- Entscheidung unter Sicherheit
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Von Entscheidungen unter Sicherheit spricht man im Rahmen der Entscheidungstheorie dann, wenn der Entscheidungsträger den eintretenden Umweltzustand mit Sicherheit kennt (wj = 1) und er also sämtliche Konsequenzen aus einer Handlung voraussagen kann. Entscheidungen mit mehreren Zielsetzungen (multikriterielle Entscheidungsprobleme) spielen dabei die wichtigste Rolle.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Die Annahme, dass sämtliche Konsequenzen einer Handlung im Voraus bekannt sind, erscheint intuitiv völlig unrealistisch. Die Bedeutung von Entscheidungsregeln unter Sicherheit ist dennoch sehr groß. So können zum Beispiel bestimmte eindimensionale Entscheidungsprobleme bei Entscheidungen unter Unsicherheit in eine Entscheidungssituation unter Sicherheit mit mehreren Zielsetzungen überführt werden.
Beispiele: (Laux, 2003, S. 65ff.):
- Das eigentlich angestrebte Ziel kann nicht direkt gemessen werden, zudem ist der Einfluss bestimmter Aktionsparameter auf dieses Ziel nicht mit Sicherheit bekannt.
- Die Komplexität bei einer Entscheidung anhand eines Globalziels (Gewinnmaximierung) ist nicht mehr beherrschbar, so dass einzelne Unterziele definiert werden, deren Einfluss auf das Globalziel zumindest tendenziell bekannt ist.
So wird beispielsweise ein Unternehmen eine Entscheidung über einen neuen Standort im Regelfall unter dem Ziel der langfristigen Gewinnmaximierung treffen, der jeweilige Einfluss der möglichen Standorte auf den Gewinn ist aber nicht direkt bestimmbar. Allerdings sind die Standorteigenschaften wie zum Beispiel Infrastruktur, Lohnkosten, Steuern, gewährte Subventionen, Baukosten etc. mit Sicherheit bekannt, ebenso bestehen Kenntnisse über den Zusammenhang zwischen diesen Faktoren und dem Globalziel. Aus der eindimensionalen Entscheidung unter Unsicherheit wird so eine mehrdimensionale (multikriterielle) Entscheidung bei Sicherheit.
Eindimensionale Entscheidungsprobleme
Ein wenig relevantes Problem liegt vor, wenn nur ein Ziel verfolgt wird und die Zielausprägung bei der Wahl verschiedener Alternativen bekannt ist. Dabei können zwei Fälle unterschieden werden:
- Unbegrenzte Zielsetzung: Angestrebt wird eine Maximierung oder Minimierung der Zielausprägung. Beispiel: Gewinnmaximierung, Risikominimierung.
- Begrenzte Zielsetzung: Hier soll ein Ziel entweder genau (Fixierung) oder mindestens/höchstens (Satisfizierung) erreicht werden. Beispiel: Um einen Flug zu erreichen, muss man spätestens 1 Stunde vorher am Flughafen sein, es ist aber egal, ob man früher da ist (Satisfizierung). Ab einer bestimmten Menge Süßigkeiten wird einem bei einem mehr an Süßigkeiten eher schlecht, es gibt eine optimale Menge, bei der Abweichungen nach oben und unten hin schlecht sind (Fixierung).
Multikriterielle Entscheidungsprobleme
Eine Entscheidung (das heißt die Auswahl einer Handlungsalternative aus mehreren zur Verfügung stehenden Alternativen) hat meist Folgen für mehrere Ziele, so dass ein multikriterielles Entscheidungsproblem vorliegt. Da für jede zur Verfügung stehende Handlungsalternative sämtliche Konsequenzen bekannt sind (Zielgrößen) und bekannt ist, welche Ausprägung der einzelnen Ziele erwünscht ist (Präferenzrelation) liegt ein Zielsystem vor. Die Ziele dieses Zielsystems können in verschiedenen Beziehungen zueinander stehen
Zielsystem
Die Zielgrößen in einem Zielsystem stellen dar, welchen Folgen seiner Handlungsalternativen ein Entscheider Bedeutung zumisst und bilden durch die Bewertung der Handlungsalternativen hinsichtlich jeweils einer Konsequenz den Maßstab für die Beurteilung der Alternative. Das Zielsystem ist vom individuellen Entscheider abhängig.
