Erfurt-Stotternheim

Erfurt-Stotternheim
Lage Stotternheims in Erfurt hervorgehoben

Stotternheim ist ein Ortsteil von Erfurt (Thüringen) mit 3.554 Einwohnern auf einer Fläche von 15,75 km².

Stotternheim ist einer der größten Ortsteile der Stadt. Es liegt etwa vier Kilometer nördlich von Erfurt und gehört seit 1994 zur Stadt. Vorher gehörte Stotternheim zum Kreis Erfurt-Land.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Einer der alten Namen des Dorfes Stutirheim könnte Stutenheim als Hinweis auf ein Zentrum der Pferdezucht bedeuten, die bereits zur Zeit der Hermunduren im Gebiet des heutigen Thüringen bedeutend war. Erstmalig urkundlich erwähnt wurde der Ort im Jahr 1088 in Zusammenhang mit einem Herrn von Stotternheim. 1269 zerstörte die Stadt Erfurt die Stotternheimsche Wasserburg, die zum „Raubschloss“ der „Raubritter von Stotternheim“ geworden war, und übernahm den Ort als erstes Erfurter Dorf. Die Familie von Stotternheim zog nach Erfurt und stellte dort eine Reihe herausragender Persönlichkeiten. Hiob von Stotternheim wurde als Waidjunker reichster Bürger der Stadt. Anfang des 17. Jahrhunderts war er mehrmals Ratsmeister und erbaute den Renaissance-Bau Stotternheimsches Palais in Erfurt. Otto von Stotternheim war zweimaliger Rektor der Erfurter Universität. Der Waidanbau spielte in Stotternheim eine große Rolle. Nach einer Legende wurde Martin Luther auf einem Acker bei Stotternheim am 2. Juli 1505 von einem schweren Gewitter heimgesucht, was ihn dazu bewegt haben soll, Mönch zu werden.

Im Jahr 1699 wurde Stotternheim von einem Brand völlig vernichtet, 1791 kam es wieder zu einem Feuer, welches 74 Wohnhäuser zerstörte. 1704 wurde die evangelische Kirche eingeweiht. Von 1795 bis 1800 wurde der Schwansee trockengelegt. 1802 wurde Stotternheim mit Erfurt preußisch, von 1806 bis 1814 Teil der Erfurter „Domäne“ Napoleons. Am Krieg gegen Napoleon 1813/14 nahmen auch Stotternheimer Freiwillige teil. Im Jahr 1815 wurde auf dem Wiener Kongress beschlossen, Stotternheim und Umgebung an das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach zu übertragen. Bis 1920 gehörte es zu diesem Staat.

Zwischen 1828 und 1950 wurde in Stotternheim Steinsalz gewonnen. 1847 konnte auch ein dann vielbesuchtes Solbad „Louisenhall“ (Name nach der Weimarer Großherzogin Luise) eröffnet werden. 1887 förderte erstmals die Saline „Neuhall“ Sole zur Steinsalzgewinnung. Die Bahnstrecke Sangerhausen–Erfurt durch Stotternheim wurde 1881 eröffnet. 1895 erhielt Stotternheim Telefon-, 1902 Strom-Anschluss. 1900 hatte der Ort 1471 Einwohner. Der Kur- und Badebetrieb von Louisenhall wurde 1943 eingestellt.

Am 11. April 1945 wurde Stotternheim von US-Truppen besetzt. Diese erschossen 13 deutsche Soldaten (3 von ihnen unbekannt), die sie in der alten Saline „aufgegriffen“ hatten.[1]

Anfang Juli 1945 wurden die Amerikaner von der Roten Armee abgelöst, Stotternheim wurde Teil der SBZ. Im Solbad kam es zu Plünderungen.

Der Freiherr Hans-Heinz von Wangenheim wurde im Juli 1945 von seinem "Siedelhof" (genannt "Das Schloss") vertrieben und enteignet. Der Siedelhof war ein nach Brand eines jahrhundertealten Vorgängerbaus 1791 errichteter, mehrfach erweiterter, schiefergedeckter Fachwerkbau mit sehr wertvollen Sammlungen von Kunstschätzen und Bibliothek, über deren Verbleib nach Einzug von Behörden nichts Sicheres bekannt ist. Der Gutspark wurde abgeholzt.[2] Das Gebäude wurde dem Verfall preisgegeben und in den 1970er Jahren restlos beseitigt.

Die Saline Neuhall (Besitzer Gebrüder Eberhardt) wurde enteignet und 1949 stillgelegt.

Von 1949 an gehörte Stotternheim zur DDR und machte so weiterhin die in der SBZ begonnenen gesellschaftlichen Veränderungen mit. 1952 konnte trotzdem -nach erheblichem Widerstand der Behörden- eine katholische Kirche eingeweiht und die Kirchgemeinde St. Marien gegründet werden. Mit Flüchtlingen und Heimatvertriebenen waren viele Katholiken nach Stotternheim und Umgebung gekommen.

In den 1960er Jahren entstanden eine Reihe von Häuserblocks im typischen Stil des AWG-Wohnbaus. 1959/60 wurden die Schornsteine der Saline und die Wohnhäuser der Siede- und Bademeister abgetragen.

