • Sozialverträglichkeit
  • Umweltverträglichkeit
  • demokratische Organisationsformen
  • Bezahlung eines fairen Preises
  • Informations- und Bildungsarbeit
  • Kontinuität

Monitoring

Weltläden führen Lebensmittel mit dem Fairtrade-Gütesiegel sowie Kunsthandwerk und Textilien aus fairem Handel, die sie ausschließlich von anerkannten und spezialisierten Fairhandels-Importorganisationen beziehen. Anerkannte Lieferanten der Weltläden müssen somit die Kriterien für Fairen Handel, die im Grundsatzpapier definiert sind, erfüllen. Die Einhaltung der Kriterien wird im Rahmen eines regelmäßigen Monitorings geprüft. Zu den anerkannten Lieferanten gehören beispielsweise die Importorganisationen EZA Fairer Handel, Eine Welt Handel, dwp eG, CONA Gerechter Nord Süd Handel, Li Cok u.a.

Somit gibt es für die Weltläden in Österreich zwei Monitoring-Systeme:

  • Bei Produkten mit dem Fair-Trade-Siegel (dies betrifft fast ausschließlich Lebensmittel) ist das unabhängige Kontrollunternehmen FLO Cert GmbH bzw. Fairtrade Österreich für die Kontrolle zuständig.
  • Für die anderen Produkte (dies betrifft in erster Linie das in den Weltläden angebotene (Kunst-)Handwerk) aus Afrika, Asien und Lateinamerika gibt es das System der anerkannten Lieferanten (Fair-Handels-Importorganisationen), die regelmäßig durch einen unabhängigen Prüfer auf die Kriterien der Weltläden und die Standards der International Fair Trade Association (IFAT) geprüft werden. Der Prüfer wird durch die ARGE Weltläden bestellt.

Diesem Prüfer ist volle Einsichtnahme in Bilanz, Geschäftsgebaren, Ziel und Arbeitsweise des Lieferanten zu gewähren. Der Lieferant verpflichtet sich ferner, dass er Berichte über Verstöße gegen die Kriterien des Fairen Handels bei seinen ProduzentInnenpartnern an die ARGE Weltläden weiterleitet. Bei einem Verstoß des Lieferanten gegen die Kriterien des Fairen Handels hat die ARGE Weltläden jederzeit die Möglichkeit, mit einer Frist von drei Monaten den Vertrag zu kündigen, wodurch der Lieferant aus dem Kreis der anerkannten Lieferanten ausscheidet und die Weltläden keine Produkte mehr von ihm beziehen.

Kritik

Dem Modell der Weltläden wird Ineffizienz bei der Erreichung seiner Ziele vorgeworfen, da der Umsatz der Läden so gering ist, dass er keinen wirklichen Effekt auf den Welthandel habe. Zur Verteidigung des Modells wird entgegnet, dass trotz der marginalen Weltmarktbedeutung den Handelspartnern der Läden in der Dritten Welt[1] konkret geholfen werde und sich ihre Lebensbedingungen verbesserten. Außerdem sei der Vorwurf, die Betreiber sollen sich nicht der Illusion einer Veränderung hingeben, indem sie versuchten, konkret etwas dagegen zu unternehmen, ein paradoxer – kritisiert werde somit die tatsächliche Arbeit damit, dass sie (noch) nicht ausreichend sei.

Mittlerweile werden mit dem TransFair-Siegel zertifizierte, fair gehandelte Waren auch in Supermärkten und Kaufhäusern verkauft, so dass die Absatzkanäle erweitert sind. Sowohl in den Weltläden als auch in den Supermärkten steigen seit Jahren die Umsätze mit fair gehandelten Waren.

Andere Aspekte und weitere Kritik werden unter Fairer Handel behandelt.

Quellen

  1. Heute wird in der Regel der Ausdruck Eine Welt verwendet.

Siehe auch

Weblinks


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