Beispiel:
Für den Weg zur Arbeit stehen zur Wahl die Fahrt mit dem Auto oder dem ÖPNV. Das Zielsystem des Entscheiders sieht dann zum Beispiel so aus:
z1 z2 z3 a1 40 5 8 a2 45 4 4 Mit z1 bis z3 die verschiedenen Ziele (hier: z1 = Fahrtdauer in Minuten, z2 = Kosten je Fahrt in Euro, z3 = Bequemlichkeit auf einer Skala von 1 bis 10) und a1 = Fahrt mit dem Auto und a2 = Fahrt mit dem ÖPNV.
Ein anderer Entscheider an einem anderen Ort der Stadt kann ein anderes Zielsystem haben, zum Beispiel:
z1 z2 z3 a1 30 4 -5 a2 60 6 -2 Diesem Entscheider könnte dabei die Bequemlichkeit völlig egal sein, so dass für ihn z3 ein Ausdruck für die ökologischen Folgen des jeweiligen Verkehrsmittels ist.
Hinsichtlich der erwünschten Zielausprägungen gilt das oben gesagte: Möglich sind Maximierung, Minimierung, Fixierung oder Satisfizierung.
Zielbeziehungen
Ziele können in unterschiedlichen Beziehungen zueinander stehen (Laux, 2003, S. 67ff.):
- Zielindifferenz bzw. Zielneutralität: Die Erreichung des einen Ziels wird durch das andere Ziel nicht beeinflusst, das Entscheidungsproblem kann in jeweils eindimensionale Teilprobleme zerlegt werden.
- Zielkomplementarität: Die Erreichung des einen Ziels erleichtert die Erreichung des anderen Ziels. Beispiel: Englischkenntnisse und Urlaub in England. Wenn Ziel 1 ist, möglichst gut Englisch zu können und Ziel 2 ist, möglichst viel Urlaub in England zu verbringen, dann verbessert eine hohe Erreichung des Ziels 2 (viel Urlaub in England) automatisch die Zielerreichung bei Ziel 1.
- Zielkonflikte bzw. Zielkonkurrenz: Die eigentlich problematische Situation entsteht, wenn Ziele konfliktär zueinander sind, also die Zielerreichung von Ziel 1 sich negativ auf das Ziel 2 auswirkt. Beispiel: Geld verdienen und Freizeit: Je mehr Freizeit man haben will, desto weniger kann man arbeiten, desto weniger Geld verdient man.
Entscheidungsregeln bei multikriteriellen Entscheidungsproblemen
Das Dominanzprinzip
Zur Vereinfachung des Entscheidungsproblems sollten diejenigen Alternativen nicht betrachtet werden, die von anderen Alternativen dominiert werden. Eine Alternative wird dann dominiert, wenn es mindestens eine weitere Alternative gibt, die in allen Zielen mindestens genauso gut abschneidet und in mindestens einem Ziel besser ist. (Anmerkung: Ziele bezeichnet hier nicht den Zustand, sondern ist an die Art der Dominanz gebunden)
Es können unterschiedliche Arten der Dominanz auftreten, unter anderem absolute Dominanz, Zustandsdominanz sowie Wahrscheinlichkeitsdominanz. Zustandsdominanz liegt vor, wenn der Ergebniswert einer Handlungsalternative A in jedem Zustand mindestens gleich und in mindestens einem Zustand größer als bei Handlungsalternative B ist und ist das strengste Kriterium d.h. es impliziert auch absolute Dominanz, sowie Wahrscheinlichkeitsdominanz.
Strenge oder strikte Dominanz besteht, wenn die dominierende Alternative in allen Zielen besser abscheidet.
Beispiel (Zustandsdominanz):
z = Umweltzustand
a = Handlungsalternativez1 z2 z3 a1 10 5 8 a2 10 6 8 a3 7 7 7 Alternative 1 wird hier von Alternative 2 dominiert und muss nicht mehr betrachtet werden. Zwar ist Alternative 2 in Zustand 1 und Zustand 3 besser als Alternative 3, allerdings nicht in Zustand 2, so dass Alternative 3 nicht dominiert wird.
Lexikographische Ordnung
Bei diesem Verfahren wird eine Rangordnung der Ziele erstellt. Zunächst wird nur das wichtigste Ziel angesehen und bewertet, daher wird das Verfahren auch als Zielunterdrückung bezeichnet. Kommt man dabei nicht zu einem Ergebnis, weil mehr als eine Alternative hinsichtlich des wichtigsten Ziels gleichwertig ist, dann wird das nächstwichtigste Ziel angeschaut und so weiter. Dies kann zu unplausiblen Ergebnissen führen.