1980 gründete sich die Punkband Schleim-Keim in Stotternheim, die hauptsächlich in Kirchen auftrat.

Nach der Wende 1990 entstanden neue Wohngebiete. 1994 wurde Stotternheim in die Landeshauptstadt Erfurt eingegliedert.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Sehenswürdigkeiten

  • Evangelische Kirche St. Peter und Paul von 1704
  • Kirchhof mit historischen Grabsteinen und dem Gemeinschaftsgrab für 13 deutsche Soldaten, die am 11.April 1945 bei der amerikanischen Besetzung ums Leben kamen.
  • Historisches Pfarrhaus
  • Katholische Kirche von 1952
  • Sanierungsbedürftiges, architektonisch interessantes Herrenhaus eines früheren Gutes
  • Der "Lutherstein" aus schwedischem Granit wurde 1917 am Fuße des Galgenhügels errichtet. An dieser Stelle soll der frisch promovierte Magister Martin Luther auf dem Fußweg von Eisleben nach Erfurt 1505 unter dem Eindruck eines bedrohlichen Gewitters das Gelöbnis geleistet haben, Mönch zu werden.
  • Der Felsenkeller ist eine parkähnliche Anlage mit Resten der alten Burgruine
  • Von einem früheren Ehrenhain für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs am nördlichen Ortsausgang stehen nur noch die Umfassungsmauern.

Umgebung

  • Das Gebiet um das frühere Solbad Louisenhall (in Richtung Nöda links von der Straße) von 1847 ist ein Flächendenkmal mit Resten der früheren Bebauung, den Grundmauern der ehemaligen Kureinrichtung und typischen Salzpflanzen auf den Wiesen der Nachbarschaft
  • Strandbad Stotternheim am Stotternheimer See, einem früheren Kiessee.
  • In der weiteren Umgebung Stotternheims entsteht die Landschaft der Erfurter Seen.

Wirtschaft und Infrastruktur

Unternehmen

  • PAARI Waagen- und Anlagenbau GmbH & Co. KG - Eine der größten Waagenbaufirmen Mitteldeutschlands
  • PAARI Systemhaus GmbH - Entwickelt Software für Wägesysteme

Medien

Der Ort verfügt über eine eigene Ortszeitschrift, die monatlich erscheint. Mit der Ausgabe Juni 2006 übernahm eine neu gegründete Redaktion aus Stotternheimer Bürgern dieses Heimatblatt Stotternheim von einem Udestedter Werbestudio. Die Publikation versucht, Ortsgeschehen zu chronologisieren, sowie eigene Themen aus dem Ort aufzugreifen. Die Auflage liegt bei 1850. Finanziert wird die Zeitschrift aus Anzeigeneinnahmen und einem Zuschuss des Ortschaftsrates, der als Herausgeber fungiert. Das Heimatblatt Stotternheim ist kostenlos.

Verkehr

Stotternheim besitzt seit 1881 einen Bahnhof, über den eine Zugverbindung nach Erfurt und Magdeburg besteht. Südlich des Ortes verläuft die A 71, an der der Ort die gleichnamige Anschlussstelle Nr. 8 Erfurt-Stotternheim besitzt. Von Stotternheim führen Straßen nach Erfurt, Sömmerda, Straußfurt, Kühnhausen, Schwerborn und Alperstedt.

Persönlichkeiten

  • Georg Peter Weimar (* 1734 in Stotternheim, † 1800 in Erfurt): Musiker, wurde Nachfolger von Johann Wilhelm Hässler als erfolgreicher Konzertveranstalter in Erfurt
  • Johann Friedrich Möller (* 1789 in Erfurt, aufgewachsen in Stotternheim, † 1861 in Magdeburg): 1815 bis 1843 Pfarrer und Superintendent in Erfurt, ab 1843 Domprediger und Generalsuperintendent in Magdeburg und Provinz Sachsen. Dichter des Kirchenlieds "Geh hin nach Gottes Willen".
  • Walter Rein (* 1893 in Stotternheim, † 1955 in Berlin): Komponist, 1929 Ruf an die Hochschule für Musik in Weimar, dann an Musikakademien in Kassel und Frankfurt, 1935 auf eine Professur an die Staatliche Hochschule für Musikerziehung nach Berlin. Die von ihm im Geiste der "neuen Singart" bearbeiteten Volkslieder gehörten zu den meistgesungenen in Jugendkreisen.

Einzelnachweise

  1. Helmut Wolf: Erfurt im Luftkrieg 1939 bis 1945. Schriften des Vereins für Geschichte und Altertumskunde von Erfurt e.V. Glaux-Verlag Jena 2005. ISBN 3-931743-89-6. S. 232
  2. Hans-Heinz Freiherr von Wangenheim: "Der Siedelhof der Freiherren von Wangenheim in Stotternheim". In: Erfurter Heimatbrief Nr.28, 6.Juni 1974, S.38-42

Weblinks

51.05611111111111.0422222222227Koordinaten: 51° 3′ N, 11° 3′ O


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