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Wildschwein Systematik Unterstamm: Wirbeltiere (Vertebrata) Klasse: Säugetiere (Mammalia) Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla) Familie: Echte Schweine (Suidae) Gattung: Sus Art: Wildschwein Wissenschaftlicher Name Sus scrofa Linnaeus, 1758 Das Wildschwein (Sus scrofa) gehört zur Familie der altweltlichen oder echten Schweine (Suidae) aus der Ordnung der Paarhufer. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Art reicht von Westeuropa bis Südost-Asien, durch Einbürgerungen in Nord- und Südamerika, Australien sowie auf zahlreichen Inseln ist es heute fast weltweit verbreitet.
Wildschweine sind Allesfresser und sehr anpassungsfähig, in Mitteleuropa nehmen sie vor allem durch den verstärkten Anbau von Mais derzeit stark zu und wandern verstärkt in besiedelte Bereiche ein. Das Wildschwein ist die Stammform des Hausschweines.
Wildschweine werden in Europa seit Urzeiten als Jagdwild genutzt, daher gibt es für Wildschweine unterschiedlichen Alters und beiderlei Geschlechts sowie für viele Körperteile Bezeichnungen aus dem jagdlichen Brauchtum. Im Deutschen allgemein verbreitet sind unter dem Oberbegriff Schwarzwild die jagdlichen Bezeichnungen Keiler für ein männliches und Bache für ein weibliches Wildschwein sowie Frischling für ein frisch geborenes Jungtier.
Inhaltsverzeichnis
Aussehen
Körperbau
Der Körper des Wildschweins wirkt von der Seite betrachtet gedrungen und massiv. Dieser Eindruck wird durch die im Vergleich zur großen Körpermasse kurzen und nicht sehr kräftig wirkenden Beine verstärkt. Im Verhältnis zum Körper wirkt auch der Kopf fast überdimensioniert. Er läuft nach vorn keilförmig aus. Die Augen liegen weit oben im Kopf und sind nach schräg-vorn gerichtet. Die Ohren sind klein und von einem Rand zottiger Borsten umgeben. Der kurze, gedrungene und wenig bewegliche Hals ist nur erkennbar, wenn Wildschweine ihr Sommerfell tragen. Im Winterfell scheint der Kopf direkt in den Rumpf überzugehen. Von der Stirn bis über den Rücken verläuft ein Kamm langer Borsten, der aufgestellt werden kann.
Die Körperhöhe nimmt zu den Hinterbeinen ab. Der Körper endet in einem bis zu den Fersengelenken hinabreichenden Schwanz, der sehr beweglich ist. Mit ihm signalisiert das Wildschwein durch Pendelbewegungen oder durch Anheben seine Stimmung. Von vorn betrachtet wirkt der Körper schmal.
Das männliche Tier lässt sich von dem weiblichen – bei seitlicher Betrachtung – gut an der Form der Schnauze unterscheiden. Während sie beim Weibchen gerade verläuft, wirkt sie beim Männchen zur Stirn hin eingedellt.
Gebiss
Das Wildschwein hat ein kräftiges Gebiss mit 44 Zähnen, in jeder Kieferhälfte drei Schneidezähne (Incisivi, Abk. „I“), einen Eckzahn (Caninus, Abk. „C“), vier Prämolaren (Abk. „P“) und drei Molaren (Abk. „M“).
Die oberen und unteren Eckzähne des Männchens krümmen sich aufwärts, bei Weibchen tritt dies nur in geringem Umfang bei älteren Tieren auf. Die Eckzähne dienen als Imponierorgane.
Die unteren Eckzähne des Männchens können in Ausnahmefällen eine Länge von bis zu 30 cm erreichen. Bei normalen ausgewachsenen Männchen haben sie in der Regel eine Länge von 20 cm, von denen aber selten mehr als 10 cm aus dem Kiefer ragen. Die beim Männchen nach oben gekrümmten Eckzähne des Oberkiefers sind wesentlich kürzer.
Siehe auch: Zahnformel
Fell
Fell von ausgewachsenen und vorjährigen Tieren
Das Fell des Wildschweins ist im Winter dunkelgrau bis braun-schwarz mit langen borstigen Deckhaaren und kurzen feinen Wollhaaren. Es dient vor allem der Wärmeregulation, da der zwischen den Haaren eingeschlossene Luftraum eine zu starke Abgabe der Körperwärme verhindert. Die glatten Deckhaare verhindern, dass die Haut beim Durchstreifen von Gestrüpp verletzt wird. Das Wollhaar bedeckt den gesamten Körper mit Ausnahme einiger Kopfpartien und des unteren Teils der Beine.
Im Frühjahr verliert das Wildschwein das lange, dichte Winterhaar und hat ein kurzes, wollhaarfreies Sommerfell mit hellgefärbten Haarspitzen. Der Fellwechsel findet in einem Zeitraum von etwa drei Monaten statt und beginnt in Mitteleuropa in den Monaten April bis Mai. Wildschweine wirken im Sommerfell wesentlich schlanker. Vorjährige Wildschweine beginnen bereits ab Ende Juli oder Anfang August mit dem Wechsel zum Winterfell. Bei ausgewachsenen Wildschweinen beginnt der Wechsel zum Winterfell erst im September. Im November ist der Fellwechsel abgeschlossen.
