Agrarforstwirtschaft

Agrarforstwirtschaft
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Kulturbaumpark mit Faidherbia albida und Borassus akeassii nahe Banfora, Burkina Faso

Agroforstwirtschaft oder Agrarforstwirtschaft (engl. Agroforestry oder Agroforesting) bezeichnet ein Produktionssystem, das Elemente der Landwirtschaft mit denen der Forstwirtschaft kombiniert.

Sowohl mehrjährige Hölzer (z. B. Fruchtbäume, Palmen, Nutzhölzer) als auch einjährige landwirtschaftliche Nutzpflanzen werden auf derselben Fläche integriert. Wenn zusätzlich Tierhaltung auf derselben Fläche betrieben wird, spricht man von agrosilvipastorilen Systemen. Ein Beispiel dafür ist die Dehesa, ein System das Korkeichen, Schweinezucht und Feldbau kombiniert und in der Extremadura im Westen von Spanien weit verbreitet ist. In den Kulturbaumparks der sudanischen Savannen werden Bäume hohen Nutzwertes wie beispielsweise Baobab, Schibutterbaum und Néré nicht direkt angepflanzt, sondern von der Rodung ausgenommen, darunter meist Sorghumhirse oder Mais gepflanzt.

Agroforstwirtschaftliche Systeme werden insbesondere in Gebieten, die natürlicherweise von tropischem Regenwald bewachsen sind, als ökologisch vorteilhaft angesehen. Sie sind artenreich, stabilisieren den Wasserhaushalt und schützen den Boden vor Erosion. Allerdings ist die Vermarktung der Produkte aufgrund ihrer Vielfalt und der geringen Mengen oftmals schwierig, was die Wirtschaftlichkeit solcher Systeme beeinträchtigt.

Inhaltsverzeichnis

Forschung in Europa

Ein Forschungsprogramm der EU hat sich in den letzten Jahren auch für Europa mit der Möglichkeit der Kombination einjähriger Ackerkulturen und Baumkulturen (mit sehr langen Umtriebszeiten) beschäftigt. Die Forscher kamen zum Ergebnis, dass durch die Agroforstwirtschaft erhebliche Mehrerträge von bis zu 30 % realisiert werden können. Die Produktion einer mit einer Mischung aus Pappeln und Weizen kultivierten Fläche von einem Hektar entspricht der Produktion, die im getrennten Anbau nur bei einem Flächenverbrauch von 1,3 ha möglich würde (0,9 ha Weizen und zusätzlich 0,4 ha Pappeln). Erfolgreich wird dabei das kombinierte Agrarforstsystem beim gleichzeitigen Anbau von Stickstoff bindenden Gehölzpflanzen und Ackerpflanzen. Teilweise werden dabei die Bäume in Reihen gepflanzt (mit drei, vier oder auch zehn Meter Abstand); in den Zwischenräumen werden bei einem solchen Alley cropping die landwirtschaftlichen Nutzpflanzen angebaut.

Das World Agroforestry Center wurde 1978 (damals International Centre for Research in Agroforestry, ICRAF) gegründet um Forschung und Informationsaustausch zum Thema Agroforstwirtschaft zu fördern. Es verfolgt das Ziel, zu Armutsreduzierung und Ernährungssicherung durch ökologisch angepasste Produktionsweisen beizutragen.

EU-Förderung

Im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raum (ELER) wird Ersteinrichtung von Agrarforstsystemen auf landwirtschaftlichen Flächen gefördert (siehe dort Art. 44).

