Erziehungsbonus

Erziehungsbonus
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Das Erziehungsgehalt, auch Hausfrauengehalt genannt, ist konzipiert als Anerkennung und Entgelt der in den Familien geleisteten Arbeit zur Versorgung und Erziehung der Kinder. Das Entstehen der politischen Forderung nach einem Erziehungsgehalt wird auf ein Gespräch mit Joseph Beuys auf der Documenta 5 im Jahr 1972 zurückgeführt.[1] Der Begriff „Gehalt“ steht nicht im engeren Sinne für ein Entgelt für ein weisungsgebundenes Arbeitnehmerverhältnis, denn die Verantwortung für die Sorge und Erziehung soll bei diesem Konzept weiterhin unangetastet bei den Eltern verbleiben, sondern er soll verdeutlichen, dass es sich um eine Entlohnung für eine konkrete Leistung handeln soll und nicht um eine Form der Sozialhilfe.

In jüngster Zeit ist ein vergleichbares Konzept als Erziehungsprämie oder Erziehungsbonus als finanzielle Anerkennung von Erziehungsarbeit vorgeschlagen worden, von Kritikern auch abwertend „Herdprämie“ genannt; dieses Modell steht in der Kritik, da es Mütter davon abhalte, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.[2][3] Der Begriff Herdprämie wurde 2007 Unwort des Jahres, da er laut dem Juryvorsitzenden Horst Dieter Schlosser Eltern, insbesondere Frauen, die ihre Kinder zu Hause erziehen, diffamiere.[4]

Inhaltsverzeichnis

Modelle für ein Erziehungsgehalt

Kernelemente vieler Modelle für ein Erziehungsgehalt sind eine finanzielle Anerkennung der Familienarbeit und ihre Neubewertung im Hinblick auf die Rente. In einigen Modellen ist das Erziehungsgehalt von einer Vollzeit-Tätigkeit in Familienarbeit abhängig; andere sehen eine vollständige, bzw. im Kindergartenalter teilweise, Umstellung der Förderung von Betreuungseinrichtungen von einer Förderung der Einrichtungen (Objektförderung) auf eine Förderung für die Familien (Subjektförderung) vor, um eine Wahlmöglichkeit der Betreuungsform zu gewährleisten.

Unter den vielen verschiedenen Erziehungsgehalts-Modellen[5][6] sind insbesondere folgende zu erwähnen:

  • das „Erziehungsgehalt 2000“ (Deutscher Arbeitskreis für Familienhilfe)[5][6][7][8][9] einer einkommensteuerpflichtigen Bezahlung für das erste und jedes weitere Kind in abnehmender Höhe pro Kind, zum Teil einkommensabhängig und eventuell mit Erziehungsgutschein,
  • ähnlich das „sozialversicherungspflichtige Erziehungsgehalt“ der „Landesarbeitsgemeinschaft Familienpolitik“ der Linkspartei Saarland (u.a. Christa Müller) einer einkommensteuerpflichtigen Bezahlung pro Kind in mit dem Kindesalter abnehmender Höhe,[10]
  • das Modell des Bundeslandes Sachsen[5] einer Nettoleistung für die ersten Lebensjahre jedes Kindes unabhängig vom Umfang einer eventuellen Erwerbstätigkeit des Erziehenden,
  • das „Weidener Modell“ (Katholische Arbeitnehmer Bewegung)[5] einer Bezahlung an diejenigen, die Erziehungsarbeit oder Pflege leisten ohne außerhäuslich erwerbstätig zu sein,
  • das „Trierer Modell“ (Diözesanverband des Familienbundes der Deutschen Katholiken)[6][11] eines steuer- und sozialversicherungspflichtigen Gehaltes, je nach Kinderzahl in Höhe eines Drittels bis 100% des Durchschnittsverdienstes aller Sozialversicherten,
  • das Modell der ÖDP[6][12] einer steuer- und sozialversicherungspflichtigen Bezahlung orientiert sich an der Höhe des durchschnittlichen Erwerbseinkommens eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers. Es soll in voller Höhe gezahlt werden, wenn z. B. drei Kinder unter 7 Jahren zu erziehen sind und in halber Höhe bei einem Kind. Bei älteren Kindern soll es deutlich geringer sein. Voll erwerbstätigen Eltern soll es in gleicher Höhe zustehen, so dass sie damit eine Fremdbetreuung ihrer Wahl finanzieren können.
  • das Modell der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA)[6] einer erwerbsarbeitszeitunabhängigen und einkommensunabhängigen Geldleistung je Kind netto mindestens in der Höhe der Betriebskosten außerhäuslicher Kindertagesbetreuung und teilweise in Form eines „Betreuungsgutscheins“ für den Kindergarten,
  • das Modell der Deutschen Hausfrauengewerkschaft (dhg)[6] (inzwischen in den Verband der Deutschen Familienfrauen und -männer übergegangen) einer Vergütung für Erziehungsarbeit in Höhe eines durchschnittlichen Männergehaltes unabhängig von einer eventuellen Erwerbstätigkeit unter Streichung der Subventionen für Kindertagesbetreuung, sowie
  • das „Kinderbetreuungsscheck“ Modell (Österreichisches Institut für Familienforschung ÖIS)[6] mit Orientierung entweder am Karenzgeld oder am Existenzminimum, mit einem „Scheck“ für den Kindergarten und eigener Sozialversicherung.

