Endspiel mit Schwer- und Leichtfiguren

Endspiel mit Schwer- und Leichtfiguren
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Unter den Schachendspielen kommt Turm-Leichtfiguren-Endspielen, also den Endspielen Turm gegen Leichtfigur (Springer oder Läufer) beziehungsweise Turm und Leichtfigur gegen Turm oder Turm und Leichtfigur gegen zwei Leichtfiguren, wegen ihrer Häufigkeit Bedeutung zu. Bei der Vielzahl möglicher Endspieltypen sind zunächst die Fälle von Endspielen mit und ohne Bauern zu unterscheiden.

Inhaltsverzeichnis

Endspiele ohne Bauern

Turm gegen Läufer

In der Regel endet das Endspiel remis. Es gibt allerdings eine größere Klasse von Verluststellungen, in denen der schwächere König auf dem Rand von der richtigen Ecke abgeschnitten ist. Die richtige Ecke ist eine Ecke, die nicht von der Farbe der Felder ist, auf denen sich der Läufer bewegt. Befindet sich der König in einer Ecke, dann muss sich der Läufer neben ihn stellen können, um gegebenenfalls ein Schachgebot abzuwehren. Ein Wartezug führt dann zum Patt. Steht der König nicht in der richtigen Ecke, dann geht der Läufer nach einem Wartezug verloren, weil der König in Zugzwang ist.

Turm gegen Springer

Sergej Movsesjan - Stefan Kindermann
Bundesliga 2005/2006, Runde 5
a b c d e f g h
8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
a b c d e f g h
Stellung nach 103. Th3-h8

Das Endspiel Turm gegen Springer, das bereits von den arabischen Schachmeistern erforscht wurde, ist im Regelfall remis. Es besteht dann Verlustgefahr, wenn der Springer zu weit vom eigenen König entfernt ist. In diesem Fall kann der Springer − ohne die Unterstützung seines Königs − von den beiden gegnerischen Figuren weiter abgedrängt und erobert werden.

In der Partie Movsesjan - Kindermann unterstützen sich Springer und König gegenseitig. Weiß droht, beginnend mit Ta8+ mattzusetzen. Es folgte 103. ... Sc6?? 104. Ta8+ Sa5+ 105. Kc5 mit Zugzwang, Schwarz verliert im nächsten Zug seinen Springer und gab auf. Die Methode der Fesselung nebst Figurengewinn trifft man bei dem Endspiel Turm gegen Läufer ebenfalls an.

Richtig war es, mit 103. ... Sa6 dem weißen König das Feld c5 zu nehmen (möglich ist auch zuerst Ka5), wonach Weiß keinem Fortschritt erzielen kann, zum Beispiel: 104. Ta8 Ka5 und Schwarz kann im nächsten Zug seinen Springer mit Kb6 entfesseln.

Turm und Läufer gegen Turm

Jessica Nill - Catherine Perena
Turin, 2006
a b c d e f g h
8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
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Schwarz am Zug


Eine berühmte Gewinnführung zeigte André Danican Philidor in seinem erstmals 1749 erschienenen Lehrbuch. Entgegen seiner Annahme stellte sich jedoch heraus, dass es sich hierbei um eine Ausnahmestellung handelt, die in den meisten Fällen von der materiell überlegenen Partei nicht erzwungen werden kann.

Gewöhnlich ist das Endspiel daher remis. Allerdings kann ein höherer Prozentsatz von Stellungen gewonnen werden als bei Turm und Springer gegen Turm. Befindet sich der König der schwächeren Seite am Rande, dann ist häufig sehr exaktes Spiel erforderlich, um nicht zu verlieren. Diese Erfahrung bestätigte auch die Partie auf der Schacholympiade Jessica Nill - Catherine Perena, Turin 2006. Die Ausgangsstellung ist remis. Es folgte:

59. ... Kb6 60. Tc1 Kb5 61.Tb1+ Ka4 62. Kd5 Th4 63. Kc5 Ka3? (notwendig war Th5+!) 64. Tb3+! Ka4 65. Tb2? (Tg3 gewinnt) Th5+! 66. Ld5 Th3! 67. Te2 Tg3 68. Kc4 Ka5 69. Te6 Tg1 70. Kc5 Tf1? (Tb1! hält die Partie) 71. Te3 Tf4 72. Le4 diese typische Sperre hatte Schwarz wohl übersehen und gab auf.

Aus den genannten Gründen wird dieses Endspiel auch in Remisstellung fast immer ausgekämpft. Ein Großmeisterkollege verwickelte den unter Zeitdruck spielenden Vlastimil Hort Anfang der 1990er Jahre auf dem Schachfestival in Biel in diesem Endspiel in eine Verteidigungsschlacht, so dass er die Zeit überschritt und trotz korrekter Verteidigung verlor. Die Regeln heutzutage können diesen Fall unterbinden, vorausgesetzt der Schiedsrichter kann die Lage erkennen.

Großmeister Włodzimierz Schmidt zeigte in der Analyse[1] zur Partie R. Pytel gegen Mazzoni, dass der König der verteidigenden Seite im allgemeinen nicht dauerhaft auf dem Rand festgehalten werden kann und eine komplizierte Verteidigung mit dem König auf dem Rand in vielen Fällen vermeidbar ist. Dies zeigte erneut die Partie Magnus Carlsen - Loek van Wely, Corus Chess 2007, in der die verteidigende Seite sicher das Remis hielt.

Theoretisches Endspiel
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8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
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Remis



Es gilt allerdings, durch genaue Manöver den König zu beschützen, wenn er an den Rand gedrängt wird. Typisch ist etwa diese Pattrettung. Schwarz droht Tf1 matt und eine direkte Verteidigung dagegen ist nicht zu sehen.

