Ethische Grundprinzipien

Ethische Grundprinzipien
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Wertvorstellungen oder kurz Werte sind Vorstellungen über Eigenschaften (Qualitäten), die Dingen, Ideen, Beziehungen u. a. m. von Einzelnen (sozialen Akteuren) oder von sozialen Gruppen von Menschen oder von einer Gesellschaft beigelegt werden, und die den Wertenden wichtig und wünschenswert sind. Zu unterscheiden ist zwischen Werten als Mittel (z. B. Geld, Werkzeug, Gesetze), die ihren Wert durch ihre Funktion erhalten (äußere Werte) und Werten, die auf Werterfahrungen beruhen, die sich aufgrund von verarbeiteten Erlebnissen im Gefühl verankert haben (innere Werte wie z. B. Freundschaft, Liebe, Gerechtigkeit, Lust, Glück, Wohlbehagen, Harmonie, Pflichterfüllung, Härte, Tapferkeit im Kampf, Disziplin).

Man kann ferner zwischen materiellen Werten und immateriellen Werten unterscheiden. Werte sind die konstitutiven Elemente der Kultur, sie definieren Sinn und Bedeutung innerhalb eines Sozialsystems (Gruppe, Gesellschaft etc.)

Werte können persönliche Werte (z. B. Taktgefühl, Vertrauenswürdigkeit, also was man an jemandem schätzt), materielle Werte (z. B. Geld, Macht, Eigentum), geistige Werte (Weisheit), religiöse Werte (Glaubensfestigkeit) oder sittliche Werte (Treue) sein.

Inhaltsverzeichnis

Wer beschäftigt sich wissenschaftlich mit den Werten?

Es ist durchaus möglich, dass anderen die gleichen „Werte“ unwert, abscheulich, verfolgenswürdig oder verächtlich vorkommen. Warum und wie so oder anders bewertet wird, bearbeiten die Sozialwissenschaften; wozu Werte dienen und welche Seinsweise sie besitzen – z. B. objektiv oder subjektiv, individuell oder allgemeingültig, durch Gefühle bedingt oder als objektive Wertqualitäten –, ist Gegenstand der Philosophie (vergl. auch Wert, Abschnitt „Wertphilosophie und psychologischer Wertbegriff“, Werttheorie).

Die Wertphilosophie geht bereits seit den Anfängen des philosophischen Denkens der Frage nach dem Charakter und der Seinsweise der Werte nach (vergl. Wert), bei Platon und Aristoteles vor allem unter dem Begriff des so genannten Guten. Diese Wertphilosophie platonischen und aristotelischen Ursprungs wurde auch in der Theologie aufgegriffen und im Rahmen der sogenannten Moraltheologie weitergeführt. Obwohl von der Antike vorbereitet, wird der Begriff des Werts aber erst im 19. Jahrhundert ein eigentlich philosophischer Begriff.

Welche Werte als wichtig angesehen werden können, und was überhaupt von wert ist, ist keine empirische Frage und daher stets umstritten. Mit der Begründung von Werten beschäftigt sich in der Philosophie die Axiologie.

Aus Werten leiten sich Regeln und Normen ab

Aus Werten (z. B. dem Wert der Achtung des Eigentums) lassen sich soziale Normen (konkrete Vorschriften für das soziale Handeln) ableiten – z. B. „Wer eine fremde bewegliche Sache, in der Absicht, sie sich anzueignen, wegnimmt …“. Allerdings gehen historisch konkrete Gebote wie „Du sollst nicht stehlen!“ oft ihren Wert-Abstraktionen voraus. Werte sind ein zentraler Bestandteil vieler Verhaltensvorschriften, jedoch sind sie nicht selber Verhaltensvorschriften. Werte sind attraktiv, während Normen restriktiven Charakter haben.

Weitergabe von Werten und Wertewandel

Werte werden i. d. R. über die Sozialisation an nachfolgende Generationen weiter gegeben. Dies geschieht nicht vollständig, so lässt sich beispielsweise in den westlichen Industriegesellschaften innerhalb der letzten Jahrzehnte ein Wertewandel beobachten. Die Ursachen für den Wertewandel sind vielfältig (veränderte Umweltbedingungen, Konflikthaltung gegenüber anderen Generationen etc.). Werte unterscheiden sich von Einstellungen darin, dass Werte stabiler sind.

Die Weitergabe materieller Werte regelt das Vertrags- und Erbrecht (inter vivos, „unter Lebenden“ bzw. mortis causa „Todes halber“).

Konflikte zwischen einzelnen Werten

Das System aller Werte ist scheinbar nicht widerspruchsfrei bzw. einzelne Werte scheinen mit bestimmten anderen Werten in einem Konkurrenzverhältnis zu stehen. So wird gelegentlich postuliert, dass der Wert des Wohlstands im Konflikt mit dem Wert der Nachhaltigkeit oder der Wert der individuellen Freiheit mit anderen Werten (etwa der Gleichheit) steht.

