Female choice

Female choice

Die Sexuelle Selektion (lat. selectio: Auslese) ist eine innerartliche Selektionsart, welche die evolutive Entstehung von sexualdimorphen Signalstrukturen erklärt. Charles Darwin postulierte die „geschlechtliche Zuchtwahl“ als eine der drei Selektionsarten in der Evolutionstheorie.

Inhaltsverzeichnis

Abgrenzungen

Darwin beschrieb 1859 in seinem Werk Die Entstehung der Arten ("On the Origin of Species by means of Natural Selection, ..."; wörtlich: Über den Ursprung der Arten durch das Mittel der natürlichen Auswahl, ...) die natürliche und die künstliche Selektion:

  • Die künstliche Selektion ist eine zielgerichtete Auswahl von Individuen mit bestimmten, vom Menschen erwünschten Eigenschaften. Individuen, die diese Eigenschaften nicht aufweisen, werden strikt von der Fortpflanzung ausgeschlossen. Dadurch können sich Formen entwickeln, die eine geringere Fitness als ihre Vorfahren aufweisen. Ursächlich für diese verminderte Fortpflanzungsrate können z.B. eine stärkere Anfälligkeit für Krankheiten oder eine verminderte Lebensspanne sein.
  • Die natürliche Selektion findet ohne Einwirkung des Menschen statt. Es haben diejenigen Individuen die größere Fitness, die Bau- oder Leistungsmerkmale aufweisen, die in ihrer Umwelt im Vergleich zu anderen Individuen einen größeren Fortpflanzungserfolg bewirken. Diesem Selektionsdruck unterliegen Eigenschaften wie Anpassungsfähigkeit an Umweltänderungen, Möglichkeiten zur Einnischung und Widerstand gegen den Feinddruck.

In seinem Buch von 1871 „Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl“ beschreibt Darwin eine weitere Art der Selektion, da er Beispiele von Merkmalsausprägungen gefunden hatte, die für den Merkmalsträger in seiner Umwelt eigentlich nachteilig waren und nicht durch sein Konzept der natürlichen Selektion erklärt werden konnten:

  • Die sexuelle Selektion ist nach Darwin eine Auslese von Männchen mit bestimmten Merkmalen durch die Weibchen derselben Art. Diese Merkmale verhelfen den Männchen in der Konkurrenz um die Weibchen zu einem Vorteil gegenüber ihren Geschlechtsgenossen hinsichtlich der Fortpflanzung.

Erweiterung

Heute wird das Konzept der sexuellen Evolution herangezogen, um den Sexualdimorphismus, die Ausprägung der primären und sekundären Geschlechtsorgane und das Fortpflanzungsverhalten zu erklären. Dabei lassen sich natürliche und sexuelle Selektion nicht immer klar voneinander trennen, es gibt Überschneidungen und Verschränkungen.

Zwar hat Darwin die sexuelle Selektion entdeckt und definiert, die wirksamen Mechanismen konnte er aber nicht beschreiben. Heute werden verschiedene Hypothesen diskutiert, welche die Selektionsmechanismen im Rahmen der modernen Evolutionstheorie erklären können. Aber auch hier macht sich die probabilistische Eigenart der Evolutionsbiologie bemerkbar: Es müssen für jeden Einzelfall die Kausalzusammenhänge experimentell überprüft werden und es lassen sich nur für wenige Fälle gemeinsame Regeln erstellen.

Sexualdimorphismus

Sexualdimorphismen sind Unterschiede im Erscheinungsbild der Geschlechter. Die entsprechenden Merkmale werden sekundäre Geschlechtsmerkmale genannt. (Die primären Geschlechtsmerkmale sind die inneren und äußeren Fortpflanzungsorgane.)