Die Modelle unterscheiden sich in Aspekten wie Höhe und Dauer der Bezüge, Steuer- und Sozialpflichtigkeit und Finanzierung. Allen gemein ist ein gewisser Anteil an Finanzierung durch Umschichtung. Letztere wird sowohl von Befürwortern als auch von Kritikern als Argument angeführt: von Befürwortern - ein Erziehungsgehalt finanziere sich selbst - und von Kritikern - es bringe den Betroffenen keine echte Nettoverbesserung.

Realisierungen vergleichbarer Modelle

In Finnland wird ein steuerpflichtiges Kinderbetreuungsgeld gezahlt, wenn Eltern ihr unter 3-jähriges Kind zuhause betreuen.[13]

In Schweden wurde eine ähnliche Entwicklung abgelehnt, mit dem Argument, das Kinderbetreuungsgeld stelle für Frauen eine Falle dar, indem es sie in der Küche und fern vom Arbeitsmarkt hielte.[14]

In Norwegen wurde 1998 ein Betreuungsgeld eingeführt.[5] Es wird oft in Kombination mit einem Kindergartenplatz genutzt. In den ersten drei Jahren nach der Einführung erhielten es fast 80% der Eltern; in den nächsten neun Jahren sank der Anteil auf 58 Prozent.[15] Es wird laut Angaben von Arni Hole, Generaldirektorin im norwegischen Ministerium für Kinder und Gleichstellung, in der Variante eines völligen Verzichts auf den Kindergartenbesuch nahezu ausschließlich von Unterschicht- und Einwandererfamilien genutzt.[15] Auf den Arbeitsmarkt bezogen wird das Betreuungsgeld mit einem Rückgang der Frauenerwerbstätigkeit in Zusammenhang gebracht.[16]

Positionen der Parteien in Deutschland

Das Erziehungsgehalt wird von den Parteien Die Linke, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen sowie der Mehrheit und der Leitungsebene der CDU unter Angela Merkel und Ursula von der Leyen abgelehnt. Diese setzen auf andere Formen der Familienförderung (insbesondere Kindergeld und Ausbau von Krippenplätzen). Bund und Länder unter Führung von Peer Steinbrück (SPD) und Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) vereinbarten in diesem Zusammenhang die Einführung eines Rechtsanspruches auf einen Krippenplatz ab 2013. Die CSU konnte sich in diesen Verhandlungen nicht mit ihrer Forderung nach einem Erziehungsgehalt durchsetzen.[17][18][19]

Der Vorschlag wurde im Herbst 2007 wieder aufgegriffen, ist aber auch innerhalb der CDU/CSU-Fraktion nicht unumstritten.[15][20]

Die Forderung nach einem Erziehungsgehalt wurde von mehreren deutschen Kleinparteien aufgegriffen, unter anderem von der Familien-Partei Deutschlands[21], von den als rechtsorientiert oder rechtsextrem eingestuften Parteien der Republikaner[22] und der Freiheitlich-Deutschen Volkspartei (FDVP)[23] (2003 in die Deutsche Partei übergegangen), sowie von den kirchlich orientierten Parteien Christliche Partei Deutschlands (CPD)[24] (inzwischen der Deutschen Zentrumspartei angeschlossen) und der Partei Bibeltreuer Christen (PBC).[25]

