Filtermembran

Filtermembran

Die Membrantechnik umfasst alle verfahrenstechnische Maßnahmen zum Transport von Stoffen zwischen zwei Fraktionen unter Zuhilfenahme permeabler Membranen. Man meint damit in der Regel mechanische Trennverfahren zur Separation aus gasförmigen oder flüssigen Stoffströmen unter Verwendung technischer Membranen.

Der besondere Vorteil von Membrantrennverfahren ist, dass sie ohne Erhitzen auskommen können und somit meist energetisch günstiger sind als die üblichen thermischen Trennverfahren (Destillation, Sublimation oder Kristallisation). Dieses Trennverfahren ist rein physikalisch und ermöglicht durch seine schonende Trennung die Nutzung beider Fraktionen (Permeat und Retentat). Deshalb hat sich die kalte Separation mittels Membranverfahren insbesondere in der Lebensmitteltechnologie, der Biotechnologie und Pharmazie etabliert. Weiterhin lassen sich mit Hilfe von Membranen Trennungen realisieren, die mit thermischen Verfahren nicht möglich sind, zum Beispiel, weil azeotrope oder isomorphe Kristallisationen eine Trennung durch Destillation oder Umkristallisation unmöglich machen. Je nach Art der verwendeten Membrane ist die selektive Abtrennung einzelner Stoffe oder bestimmter Stoffgemische möglich.

Membrantrennanlagen lassen sich modular aufbauen, so dass die Anlage stufenweise an den Umfang eines Trennproblems angepasst werden kann. Da allerdings der Gesamtaufwand proportional zur Anlagengröße wächst, gibt es bei den meisten Membranverfahren eine kritische Größe, oberhalb derer die klassischen Trennverfahren – falls sie für das gegebene Problem anwendbar sind – ökonomisch günstiger werden.

Inhaltsverzeichnis

Stofftransport

Es gibt zwei grundlegende Modelle für den Stofftransport an der Membran: Das Lösungs-Diffusions-Modell, und das Hydrodynamische-Modell. Bei realen Membranen können diese beiden Transportmechanismen durchaus nebeneinander vorkommen. Vor allem die Ultrafiltration stellt einen Hybriden dieser beiden Transportprinzipien dar.

Lösungs-Diffusions-Modell

Transport aufgrund der Diffusion, wozu die zu transportierende Komponente zunächst in der Membran gelöst sein muß. Bei Membranen, bei denen dieses Prinzip überwiegt, handelt es sich um "dichte" Membranen ohne echte Poren. Sie finden zum Beispiel bei der Umkehrosmose und der Gastrennung Anwendung. Während des Filtrationsvorgangs an der Membran bildet sich eine Grenzschicht aus. Dieser Gradient entsteht durch Moleküle, die die Membran nicht passieren können. Tritt während einer Filtration dieser Effekt (genannt Konzentrationspolarisation) auf, so macht sich dies durch einen reduzierten Transmembranfluss (Flux) bemerkbar. Dieser Effekt ist jedoch reversibel - wird die Membran gewaschen, so kann der ursprüngliche Flux nahezu wieder hergestellt werden. Wird an die Membran ein Querstrom (Cross-Flow-Filtration) angelegt, so minimiert das die Konzentrationspolarisation.

Hydrodynamisches-Modell

Transport durch Poren - im einfachsten Fall ein rein konvektiver Transport. In diesem Fall muss die Größe der Poren kleiner sein als der Durchmesser der abzutrennenden Bestandteile. Hauptsächlich in der Mikrofiltration und der Ultrafiltration werden Membranen die nach diesem Prinzip funktionieren verwendet. Diese werden vor allem eingesetzt um Makromoleküle aus einer Lösung, Kolloide aus einer Dispersion oder Bakterien abzutrennen. Dabei werden die nicht die Membran passierenden Teilchen oder Moleküle auf der Membran in einer mehr oder weniger breiartigen Masse (Filterkuchen) konzentriert (Kuchenfiltration). Wird bei der Kuchenfiltration durch Zusetzen der Durchlassstellen der Membran die Filtration behindert, kann das sogenannte Querstromverfahren (Cross-Flow-Filtration) abhelfen. Hierbei strömt die zu filtrierende Flüssigkeit an der Vorderseite der Membran entlang und wird durch die Triebkraft der Druckdifferenz zwischen Vorder- und Rückseite in die Fraktionen Retentat (abströmendes Konzentrat) und Permeat (Filtrat) zerlegt. Dabei entsteht eine Schubspannung die die Filterkuchenbildung (Deckschichtbildung oder Fouling) stark eingeschränkt.