Konkurrenzkämpfe zwischen den Männchen (intrasexuelle Selektion)

Ein Teil dieser Merkmale lässt sich durch natürliche Evolution erklären: Bei manchen Arten müssen die Männchen anderen männlichen Konkurrenten den Zugang zu den Weibchen verwehren oder sich den Zugang erkämpfen (intrasexuelle Selektion). So bilden sich Strukturen aus, die als soziale Signale beim Imponieren (Körpergröße, Kontrastfarben, Lautäußerungen) und Drohen (Eckzähne) dienen, und bei Komment- oder Beschädigungskämpfen als Schutz vor Verletzungen (Mähne des Löwen) oder als Waffe für Angriff und Verteidigung eingesetzt werden (Geweih).

Auswahl durch die Weibchen (intersexuelle Selektion)

Andere Formen des Sexualdimorphismus, wie zum Beispiel das Prachtgefieder von Pfau oder Paradiesvogel, haben außerhalb der Fortpflanzung keine Bedeutung oder vermindern gar die Überlebenschancen des Männchens. Sie lassen sich nicht durch die natürliche Evolution erklären. Hier schlug Darwin die Selektion durch die Weibchen vor ("female choice", intersexuelle Selektion).

Letztlich stellt aber auch die sexuelle Selektion nur einen Teilaspekt des allgemeinen Prinzips Selektion dar, die dazu führt, dass Individuen mit einer bestimmten Kombination von Merkmalen einen größeren Fortpflanzungserfolg haben als andere. Dabei können auch Merkmale auftreten, die, isoliert betrachtet, einen Nachteil darstellen und durch natürliche Selektion ausgemerzt werden müssten. Dieser Nachteil wird aber durch die Vorteile anderer Merkmale überkompensiert.

Fallbeispiel Entenvögel

Ein gut dokumentiertes Beispiel für eine sexuelle Selektion wurde im Mai 2007 von einer US-amerikanisch/britischen Forschergruppe publiziert. [1] In dieser Studie wurden die Genitalien diverser Arten aus der Familie der Entenvögel vergleichend untersucht (vergl.: Penis der Vögel). Im Unterschied zu den meisten anderen Vögeln, deren Männchen keinerlei äußere Geschlechtsorgane besitzen, haben viele männliche Entenvögel ein dem Penis der Säugetiere analoges Geschlechtsorgan entwickelt; bei der Argentinischen Ruderente kann es beispielsweise 20 bis 40 cm lang sein.

Die Arbeitsgruppe untersuchte bei 16 Arten den Bau dieser äußeren Geschlechtsorgane der männlichen sowie der inneren Geschlechtsorgane der weiblichen Enten und stellte fest, dass die Anatomie der weiblichen Geschlechtsorgane jeweils so gestaltet ist, dass sie das Eindringen des Penis erschwert. So haben beispielsweise männliche Stockenten einen relativ langen, spiralig gewundenen Penis. Die Vagina der weiblichen Stockenten ist gleichfalls spiralig gewunden, allerdings in genau gegenläufiger Weise wie der Penis der Männchen.

Die Individuen einer der kleinsten Enten, der Maskenruderente (Oxyura dominica), weisen sowohl die längste Vagina als auch einen der längsten Penisse auf. Die Weibchen anderer Arten haben zusätzlich zu ihrem Vaginalgang bis zu acht weitere, blind endende „Sackgassen“ in ihrem Genitaltrakt entwickelt: beutelartige Strukturen, in denen abgesonderte Spermien keine Eizellen befruchten können. Solche Spezialanpassungen wurden den Forschern zufolge nur bei Arten gefunden, bei denen „erzwungen“ wirkende Begattungen (im Original: „forced sex“) beobachtet werden können. Bei allen anderen Arten, deren Männchen ebenfalls einen Penis besitzen, hatten die Weibchen einfacher gebaute Genitalien.

Die Forscher schlossen aus ihren Beobachtungen, dass die anatomischen Merkmale der Geschlechtsorgane die Folge einer intersexuellen Selektion seien und sich parallel zur Ausprägung des männlichen Balzverhaltens entwickelt haben.

Partnerwahl

Weibchen treffen die Entscheidung, mit welchem Männchen sie sich verpaaren. Ihre Partnerwahl orientiert sich an bestimmten Merkmalen der Männchen. Diese Merkmale korrelieren mit der genetischen Fitness: Je stärker oder besser die Merkmale ausgeprägt sind, umso größer ist die genetische Fitness der Männchen. Durch die Auswahl desjenigen Männchens mit der besten genetischen Fitness wird die Fitness der Nachkommen erhalten oder sogar erhöht.

