- Film-Kanon
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Der Filmkanon der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) wurde von einer Expertenkommission mit dem Ziel einer verbesserten schulischen Vermittlung von Filmkompetenz erarbeitet. Dazu wurden 35 Spielfilme und ein Dokumentarfilm (Shoah) ausgewählt.
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
Vor dem Hintergrund der in Deutschland bisher – etwa im Vergleich mit Frankreich – eher stiefmütterlichen Behandlung der Kunstform Film im Schulunterricht, entschloss sich die bpb im Jahre 2003 zur Erarbeitung des Kanons.
„Obwohl das bewegte Bild das Leitmedium des 20. Jahrhunderts ist, findet es in den Schulen noch immer nicht die ihm angemessene Bedeutung im Gegensatz zur Literatur“
– Thomas Krüger: Präsident der bpb [1]
Der Filmkanon soll als exemplarisches Angebot die Auseinandersetzung mit dem Film in Schulen ermöglichen. Zu allen Filmen wurden und werden von der bpb begleitende Filmhefte erarbeitet. Die Auswahl der Filme im Filmkanon wird durch Filmhefte ergänzt, die zu aktuellen Filmen erschienen sind.
Die 35 Filme entstammen einem Zeitraum von rund achtzig Jahren: Aus jedem Jahrzehnt seit den 1920er Jahren wurden mindestens drei Filme ausgewählt. Mit 13 Titeln bilden US-amerikanische Filme mehr als ein Drittel des Kanons. Deutschland (7), Frankreich (5) und Italien (3) sind die Hauptvertreter Europas. Thematisch bewegt sich der Kanon von Kinderfilm über die Komödie bis hin zur Science Fiction, wenige Vertreter von Dokumentarfilm und Avantgardefilm ergänzen die überwiegend aus Spielfilmen bestehende Liste. Die Mehrzahl der Filme ist dem Autorenfilm zuzurechnen.
Die Kommission bestand aus Andreas Dresen, Dominik Graf, Erika Gregor, Alfred Holighaus, Prof. Dr. Thomas Koebner, Eva Matlok, Katja Nicodemus, Christian Petzold, Hans Helmut Prinzler, Uschi Reich, Dr. Rainer Rother, Volker Schlöndorff, Reinhold T. Schöffel, Ruth Toma, Tom Tykwer, Andres Veiel, Burkhard Voiges und Horst Walther. [2]
Zugang zu den Filmen
Ein Grundgedanke des Auswahlgremiums war, dass die genannten Kinofilme auch in Kinos gezeigt werden sollten, beispielsweise im Rahmen von speziellen Schülervorstellungen. Noch sind allerdings nicht alle ausgewählten Werke als Kinokopie verfügbar.
Einige kommunale Kinos bieten die Filme in dieser Form an, einige ergänzen die Vorstellungen für Schüler durch spezielle Veranstaltungen zur Lehrerfortbildung (andere kommunale Kinos zeigen einen selbst ausgewählten Gegen-Kanon). Aus technischen und organisatorischen Gründen ist absehbar, dass die Filme des Kanons überwiegend (so sie überhaupt in den Schulunterricht integriert werden) im Klassenzimmer und auf Video oder DVD gezeigt werden. Aus wahrnehmungsphysiologischen Gründen unterscheidet sich diese Art der Präsentation stark von der im Kino und vermittelt einen ungleich schwächeren Eindruck des ursprünglichen Werkes als vorgesehen, auch wenn die Rezipienten den Unterschied nicht in vollem Umfang wahrnehmen.
Kritik
Die mangelnde Transparenz der Auswahlkriterien wird teilweise kritisiert. In den kurzen Bemerkungen zu den jeweiligen Filmen würde zwar deren Wert in der Filmgeschichte betont, aber die Wahl erscheine nicht von einem Curriculum geleitet. Teilweise wird unterstellt, das Auswahlgremium habe persönliche Lieblingsfilme unterbringen wollen.
