Akustikusneurinom

Akustikusneurinom
Klassifikation nach ICD-10
D33 Gutartige Neubildung des Gehirns und anderer Teile des Zentralnervensystems
D33.3 Hirnnerven
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Ein Akustikusneurinom (AKN) ist ein aus Binde- und Nervengewebe bestehender gutartiger Tumor, der von den Schwann'schen Zellen des vestibulären Anteils des VIII. Hirnnerven, dem Hör- und Gleichgewichtsnerven (Nervus vestibulocochlearis), ausgeht und im Kleinhirnbrückenwinkel oder im inneren Gehörgang gelegen ist. Das Akustikusneurinom wird auch als Vestibularis-Schwannom bezeichnet und ist der häufigste Kleinhirnbrückenwinkeltumor. Mehr als 95 % aller AKN sind einseitig, bei Vorliegen von Neurofibromatose Typ 2 tritt das Akustikusneurinom hingegen typischerweise beidseitig auf.

Akustikusneurinom rechts ca 20x22x25mm extra- und intrameatal

Inhaltsverzeichnis

Symptome

Klinische Symptome sind hier Hörminderung, Ohrgeräusche, Gleichgewichtsstörungen bis hin zu Schwindelanfällen. Außerdem kann es zu einer Fazialisparese kommen, bei der es durch Beeinträchtigung des VII. Hirnnerven (Nervus facialis) zu einer Lähmung der Gesichtsmuskulatur kommt.

Dabei fällt meist zuerst eine einseitige Hörstörung v.a. für hohe Töne auf, z.B. beim Telefonieren. Der Schwindel ist meist unsystematisch, kein Drehschwindel wie bei einer Störung des Gleichgewichtsorgans. Auch entstehen die Symptome langsam. Mit Messgeräten ist dagegen zuerst die Gleichgewichtskomponente nachweisbar, da das AKN ja eigentlich nicht vom akustischen Anteil (N. cochlearis) sondern vom Gleichgewichtsanteil (N. vestibularis) des N. vestibulocochlearis ausgeht.

Ein weiteres Symptom ist eine Verminderung der Berührungs- und Drucksensibilität (Hypästhesie) des äußeren Gehörganges. Es wird als Hitselberger-Zeichen bezeichnet.[1]

Diagnose des Akustikusneurinoms

Akustikusneurinom im MRT-Bild (Pfeil)

Eine sichere Diagnose liefert nur die Magnetresonanztomographie (MRT). Da jedoch die Symptome des AKN auch vielen anderen Erkrankungen gemein sind und diese Untersuchungsmethode nach wie vor teuer ist, wird folgender Weg beschritten:

Bei Schwindel werden zunächst akute Infektionen ausgeschlossen, die ähnliche Krankheitsbilder ergeben. Eine allfällige Hörminderung wird durch ein Tonaudiogramm festgestellt. Danach wird eine Messung der frühen akustisch evozierten Potenziale (FAEP) durchgeführt, vor allem, wenn eine seitendifferente oder einseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit vorliegt. Bei der Messung der FAEP zeigt sich ein Akustikusneurinom in der Laufzeiterhöhung der Signale vom Innenohr zum Stammhirn. Das liegt daran, dass durch das AKN die Myelinscheide der Nervenbahn beschädigt ist und die elektrischen Impulse nur noch unter Verlusten transportiert werden können. Bei deutlich seitendifferentem Kurvenbild bzw. seitendifferenten Laufzeitunterschieden der Potentiale sollte eine Magnetresonanztomografie des Schädels mit und ohne Kontrastmittel durchgeführt werden, um mit ausreichender Sicherheit ein Akustikusneurinom ausschließen zu können.

Therapie

Zur Therapie des Akustikusneurinoms stehen drei verschiedene Optionen zur Verfügung:

Sowohl die Radiochirurgie als auch die Strahlentherapie sind nicht invasive Behandlungen. Die Radiochirurgie wird meist ambulant in einer einzigen Behandlung vorgenommen, während die Strahlentherapie in der Regel fraktioniert (d. h. in mehreren kleineren Strahlungsdosen) an mehreren Behandlungstagen durchgeführt wird. Hat der Tumor bereits eine Größe von über 3 Zentimetern, ist die Radiochirurgie meist nicht mehr indiziert. Bei Patienten mit Neurofibromatose ist die Behandlung mittels Gamma-Knife oder Linearbeschleuniger nicht oder nicht primär indiziert, da diese Patienten meist beidseitige Akustikusneurinome haben. Auch kann eine Bestrahlung bei diesen Patienten bei einer eventuell später notwendigen Operation dazu führen, dass das Tumorgewebe schlechter von gesundem Gewebe abgrenzbar ist und somit die Operation und deren Erfolg negativ beeinflusst werden könnten. Sowohl die chirurgische Behandlung als auch die Radiochirurgie haben nicht selten eine Schädigung der Nerven des inneren Gehörganges zur Folge, wenn diese nicht schon durch den Tumor geschädigt waren. Insgesamt sind die Nebenwirkungen bei Radiochirurgie und Strahlentherapie aber seltener und geringer als bei Mikrochirurgie. In Deutschland werden bisher Patienten allerdings noch unzureichend über diese beiden Therapien aufgeklärt, wie eine aktuelle Studie gezeigt hat.[2]

Da das Akustikusneurinom nicht bösartig ist und üblicherweise langsam über Jahre wächst, wurde vor allem bei älteren Patienten oft von einer Operation abgesehen und stattdessen zu einer regelmäßigen Beobachtung des Größenwachstums übergegangen. Heute ist hier immer alternativ auch die Möglichkeit der Radiochirurgie zu prüfen.

Bei Kindern und Jugendlichen hingegen, bei denen außer im Rahmen der Neurofibromatose Hirnnervenneurinome äußerst selten sind, wird in der Regel eine sofortige Behandlung eingeleitet, da sich bei dieser Patientengruppe die Größe des Tumors rasant verändern kann und damit binnen kürzester Zeit lebensbedrohliche Zustände auftreten können.

Einzelnachweise

  1. Peter P. Urban: Erkrankungen des Hirnstamms: Klinik - Diagnostik - Therapie: Erkrankungen des Hirnstamms. Schattauer-Verlag 2008. S. 255. ISBN 3-794-52478-0
  2. Sabine Müller, Judith Arnolds, Ansel van Oosterhout: Decision-making of vestibular schwannoma patients, in: Acta neurochirurgica 2010, 152(6), S. 973-984, http://www.springerlink.com/content/r63q62407w1271q1/ (freier Download)

Weblinks

 Commons: Akustikusneurinom – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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