Gleichzeitig werden diejenigen Gene, die das Weibchen veranlassen, auf diese Weise auszuwählen, an die nächste Generation weitergegeben.

Beispiele für Auswahlkriterien:

  • Rufe oder Gesang: Lautstärke (Laubheuschrecke), Frequenz (Amerikanische Kröte), Dauer (amerikanischer Grüner Laubfrosch), Komplexität (Tungara-Frosch)
  • Reichhaltigkeit Repertoires des Gesangs (Nordamerikanische Singammer)
  • Balzhäufigkeit (Nordamerikanisches Beifußhuhn)
  • Körpergröße (Buntbarsch)

Erklärungsmöglichkeiten

Elternaufwand (parental investment)

Das von Robert Trivers 1972 als Verfeinerung des Bateman-Prinzips vorgestellte Konzept des Elterninvestments dient dazu, die Geschlechterrollen und die Intensität des Paarungswettbewerbs vorherzusagen. Es sagt voraus, dass derjenige Sexualpartner, der den geringeren elterlichen Aufwand treibt, mit seinen Geschlechtsgenossen in Konkurrenz um den Fortpflanzungspartner steht. Der Partner mit dem höheren Aufwand wählt seinen Sexualpartner nach bestimmten Kriterien aus. Da bei den meisten Tierarten das Männchen weniger Aufwand treibt als das Weibchen, findet man Konkurrenz der Männchen und Wahl der Weibchen am häufigsten.

runaway selection

Welche Merkmale von den Weibchen als Indikatoren für genetische Fitness gewählt werden, ist zunächst zufällig oder hängt von den sensorischen Vorlieben (vgl. sensorische Bevorzugung) der Weibchen ab. So ist bei einer Tierart eine bestimmte Färbung ausschlaggebend (Guppy mit rotem Bauch), bei anderen eine bestimmte Lautäußerung (Grillen-Gesang). Korrelieren Merkmal und Fortpflanzungserfolg miteinander, wobei kein direkter physiologischer Zusammenhang bestehen muss, wird in einem positiven Rückkopplungsprozess die Ausprägung dieses Merkmals verstärkt, was zu extremen Ausformungen führen kann, die die allgemeine Fitness der Männchen wieder beeinträchtigen können. (Das Merkmal „läuft weg“ = runaway.)

Einen Hinweis auf sensorische Vorlieben liefert eine Untersuchung des Wahlverhaltens von nah verwandten Arten der Gattung Xiphophorus (Schwertträger). Das Weibchen von X. helleri bevorzugt Männchen mit einem langen, spitzen Fortsatz an der Schwanzflosse. Der verwandte Spiegelkärpfling (X. maculatus) besitzt diesen Fortsatz nicht. Wird diesen Männchen aber ein Fortsatz angeklebt, werden diese von den Weibchen bevorzugt. Warum diese Vorliebe besteht ist noch nicht ganz geklärt.

Sexy-Son-Hypothese

Bei Pfauen haben die Weibchen umso mehr Nachkommen, je prächtiger die Männchen sind, mit denen sie sich paaren. Ronald Fisher stellte deshalb 1915 die Hypothese auf, dass die sekundären Geschlechtsmerkmale wie das Prachtgefieder des Pfaus Indikatoren für genetische Fitness („gute Erbanlagen“/„good genes“-Hypothese) sind.

Dass die Weibchen besonders auffällige Männchen bevorzugen, kann durch das Konzept des überoptimalen Schlüsselreizes und der doppelten Quantifizierung erklärt werden: Je stärker ein Reiz ist, umso stärker ist die Reaktion. Je prächtiger also das Gefieder des Pfauenhahnes ist, umso eher wird es vom Weibchen gewählt. In Attrappenversuchen lässt sich feststellen, dass auf einzelne, isolierte Komponenten eines komplexen Schlüsselreizes bei Überoptimierung der Attrappe stärkere Reaktionen erfolgen als bei naturgetreuen Attrappen. Damit ist gewährleistet, dass auch bei schwächerer Ausbildung einzelner Komponenten der Schlüsselreiz insgesamt noch wirksam ist.

