- Eteostichon
-
Ein Chronogramm ist ein Satz oder eine Inschrift, meist in lateinischer Sprache, bei der alle darin vorkommenden Buchstaben, die zugleich römische Zahlensymbole sind (I, V, X, L, C, D, M), zusammengezählt die Jahreszahl des Ereignisses ergeben, auf das sich der Text des Chronogramms bezieht. Die Zahlensymbole sind hierbei meist hervorgehoben, etwa durch größer herausgearbeitete Buchstaben, als Großbuchstaben an sich und/oder Vergoldung.
Im „reinen Chronogramm“ enthält jedes Wort ein Zahlzeichen, im „natürlichen Chronogramm“ stehen die Zahlzeichen darüber hinaus in der richtigen Reihenfolge, z. B. AMORE MATVRITAS = MMVI = 2006. Ein Chronogramm, dessen Text dem Versmaß des Distichon folgt, heißt Chronodistichon.
In der Antike waren Chronogramme noch nicht bekannt. Sie kamen im Mittelalter auf und waren besonders in der Barockzeit als Widmungsinschriften und als Epitaphe beliebt.
Inhaltsverzeichnis
Beispiele in chronologischer Reihenfolge
- 1671: unterhalb des Goldenen Dachls in Innsbruck wurde eine Inschrift angebracht, die an die Restaurierungsarbeiten nach den heftigen Erdbeben von 1671 erinnern soll: restaVror post horrenDos ContInVo ano et VLtra perpessos terrae MotVs (= Ich werde nach den schrecklichen Erdbeben, die ununterbrochen in diesem Jahr und darüber hinaus erlitten worden sind, wiederhergestellt.)
- 1702: unter einer Marienstatue an der Fassade der Liebfrauenkirche zu Koblenz: sanCta MarIa De paCe ora pro nobIs (= Heilige Maria vom Frieden bitte für uns)
- 1709: LILICIDIVM (= Tod der Lilie/Lilientötung), zum Sieg der Englischen Truppen über die Französischen in der Schlacht bei Malplaquet, eine Anspielung auf das damalige französische Nationalsymbol, die Bourbonenlilie
- 1710: Pfarrhaus in Marktbreit am Main: AEDES HVC POSITAE PERSTENT IN NOMINE CHRISTI (= Das hierher gestellte Haus möge in Christi Namen Bestand haben!)
- 1715: ehem. Klosterkirche St. Joseph, Gronau/Leine: DeVs CertVs aspeCtor MeVs (Gott schaut mich an mit sicherem Blick)
- 1724: am Kloster Marienrode: PaX hVIC aeDI, DabIt hos faVores IesVs et VIrgo pIa, ne fVrores noXII sVrgant, rapIDIVE VentI sInt vIoLentI (= Friede diesem Hause. Jesus und die milde Jungfrau schenke gnädig dass nicht schädliches Wüten sich erhebe oder Sturmwinde zerstören.)
- 1725: am "Haus zur Groe" in Marktbreit am Main: EN MEA SPES AEDES CERTAE AC PAX ARXQVE BEATA (= Seht meine Hoffnung: ein sicheres Haus und Frieden und eine glückliche Burg!)
- 1732: an der Kapitelschwemme in Salzburg: LEOPOLDVS PRINCEPS ME EXSTRVXIT (= Fürst Leopold hat mich errichtet); gemeint ist der Fürsterzbischof von Salzburg Leopold Anton Eleutherius, Freiherr von Firmian
- 1744: im Tympanon der Barockkirche (des heutigen Aegidiussaals) in Bornheim-Hersel: SVb praesIDIo CLeMentIs AVgVstI eXaLtatVr rVrsVs (unter dem Schutz von Clemens August wurde [diese Kirche] abermals erhöht [gebaut und geweiht, als Nachfolgebau einer zerstörten Kirche])
- 1745: Fassade des Schlossgut Groß Schwansee an der Lübecker Bucht: Favente • Iehova • Erexi • Faveat • Dominvs • Iehova • Cvstos • Erecti •
- 1748: Epitaph Frech in Marktbreit am Main: FRECHIADVM EXVVIAE HAC POST FATA QVIETE FRVVNTVR (= Die sterblichen Hüllen der Familie Frech genießen nach ihren Schicksalen diese Ruhe.)
