Erwin Torre

Erwin Torre
Rudolf von Sebottendorf

Rudolf von Sebottendorf (auch: von Sebottendorff), alias Erwin Torre, eigentlich Adam Alfred Rudolf Glauer (* 9. November 1875 in Hoyerswerda, † 8./9. Mai 1945 in Istanbul) war ein Abenteurer, Okkultist und Gründer der Thule-Gesellschaft. Im Umfeld der völkisch-germanischen, teils antisemitischen Geheimbünde der 1910er und 1920er Jahre war Sebottendorf einer der Wegbereiter des späteren Nationalsozialismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sein Lebenslauf ist nicht sicher belegt und stützt sich in erster Linie auf seine eigenen, teils widersprüchlichen Angaben. So war Glauer von 1897 bis 1900 als Techniker in Ägypten unterwegs. Von 1901 bis 1914 hielt er sich in der Türkei auf. Dort wurde er nach eigenen Angaben von Baron Heinrich von Sebottendorf adoptiert. Unter der Anleitung eines jüdischen Kaufmanns namens Termudi soll er zum Meister der Rosenkreuzer aufgestiegen sein. Darüber hinaus beschäftigte er sich mit dem Sufismus und der Theosophie-Lehre von Helena Blavatsky, sowie dem ariosophischen Ableger der Theozoologie des Lanz von Liebenfels. Er erwarb die türkische Staatsbürgerschaft und leitete während der Balkankriege von 1912 und 1913 den türkischen Roten Halbmond. Spätestens 1917 kehrte er mit großen Geldmitteln, deren Herkunft nicht mehr festzustellen ist, nach Deutschland zurück. Er trat dem völkischen Germanenorden bei und erhielt den Auftrag, einen bayerischen Ableger des Ordens aufzubauen. Diesen gründet er 1918 mit der radikal-antisemitischen Thule-Gesellschaft in München. Zu den Mitgliedern zählten mehrere Personen, die später auch in der NSDAP bzw. in deren Umfeld eine wichtige Rolle spielten. So zum Beispiel Dietrich Eckart, Gottfried Feder, Rudolf Heß und Alfred Rosenberg. Hitler trat 1920 mit der Thule-Gesellschaft in Kontakt. Ob er ein reguläres Mitglied wurde, wird heute mangels Belege bezweifelt. Er war aber zu mehreren Vorträgen als Gast der Thule-Gesellschaft im Hotel Vier Jahreszeiten anwesend.

Im Juli 1918 übernahm Rudolf von Sebottendorf die Zeitung „Münchner Beobachter“ von der Franz Eher Nachfolger Verlags GmBH und übernahm dort die Aufgabe des Chefredakteur selbst. Er nutzte das Boulevardblatt, um eine jugendliche Zielgruppe zu erreichen. Bereits im August 1918 wurde die Zeitung in „Völkischer Beobachter“ umbenannt.

Als im November 1918 die Münchner Räterepublik ausgerufen wurde, zählte die Thule-Gesellschaft ungefähr 250 Mitglieder. Sebottendorf gründete aus diesem Kreis einen „Kampfbund“, der Waffen beschaffte und aus dem das Freikorps Oberland hervorging, das u.a. bei der Niederschlagung der kommunistischen Münchner Räterepublik und des Ruhraufstands 1920 beteiligt war.

Der Mörder des Bayrischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner war der kurz zuvor wegen seiner jüdischen Mutter aus der Thule-Gesellschaft ausgeschlossene Anton Graf von Arco auf Valley.

Rudolf von Sebottendorf veröffentlichte 1933 sein Buch „Bevor Hitler kam“, das allerdings verboten wurde. 1934 verließ er Deutschland, um sich wieder in der Türkei niederzulassen. Allerdings wird auch teilweise angenommen, Sebottendorf habe Deutschland bereits 1919 verlassen. In den Jahren 1942 bis 1945 soll er in Istanbul sowohl für die deutsche Abwehr als auch den britischen Geheimdienst gearbeitet haben. Darüber hat auch der Chef der deutschen Abwehr in Istanbul, Herbert Rittlinger, in seinem Buch „Geheimdienst mit beschränkter Haftung. Bericht vom Bosporus“ (Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart, 1973) ausführlich berichtet. Direkt nach der deutschen Kapitulation wurde Sebottendorfs Leiche im Bosporus gefunden. Die Todesursache war unklar, offiziell geht man von Suizid aus.