Das kann aber zu einer Aufschaukelung führen: Je stärker der Schlüsselreiz ist, desto größer ist der Fortpflanzungserfolg, und desto stärker sind die Schlüsselreize bei den Nachkommen ausgebildet. Deshalb hat sich bei den Pfauen ein Prachtgefieder ausgebildet, das ihre allgemeine Fitness (Sichtbarkeit für Fressfeinde) schon stark einschränken könnte.

Handicap-Prinzip

Das von zwei israelischen Biologen so genannte Handicap-Prinzip erklärt den Zusammenhang zwischen Merkmalen, welche die Fitness dem ersten Augenschein nach herabsetzen und der gerade durch diese Merkmale erhöhten reproduktiven Fitness: Je auffälliger zum Beispiel ein Männchen ist, umso gefährdeter ist es durch Fressfeinde und Nahrungskonkurrenten. Ein Männchen, das solche Auffälligkeit aufweist, muss also besonders kräftig und gesund sein und kann deshalb als relativ sicherer Garant für gesunden, lebensfähigen Nachwuchs gelten. Oft sind die Sekundären Geschlechtsmerkmale für die eigene Vitalität ohne Bedeutung oder haben sogar Nachteile. Solche Merkmal, wie zum Beispiel eine gesteigerte Auffälligkeit für Fressfeinde oder die Verminderung des Flugvermögens stellen eine Beeinträchtigung (englisch handicap) dar.

„Evolutionäre Sackgasse“

Eine ältere, dem Handicap-Prinzip nahestehende Deutung der Folgen von besonders auffälligen Merkmalen − von so genannten Extrembildungen − ist die Interpretation dieser Merkmale als „evolutionäre Sackgasse“. Beispielsweise wurden das Geweih des eiszeitlichen Riesenhirsches, die Stoßzähne der Mammuts und die Eckzähne des gleichfalls ausgestorbenen Säbelzahntigers wiederholt als „Sackgassen der Evolution“ gedeutet. Diese für die Fitness neutralen oder gar nachteiligen Merkmale seien durch die Vorteile eines größeren Fortpflanzungserfolges so lange überkompensiert worden, bis sich die Umwelt drastisch änderte. Die mit den Extrembildungen verbundenen Spezialisierungen der betroffenen Arten konnten dann nicht mehr zurückgebildet werden, weswegen die Evolution dieser Tierarten letztlich in eine „Sackgasse“ führte. So bevorzugte der Riesenhirsch die offene Tundra als Lebensraum. Mit dem Ende der Eiszeit verwandelte sich die Tundra zunächst zum Teil in Sumpfland, danach breitete sich Wald aus. Da der Riesenhirsch mit seinem Gewicht weder auf allzu weichem Untergrund noch mit einem Geweih von mehr als 400 cm Spannweite im Wald leben konnte, könnten diese ökologischen Veränderungen der Grund für sein Aussterben gewesen sein. Es sind aber auch andere Szenarien (Krankheiten, neue Konkurrenten, veränderte Nahrung) denkbar.

Das Eingehen von Tierarten in eine „evolutionäre Sackgasse“ ist in solchen Fällen also nichts anderes als das Ausbleiben der Vorteile ihrer Handicaps für die reproduktive Fitness infolge von Änderungen der Umwelt.

Physische Leistungsmerkmale

Bei manchen Arten können die Weibchen die genetische Fitness der Männchen direkt über deren physische Leistungsfähigkeit in sogenannten Balzspielen (paarweiser Balztanz, Balzflug, Balzkampf) testen. Da dabei auch die Weibchen eine hohe Leistungsfähigkeit haben müssen, summiert sich die genetische Fitness von Weibchen und Männchen. Ein schwächeres Weibchen kann sich zwar mit einem stärkeren Männchen paaren, deren Nachkommen werden aber eine geringere Fitness aufweisen als die konkurrierenden Nachkommen aus Paarungen von starken Männchen mit starken Weibchen.

