Farid Guendoul

Farid Guendoul

In der Nacht vom 12. auf den 13. Februar 1999 griffen rechtsextreme Jugendliche in der brandenburgischen Stadt Guben drei Ausländer an. In der Folge starb der 28-jährige algerische Asylbewerber Farid Guendoul (In den Medien auch unter dem falschen Namen Omar Ben Noui bekannt, mit dem Guendoul in Deutschland Asyl beantragte).

Inhaltsverzeichnis

Tathergang

Guendoul war mit Khaled Bensaha und Issaka Kaba unterwegs, als die rechtsextremen Jugendlichen im Alter von 17 bis 20 Jahren, unter ihnen Alexander Bode [1], die drei Männer angriffen. Bensaha wurde von einem Jugendlichen getreten, konnte den Verfolgern jedoch entkommen. Auf der Flucht vor elf Jugendlichen versuchte sich Guendol zusammen mit Kaba in ein Haus in der Hugo-Jentsch-Straße zu retten. Er trat eine Glastür ein, verletzte sich dabei an der Beinarterie und verblutete innerhalb von 15 Minuten, während sich die Täter noch immer vor dem Haus aufhielten.

Kaba gelang es, mit einem Taxi in ein Bistro zu fliehen, das anschließend von den Verfolgern belagert wurde. Die Polizei nahm Kaba unter dem Verdacht der Körperverletzung fest, obwohl die Jugendlichen den Polizeiwagen bis zur Wache verfolgten und versuchten, selbst dort einzudringen. Im Verlaufe des Morgens wurde Haftbefehl gegen zwei der Täter erlassen.

Prozess

Im Prozess vor dem Landgericht Cottbus wurden am 13. November 2000 nach einer Prozessdauer von 17 Monaten acht der Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Drei weitere Angeklagte waren aus Sicht des Gerichts nicht haftbar für den Tod. Sie wurden wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Die Verteidigung wurde zum Teil von rechtsextremen Anwälten wie dem NPD-Mitglied Wolfram Nahrath übernommen. [2][3]

Das Strafmaß der Verurteilten liegt zwischen richterlichen Verwarnungen und drei Jahre Jugendstrafe. Von den fünf Haftstrafen wurden drei auf Bewährung ausgesprochen.

Auf die Revisionen der Nebenkläger und einiger Angeklagter änderte der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes am 9. Oktober 2002 (Az. 5 StR 42/02) unter Vorsitz der heutigen Generalbundesanwältin Monika Harms die Schuldsprüche der Hauptangeklagten auf versuchte Körperverletzung mit Todesfolge. Der Haupttäter Alexander Bode erhielt eine Jugendstrafe von zwei Jahren[1]. Alle weitergehenden Revisionen wurden verworfen, so dass der Fall damit aus gerichtlicher Sicht sein Ende fand.

Kommentierung des Prozesses

Die noch während des Prozesses angebrachte Gedenktafel wurde mehrere Male von rechtsextremen Randalierern beschädigt. Die vom Vorsitzenden der SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung Günter Quiel als „Provokation“ bezeichnete Gedenktafel wurde nach einer weiteren Beschädigung am 26. August 2000 im Zuge der Ermittlung vom Landeskriminalamt Brandenburg entfernt.

Während des Prozesses hat der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse den schleppenden Prozessverlauf öffentlich kritisiert. In der Frankfurter Rundschau kritisierte dies Wolfgang Kunath als populär, aber falsch: „Es setzt das Gericht unter Druck. Langfristig untergräbt diese Art Populismus gerade in Ostdeutschland das Vertrauen in die Justiz viel stärker als das langsame Mahlen ihrer Mühlen.“[4]

Das Urteil des Landgerichts wurde häufig kritisiert, da es für eine Tat mit Todesfolge für zu milde gehalten wurde. Der damalige Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Paul Spiegel bezeichnete das Urteil als Skandal, da die Justiz eine wertvolle Chance verpasst habe, ein Signal zu setzen.[5] Der damalige Vizepräsident des Zentralrats, Michel Friedman, sagte in der taz: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass Jugendliche, die den Tod eines Menschen mitverursacht haben, mit Bewährungsstrafen davonkommen“.[6] Der Vorsitzende des Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit Rolf Wischnath nannte das Urteil moralisch nicht voll zufriedenstellend, jedoch habe das Gericht nach rechtsstaatlichen Kriterien entschieden.[6]

Politische Aktivitäten der Täter

Zu den Kommunalwahlen in Brandenburg im Jahr 2008 traten drei der verurteilten Täter als Kandidaten für die rechtsextreme NPD an. Der als Haupttäter verurteilte Alexander Bode kandidierte im Landkreis Spree-Neiße.[1]

Weblinks

Literatur

  • Prozessbeobachtungsgruppe Guben (Hrsg.): Nur ein Toter mehr. Alltäglicher Rassismus in Deutschland und die Hetzjagd von Guben. Unrast-Verlag, Hamburg/Münster 2001, ISBN 3-89771-806-5

Einzelnachweise und Quellen

  1. a b c Verurteilter Gewalttäter kandidiert bei Wahlen, Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), 5. September 2008
  2. antifa.de: Aufruf zur Demo gegen Nazianwalt Wolfram Nahrath
  3. Der Spiegel: Dahlkamp, Jürgen u.a.: Furchtbare Advokaten, 2000, Nr. 47, S. 78–79 (PDF)
  4. Frankfurter Rundschau: 14.11.2000
  5. Yahoo! Schlagzeilen: Paul Spiegel kritisiert Richter für Urteile im «Hetzjagd-Prozess», 19.11.2000
  6. a b taz, 14. November 2000

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