Vorteile

  • Lebensraum für Vögel und Insekten (Nützlinge und Schädlinge; je größer die Artenvielfalt, desto „stabiler“ ist häufig ein Ökosystem).
  • Verringerung der Bodenerosion eines Feldes durch den Windwiderstand der Bäume (damit auch gleichzeitig Verringerung der Verdunstung; viel Wind = viel Verdunstung).
  • Zugleich helfen die Bäume bzw. ihre Wurzeln beim Eindringen von Wasser in den Boden und tragen so zur Bekämpfung der Wassererosion bei. Sie helfen zugleich Überschwemmungen zu verhüten, indem sie den Oberflächenabfluss nach Regenfällen minimieren, und können zur geringeren Gewässerverschmutzung durch landwirtschaftliche Düngemittel beitragen.
  • Lieferung von Schatten, was bei kombinierter Tierhaltung (Kombination von Weideland mit Bäumen) dem Schutz und dem Komfort der Tiere im Sommer dient. Gleichzeitig wird durch den Schatten vor allem im Sommer auch der Boden kühl gehalten, was wiederum zu einer verringerten Verdunstung führt (erst bei größeren Bäumen möglich; wichtiger Faktor in trockenen Gebieten).
  • Lieferung von kostenlosem Dünger (d. h. geringer bzw. kein Einkauf von Kunstdünger), da Bäume (je nach Art) mit ihren tief im Boden verankerten Wurzeln pflanzlichen Nährstoffe nach oben pumpen und nach dem Laubfall diese Nährstoffe wiederum an die oberste Bodenschicht und damit an die dort wurzelnden Nutzpflanzen abgeben. Da zudem dieser natürliche Dünger besser geeignet für die Bodenfauna ist (wird angeregt), wird diese gestärkt und sorgt dann wiederum für eine bessere Bodenqualität (Stichwort Krümelstruktur).
  • Kühlung im Sommer durch den deutlichen Effekt der Verdunstung über die Blätter des Baumes (wie oben Einschränkung durch Größe der Bäume). Die Wurzeln können auch aus tiefliegenden Wasserschichten Wasser nach oben befördern. Pflanzen werden dadurch vor allzu starkem Hitzestress geschützt (Stichwort Hitzesommer 2003). Auch das Bodenleben verträgt keine allzu große Hitze und kann daher länger bei der Verbesserung der Bodenstruktur mitarbeiten.
  • Bei Betrachtung des Lebenszyklus eines Baumes kann der Landwirt durch den Verkauf des Holzes (als Furnier- Brenn- oder Bauholz) einen deutlich größeren Gewinn als bei einer reinen landwirtschaftlichen bzw. einer reinen forstwirtschaftlichen Nutzung erzielen. Was angesichts steigender Heizkosten leicht nachvollziehbar ist.
  • Bäume, die in Agroforstsystemen aufgezogen werden, sind wesentlich leichter als in einem Waldgebiet erreichbar und können dadurch leichter gepflegt und „geerntet“ werden.
  • Da die Baumreihen relativ weit auseinanderstehen, erhalten diese Bäume wesentlich mehr Licht als innerhalb eines Waldgebietes. Zudem besteht diese günstige Situation während ihres gesamten Lebens. Dadurch wachsen die Bäume sehr gleichmäßig im Unterschied zu einer normalen forstwirtschaftlichen Pflege, bei der immer wieder Bäume aus einer Baumgemeinschaft entfernt werden und damit zu Wachstumsschüben in den Nachbarbäumen führen. Dies ergibt eine feine und gleichmäßige Maserung des Holzes, was nicht nur schön aussieht, sondern auch gleichzeitig zu einer größeren Festigkeit des Holzes (Stichwort Bauholz) führt.
  • Zuletzt auch Verschönerung des Landschaftsbildes, das ansprechender als eintönige Monokulturflächen wirkt. Beispielsweise werden Fahrradtouristen, die an einem solchen Feld vorbeikommen, die vielen Schattenflächen schätzen.

Nachteile

  • Die Vielzahl der Produkte bei jeweils verhältnismäßig kleinen Mengen erschwert die Vermarktung und erhöht somit die Transaktionskosten für die Produzenten.
  • Landwirte müssen sich auch mit vielen Themen rund um die Aufzucht von Bäumen zusätzlich beschäftigen bzw. weiterbilden (Aufzucht, Baumschnitt, Fälltechnik, Vermarktung).
  • Die Aufzucht der Bäume bedeutet einen erhöhten Arbeitsaufwand pro Hektar Feldfläche und Jahr. Dazu gehört auch ein gewisser größerer Rangieraufwand für die Erntemaschinen bei der Kombination von Nutzpflanzen und Bäumen.
  • Da die Bäume erst ab einem gewissen Alter „geerntet“ werden können, kann dies unter bestimmten Verhältnissen zunächst auch einen Verlust pro Hektar bedeuten. Die positiven Aspekte der Bäume, d. h. der Zusatznutzen, der einen Teil des Verlustes ausgleichen kann, machen sich erst ab einem gewissen Alter bemerkbar.

Siehe auch

Literatur

  • Hans-Jürgen von Maydell: Agroforstwirtschaft. Lexikon und Glossar (deutsch-englisch = Agroforestry). Mitteilungen der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft Hamburg, Nr. 173. Wiedebusch, Hamburg 1993, 175 S.
  • Wolfgang Zech: Tropen – Lebensraum der Zukunft? Eine Analyse zur Rolle des Bodens aus der Sicht der Geoökologie. Geographische Rundschau 1/1997, S. 15

Fachzeitschriften

Weblinks


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