Beispiel:

  • Balztanz bei der Taufliege (Drosophila melanogaster) (beschrieben von Ernst Mayr, 1950er Jahre): Wenn ein Männchen ein Weibchen sieht, stellt es sich dem Weibchen gegenüber. In rascher Folge schießt nun das Weibchen immer wieder zu Seite. Um dem Weibchen immer gegenüber zu stehen, muss ihm das Männchen folgen. Alte, schlecht sehende oder ingezüchtete Männchen mit geringerer genetischer Fitness können dem Weibchen nicht schnell genug folgen, das Weibchen verliert das Interesse und fliegt ohne Kopulation weg.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass Männchen Vorleistungen zur Brutpflege erbringen müssen, die das Weibchen überprüft. Sind diese Leistungen von minderer Qualität, findet keine Kopulation statt.

Beispiele:

  • Bei einigen Webervogelarten (zum Beispiel Textorweber) baut das Männchen das Nest. Das Weibchen prüft die Festigkeit. Bei einigen Arten hat sich dieses Verhalten ritualisiert, es wird nur noch Nistmaterial präsentiert.
  • Bei einigen Vogelmännchen bringen die Männchen den Weibchen Nahrung als “Brautgeschenk“ mit. Damit können sie demonstrieren, dass ihr Revier qualitativ wertvolle Nahrung bietet und sie in der Lage sind, diese zu beschaffen.

Körpergröße, Waffengröße und Größe der primären Geschlechtsorgane sind äußere Merkmale, die ebenfalls in direktem Zusammenhang zur Fitness der Männchen stehen.

Eine besondere Form des Tests eines physiologischen Leistungsmerkmals findet man beim Feuerkäfer (Neopyrochroa flagellata). Das Männchen nimmt über die Nahrung das Gift Cantharidin auf, das Eier und Larven vor Fressfeinden schützt. Dieses Gift wird zum größten Teil in einer Drüse im Hinterleib gespeichert und mit den Spermien übertragen, ein kleiner Teil wird in einer Kopfdrüse gesammelt. Die Weibchen paaren sich nur mit Männchen, wenn sie das Gift an der Kopfdrüse des Männchens schmecken.

Soziale Signale

Bei manchen Arten sind die Weibchen auf äußere Merkmale der Männchen angewiesen, die in keinem direkten Zusammenhang zur Fähigkeit der Männchen stehen, überlebens- und fortpflanzungsfähige Nachkommen zu zeugen oder sich erfolgreich an der Aufzucht der Jungen zu beteiligen. Hier hat sich im Laufe der Evolution ein Signalsystem ausgebildet, das mit der genetischen Fitness der Männchen eng korreliert ist. Bestimmte Schlüsselreize der Männchen stehen für ihre Eignung. Je besser sie ausgeprägt sind, desto eher werden sie von den Weibchen ausgewählt. Das sind vor allem auffällige Farben, Rufe, Geräusche oder Verhaltensweisen der Männchen.

Diese Signale werden bei der Balz von den Männchen präsentiert. Dabei gibt es Arten, bei welchen die Männchen einzeln vor dem Weibchen balzen und Arten, bei welchen sich die Männchen zur Balz versammeln und von den beobachtenden Weibchen ausgewählt werden (Beispiele: Birkhuhn, Beifußhuhn).

Alle diese auffälligen Signale vermindern aber die allgemeine Fitness der Männchen, sind also auch der natürlichen Selektion ausgesetzt. Hier wirken sexuelle und natürliche Selektion entgegengesetzt. Es kommt zu einem Gleichgewicht bei der Ausprägung der Merkmale bei den Männchen. So wird eine Hypertrophierung sekundärer Geschlechtsmerkmale bei den Männchen verhindert.