Eine differenziertere Betrachtung ergibt allerdings auch hier ein entsprechend differenzierteres Bild. So werden bei solchen Debatten oft verschiedene Zeit- und Abstraktionsebenen vermischt. Im obigen Beispiel etwa steht der Wert des Wohlstands nur kurzfristig im Konflikt mit dem Wert der Nachhaltigkeit; langfristig kann ohne Nachhaltigkeit auch kein Wohlstand generiert werden. Auch die Freiheit steht im Grunde nicht im Gegensatz zu anderen Werten, sondern mit anderen Freiheiten (bzw. der Freiheit anderer).

Andererseits können in konkreten Situationen jedoch Werte miteinander in Konflikt treten, die abstrakt gesehen durchaus vereinbar scheinen. Es ist dann nicht möglich, sich so zu verhalten, dass man allen Werten gleichzeitig gerecht wird. Jedoch werden auch nicht alle Werte als gleichrangig angesehen, so dass auch in solchen Fällen meist eine mehr oder weniger klare Orientierung gegeben ist. Die jeweilige Gewichtung eines Wertes ist im Einzelfall sowohl situations- als auch kulturabhängig. Aber auch hier ist zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine Kollision von (abstrakt-generellen) Werten an sich, oder vielmehr nicht doch um einen (konkret-individuellen) normativen Zielkonflikt („Pflichtenkollision“) handelt (vgl. hierzu etwa die von Max Weber geprägte Unterscheidung zwischen Verantwortungs- und Gesinnungsethik).

Gibt es universelle Werte?

In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts hat der Psychologe Shalom Schwartz die Frage aufgeworfen, ob es so etwas wie universelle Werte gibt. Er entwarf ein Wertemodell und postulierte eine Anzahl von Werten, die alle Menschen in unterschiedlichen Ausprägungen gemeinsam haben müssten. Seine Theorie ging davon aus, dass Werte von folgenden Termini bestimmt würden:

  • A) Zielzustand vs. Verhalten: terminale und instrumentelle Werte;
  • B) Interesse: kollektive, individualistische und gemischte Werte;
  • C) Aktivationstypen: 3 universelle Forderungen von Werten an die menschliche Existenz:
    • 1. Biologische Bedürfnisse
    • 2. Voraussetzungen für soziale Interaktionen
    • 3. Überleben und Wohlergehen der Gruppe

Sein Modell umfasste 10 Wertegruppen:

  1. Self-Direction (Selbstbestimmung)
  2. Stimulation (Anregung, Ansporn)
  3. Hedonism (Suche nach Glück und Genuss)
  4. Achievement (Erfolg, das Erreichte)
  5. Power (Macht, Kraft)
  6. Security (genauer: Safety, Sicherheit, Schutz)
  7. Conformity (Gruppenzusammengehörigkeit und Gruppendruck)
  8. Tradition
  9. Benevolence (Wohlwollen, guter Wille)
  10. Universalism (weltweite Gültigkeit)

Dann führte er zu diesem Modell eine extrem aufwändige Studie mit 20 teilnehmenden Ländern überall auf der Welt durch und konnte diese zehn Wertegruppen bei jeder Nation, Kultur und Sprache nachweisen. Es gibt also bestimmte Werte, die universelle Bedeutung haben und die Menschen der ganzen Welt gemeinsam haben.

Einschränkend lässt sich zu Schwartz’ Konzept anmerken: Solche Untersuchungen stellen allerdings nur faktische Wertvorstellungen fest, beinhalten jedoch keine echte Allgemeingültigkeit, bzw. Objektivität, sondern allenfalls Tendenzen, da einzelne Individuen immer anders bewerten können und dies in der Praxis auch geschieht. Solche Relativität der Werte, Bewertungen und Werterfahrungen leitet sich daraus ab, dass das eigentliche „Wertvollsein“ ein subjektiver Faktor ist, der letztlich auf Urteilen und Fühlen beruht. Gefühle sind jedoch „kontingent“, d. h. sie gehören nicht notwendig zu den Wertobjekten, mit denen sie wahrgenommen werden (vergl. Wert, Werttheorie, Emotion, Emotionale Intelligenz).

Durchsetzung von Werten

Problematisch ist auch, wie man die allgemein anerkannten Werte durchsetzt. Aus egoistischer Sicht ist es manchmal vorteilhafter, sich nicht an Wertvorstellungen zu halten, insbesondere dann, wenn man eine gute Chance hat, nicht erwischt zu werden. Deswegen muss eine Gesellschaft ein Sanktionssystem aufbauen, damit die Werte möglichst gut von allen eingehalten werden. Ist dieser Druck zu groß, beschneidet man allerdings wieder die individuelle Freiheit des Einzelnen.

Werte im Wirtschaftsleben

Das Thema Werte hat in den letzten Jahren auch in der ökonomischen Diskussion – speziell auf betrieblicher Ebene – eine zunehmende (und neue) Beachtung gefunden. Diskutiert wird insbesondere über das Verhältnis von materiellen und immateriellen Werten in einer wissensbasierten Ökonomie und deren Bewertung (Stichworte u. a.: Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung, Wertemanagement, werteorientierte Personalführung, wertebalancierte Unternehmensführung).

