- Erdwerke
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Der Begriff Erdwerk bezeichnet in der Archäologie ein Bodendenkmal aus Gräben und Palisaden, die obertägig nicht mehr zu erkennen sind[1]. Diese können durchaus Einbauten aus Holz oder Stein enthalten haben (was aber nur durch eine Ausgrabung zu klären ist) und gehen teilweise auf eine Befestigungsanlage zurück. Im neuzeitlichen Festungsbau bezeichnet Erdwerk eine aus Erde aufgeschüttete Befestigung.
Inhaltsverzeichnis
Funktion
Als mögliche Funktionen führt Steuer an:
- Befestigung oder befestigter Wohnsitz einer Elite ("Herrensitz")
- Befestigte Siedlung
- Viehkraal
- Versammlungsplatz
- rituelles Zentrum
- Bestattungsplatz, vor allen für Exkarnation/Entfleischung
- "Tabu-Ort"[2].
Neolithikum
Altneolithikum
Erdwerke tauchen mit der Bandkeramischen Kultur 5500 v.Chr. in Mitteleuropa auf. Sie sind in Eilsleben (Sachsen-Anhalt) bereits seit der ältesten Bandkeramik belegt, aber besonders in der späten Bandkeramik häufig:
- Darion (Belgien)
- Erkelenz-Kückhoven (Nordrhein-Westfalen)
- Esbeck (Niedersachsen)
- Heilbronn-Neckargartach (Baden-Württemberg)
- Köln-Lindenthal (Nordrhein-Westfalen)
- Langweiler 3, 8 und 9 (Nordrhein-Westfalen)
- Schletz (Österreich)
- Vaihingen an der Enz (Baden-Württemberg)
Derzeit sind beinahe 100 Erdwerke belegt. Weil die Anzahl in Deutschland mit mehr als 60 den Löwenanteil ausmacht, gehen die geringen Anzahlen in Österreich (4), Belgien (6), Frankreich (4), Ungarn (2), Niederlande (3) und Tschechien (4) möglicherweise auf Forschungsdefizite zurück. Grabungen in Herxheim bei Landau (Rheinland-Pfalz) und in Rosheim (Elsass) zeigen, dass die Grabensysteme dieser Erdwerke unterbrochen waren und aus Gruben bestanden, die mit organischem oder anderem Material einschließlich menschlicher Knochen und schließlich mit Erde aufgefüllt wurden. Deshalb ist eine kultische Deutung möglich. Erdwerke zeigen eine Innenbebauung wie in Vaihingen an der Enz (LBK) oder sind nahezu fundleer (LW9). Ihre Grubenwerke hatten jeweils nur eine kurze Nutzungsdauer.
Mittelneolithikum
In der Stichbandkeramik werden über einen relativ kurzen Zeitraum Kreisgrabenanlagen mit meist vier Öffungen und Pfahlsetzungen errichtet. Bekannte Beispiele sind Künzig-Unternberg (Bayern) und die Goseck (Sachsen-Anhalt). Auch die Träger der Rössener Kultur bauen Erdwerke. Die Trichterbecherkultur errichtet zwischen 4000 und 3500 v. Chr. Erdwerke in Norddeutschland.
Jungneolithikum
Früher wurden die unterbrochenen Erdwerke der Michelsberger Kultur als Verteidigungsanlagen oder Viehgehege gedeutet. Die Erdwerke der Michelsberger Kultur, des Chasséen bzw. des britischen Frühneolithikums haben zahlreiche Unterbrechungen, was sie als Verteidigungsanlage ungeeignet erscheinen lässt. Forscher wie Dixon interpretieren die Unterbrechungen jedoch als Ausfalltore und verweisen auf die zahlreichen Funde von Pfeilspitzen, beispielsweise in Crickley Hill, als Beleg der fortifikatorischen Funktion.
Von den im Jahr 1996 bekannten 31 Erdwerken der Trichterbecherkultur liegen 4 in Schleswig-Holstein, eines in Niedersachsen und eines in Schweden. Die 25 dänischen Anlagen verteilen sich auf Jütland (11), Seeland (7) und Fünen (4). Je eines liegt auf Alsen, Bornholm und Langeland.
Eisenzeit
Die späteisenzeitlichen Viereckschanzen (4.-2. Jh. v.Chr.) werden als Hof- oder Kultplätze gedeutet.
Britische Inseln
Auf den Britischen Inseln existieren folgende Erdwerktypen:
- causewayed enclosures
- Henges, z.B. in Avebury und Durrington Walls
- Höhenbefestigungen, die sich meist der Form der Hügel oder Sporne (Abschnittswall) anpassen
- Die in Irland Rath genannten Anlagen sind zum Teil sehr klein und bestehen in manchen Landesteilen aus Trockenmauern. Insgesamt gibt es mehr als 35.000 Exemplare.
Siehe auch
Literatur
- Robert Koch: Das Erdwerk der Michelsberger Kultur auf dem Hetzenberg bei Heilbronn-Neckargartach, Theiss, 2001, ISBN 3806216401
- R. J. Mercer: Causewayed Enclosures, 1990, ISBN 0747800642
- Dirk Raetzel-Fabian, Irene Kappel: Erdwerk und Megalithgrab bei Calden - Mittelpunkt einer Region vor 5000 Jahren - Die Ergebnisse der Ausgrabungen 1988-1990 bei Calden, Krs. Kassel, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, ISBN 3898220915
- K. Schmidt: Bandkeramische Erdwerke - Verteidigungsanlagen?, in: Varia neolithica IV, 2006, ISBN 3-937517-43-X
- D. Schyle: Das jungneolithische Erdwerk von Salzkotten-Oberntudorf, Kr. Paderborn, Zabern, 1997, ISBN 3805324227
Einzelnachweise
- ↑ H. Steuer: Stichwort Erdwerk, im Reallexikon der germanischen Altertumskunde (begründet von Johannes Hoops), Heinrich Beck et al. (Hrsg.), Berlin, De Gruyter 1973 ff. 443
- ↑ H. Steuer: Stichwort Erdwerk, im Reallexikon der germanischen Altertumskunde (begründet von Johannes Hoops), Heinrich Beck et al. (Hrsg.), Berlin, De Gruyter 1973 ff. 446
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