Diskussion um alternative Formen der Anerkennung der Erziehungsarbeit

In den Diskussionen um eine Reform des Erziehungsgeldes während der Jahre vor der großen Koalition standen dem Erziehungsgehalt Modelle eines Familiengeldes oder eines einkommensorientierten Elterngeldes entgegen. So befürworteten CDU/CSU ein Familiengeld[5] mit einer Nettoleistung für die ersten drei Lebensjahre, das mit dem Kindergeld und Kinderfreibeträgen zu verrechnen sei, das Bundesfamilienministerium stellte das Elterngeld-Konzept[5] vor, auch in Anlehnung an das norwegische Eltern- und Betreuungsgeld.[5] Die SPD forderte flexible Kinderbetreuung und einen Ausbau der Ganztagsschulen, die Grünen eine Kindergrundsicherung und die PDS (inzwischen in Die Linke übergegangen) verlangte Kindertagesstätten, Ganztagsschulen und ein existenzsicherndes Kindergeld.[26]

Kritiker des Erziehungsgehalts, so etwa die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung verwiesen am Beispiel anderer Länder wie Frankreich oder Schweden auf deren dem Erziehungsgehalt genau konträr angelegte Konzepte, die auf eine kontinuierliche Erwerbsarbeit von Müttern und Anreize für Väter zur Teilhabe an der Kinderbetreuung setzen.[27]

Die Forderungen des Deutschen Familienverbandes[5] beinhalteten eine Erhöhung von Kinderfreibeträgen und des Kindergeldes sowie ein dreijähriges Erziehungsgeld mit Einkommensobergrenzen, jeweils als Netto-Zahlungen, kostenlose Kindergartenplätze, eine Erweiterung der rentenrechtlichen Kindererziehungszeiten auf sechs Jahre in Form einer kinderzahlabhängigen Elternrente sowie eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Bezug auf bessere Betreuungsangebote, ein Recht auf Elternteilzeit und eine Unterstützung des beruflichen Wiedereinstiegs.

Als mögliche Form einer Anerkennung von bisher nicht oder kaum honorierter Arbeit (Familienarbeit aber auch allgemeiner zum Beispiel ehrenamtlicher Arbeit) wird auch ein solidarisches Bürgergeld und ein bedingungsloses Grundeinkommen angeführt.[28]

Weitere Elemente der Diskussion

Zielsetzung

Das Modell des Erziehungsgehaltes 2000 hatte drei Ziele.

  1. Zum einen sollte es die Erziehungsarbeit aufwerten. Es ist eine gesellschaftliche Arbeit. Sie wird jedoch nur entlohnt, wenn sie von öffentlichen Betreuungspersonen übernommen wird. Das Erziehungsgehalt sollte dazu beitragen, die materielle Gleichwertigkeit von familiärer Erziehungsarbeit und Erwerbstätigkeit herzustellen.
  2. Ein weiteres Ziel war, mehr Partnerschaft in der Elternschaft zu erreichen. Das Ziel bestand hier darin, die noch immer umfassende gesellschaftliche Benachteiligung von Frauen zu beseitigen. Damit eine Partnerschaft unter gleichen Bedingungen möglich ist, müssen entsprechende äußere Rahmenbedingungen geschaffen werden.
  3. Außerdem sollten mehr gesellschaftliche Investitionen in der häuslichen und außerhäusliche Erziehungsarbeit getätigt werden. Bildung und pädagogische Begleitung wird immer wichtiger. Das Erziehungsgehalt sollte als ein Bestandteil der Investitionen in die nachwachsende Generation gesehen werden. Gleichzeitig sollte aber auch ermöglicht werden, teilweise aus dem Berufsleben aussteigen zu können.