Membrangeometrien

Es werden je nach Anwendung unterschiedliche Filtermembrangeometrien verwendet. Die klassische Form stellt dabei die Flachmembran dar. Poröse Folien aus Polymer oder keramische Scheiben. Sie werden konstruktionsbedingt meist Dead-End angeströmt. Daneben kommt die kapillarartige Hohlfasermembran sehr oft zum Einsatz, wie sie zum Beispiel im Dialysator verbaut werden. Obwohl es sich bei ihnen anbietet, sie im Querstrom-Prinzip – Cross-Flow – anzuströmen, werden sie immer häufiger auch Dead-End angeströmt. Von Bedeutung sind die Wickelmodule, wie sie oft bei der Umkehrosmose verwendet werden. Dies sind zwei Flachmembranlagen, die durch Gewebe von einander getrennt sind und Spiralförmig aufgewickelt werden. Außerdem gibt es Multikanalelemente - extrudierte, keramische Zylinder (oder Platten) – die durch innen beschichtete Kanäle durchströmt werden. Eine relativ junge Entwicklung sind die Keramik- oder Compositscheiben, die rotierend in stark belasteten Wässern eingesetzt werden. Interessant sind auch Edelstahlmembranen die vor allem durch ihre Beständigkeit hervorragen. Zuletzt sind noch die Kerzenfilter zu erwähnen, die aufgrund ihrer einfachen Bauweise sehr preiswert sind und gerne in der Getränkeindustrie und als Vorfilter verwendet werden.

Trennprinzip

Man unterscheidet die Membrantrennverfahren nach der treibenden Kraft, die der Trennung zugrundeliegt:

Druckgetriebene Prozesse

Übersicht über die verschiedenen druckgetriebenen Membranfiltrations-Verfahren
  1. Mikrofiltration
  2. Ultrafiltration
    • Abtrennung von Proteinen (z.B. aus Milch)
    • kalte Sterilisation in der Pharmazie (Antibiotikaproduktion)
    • Metall-Rückgewinnung und Abwasserreinigung in der Metallurgie
    • Lebensmittelbehandlung (z.B. Produktion von "PRO-CAL" einem Milchprodukt, das wenig Fett, aber viel Protein und Calcium enthält)
    • Abtrennung von Partikeln, Mikroorganismen, Trübstoffen bei der Trinkwasseraufbereitung aus Quellwässern oder Oberflächenwässern
  3. Nanofiltration
  4. Hyperfiltration = Umkehrosmose
  5. Oberflächenfiltration

Konzentrationsgetriebene Prozesse

  1. Gastrennung
  2. Pervaporation
  3. Dialyse
  4. selektive Trennungen mit Flüssigmembranen

Thermisch getriebene Prozesse

  1. Membrandestillation
  2. Thermoosmose (Thermodiffusion über Membranen)

Elektrisch getriebene Prozesse

  1. Elektrodialyse (siehe Dialyse (Chemie))
  2. Elektrodeionisation
  3. Chloralkali-Elektrolyse
  4. Natronlauge-Schwefelsäure Prozess
  5. Elektrofiltration

