Ahrmanyu

Ahrmanyu

Angra Mainyu ist ein avestischer Begriff, der in der zoroastrischen Theologie die Epitomie des Zerstörerischen repräsentiert. In den mittelpersischen Texten der zoroastrischen Tradition erscheint der Name als Ahriman.

Inhaltsverzeichnis

Semasiologie

'Angra' ist das Gegenteil von 'Spenta', und die Übersetzung von 'Angra Mainyu' ist somit stark abhängig von der Übersetzung von 'Spenta Mainyu'. 'Mainyu' bedeutet in etwa 'Geist', 'Gedanke' oder 'Vorstellung'. 'Spenta' wird unter anderem als 'aufbauend', 'freigebig' oder 'heilig' übersetzt.

Als Antonym könnte 'Angra Mainyu' somit als 'zerstörerischer Geist' übersetzt werden. Dies ist auch häufig der Fall, denn die Idee des Zerstörerischem ist stellvertretend für einen Aspekt der Kernphilosophie des Zoroastrismus: dass das Universum in einen Kampf zwischen asha (Wahrheit, Ordnung, Sein und Existenz) und druj (Lüge, Chaos, Zerstörung des Seins) verwickelt ist.

Diese wortgetreue Übersetzung gilt jedoch nur für die ältesten Instanzen des Begriffs. Mit der Zeit wandelte sich die Abstraktion zu einem Eigennamen, stellvertretend für die Hypostase der Zerstörung.

Sprachentwicklungsbedingt wandelte sich das avestische 'Angra Maiynu' zu mittelpersisch 'Ahriman' und verlor damit die wortgetreue Bedeutung des Namens endgültig.

In der Avesta

In den Gathas

In den Gathas, dem ältesten Teil des Avesta, kommt der Begriff 'Angra Mainyu' nur ein einziges Mal vor. An dieser Stelle, in Yasna 45.2, ist der Begriff, wie die meisten anderen Begriffen der Gathas auch, nur ein reguläres Adjektiv- und Nomen-Paar. Hier wird „angra mainyu“ von den „freigebiger der beiden“ (Spenta Mainyu) als Widersacher in allen Belangen deklariert.

Ein ähnlicher Ausdruck erscheint auch an anderer Stelle in den Gathas, aber dort ist nicht angra mainyu, sondern aka mainyu („böser Geist“) der Widersacher Spenta Mainyus. An weiterern Stellen wird vom akem manah „böses denken“ und vom daebaaman „Betrüger“ gesprochen.

In der jüngeren Avesta

Erst in der jüngeren Avesta ist Angra Mainyu eindeutig Stellvertreter des Zerstörerischen.

Während in den älteren Texten der jüngeren Avesta noch Angra Mainyu und Spenta Mainyu sich bekriegen, wandelt sich die Situation schlagartig in der Vendidad. In diesen sehr späten Texten der Vendidad 1 (4. Jahrhundert v. Chr. wird allgemein angenommen) wird der Kampf nicht mehr von Angra Mainyu und Spenta Mainyu ausgetragen, sondern von Angra Mainyu und Ahura Mazda selbst. Hier hat die Figur des Mazdas die des Spenta Mainyus vollkommen assimiliert. Dieser Wandlung ist auch in Aristotle (zit. Diogenes Laertius, 1.2.6) belegt, in dem die Widersacher 'Ariemanios' und 'Oromazdes' genannt werden.

In der Tradition

Im Zurvanismus

Der Zurvanismus, eine ausgestorbene Form des Zoroastrismus, basierte auf einer Zwillingsbrüder-Doktrin, nach der Ahura Mazda und Angra Mainyu tatsächliche Zwillingssöhne des 'Vaters' Zurvan („Zeit“) waren.

Obwohl der Zurvanismus spätestens im 10. Jh ausstarb, waren die anti-zurvanistischen Polemiken die ersten, die den Westen erreichten, und prägten somit maßgeblich das Verständnis des Zoroastrismus. Dieser Zustand setzte sich fort, und obwohl akademisch längst überholt, prägt er bis heute das Allgemeinbild des Zoroastrismus, unter anderem die fixe Idee, dass der Zoroastrismus zwei Götter habe, oder dass Ahura Mazda und Angra Mainyu direkte Widersacher sind.

Dem Gebot des Ahriman sind alle anderen bösen Geister untertan und die „schlechten Geschöpfe“ – Giftschlangen, Raubtiere, Ratten, Mäuse, Ungeziefer – wurden von ihm geschaffen.

In den Religionsbüchern des 9./10. Jh.

Nach den Angaben der mittelpersischen Religionsbücher des 9./10. Jh., wozu aber die Grundlagen schon im Avesta und in den Berichten der Griechen gegeben sind, verläuft die Weltgeschichte in vier Zyklen von je 3000 Jahren. Mit dem dritten Zyklus beginnt der Kampf zwischen Ahriman und den Geschöpfen des guten Geistes, der 6000 Jahre andauert. Dann wird Ahriman vernichtet und eine neue unvergängliche und glanzvolle Welt geschaffen werden.

In anderen Religionen und Weltanschauungen

Anthroposophie

Die Anthroposophie sieht in Ahriman ein Wesen, das in schädlicher Überspitzung des materialistisch-technischen Verstandes den Gegenpol zum rauschhaft schwelgenden, weltflüchtigen Luzifer bildet. Der Mensch müsse in sich mit Christus Hilfe die Mitte zwischen den beiden Wesen und deren Qualitäten halten.

Ahriman sei ein Geist, begabt mit einer die menschliche Fassungskraft übersteigenden, durchdringenden aber kalten Intelligenz, die er jedoch begierig in sich verschließe. Im Gegensatz zu Luzifer erscheine er daher als der Geist der Finsternis und der Widermächte, welcher der Menschenseele den Zugang zur seelisch-geistigen Welt verdunkeln und versperren möchte, um ihr Bewusstsein immer mehr an die physische Leiblichkeit zu ketten und einzuschränken.[1]

Siehe auch

  • Ahriman bildet einen Topos in Karl Mays Alterswerk Im Reiche des silbernen Löwen.
  • In der Hörspieltrilogie „The Undead Life“ versucht Ahriman, die Welt zu vernichten.
  • Im Action-Adventure Prince of Persia (2008) für PC und Spielkonsolen der 7. Generation kämpft der Titelheld zusammen mit seiner Begleiterin Elika und der Hilfe von Ormazd, wie er hier genannt wird gegen die Schergen von Ahriman, um dessen Ausbruch aus dem Gefängnis, das Ormazd erschaffen hat zu verhindern.

Einzelnachweise

  1. Walther Bühler: Anthroposophie als Forderung unserer Zeit. Kap 10 - Das Rätsel des Bösen: Luzifer und Ahriman. S. 137ff

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