Vor- und Nachteile

Um zu verdeutlichen, ob dieses Modell die genannten Ziele erreichen kann, gilt es, die Vor- und Nachteile kritisch gegenüberzustellen. Da der Grundgedanke war, die derzeitige familiäre Situation insbesondere im finanziellen, partnerschaftlichen und gesellschaftlichen Bereich zu verbessern, stellt sich zuerst die Frage, was die Vorteile seien. Wesentliche Argumente zu diesem Thema werden auch unter dem Gesichtspunkt der Verteilungsgerechtigkeit bezüglich der Finanzierung von Kinderkrippenplätzen aufgeführt.

Argumente für das Erziehungsgehalt

  • Erziehungsarbeit ist kein privates Gut. Kinder sind unser Zukunftskapital. Zur Zeit ist sie einem Kollektivgut wie z.B. Umweltschutz gleichgestellt. Auch den Kindern selbst würde somit wieder mehr Bedeutung beigemessen.
  • Ein weiterer Punkt ist, dass durch das Erziehungsgehalt eine materielle Gleichwertigkeit von familiärer Erziehungsarbeit und Erwerbsarbeit hergestellt wird. Ab sofort würden eben nicht mehr nur Betreuungspersonen im außerhäuslichen Bereich, sondern auch die familiäre Erziehungsarbeit entlohnt werden. Somit wäre diese nicht mehr selbstverständlich, sondern auch eine Leistung (Leistungsausgleich). Der Wert der Familien- und Erziehungsarbeit wird in der Öffentlichkeit und gerade von den Männern oft deshalb so niedrig eingeschätzt, weil sie unbezahlt bleibt und deshalb keine Leistung zu sein scheint.
  • Nicht zuletzt sollte es auch den Männern einen wirtschaftlichen Anreiz geben, sich mehr an dieser Arbeit zu beteiligen.
  • Zusätzlich wollte man bei Einrichtungen wie Kindertagesstätten in Zukunft von der Objektförderung auf eine Subjektförderung, in Form eines nicht zu versteuernden Erziehungsgutschein, umstellen. (So wurde etwa in einer Studie des DIW auf das Gutscheinmodell hingewiesen, zugleich aber auch die Notwendigkeit von Qualitätsstandards betont.[29]) Somit könne man die außerhäusliche Betreuung fördern. Es gebe Studien, die belegen, dass ein Aufenthalt in Kindertagesstätten die Entwicklung der Kinder jeden Alters vorantreibe. Ihr soziales Verhalten sei besser ausgeprägt als bei Kindern, die nur in der Familie aufgewachsen sind. Dieser Erziehungsgutschein würde außerdem die Wahlfreiheit der Eltern bei der Auswahl des Betreuungsplatzes erhöhen und ihre Nachfrageposition stärken. Diese Umschichtung von Fördermitteln stellte eine wichtige Säule für die solide Finanzierung dieses Modells dar.
  • Des Weiteren hätten die Eltern mit dem Erziehungsgehalt die Entscheidungsfreiheit, ob sie ihre Kinder zum Teil außerhäuslich betreuen ließen oder dies selbst übernehmen wollten.
  • Ein anderes Argument für das Erziehungsgehalt ist, dass die Mütter, sofern das Erziehungsgehalt hoch genug wäre, auf ein zusätzliches Einkommen nicht mehr angewiesen wären. Dadurch könnten sie sich mehr und besser um die Kinder kümmern.
  • Dass einkommensschwache Familien von Sozialhilfe und anderen soziale Leistungen unabhängig würden hätte Vorteile, zum Beispiel eine zu erwartende positive psychologische Wirkung (DFV, S. 14).[5] Ein Erziehungsgehalt würde voraussichtlich einen erziehenden Personenkreis aus der Abhängigkeit der Sozialhilfe, mit den damit verbundenen Nachteilen der Notwendigkeit der finanziellen Offenlegung der Verhältnisse und einer möglichen Stigmatisierung, entheben. Befürworter eines Erziehungsgehalts unterstreichen, es gewähre denjenigen, die eine bewusste Wahl für eine Haus- und Erziehungstätigkeit getroffen haben, eine zumindest teilweise und vorläufige finanzielle Absicherung.
  • Einer der wesentlichen Vorteile des Erziehungsgehalts wäre, je nach Modell, eine dauerhafte Grundsicherung; auch oder gerade nach der Volljährigkeit der Kinder; sie solle gewährleisten, dass die Mütter nach einem langen Ausstieg aus dem Erwerbsleben abgesichert sind, falls sie an ihren alten Arbeitsplatz nicht zurückkehren können und auch sonst keine andere geeignete Arbeit finden.

