Flussblindheit

Flussblindheit
Klassifikation nach ICD-10
B73 Onchozerkose
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Onchozerkose oder Onchozerkiasis (deutsch: Flussblindheit) ist eine in den tropischen Gebieten Afrikas und Amerikas vorkommende Krankheit des Menschen. Die chronische Krankheit wird durch Filarien der Art Onchocerca volvulus aus der Gruppe der Fadenwürmer verursacht und führt bei etwa 10 % der Erkrankten zur Erblindung, der sogenannten Flussblindheit.

Inhaltsverzeichnis

Infektionsweg

Lebenszyklus von Onchocerca volvulus

Krankheitsüberträger der Onchozerkose sind Kriebelmücken der Gattung Simulium, etwa S. damnosum und S. neavei in Afrika und S. callidum und S. metallicum in Mittelamerika, ferner S. ochraceum in Mittel- und Südamerika. Die blutsaugenden Kriebelmücken fungieren als Zwischenwirte, die von erkrankten Menschen Mikrofilarien aufnehmen. In den Mücken entstehen aus den Mikrofilarien Wurmlarven, mit denen sie beim Blutsaugen wiederum Menschen infizieren. Nach der Übertragung der Wurmlarven auf den Menschen dauert es über zehn Monate, bis sich daraus geschlechtsreife Fadenwürmer entwickeln. Die Fadenwürmer, die eine Lebensdauer von bis zu 17 Jahren haben, lagern sich als Parasiten im Bindegewebe ein und erzeugen Mikrofilarien. Die ausgewachsenen männlichen und weiblichen Würmer leben meist zu mehreren verknäuelt in bis zu 5 cm großen Onchozerkomen in der Unterhaut, während die sehr kleinen Mikrofilarien das Bindegewebe durchströmen. Man trifft die Mikrofilarien jedoch auch in den Augen an, wo sie Sehbehinderungen bis Erblindungen verursachen können.

Der Ausdruck Flussblindheit lässt sich von dem Vorkommen der Krankheit, meist in der Nähe von Fließgewässern, ableiten. Grund hierfür ist die Tatsache, dass die Larven der Kriebelmücke in solchen Gewässern aufwachsen und sich im adulten Stadium von Menschen in der näheren Umgebung ernähren.

Therapie

Durch Behandlungen mit Ivermectin, das die Mikrofilarien abtötet, und Suramin zur Bekämpfung der Adultwürmer ist eine vollständige Heilung möglich. Suramin ist die Wirksubstanz des 1916 von Oskar Dressel und Richard Kothe synthetisierten Germanin, dem ersten Heilmittel gegen die Schlafkrankheit und andere Trypanosomen-Erkrankungen.

Ein neuer Ansatz in der Bekämpfung der Onchozerkose besteht in der Gabe eines Antibiotikums (Doxycyclin). Dieses ist gegen die für den Fadenwurm essenziellen Endosymbionten der Gattung Wolbachia gerichtet. Eine sechswöchige Behandlung mit Doxycyclin bewirkt die Sterilisation der weiblichen Würmer. [1]

Bekämpfung

Anfang der 1970er Jahre kam es in Afrika zu einem starken Anstieg der Krankheitsfälle, besonders in Burkina Faso. Neben den schweren gesundheitlichen Folgen entwickelte sich zunehmend ein ökonomisches Problem, da viele fruchtbare Flusstäler verlassen wurden und dieses zu Einbußen in der Nahrungsproduktion und sozialen Problemen führte. Unter Mitwirken der Weltgesundheitsorganisation wurde seit 1974 das Onchozerkose Control Programm (OCP) zur Bekämpfung ausgetragen, anfänglich in den sieben westafrikanischen Staaten Benin, Burkina Faso, Ghana, Elfenbeinküste, Mali, Niger und Togo. Zehn Jahre später schlossen sich Guinea, Guinea-Bissau, Senegal und Sierra Leone dem Programm an. Lange war kein geeignetes Medikament bekannt, die Behandlung der Onchozerkose erfolgte mit Diethylcarbamazin welches massive Nebenwirkungen aufwies. Kern des Programms war die großflächige Bekämpfung der Larven der Kriebelmücke mit Insektiziden bzw. Larviziden und die neuerliche Besiedlung der Ufergebiete.[2] Ab 1988 erfolgte die Behandlung mit dem Wirkstoff Ivermectin bzw. dem Medikament Mectizan®,[3] allerdings besteht die Möglichkeit, dass Resistenzen gegen dieses Mittel ausgebildet werden.[4] 1992 wurde ein Programm zur Bekämpfung der Onchozerkose auf dem amerikanischen Kontinent initiiert, das afrikanische Programm wurde 1995 durch das African Programme for Onchocerciasis Control um 19 Staaten erweitert.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Doxycyclin zur Chemotherapie der Filariosen: Elimination von Wolbachien, essenziellen bakteriellen Endosymbionten in den Würmern
  2. Ellen de Nesnera: River blindness battle: A success story. In: Africa Report, Jhg. 31 Nr. 1, Januar/Februar 1986, S.31
  3. Victory over river blindness. Africa Recovery, Vol. 17 Nr. 1, Mai 2003 (un.org, abgerufen 15. Juni 2008)
  4. River blindness resistance fears. BBC News, 14. Juni 2007

Literatur

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