Agop Dilacar

Agop Dilacar

Agop Martayan Dilaçar (* 22. Mai 1895 in Istanbul; † 12. September 1979) war ein türkischer Professor und Turkologe armenischer Herkunft. Er war viele Jahre Mitglied der staatlichen Türk Dil Kurumu (Rat für die Türkische Sprache) und Chefredakteur der Türkischen Enzyklopädie (1941–1960).

Inhaltsverzeichnis

Herkunft des Namens

Den Namen "Dilaçar" erhielt er als Beinamen von Kemal Atatürk, dem Gründer der modernen Türkei, für seine Verdienste um die türkische Sprache. "Dilaçar" ist ein Ehrentitel und bedeutet so viel wie "Schlüssel der Sprache".

Die heutige offizielle Türkei ist bestrebt, die armenische Herkunft des Sprachwissenschaftlers zu leugnen, wie auch sonst die kulturellen Leistungen der armenischen (christlichen) Bevölkerungsgruppe nie offiziell erwähnt werden. In der Türkei ist heute oft lediglich von "A. Dilaçar" die Rede, weil allein schon der Vorname "Agop" (Jakob) auf die armenisch/christliche Herkunft Rückschlüsse zulässt.

Leben

Agop Martayan Dilaçar besuchte in seiner Jugend das renommierte Robert College in Istanbul. Während des Studiums war er schon als Lehrer für armenische Sprache tätig und publizierte in armenischen Zeitungen. Nach Abschluss des Studiums diente er als Offizier in der 2. Armee in Diyarbakir. Er wurde für seine Tapferkeit ausgezeichnet. In Damaskus wurde er Mustafa Kemal Pascha (Atatürk) vorgestellt, der damals Befehlshaber der 7. Armee war. Atatürk zeigt sich von der Intelligenz und Loyalität des jungen Armeniers angetan.

Nach Ende seiner Dienstzeit arbeitete er in Beirut als Direktor einer armenischen Schule. Gleichzeitig war er Chefredakteur der ersten armenischen Zeitung im Libanon (Luys). Er kehrt nach Istanbul zurück und bricht von dort mit seiner Frau Meline nach Sofia auf, wo er an der dortigen Universität Alttürkisch und Uygurisch lehrt. Er publiziert erste Bücher.

Atatürk wurde 1932 durch einen Aufsatz von Agop Dilaçar in der armenischen Zeitung "Arevelk" erneut auf ihn aufmerksam. Atatürk plante damals die Erneuerung der türkischen Sprache. Er lud ihn zu einer Konferenz über die Erneuerung der türkischen Sprache nach Istanbul ein. Später wurde Agop Dilaçar Hauptsachverständiger des türkischen Sprachinstituts und ließ sich in Ankara nieder.

Verdienste

Dilaçar lehrte als Professor der Turkologie an der Universität in Ankara, er verfasste mehrere wichtige Arbeiten zur türkischen Sprache. Er ordnete die Sprache, die lediglich aus einer Reihe von Dialekten bestand. Er arbeitete an der Transskription in lateinische Buchstaben. Er verfasste eine türkische Grammatik, angeblich die erste ihrer Art.

Rücktritt

Die in Deutschland lebende türkische Journalistin Yelda Özcan vermutet, daß Agop Martayan Dilaçar wegen des Eintrages in der Türkischen Enzyklopädie zu den Armeniern vom Chefredakteurposten zurückgetreten ist. Dort wurden Armenier als hinterhältig dargestellt und als Verräter verleumdet.

Die Ämter für Geschichte und Sprache "Türk Tarih Kurumu", "Türk Dil Kurumu" entwickelten kurz nach der Republikgründung eine neue türkische Geschichts- "Türk Tarih Tezi" und Sprachthese. Diesen Thesen zufolge bildete ,,die türkische Rasse", die sich aus Mittelasien in der Welt ausgebreitet hätte, eine Herrenrasse, aus der die ersten Kulturen der Welt hervorgegangen seien. Danach seien Sumerer, Hethiter, Etrusker, Ägypter, Römer, Inder, Chinesen und die antiken Griechen allesamt Türken gewesen. Völker wie Armenier oder Kurden wurden als "Nomaden ohne Kultur und Sprache" oder als "Bergtürken", die ihre Kultur und Sprache verloren hätten, dargestellt.

Gleichzeitig wurde auch institutionell an der Entwicklung einer Einheitssprache gearbeitet. Mit der Theorie, die vom Amt für türkische Sprache entwickelt und Sonnen-Sprachtheorie genannt wurde, sollte bewiesen werden, dass die türkische Sprache die Ursprache für alle Sprachen auf der Erde ist. Vertreten wurde vor allem die These, dass alle indoeuropäischen Sprachen vom Türkischen abstammen. Des Weiteren war man damals davon überzeugt, dass Sprachwissenschaftler in Europa zwar seit mehr als 100 Jahren versucht hätten, die Grundlagen und Ursprünge ihrer Sprachen zu erforschen. Das sei ihnen bis jetzt aber nicht gelungen, weil sie die türkische Sprache außer Acht gelassen hätten. Für den Wahrheitsgehalt beider Theorien fehlen bis heute jeglicher Beweis.

Weblinks

  • Türkische Geschichtsthese (türkisch)

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