Argumente gegen das Erziehungsgehalt

  • Auch die Umstellung von der Objekt- auf die Subjektförderung würde für die Eltern, sofern die Förderung die bestehende Höhe der Unterstützung für Kinderkrippenplätze wesentlich unterschreite, zu einer hohen finanziellen Belastung führen, insofern als der Betreuungsplatz dann nicht mehr in bestehendem Maße staatlich unterstützt würde, sondern zu einem größeren Teil von der Familie selbst finanziert werden müsste. Ähnliches träfe zu, wenn der Erziehungsgutschein nur einen Teil dieser Kosten decke. Alleinerziehende wären unter Umständen gezwungen, aus finanziellen Gründen auf eine außerhäusliche Betreuung zu verzichten. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass der DFV für den Kindergarten aufgrund seines pädagogischen Auftrags eine Kostenfreiheit (Objektförderung) favorisierte (DFV, S. 15).[5]
  • Der Deutsche Familienverband kritisierte 2004 am Modell Erziehungsgehalt 2000, dass es aufgrund der Anrechenbarkeit auf die Sozialtransfers zum Beispiel Alleinerziehende mit Kind effektiv kaum besser stelle als zuvor und favorisierte daher stattdessen eine Erhöhung des (damaligen) Erziehungsgeldes (DFV, S. 3).[5]
  • Umgekehrt wird kritisiert, ein einheitliches Erziehungsgehalt verleite finanziell schlecht gestellte Eltern dazu, ihre Kinder auch ohne genügende pädagogische Anregung zuhause zu betreuen.[30] Es würde zudem vor allem auf schlecht ausgebildete Frauen ohne anderweitige Zukunftsperspektiven große Anziehung ausüben. Dort sei jedoch bereits heute die Geburtenrate recht hoch, die Zukunftsaussichten der Kinder (und damit auch deren späterer Nutzen für die Gesellschaft) hingegen statistisch schlecht. Für besser ausgebildete Frauen würde hingegen eine Berufstätigkeit weiterhin finanziell interessanter sein als die Kindererziehung.
  • Des Weiteren wird angemerkt, dass das Erziehungsgehalt in erster Linie den erwerbslosen Frauen zugute komme. Besser ausgebildete Mütter würden ihre berufliche Karriere nicht unterbrechen und das Erziehungsgehalt voll für eine Betreuung außer Haus verwenden. Das Ziel, dass sich die Mütter wieder mehr selbst um die Kinder kümmern können, sei somit verfehlt.
  • Die dreijährige Ausfallzeit durch den derzeitigen Erziehungsurlaub erschwere schon jetzt den Wiedereinstieg in das Erwerbsleben. Da es durch das Erziehungsgehalt zu einer Ausfallzeit von 7 oder mehr Jahren kommen kann, würde ein Wiedereinstieg so gut wie unmöglich werden. Es käme zu einer dauerhaften Verdrängung der Mütter vom Arbeitsmarkt, was ein gleichstellungs- und arbeitsmarktpolitischer Rückschritt wäre und die latente Armut vergrößern würde.[31] Eine Regelung zum Kündigungsschutz fehle bei diesem Modell. Ein Erziehungsgehalt - gleich welcher Ausprägung - wirke insofern der Geschlechtergleichstellung entgegen, als es längere Unterbrechungen oder gänzliche Beendigung der Erwerbstätigkeit und der damit verbundenen möglichen Einflussnahme auf die Gesellschaft favorisiere aber, je nach Modell, nicht zur Existenzsicherung der Familie ausreiche und somit Vätern keine echten Anreize zur Familientätigkeit biete.
  • Ein nicht zu übersehendes Argument ist auch, dass sich allein durch das Erziehungsgehalt das Verhalten der Eltern gegenüber ihren Kindern noch lange nicht verändert. Nur weil sie mehr Zeit zur Verfügung haben, heißt das nicht, dass diese auch den Kindern zugute käme. Das hat viel mit der Einstellung der Einzelnen zu tun. Nicht selten widmen sich voll Erwerbstätige sehr intensiv ihren Kindern. Andere, die genügend Zeit zur Verfügung hätten, verbringen diese anderweitig. Die Qualitätskontrolle bei der Erziehung sei nicht gegeben.
  • Man befürchte auch eine Art „Verstaatlichung“ der Kindererziehung. So wurde die Frage aufgeworfen, ob sich ein Erziehungsgehalt überhaupt mit der elterlichen Erstverantwortung für die Kinder nach Artikel 6 des Grundgesetzes vereinbar sei (DFV, S. 4).[5] Wenn der Staat bzw. die Gesellschaft die Familien finanziell unterstützt, dann würde er/sie als Gegenleistung etwas erwarten. Das könnte bedeuten, dass an die Familien überzogene Ansprüche in der Kindererziehung gestellt würden. Andererseits werden durch das staatliche Erziehungsgehalt unterhaltsverpflichtete Eltern von ihrer finanziellen Eigenverantwortung entbunden. Die wirtschaftlichen Lasten der Kindeserziehung haben der Staat und damit die Gesamtheit der Bürger zu tragen.
  • Auch die Annahme, dass dadurch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt, sei fraglich. In ähnlichen Situationen (wie z.B. Gehaltserhöhungen, Steuerermäßigungen) hat sich gezeigt, dass die Bevölkerung vor einem Konsumverhalten zuerst das Sparverhalten aktiviert.
  • Befürworter einer stärkeren Erwerbstätigkeit von Frauen bezweifeln, ob sich die zum Teil heute immer noch bestehende Ansicht, dass die Mutter für die Erziehungsarbeit zuständig ist, durch diese Modell ändern werde und ob dadurch wirklich mehr Männer diese Arbeit übernehmen würden. So könnten Männer durch die Übernahme der Erziehungsarbeit einen gewissen Statusverlust befürchten oder sie könnten sich der zumindest in Westdeutschland vorherrschenden Meinung der Gesellschaft anschließen, das Mutter-Kind-Verhältnis leide, wenn Frauen nach der Geburt der Kinder erwerbstätig bleiben.