Werke

  • Der Talisman des Rosenkreuzers. (Roman) Baum, Pfullingen (1925)
  • Die Symbole des Tierkreises: eine Symbolik jeden Grades nach alten Quellen gesammelt. Theosophisches Verlagshaus, Leipzig 1920.
  • Geschichte der Astrologie. Theosophisches Verlagshaus, Leipzig 1923.
  • Die Praxis der alten türkischen Freimaurerei. Theosophisches Verlagshaus, Leipzig (1924).
  • Bevor Hitler kam. Urkundliches aus der Frühzeit der nationalsozialistischen Bewegung. Deukula-Verlag, München 1933. Neuausgabe: Faksimile-Verlag, Bremen 1982.

Literatur

  • Dietrich Bronder: Bevor Hitler kam, eine historische Studie. Marva, Genf 1975. ISBN 3-85800-002-7
  • Wilfried Daim: Der Mann, der Hitler die Ideen gab. VMA-Verlag, Wiesbaden 2000. ISBN 3-928127-73-X (über Lanz von Liebenfels)
  • Hermann Gilbhard: Die Thule-Gesellschaft. Vom okkulten Mummenschanz zum Hakenkreuz. Kiessling Verlag, München 1994. ISBN 3-930423-00-6
  • Nicholas Goodrick-Clarke: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus. 2. Auflage. Leopold Stocker Verlag, Graz 2000, ISBN 3-7020-0795-4.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Torre — bezeichnet: der Torre (Turm) genannte Turmbau der korsischen Frühzeit, verdankt den Namen der Torre Kultur oder „Torreaner“ eintrug, darunter die Torre von Torre, ein Turmbau in dem gleichnamigen Ort Torre (Haute Corse) auf Korsika Torre… …   Deutsch Wikipedia

  • Erwin Finlay-Freundlich — Saltar a navegación, búsqueda Torre Einstein en Potsdam Erwin Finlay Freundlich (29 de mayo, 1885 24 de julio, 1964) fue un astrónomo, matemático y …   Wikipedia Español

  • Torre Einstein — en Potsdam. La Torre Einstein es un observatorio astrofísico situado en el Parque de las Ciencias de Albert Einstein, en la ciudad alemana de Potsdam, diseñado por el arquitecto Erich Mendelsohn. Fue construida para el astrónomo Erwin Finlay… …   Wikipedia Español

  • De la Torre — Torre bezeichnet die Torre (Turm)n genannten Turmbauten der korsischen Frühzeit, die ihr den Namen Torre Kultur oder Torreaner eintrug die Torriani (Patriziergeschlecht), ein lombardisches Patriziergeschlecht, die sich del Torre nannten. Torre… …   Deutsch Wikipedia

  • Reinher della Torre — (da Torre) († 9. November 1209 in Chur) war von 1194 bis zu seinem Tod Bischof von Chur. Leben Reinher, Sohn des Alcherius, entstammte einem italienischen Adelsgeschlecht, das seit 1173 die Gerichtsbarkeit im Bleniotal besass. Er wurde vermutlich …   Deutsch Wikipedia

  • Rudolf von Sebottendorf — Rudolf Freiherr von Sebottendorff (or von Sebottendorf) was the alias of Adam Alfred Rudolf Glauer (November 9, 1875 ndash; May 8, 1945), who also occasionally used another alias, Erwin Torre. He was an important figure in the activities of the… …   Wikipedia

  • Adam Alfred Rudolf Glauer — Rudolf von Sebottendorf Rudolf von Sebottendorf (auch: von Sebottendorff), alias Erwin Torre, eigentlich Adam Alfred Rudolf Glauer (* 9. November 1875 in Hoyerswerda, † 8./9. Mai 1945 in Istanbul) war ein Abenteurer, Okkultist und Gründer der… …   Deutsch Wikipedia

  • Adam Glauer — Rudolf von Sebottendorf Rudolf von Sebottendorf (auch: von Sebottendorff), alias Erwin Torre, eigentlich Adam Alfred Rudolf Glauer (* 9. November 1875 in Hoyerswerda, † 8./9. Mai 1945 in Istanbul) war ein Abenteurer, Okkultist und Gründer der… …   Deutsch Wikipedia

  • Adam Rudolf Glauer — Rudolf von Sebottendorf Rudolf von Sebottendorf (auch: von Sebottendorff), alias Erwin Torre, eigentlich Adam Alfred Rudolf Glauer (* 9. November 1875 in Hoyerswerda, † 8./9. Mai 1945 in Istanbul) war ein Abenteurer, Okkultist und Gründer der… …   Deutsch Wikipedia

  • Freiherr von Sebottendorf — Rudolf von Sebottendorf Rudolf von Sebottendorf (auch: von Sebottendorff), alias Erwin Torre, eigentlich Adam Alfred Rudolf Glauer (* 9. November 1875 in Hoyerswerda, † 8./9. Mai 1945 in Istanbul) war ein Abenteurer, Okkultist und Gründer der… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”