Viele namhafte Regisseure seien im Kanon nicht vertreten (z. B. Ingmar Bergman, Jean Renoir und Yasujiro Ozu), einige Genres nur unzureichend. So hat nur ein einziger Western Eingang in den bpb-Kanon gefunden. Der einzige Vertreter der Kunstform Animation ist ein Zeichentrickfilm, der gleichzeitig einer der einzigen beiden Musical-Vertreter ist. Das völlige Fehlen des Filmschaffens der Kontinente Afrika und Südamerika und die schmale Auswahl asiatischer Werke (ein Film aus Japan, einer aus dem Iran) werden ebenfalls kritisiert.
Schüler beklagen im Diskussionsforum der bpb, dass die Auswahl rückwärtsgewandt sei. Sie wünschen sich aktuellere Filme im Kanon und eine stärkere Anbindung an ihre eigene Kinoerfahrung.
Liste der Filme
- Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens (D, 1922, Regie: F. W. Murnau)
- Goldrausch (USA, 1925, Regie: Charlie Chaplin)
- Panzerkreuzer Potemkin (UdSSR, 1925, Regie: Sergei Eisenstein)
- Laurel & Hardy: Der beleidigte Bläser (USA, 1928, Regie: Edgar Kennedy) und andere
- Emil und die Detektive (D, 1931, Regie: Gerhard Lamprecht)
- M – Eine Stadt sucht einen Mörder (D, 1931, Regie: Fritz Lang)
- Ringo (USA, 1939, Regie: John Ford)
- Der Zauberer von Oz (USA, 1939, Regie: Victor Fleming)
- Citizen Kane (USA, 1941, Regie: Orson Welles)
- Sein oder Nichtsein (USA, 1942, Regie: Ernst Lubitsch)
- Deutschland im Jahre Null (Italien/D, 1948, Regie: Roberto Rossellini)
- Rashomon (Japan, 1950, Regie: Akira Kurosawa)
- La Strada (Italien, 1954, Regie: Federico Fellini)
- Nacht und Nebel (Frankreich, 1955, Regie: Alain Resnais)
- Vertigo – Aus dem Reich der Toten (USA, 1958, Regie: Alfred Hitchcock)
- Die Brücke (BRD, 1959, Regie: Bernhard Wicki)
- Das Appartement (USA, 1960, Regie: Billy Wilder)
- Außer Atem (Frankreich, 1960, Regie: Jean-Luc Godard)
- Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben (USA, 1964, Regie: Stanley Kubrick)
- Blow Up (GB, 1966, Regie: Michelangelo Antonioni)
- Das Dschungelbuch (USA, 1967, Regie: Wolfgang Reitherman)
- Ich war neunzehn (DDR, 1969, Regie: Konrad Wolf)
- Der Wolfsjunge (Frankreich, 1969, Regie: François Truffaut)
- Alice in den Städten (BRD, 1973, Regie: Wim Wenders)
- Taxi Driver (USA, 1975, Regie: Martin Scorsese)
- Die Ehe der Maria Braun (BRD, 1978, Regie: Rainer Werner Fassbinder)
- Stalker (UdSSR, 1979, Regie: Andrei Tarkowski)
- Blade Runner (USA, 1981, Regie: Ridley Scott)
- Sans Soleil - Unsichtbare Sonne (Frankreich, 1982, Regie: Chris Marker)
- Shoah (Frankreich, 1985, Regie: Claude Lanzmann)
- Ein kurzer Film über das Töten (Polen, 1987, Regie: Krzysztof Kieślowski)
- Wo ist das Haus meines Freundes (Iran, 1988, Regie: Abbas Kiarostami)
- Der Eissturm (USA, 1997, Regie: Ang Lee)
- Das süße Jenseits (Kanada, 1997, Regie: Atom Egoyan)
- Alles über meine Mutter (Spanien, 1999, Regie: Pedro Almodóvar)
Siehe auch
- „National Film Registry“ der Library of Congress
- Top 100-Listen des American Film Institute
- Weltdokumentenerbe der UNESCO
- Literaturkanon von Marcel Reich-Ranicki
Quellen
Literatur
- Alfred Holighaus (Hg.): Der Filmkanon. 35 Filme, die Sie kennen müssen Berlin: Bertz + Fischer Verlag 2005 Leseproben ISBN 3-86505-160-X
Weblinks
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