Siehe auch

Referenzen

  1. Das Konzept "Erziehungsgehalt 2000", Michael Opielka, Aus Politik und Zeitgeschichte (B 3-4/2000), Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) (abgerufen am 23.10.2006)
  2. FiBS: Erziehungsbonus ist Fernhalteprämie vom Arbeitsmarkt für Mütter, Pressemitteilung, Informationsdienst Wissenschaft, 15. Mai 2007 (abgerufen am 7. Juni 2007)
  3. CSU pocht auf Betreuungsgeld - Unionsstreit über Erziehungsbonus, Handelsblatt, Samstag, 26. Mai 2007 (abgerufen am 7. Juni 2007)
  4. Sueddeutsche Zeitung: Das Unwort des Jahres: "Herdprämie"
  5. a b c d e f g h i j k l m Modellvergleich Erziehungsgehalt – Familiengeld – Elterngeld, 27.10.2004 (abgerufen am 23.10.2006)
  6. a b c d e f g Aufwertung der elterlichen Erziehungsarbeit in der Einkommensverteilung - Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen eines "Erziehungseinkommens", Max Wingen (abgerufen am 23.10.2006)
  7. Das Konzept “Erziehungsgehalt 2000”, Michael Opielka, (erschienen in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 3-4, 2000, S. 13-20) (abgerufen am 23.10.2006)
  8. Erziehungsgehalt 2000 - Ein Weg zur Aufwertung der Erziehungsarbeit, Christian Leipert und Michael Opielka, April 1998, Institut für Sozialökologie (ISÖ), Bonn, im Auftrag des Deutschen Arbeitskreises für Familienhilfe e.V., Freiburg, ISBN 3-9806156-0-X (abgerufen am 23.10.2006)
  9. Das Konzept "Erziehungsgehalt 2000", Michael Opielka, Aus Politik und Zeitgeschichte (B 3-4/2000), Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) (abgerufen am 23.10.2006)
  10. Ja zu Kindern, Ja zur Familie, Ja zur bezahlten Erziehungsarbeit!
  11. Martin Ulrich, Das "Trierer Modell", Webseite der ÖDP (abgerufen am 24.10.2006)
  12. http://www.oedp.de/themen/familie-kinder/oedp-politik/erziehungsgehalt/artikel
  13. Familienpolitik in Finnland, Abschnitt „Kinderbetreuungsgeld“, Dirk Bange und Herbert Wiedermann, Online-Familienhandbuch, 6. September 2007 (abgerufen am 19. November 2007)
  14. Warum bekommen die Schweden mehr Kinder als die Deutschen? Jan M. Hoem. Auch erschienen in: Demographic Research 2005, Vol. 13, Art. 22, Seite 559–572 (abgerufen am 17. November 2007)
  15. a b c In Norwegen ist das Betreuungsgeld umstritten, Dagmr Dehnmer, 29. Oktober 2007, www.tagesspiegel.de (abgerufen am 19. November 2007)
  16. Skandinavien: Betreuungsgeld bremst Frauenerwerbstätigkeit - Analyse in den aktuellen WSI-Mitteilungen, Rainer Jung (Hans-Böckler-Stiftung), Informationsdienst Wissenschaft, 16. November 2007 (abgerufen am 19. November 2007)