Werte aus Sicht der Wirtschaftsethik

Der Wirtschaftsethiker Karl Homann definiert Werte als "formalisierte Zusammenfassungen bisheriger Erfahrungen mit menschlichem Wollen. [...] Werte stellen den Versuch dar, bisher gemachte persönliche und mehr noch kollektive Erfahrungen in einer verallgemeinerten, oft systematisierten Weise so gegenwärtig zu halten, dass sie für die Lösung konkreter Probleme als Orientierungshilfe dienen können. [...] Werte sind das aus der Tradition erwachsene Arsenal von Beurteilungsgesichtspunkten für menschliches Handeln und speziell für die darin eingelagerte Komponente des menschlichen Wollens. [...] Werte [...] haben grundsätzlich hypothetischen Charakter. [...] Wie die Anwendung einer empirischen Hypothese auf konkrete Erscheinungen diese Erscheinungen erklären soll und darin zugleich die Hypothese überprüft, so soll die Heranziehung von Werten in Entscheidungen eine Lösung des konkreten Problems liefern und überprüft zugleich die herangezogenen Werte auf ihre Leistungsfähigkeit. Die dogmatische Vorstellung der sakrosankten Werte-Welt ist damit endgültig zerstört."[1]


Zitate

  • „Küssen in der Öffentlichkeit, Schinken-Sandwiches, offener Streit, scharfe Klamotten, Kino, Musik, Gedankenfreiheit, Schönheit, Liebe.“ Salman Rushdie auf die Frage wie er die westlichen Werte definiere. [2]
  • Der Volkswirt Hans Wilhelm Ritschl hat in seiner Volkswirtschaftslehre von 1947 (!) angesichts der uferlosen Wertlehren einen nicht unebenen Schüttelreim in einer Fußnote versteckt: Dem, der da lehrt, wehre | nicht seine Wertlehre. | Denn wer lehrt, | stiftet Lehrwert.
  • Wir erleben gegenwärtig eine Renaissance der Werte-Diskussion, die auch und gerade vor den Unternehmenstoren nicht halt macht. Bernhard von Mutius

Siehe auch

Literatur

  • Peter Frey (Hg.): 77 Wertsachen  −  Was gilt heute?, Herder Verlag, Freiburg i. Br. 2007, ISBN 978-3-451-29564-5; 221 S.
  • Thomas Gensicke: Jugend und Religiosität in: Deutsche Shell (Hg.), Jugend 2006. Eine pragmatische Jugend unter Druck. 15. Shell Jugendstudie, Fischer Verlag: Frankfurt/Main, 2006
  • Thomas Gensicke: Zeitgeist und Wertorientierungen in: Deutsche Shell (Hg.). Jugend 2006. Eine pragmatische Jugend unter Druck. 15. Shell Jugendstudie, Fischer Verlag: Frankfurt/Main, 2006
  • Karl-Heinz Hillmann: Wertwandel. Ursachen – Tendenzen – Folgen, Würzburg (Carolus) o. J. [2004], ISBN 3-9806238-1-5
  • Karl Homann: Die Interdependenz von Zielen und Mitteln. Tübingen 1980.
  • Ronald Inglehart, Alejandro Moreno, Miguel Basanez: Human Values and Beliefs: A Cross-Cultural Sourcebook, University of Michigan Press 1998, ISBN 0472108336
  • Helmut Klages, Thomas Gensicke: Wertesynthese – funktional oder dysfunktional? in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialwissenschaft (KZfSS) 58/2006.
  • Bernhard von Mutius: Wertebalancierte Unternehmensführung in: HARVARD BUSINESSmanager 5/2002
  • Graham Oddie: "Value, Reality and Desire", Oxford University Press, 2005, 272pp., $65.00 (hbk), ISBN 0199273413.
  • Peter Prange: Werte, Droemer Knaur Verlag, München 2006. ISBN 3-426-27392-6,
  • Herbert Schnädelbach, Werte und Wertungen in: ders.: Analytische und postanalytische Philosophie, Suhrkamp Frankfurt 2004; S. 242 - 265.
  • Friedrich Schorlemmer (Hg.): Das Buch der Werte  −  Wider die Orientierungslosigkeit unserer Zeit, VS Verlagshaus Stuttgart (Edition Stuttgart) 1995, o. ISBN, 532 S.
  • Walter Schweidler (Hg.): Werte im 21. Jahrhundert. Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI), Bd.27. Freiburg (NOMOS) 2001, ISBN 3-7890-6976-0
  • Ulrich Wickert (Hg.): Das Buch der Tugenden, Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 1995, ISBN 3-455-11045-2; 735 S.
  • unicef.de: Repräsentativer Kinderwerte-Monitor 2008

Quellen

  1. Karl Homann: Die Interdependenz von Zielen und Mitteln. Tübingen 1980, S. 254ff.
  2. Die Welt vom 15. Oktober 2006, [1]

Weblinks


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