Beispiele:

  • Pfau: Je mehr Augen die Schmuckfedern aufweisen und je größer diese Augen sind, desto größer ist sein Fortpflanzungserfolg. (Marion Petrie 1988)
  • Bankivahuhn (beschrieben von Merlene Zuk, University of California): Die Hennen bevorzugen Hähne mit hellen, „leuchtenden“ Augen und großen, roten Kämmen und Kehllappen. Diese Merkmale korrelieren mit einem guten Gesundheitszustand und einer hohen Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten.
  • Rauchschwalbe (Hirundo rustica): Die Rauchschwalben zeigen keinen auffälligen Sexualdimorphismus. Die Männchen sind äußerlich nur an den verlängerten Randfedern des Gabelschwanzes zu erkennen. Sie sind um mehr als einen Zentimeter länger als die Weibchen. Diese bevorzugen Männchen mit längeren Schwanzfedern.
Die Schwanzfedern variieren bei den Männchen zwischen 84 und 132 Millimetern. Ältere Männchen haben längere Schwanzfedern als jüngere, da bei jeder Mauser im Winterquartier diese etwas verlängert ausgebildet werden. Ältere Männchen kommen im Brutgebiet früher an als jüngere, verpaaren sich früher und haben damit die Möglichkeit, eine zweite Brut durchzuführen. Die Länge der Schwanzfedern spielt keine Rolle im Konkurrenzkampf der Männchen um die Nistplätze. Die Weibchen bevorzugen aber Männchen mit längeren Schwanzfedern, wie in Experimenten festgestellt wurde. Dabei wurden einer Gruppe von Männchen die Schwanzfedern um zwei Zentimeter verkürzt und einer anderen Gruppe um diesen Betrag verlängert. Gegenüber einer unbehandelten Kontrollgruppe haben 85 % der Männchen mit den verlängerten Schwanzfedern ein zweites Mal gebrütet, aber nur 10 % der Männchen mit kurzen Schwanzfedern. Die Männchen mit langen Schwanzfedern kopulierten auch doppelt so oft mit der Partnerin eines Männchens mit verkürzten Schwanzfedern wie die der Kontrollgruppe.
Je länger aber die Schwanzfedern sind, desto schlechter ist die Flugleistung beim Nahrungserwerb. Männchen mit langen Schwanzfedern erbeuten nicht mehr große, schnell fliegende Insekten sondern nur noch kleine, langsam fliegende. Da ihre Brut aber genauso viel Nahrung wie die der Männchen mit kürzeren Schwanzfedern benötigt, müssen sie mehr erbeuten. Diese Anstrengung führt dazu, dass die Männchen bei der nächsten Mauser wieder kürzere Schwanzfedern entwickeln. Damit ist die Federlänge begrenzt und die Weibchen wählen tatsächlich die erfahrensten und beim Nahrungserwerb erfolgreichsten Männchen aus.
  • Bei manchen Vogelarten (Schnurrvögel, Leierschwanz, Gänse) bereiten die Männchen für ihre Balz Tanzplätze vor: Bei den Laubenvögeln bauen die Männchen Tanzplätze, die sie mit Objekten einer bestimmten auffälligen Farbe ausstatten. Je mehr davon vorhanden sind, umso eher wählt das Weibchen das Männchen. Die Kopulation findet dann auf diesem Tanzplatz statt. Das Brutnest ist wesentlich einfacher gebaut und wird nur von den Weibchen errichtet.

Auch die neuesten Forschungen zur Fortpflanzungsbiologie des Menschen können in diesem Sinne gedeutet werden: Hier stellt eine Hypothese einen Zusammenhang zwischen der Güte des Immunsystems und den Pheromonen her. Je besser die Immunsysteme einander ergänzen (je unterschiedlicher sie sind), umso attraktiver wird der Geruch des Partners empfunden. Der Vorteil dieser überraschenden Koppelung läge darin, dass der Nachwuchs durch die Kombination sehr unterschiedlicher Immunfaktoren besonders gut gegen Krankheiten angehen könne.

Paarungssysteme und Brutpflege

Die Art des Paarungssystems und die Form der Brutpflege stehen in Bezug zur sexuellen Selektion. So tritt bei Monogamie selten ein ausgeprägter Dimorphismus auf, während er bei Polygamie, insbesondere Haremsbildung, sehr ausgeprägt sein kann.

