Epigrammatiker

Epigrammatiker

Das Epigramm (altgr. ἐπίγραμμα epigramma „Aufschrift“) ist ursprünglich eine Aufschrift an einem Weihgeschenk, einem Grabmal, einem Kunstwerk und ähnlichem, lediglich mit dem Zweck der Bezeichnung des Gegenstandes und dessen Bedeutung.

Später erhielten diese Inschriften eine poetische Erweiterung, indem sie in knappster Fassung des Sinnes, meist in Distichen, auch Gefühlen und Gedanken Raum gaben, die sich an die betreffende Person, Handlung oder Begebenheit knüpften, und bildeten sich so zu einer selbständigen Dichtungsgattung heraus. Gotthold Ephraim Lessing erklärt das Epigramm als Gedicht, in welchem nach Art der eigentlichen Aufschrift unsere Aufmerksamkeit und Neugierde auf irgendeinen einzelnen Gegenstand erregt und mehr oder weniger hingehalten werden, „um sie mit Eins zu befriedigen“.

Erwartung und Aufschluss sind daher die beiden wesentlichen Teile des Epigramms, von denen erstere (wie ein Rätsel) durch einen scheinbaren Widerspruch gespannt, letzterer durch eine überraschende Deutung des Sinnes herbeigeführt wird (daher auch der deutsche Name Sinngedicht für Epigramm, kreiert von Philipp von Zesen). Begründer der epigrammatischen Kunst war Simonides von Keos, dessen Epigramme, zum großen Teil als Monumente der Kämpfer in den Perserkriegen gedichtet, Muster poetischer Auffassung sind und sich durch Schärfe des Gedankens und großartige Einfachheit auszeichnen. In der Folge fand das Epigramm breite Pflege, und der poetische Sinn der Griechen entfaltete in dergleichen kleinen Gedichten noch lange eine große Anmut, Vielseitigkeit und Gewandtheit, auch nachdem ihnen die Kraft zu größeren Produktionen entschwunden war.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ein Teil des reichen Nationalschatzes griechischer Epigramme ist in der Griechischen Anthologie erhalten. Von den Griechen kam die epigrammatische Poesie nach Rom und wurde hier mit Vorliebe gepflegt, nahm aber bald den vorwiegend satirischen Charakter an. In der Periode des Augustus werden die ersten Dichter Roms sowie die angesehensten Männer des Staates unter den Epigrammdichtern genannt. In diese Zeit fällt Domitius Marsus. Das Bedeutendste aber, was sich von dieser Art Poesie der Römer erhalten hat, sind die Epigramme des Martial; in späterer Zeit tritt noch Ausonius hervor. Auch bei den romanischen Völkern trug das Epigramm meist den beißenden Charakter, wurde aber zum Teil zum Madrigal, zum Teil auch zum Sonett umgestaltet. Die historische Bezeichnung für ein satirisches Epigramm lautet im Deutschen Stachelreim.

Am beliebtesten war es in Frankreich, wo Clément Marot (1495-1544) als der erste bekannte Dichter in dieser Gattung genannt wird. Mittels des Epigramms pflegte sich besonders seit Richelieus Zeiten und kurz vor dem Ausbruch der Revolution die zum Stillschweigen verurteilte politische Opposition zu äußern. In England wusste vornehmlich John Owen (1616-1683) den Ton des Martial zu treffen. Den Beinamen „Der englische Martial“ trug ein anderer John Owen (1564-1622). Als die ältesten deutschen epigrammatischen Produkte gelten die „Priameln“ des 13. und 14. Jahrhunderts, die jedoch, ähnlich den Sinngedichten des Orients (Indien, Persien), mehr allgemeine Sitten- und Weisheitssprüche sind.

Im 17. Jahrhundert hielt man sich in Deutschland an das Vorbild der Alten und nahm sich Martials sarkastische Schärfe zum Muster; so beispielsweise Friedrich von Logau und Christian Wernicke oder später im 19. Jh. Heinrich von Kleist. Goethes und Schillers Epigramme sind, die scharf treffenden Xenien ausgenommen, meist Sinnsprüche allgemeineren Inhalts. Ähnlich auch bei Lessing und Friedrich Haug. Aus neuerer Zeit sind August Graf von Platen, Franz Grillparzer, Friedrich Hebbel, Erich Kästner und Friedrich Theodor Vischer anzuführen. Die beliebteste Form des Epigramms ist noch heute das Distichon, das als vollkommenes formales Schema angesehen werden kann, in dem der Hexameter die Erwartung, der Pentameter den kurz zusammenfassenden Aufschluss gibt. Indessen eignet sich auch der kurze Jambus mit passenden Reimverschlingungen als Träger des Epigramms.

Literatur

Die Theorie des Epigramms behandelten Lessing in den „Anmerkungen über das Epigramm“ und Herder in der Abhandlung „Über das griechische Epigramm“, jener vorzugsweise in Bezug auf das satirische Epigramm der Römer, dieser im Anschluss an die griechische Anthologie von einem umfassenderen Gesichtspunkt aus. Sammlungen von Epigrammen veröffentlichten R. Benedix („Sammlung deutscher Epigramme“, Leipzig 1861), Booth („Epigrams, ancient and modern“, 2. Aufl., London 1865) und Dodd („Epigrammatists“, 2. Aufl., London 1875).

Die beste neuere Einführung in Theorie und Praxis des Epigramms (mit Beispielen) findet sich bei: Peter Hess, Epigramm, Stuttgart: Metzler 1989 (Sammlung Metzler, 248; ISBN 3-476-10248-3)

  • Paul Barié: Martial. Gespiegelte Wirklichkeit im römischen Epigramm (Exemplarische Reihe Literatur und Philosophie, Band 17) Sonnenberg, Annweiler 2004 ISBN 978-3933264343 (Marcus Valerius Martialis wurde 40 n. Chr. geboren und hat in seinen Epigrammen das Leben der römischen Kaiserzeit in einer unübertrefflichen formalen Vollendung wiedergegeben. Man kann die 1500 Gedichte, von denen hier eine Auswahl steht, wie einen Gesellschaftsroman in Aphorismen lesen, ein Ensemble von tausend Begegnungen und Reaktionen des Dichters auf seine Zeit und auf den sozialen und literarischen Hintergrund.)

Musik

Seit dem 20. Jahrhundert wird vor allem im deutschsprachigen Bereich der Begriff Epigramm auch als Titel für Kompositionen verwendet. Entweder ist es Vokalmusik, die literarische Epigramme vertont, z. B.:

oder es sind Miniaturen mit epigrammatischem Charakter für instrumentale Besetzungen, z. B.:

Siehe auch

Weblinks


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