1. Td7-d2+ Kc2-c3
2. Td2-c2+!! Kc3-d3 (Kxc2 patt)
3. Tc2-d2+ Kd3-e3
4. Td2-e2+! Lc4xe2 patt

Turm und Springer gegen Turm

In der Regel endet das Endspiel remis. Zwar sind ca. 19 % aller theoretisch möglichen Stellungen gewonnen, doch hat meistens die schwächere Seite die Möglichkeit, diese zu vermeiden. Diese Prozentzahl ist nicht sehr aussagekräftig, weil auch eine große Menge von Stellungen dabei sind, in denen in einem Zug eine Figur geschlagen werden kann, und folglich kein Spiel in dieser Figurenkonstellation entsteht. In der Praxis wurde dieses Endspiel unter guten Spielern kaum ausgekämpft. Erst als Garri Kasparow 1996 in Dos Hermanas eine Partie gegen Judit Polgár in einem solchen Endspiel gewonnen hatte, versuchten auch andere Großmeister, dieses Endspiel zu gewinnen.

Turm und Läufer gegen zwei Springer

Der Ausgang dieses Endspiels war lange Zeit eine offene Frage. Computeruntersuchungen von Lewis Stiller mit einer Mehrprozessormaschine (connection machine) zeigten schließlich, dass Turm und Läufer den Sieg erzwingen können. Es kann allerdings im ungünstigsten Falle bis zu 255 Züge bis zum Matt erfordern. Die dafür nötigen Züge sind für einen Menschen nicht verständlich und keine Endspieltheorie vorhanden.[2]

Turm und Springer gegen zwei Springer

Im Gegensatz zu Turm und Läufer vermögen Turm und Springer gegen zwei Springer den Sieg nicht grundsätzlich zu erzwingen. Die Computeruntersuchungen von Lewis Stiller und nachfolgende zeigten jedoch, dass es Gewinnstellungen abseits kurzfristiger taktischer Chancen gibt – maximal können 262 Züge bis zum Matt erforderlich sein. Auch hier ist keine für Menschen verständliche Strategie ersichtlich.[2]

Endspiele mit Bauern

Turm, Leichtfigur und Bauer gegen Turm

Obwohl dieses Endspiel oft für die stärkere Seite gewonnen ist, ist dies nicht immer der Fall. Nicht nur bei einer rein taktischen Stellung wie bei Alois Wotawa ist das Endspiel remis, sondern auch oft, wenn der Bauer zwar verteidigt werden kann, aber andere Faktoren, etwa Pattfallen und eine ungünstige Bindung der Steine aneinander, die Realisierung des Vorteils verhindern. Als exemplarisches Beispiel sei hier die folgende Stellung genannt.


Bill C. Jones
Magyar Sakkvilág, April 2006
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8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
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Weiß am Zug
Stellung nach dem 6. Zug der Studie





Nach 7. Tf5-g5 kommt Schwarz nicht voran. 7. ... Kh3-h4 hilft wegen 8. Tg5-g4+ Kh4-h3 9. Tg4-g3+ (auch 9. Tg5 ist möglich) 9. ... Kh3-h2 10. Tg3-g2+ Kh2-h1 11. Tg2-g5 nicht weiter. Die Stellung ist remis, da Schwarz die Fesselung des Lc5 nicht vernünftig abschütteln kann. Das Nehmen des weißen Turmes führt dagegen zum Patt.


Turm und Bauer gegen Springer

Emanuel Lasker - Edward Lasker
New York, 1924
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8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
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Weiß am Zug


Dieses Endspiel ist in der Regel gewonnen. Mit Unterstützung seines Königs kann allerdings in günstigen Stellungen ein Springer sogar gegen Turm und Bauer remis halten und eine Festung bilden, wie durch eine berühmte Partie Emanuel Laskers deutlich wurde:

Der Turm ist an seinen Bauern gebunden und sein König kann die 3. Reihe noch nicht überschreiten. So genügen vorerst Wartezüge. 93. Sb2 Ke4 94. Sa4 Kd4 95. Sb2 Tf3 96. Sa4! Te3 97. Sb2! Ke4 98. Sa4 Kf3

Durch diese Umgehung droht der König, seinen Bauern zu unterstützen. Fatal wäre nun 99. Sb2? Ke2! 100. Ka3 Kd2! 101. Sc4+ Die Gabel rettet nicht, denn nach dem Turmopfer Kc1! 102. Sxe3 b2! entscheidet die Bauernumwandlung.

Dem muss der weiße König entgegentreten: 99. Ka3! Ke4 Schwarz gibt sein Vorhaben auf, denn nun folgt auf Ke2 100.Kb2 Kd2 101. Sc5! und der Bauer fällt. 100. Kb4 Kd4 101. Sb2! Th3 102. Sa4! Falsch wäre 102. Sd1? weil nach Kd3 102. Kxb3 das Abzugsschach Kd2+ den Springer erbeutet. Nach dem Textzug ist Schwarz keinen Schritt vorangekommen und forcierte mit 102. ... Kd3 103. Kxb3! Kd4 das Remis.

Literatur

  • Karsten Müller, Frank Lamprecht: Fundamental Chess Endings. Gambit Publications Ltd, 2001, ISBN 1-901983-53-6
  • John Nunn: Secrets of Pawnless Endings. B. T. Batsford Ltd, London 1994, ISBN 0-7134-7508-0

Einzelnachweise

  1. Szachy Nr.6, 1984, S. 155-156 (polnisch)
  2. a b „Stillers Monster“ bei Tim Krabbé

Weblinks


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