Beispiel:

  • Selektion primärer Geschlechtsmerkmale bei Primaten: Gorillas haben zwei relativ kleine Hoden, Schimpansen relativ große. Dies ist auf ihre unterschiedlichen Paarungssysteme zurückzuführen. Gorillas sind polygyn (polygam), nur ein Männchen paart sich mit den Weibchen der Gruppe, es hindert die anderen Männchen auf Grund seiner Stärke, sich ebenfalls zu paaren. Schimpansen sind promisk: Ein Weibchen paart sich mit vielen Männchen. Dadurch kommt es zur so genannten Spermienkonkurrenz: Die Spermien verschiedener Männchen können um den Zugang zur Eizelle konkurrieren. Je größer der Hoden ist, desto mehr Spermien können erzeugt werden und desto größer ist die Befruchtungswahrscheinlichkeit eines Männchens.
  • Spermatophylax ( gr. „Samenwächter“): Auf Grund der Promiskuität der Weibchen haben sich bei einigen Langfühlerschrecken (Ensifera) besonders große Spermatophoren entwickelt, die teilweise aus den Geschlechtsöffnungen herausragen und deren Entleerung eine Weile dauert. Da die Weibchen die herausragende Spermatophore auffressen, haben sich verschiedene Mechanismen zur Ablenkung der Weibchen entwickelt. Feld-, Blüten- und Hausgrillen kleben auf die Spermatophore einen nahrhaften Sekrettropfen als „Spermatophylax“, der von dem Weibchen an Stelle der Spermatophore gefressen wird, die sich in der Zeit vollständig entleeren kann. Die Männchen der Beifußgrille lassen sich die Flügel anfressen. (Der Tod des Männchens bei der Gottesanbeterin (Mantis religiosa) scheint ein Käfig-Artefakt zu sein.)

Anmerkung:

  • Diese Zuordnungen zum Paarungssystem gehen in der Regel auf Beobachtungen in Gefangenenhaltung oder auf naturgemäß mehr oder weniger lückenhafte Freilandbeobachtungen zurück. Erst die genetischen Untersuchungen (DNA-Fingerprints) geben eindeutig Auskunft über die Paarungssysteme. So hat sich durch die modernen Untersuchungsmethoden bei vielen als monogam geltenden Tierarten ergeben, dass sie zumindest gelegentlich polygam oder promisk sind.

Anmerkungen

  • Es gibt viele Tierarten, die keinen Geschlechtsdimorphismus aufweisen (Beispiel: Schwäne). Hier könnten nicht sichtbare Signale (Pheromone) eine Rolle spielen.
  • Bei einigen Huftieren haben die Weibchen ebenfalls Hörner oder Geweihe. Dies ist ein Hinweis darauf, dass diese Merkmale auch andere Funktionen haben, dass sie zum Beispiel der Verteidigung dienen.

Quellen

  1. Patricia L.R. Brennan, Richard O. Prum, Kevin G. McCracken, Michael D. Sorenson, Robert E. Wilson, Tim R. Birkhead: Coevolution of Male and Female Genital Morphology in Waterfowl. PLoS ONE 2(5): e418. doi:10.1371/journal.pone.0000418, online veröffentlicht am 2. Mai 2007

Literatur

    • Die Abstammung des Menschen. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 2005, ISBN 3-596-50900-9. 
  • Jared Diamond: Warum macht Sex Spaß? Die Evolution der menschlichen Sexualität. Bertelsmann, München 1998, ISBN 3-570-12008-2. 
  • Geoffrey F. Miller: Die sexuelle Evolution. Partnerwahl und die Entstehung des Geistes. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/Berlin 2001, ISBN 3-8274-1097-5. 
  • Tor Nørretranders: Homo generosus. Warum wir Schönes lieben und Gutes tun. Rowohlt, Reinbek 2004, ISBN 3-498-04684-5. 
  • Matthias Uhl, Eckart Voland: Angeber haben mehr vom Leben. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/Berlin 2002, ISBN 3-58274-1370-2. 

Weblinks

Siehe auch


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