- 1750: Königswinter-Kloster Heisterbach: PAX CVIQVE INTRANTI RVRSVM PAX HIN CREDE VNTI (anno) ROMAE SANCTO DE SOLO AT TOLLEBAR
- 1751: nahe der Aegidiuskirche in Bornheim-Hersel: ChrIsto Dabat CLeMens (Clemens weihte [dieses Steinkreuz] Christus). Dieselbe Jahreszahl wird auf einer anderen Hinterlassenschaft desselben Fürsten, an der „Heiligen Stiege“ auf dem Bonner Kreuzberg, durch einen ca. fünfmal so langen Text dargestellt: SCaLa IesV pro nobIs passI a CLeMente AVgVsto ELeCtore et AntIstIte CoLonIensI pIe aVgVste pretIose eXstrVCta et fInIta (die Stiege Jesu, der für uns gelitten hat, von Clemens August, dem Kurfürsten und Erzbischof von Köln, fromm, erhaben und kostbar erbaut und vollendet)
- 1767: auf einem Steinkreuz in Bornheim-Uedorf: CrVCIfIXo Data a praeLato HerMano (Christi Leiden gewidmet vom Praelaten Hermann)
- 1771: eX LargIs IaCobI haMaCher posIta fVIt DonIs (= aus einer hochherzigen Spende des Jakobus Hamacher errichtet)
- 1774: am Pöstlingberg in Linz: ARA BEATAE LVGENTIS NECEM FILII QVOTIDIE PRIVILEGIATA (= täglich bevorzugter Altar der seligen, die den Tod ihres Sohnes betrauert)
- 1778: in der Abtei (Südtirol): EXVLTABVNT IN CONSPECTV DOMINI (Psalmus 97)
- 1785: in Eschweiler (Rheinland), Gedenkstein aus dem abgebaggerten Ortsteil Laurenzberg: CRVX CHRISTI SALVTIS? REDEMPTIONIS VESTRÆ PIGNVS L WEITZ M: BARDENHEUERS - MATER DOLOROSA
- 1790: über dem Portal des Schumannhauses in Bonn-Endenich: ConsILIarIVs KaVfMann Has aeDes eXstrVI CVraVIt (der [kurfürstliche] Rat Kaufmann hat dieses Haus bauen lassen)
- 1792: über dem Portal des Kaderhofs in Wesseling-Urfeld: Has aeDes aere proprIo stVXIt Ioannes IosephVs CorMan benefICIatVs eX BLIntrop (Johann Joseph Corman, Lehnsmann aus Blintrop, hat dieses Haus aus eigenem Vermögen gebaut)
- 1813: NVNC GALLICIDIVM. (= Jetzt ist der Tod der Gallier) Bemerkung: Bezogen auf die Völkerschlacht bei Leipzig
- 1851: auf dem Denkmal "Fußfall" in Hochkirchen: haeC CrVX DeVotIone aC proprIIs sVMtIbVs hVIVs pagI renVata. (= Dieses Kreuz wurde aus Pietät und auf Kosten des Dorfes renoviert)
- 1876: in Wengen (Südtirol): GLORIA PERPETVA LAVS DEO EX HOC TEMPLO SANCTO SVO. (= Ewiger Ruhm und Lob aus diesem seinem heiligen Tempel.)
- 1896: an einem Straßenkreuz in Bliesheim (Erftstadt): SIt IesV ChrIstI CrVX In CaeLVM nobIs DVX (sei das Kreuz Jesu Christi unser Führer zum Himmel)
- 1959: Am Haupteingang des Stadtgymnasiums Dortmund: sChoLa treMonIense beLLo DIrVta e CInere refeCta" (Dortmunder Schule im Krieg zerstört und aus Asche wieder auferstanden)
- 1967: im Josefskapellchen in Mützenich (Monschau): SANCTE JOSEPH LABORVM NOSTRORVM PROTECTOR FIDELIS LABORA NOBISCVM Bemerkung: 1967 ist das Jahr der Neuerrichtung der Kapelle.
- 2005: Zur Wahl von Papst Benedikt XVI: habeMVs papaM
- 2007: In der Universität in Innsbruck zu Ehren des neugewählten Rektors Karlheinz Töchterle: pLaVsVS eXhIbetVr VnIVersItatIs oenIpontanae MagnIfICo reCtorI neoeLeCto KarLheInz TöChterLe VVLgo fILIoLae a CoLLegIs
Beispiel-Bilder
Literatur (Auswahl)
- Gerhard Dünnhaupt: Chronogramme und Kryptonyme: Geheime Schlüssel zur Datierung und Autorschaft der Werke des Polyhistors Johannes Praetorius, in: Philobiblon 21 (1977), 130-135
- James Hilton: Chronograms, 5000 and more in number, excerpted out of various authors and collected at many places, London: Elliot Stock, 1882.
- James Hilton: Chronograms, continued and concluded, more than 5000 in number, a supplement volume to 'Chronograms', published in the year 1882, London: Elliot Stock, 1885.
- James Hilton: Chronograms, Collected more than 4000 in number since the publication of the two preceeding volumes in 1882 and 1885, London: Elliot Stock 1895.
- Hermann Krüssel (Hg.): Chronogramme - vergessene Kunst in Aachen: ausgewählte Chronogramme aus der Geschichte und Gegenwart Aachens mit Übersetzungen und Erläuterungen. Aachen: Einhard 2005. ISBN 3-936342-42-3
- Eduard Lichter: Chronogramme aus dem Regierungsbezirk Trier und dem Saarland 1419 - 1994. In: Neues Trierisches Jahrbuch 34 (1994), S. 113-142.
Wikipedia-Schwesterprojekte
Weblinks
Wikimedia Foundation.