  17. [http://www.n-tv.de/836732.html n-tv:Beckstein und die Gerechtigkeit CSU beharrt auf Herdprämie]
  18. [http://www.n-tv.de/844568.html Rechtsanspruch ab 2013 Krippenausbau kommt]
  19. Tagesschau:Bund und Länder legen Kita-Streit bei
  20. Gegen die Kinder und ihre Mütter, Ulrike Meyer-Timpe, Die Zeit online, 8. November 2007 (abgerufen am 19. November 2007)
  21. http://www.familien-partei-deutschlands.de/cms/media/downloads/FAMILIE_Landtagswahl_SWH_2005_Flyer_Wahlprogramm.pdf (abgerufen am 23.10.2006)
  22. http://www.der-republikaner.de/rep001/rep0203/rep_zeitung0203_texte3.htm und http://www.der-republikaner.de/rep000/REP10/rep_zeitung10_texte3.htm (abgerufen am 23.10.2006)
  23. http://209.85.129.104/search?q=cache:tEP1dKrhhhIJ:www.landtag.sachsen-anhalt.de/ltpapier/drs/3/d4961wan.doc+erziehungsgehalt&hl=en&ct=clnk&cd=47 (abgerufen am 23.10.2006)
  24. http://www.cpd-online.de/aktuell/010817_erziehungsgehalt.htm (abgerufen am 23.10.2006)
  25. http://www.pbc.de/archiv-2005/Programm/Erziehungsgehalt.htm - sowie ein Diskussionsforum der PBC und Abschnitt 2.3. Mutter - ein vollwertiger Beruf mit Gehaltszahlung des Grundsatzprogramms der PBC (abgerufen am 23.10.2006)
  26. Statt Familiengeld — Arbeit neu verteilen, Gisela Notz, Sozialistische Zeitung (SoZ), Juni 2002, Seite 7 (abgerufen am 23.10.2006)
  27. Kapitel 6. Konzeptionelle Alternative zum Erziehungsgehalt, in: Mutter, Kind und Vater Staat: geschlechterpolitische Aspekte des Erziehungsgehalts / Barbara Stiegler. (Expertisen zur Frauenforschung). ISBN 3-86077-783-1, Electronic ed.: Bonn: FES Library, 1999 (abgerufen am 23.10.2006)
  28. Bedingungsloses Grundeinkommen und Solidarisches Bürgergeld - mehr als sozialutopische Konzepte, Hamburgisches WeltWirtschafts Institut HWWI, 26. März 2007, Seite 143 (abgerufen am 28. April 2007)
  29. Kindertageseinrichtungen in Deutschland - Ein neues Steuerungsmodell bei der Bereitstellung sozialer Dienstleistungen, DIW-Wochenbericht 18/00
  30. Holger Elias, Preis für »Herdprämie«, Tageszeitung Junge Welt, 3. November 2007 (abgerufen am 4. November 2007)
  31. Gerhard Bäcker, Armut und Unterversorgung im Kindes- und Jugendalter: Defizite der sozialen Sicherung, a.a.O., S. 267. Zitiert nach: Familie und Familienpolitik im Wandel, Christoph Butterwegge, Seiten 15–16

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