Beispiel: (Ziel 1 sei am wichtigsten vor Ziel 2 vor Ziel 3)
z1 z2 z3 a1 101 0 0 a2 100 100 100 Obwohl Alternative 2 im Ziel 1 nur knapp schlechter abschneidet, in den beiden anderen Zielen aber deutlich besser, würde nach der lexikographischen Ordnung Alternative 1 gewählt.
Zielgewichtung
Bei der Zielgewichtung wird auch eine Rangordnung der Ziele erstellt, allerdings muss für jedes Ziel ein Gewichtungsfaktor bestimmt werden. Bei der Entscheidung werden die verschiedenen Ziele bei jeder Alternative mit dem jeweiligen Gewichtungsfaktor multipliziert und aufsummiert. Die Alternative, die hierbei den höchsten Wert erhält, wird ausgewählt. Im Gegensatz zur lexikographischen Ordnung werden bei jeder Alternative aber alle Zielausprägungen berücksichtigt, d.h. eine besonders hohe Ausprägung des zweitwichtigsten Ziels kann eine niedrige Ausprägung des wichtigsten Ziels kompensieren.
Körth-Regel
Es wird die Maximierung des minimalen (relativen) Zielerreichungsgrades angestrebt. Dazu wird jeweils die maximale Ausprägung eines Zieles in allen Alternativen gesucht und alle Werte der Zielausprägung in der Spalte durch diesen Wert geteilt. In der Nutzenmatrix sind die Werte jetzt auf das Intervall [0..1] normiert, es wird also nicht mehr die Zielausprägung angegeben, sondern die relative Zielerreichung im Vergleich zum möglichen Maximum. Jede Alternative (Zeile) wird nach dem minimalen relativen Zielerreichungsgrad bewertet (zeilenweise das Minimum gesucht). Die Alternative, die hierbei den höchsten Wert aufweist, wird gewählt
wobei ujk der Nutzen der Alternative j in Bezug auf Ziel k ist.
Beispiel:
z1 z2 z3 a1 16 20 5 a2 4 10 10 a3 8 8 8 Maximum 16 20 10 Diese Matrix wird jetzt transformiert:
z1 z2 z3 Minimum a1 1 1 0,5 0,5 a2 0,25 0,5 1 0,25 a3 0,5 0,4 0,8 0,4 Damit ergibt sich eine Präferenzordnung: Alternative 1 (0,5) besser als Alternative 3 (0,4) besser als Alternative 2 (0,25).
Nutzwertanalyse
Die Nutzwertanalyse wird auch Punktbewertung oder Scoringmodell genannt. Hier wird jedem Zielkriterium ein Punktwert auf einer Punktskala zugeordnet. Diese werden dann gewichtet und addiert, sodass die Alternative mit dem höchsten Punktwert die beste ist.
Zielprogrammierung
Die Methode der Zielprogrammierung wird auch Goal-Programming genannt. Hierbei versucht man die Summe der gewichteten Abweichungen zu minimieren. Dabei wird für ein Ziel ein zu erreichender Wert festgelegt. Die Abweichungen der Alternativen werden dann gewichtet (auch unterschiedliche Gewichte nach oben und unten). Diese Werte können dann noch potenziert werden und werden zum Schluss summiert. Die kleinste Summe gewinnt.
mit als Zielvorgabe und zi(x) als Zielfunktionswert der Alternative i
wobei
- die Abweichung des Zieles i nach unten,
- die Gewichtung der Abweichung der Zieles i nach unten,
- die Abweichung nach oben,
- die Gewichtung der Abweichung der Zieles i nach oben und
- p der Abweichungsfaktor (üblicherweise = 1) ist.
Meistens sind , womit nicht zwischen der Abweichung nach oben und unten unterschieden wird.
Analytic Hierarchy Process
Der Analytic Hierarchy Process (AHP) bietet Unterstützung für ein hierarchisches Zielsystem und ist mathematisch anspruchsvoller, aber auch präziser.
Literatur
- v. Zwehl, W.: Entscheidungsregeln, in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Teilband 1, 5. Aufl., Schäffer-Poeschel, 1993
- Laux, H.: Entscheidungstheorie, 5. Auflage, Berlin u.a., Springer, 2003
- Bamberg, G. und Coenenberg, A. G.: Betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre, 13. Auflage, München: Verlag Vahlen, 2006
Siehe auch
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