Porengröße und Selektivität

Form und Gestalt der Membranporen hängen sehr vom Herstellungsverfahren ab und sind oft nur schwer spezifizierbar. Zur Charakterisierung führt man daher Testfiltrationen durch und bezeichnet als Porendurchmesser die Durchmesser der kleinsten Teilchen, welche die Membran nicht passieren konnten. Die Ausschlussgrenze oder auch „Cut-off“ der Membran wird üblicherweise in Form des NMWC (englisch: Nominal Molecular Weight Cut-Off, auch MWCO, Molecular Weight Cut Off, Einheit: Dalton) angegeben. Er wird definiert als die minimale Molekülmasse eines globulären Moleküls, welches durch die Membran zurückgehalten wird. In der Praxis sollte der NMWC mindestens 20% niedriger sein als die Molmasse des abzutrennenden Moleküls. Der Rückhalt kann auf verschiedene Weisen bestimmt werden. Eine Möglichkeit ist die Filtration definierter Makromoleküle und die Messung des cut-off mittels Gel-Permeations-Chromatografie. Eine weitere Methode sind Testfiltrationen mit Partikeln und deren Messung mit Partikelsizern. Auch der Bakterien Rückhalt kann aussagen über die Porengröße liefern. Für Membranen mit Poren von 0,2µm wird das Bakterium Pseudomonas diminuta, für 0,45µm Serratia marcescens verwendet.

Filtermembranen werden je nach Porengröße in vier Klassen eingeteilt:

Porengröße in µm Molekülmasse Verfahren Filtrationsdruck Abtrennung von
> 10 µm Filter
> 0.1 µm >500 kDa Mikrofiltration < 2 bar Bakterien, Hefen, Partikeln
0,01–0,1 µm 1–500 kDa Ultrafiltration 1-10 bar Makromolekülen, Proteinen
0,001–0,01 µm 0,3–2 kDa Nanofiltration 3-20 bar Viren
< 0,001 µm <0,1 kDa Umkehrosmose 10-80 bar Salzen, kleinen organischen Molekülen

Es existieren physikalische Methoden wie zum Beispiel die Blaspunkt-Messung zur Bestimmung der Porendurchmesser, die aber eine bestimmte Form der Poren (z.B. zylinderförmig oder aneinandergereihte sphärische Löcher etc.) voraussetzen. Oft wendet man diese Verfahren aber auf Membranen an, deren Porengeometrie keinesfalls den Idealvorstellungen entspricht. In diesem Fall erhält man "nominelle" Porendurchmesser, welche die Membran charakterisieren, die aber nicht notwendigerweise ihr Filtrationsverhalten und die Selektivität widerspiegeln.

Die Selektivität ist neben der Porengröße sehr stark abhängig von dem Trennverfahren, der Zusammensetzung der Membran und ihren elektrochemischen Eigenschaften. Im Idealfall können mit einer geeigneten Membran sogar Racematen angereichert werden. Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Selektivität Vorrang vor der Permeabilität hat, da sich niedrige Flüsse durch den modularen Aufbau leicht durch Erhöhung der Filterfläche ausgleichen lassen.

Historie

Die ersten belegten Beobachtungen zur Permselektivität von Membranen machte Jean-Antoine Nollet 1748, als er mit einer Schweinsblase als Trennmedium zwischen Wasser und Wein experimentierte. Er beobachtete dabei, wie sich die Blase unter dem Ausgleich des osmotischen Drucks langsam aufblähte, bis sie schließlich platzte.

1861 entdeckte Thomas Graham die chemische Dialyse: Während gelöste Stoffe die Membranen durchwandern, werden die Kolloide aufgehalten.

1916 erfand Richard Zsigmondy gemeinsam mit Wilhelm Bachmann den Membranfilter und Ultrafeinfilter. Diese Filter wurden zuerst ab 1917 von der Firma de Haën (später Riedel de Haën) in Seelze produziert, später von der Göttinger Membranfiltergesellschaft mbH (heute Teil der Sartorius AG).

Literatur

  • Munir Cheryan: Handbuch Ultrafiltration. B. Behr's Verlag GmbH&Co, 1990, ISBN 3-925673-87-3. 
  • Rautenbach, Robert: Membranverfahren Grundlagen der Modul- und Anlagenauslegung. Springer-Verlag, 1997, ISBN 3-540-61573-3. 
  • Staude, Eberhard: Membranen und Membranprozesse. VCH Verlagsgesellschaft mbH, 1992, ISBN 3-527-28041-3. 

Weblinks


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