Allerdings bestehen in der Fellfärbung sowohl regional als auch im selben Gebiet große Unterschiede. So sind Wildschweine der Balchaschsee-Region hell sandfarben oder sogar weißlich, in Weißrussland findet man rötlichbraune, hellere oder sogar tiefschwarze Tiere und am Ussuri trifft man auf hellbraune und schwarze Wildschweine.
Gefleckte Wildschweine
In freilebenden Wildschweinpopulationen treten immer wieder Individuen auf, die schwarzbraune bis schwarze Flecken unterschiedlicher Größe auf hellerem Grund aufweisen. Gelegentlich werden sogar schwarzweiß gefleckte Wildschweine beobachtet. Bei Untersuchungen in der DDR in den 1970er Jahren traten Fleckungen bei etwa drei von hundert Wildschweinen auf. Die Fleckung wird rezessiv vererbt. Diese Färbungen werden darauf zurückgeführt, dass Hausschweine lange Zeit als Weideschweine gehalten wurden und es dabei zu Kreuzungen zwischen Wild- und Hausschweinen kam.
Polnische Untersuchungen aus demselben Zeitraum haben gezeigt, dass stark schwarzweiß gefärbte Wildschweine im Vergleich zu ihren normal gefärbten Artgenossen eine höhere Sterblichkeitsrate haben, da bei ihnen die Wärmeregulation weniger gut funktioniert.
Fell der Jungtiere
Frisch geborene Wildschweine haben ein hellgelbbraunes Fell, das in der Regel vier bis fünf gelbliche, von den Schulterblättern bis zu den Hinterbeinen reichende Längsstreifen aufweist. Auf der Schulterpartie sowie auf den Hinterbeinen sind die Tiere gefleckt. Die Streifenform und die Fleckung ist so individuell, dass Jungtiere eindeutig identifiziert werden können. Ihr Deckhaar ist noch wesentlich weicher und wolliger als bei älteren Tieren und schützt die Tiere gegenüber Feuchtigkeit weniger gut. Dieses Jungtierfell wird etwa drei bis vier Monate getragen, bevor die Tiere allmählich das einfarbig bräunliche Jugendfell bekommen. Es ist grobhaariger als das Jungtierfell, jedoch immer noch weicher als jenes ausgewachsener Tiere und hat auch weniger gut entwickelte Wollhaare. In Mitteleuropa entwickeln die Jungtiere im Oktober und November ihr erstes Winterkleid, das dann auch vermehrt die graue bis schwarze Färbung ausgewachsener Tiere zeigt.
Körpergewicht und Körpergröße
Gewicht und Größe sind je nach geographischer Verbreitung sehr unterschiedlich, das Gewicht variiert außerdem je nach Jahreszeit. Als grobe Regel kann gelten, dass Körpermasse und Körpergröße von Südwesten nach Nordosten zunehmen. Vollkommen ausgewachsen sind Wildschweine ab ihrem fünften Lebensjahr; in Mitteleuropa haben Bachen dann eine Kopf-Rumpf-Länge von 130 bis 170 cm, Keiler erreichen eine Länge von 140 bis 180 cm.[1] Mindestens fünf Jahre alte Bachen im Osten Deutschlands wogen ohne innere Organe ("aufgebrochen") zwischen 43 und 95 kg, Keiler ohne innere Organe zwischen 54 und 157 kg. Die höchsten Gewichte erreichten Bachen dort von Oktober bis März, Keiler von August bis Dezember.[2] Das maximale Lebendgewicht von ausgewachsenen Bachen in Mitteleuropa liegt bei rund 150 kg und das von ausgewachsenen Keilern bei rund 200 kg.[3]
Wildschweine in Astrachan, im Schutzgebiet der Beresina und im Kaukasus werden deutlich größer und schwerer. Männchen können hier eine Körperlänge bis zu 200 cm und ein Gewicht bis zu 200 kg erreichen. In den 1930er Jahren wurden im Wolga-Delta und am Syr Daria Wildschweine von bis zu 260 kg erlegt, und einige Jahre vorher sind sogar Tiere von 270 kg und 320 kg Gesamtgewicht belegt. Auch aus dem fernen Osten Russlands sind Keiler mit über 300 kg Körpergewicht bekannt. Im gesamten Verbreitungsgebiet verringerte sich die Körpergröße des Wildschweins durch Bejagung und heute gelten Tiere mit 200 kg Körpergewicht als sehr groß. Aus den Karpaten wird von Wildschweinen mit 110 cm Schulterhöhe und 350 kg berichtet.
Verbreitung
Das Wildschwein ist ein in ganz Eurasien sowie in Japan und in Teilen der südasiatischen Inselwelt in etwa 20 Unterarten verbreitetes Wildtier. Es kam ursprünglich von den Britischen Inseln, Südskandinavien und Marokko im Westen über ganz Mittel- und Südeuropa, Vorder- und Zentralasien, Nordafrika, Vorder- und Hinterindien bis Ostsibirien, Japan und Vietnam im Osten vor und erreicht über die Sumatra und Java sogar die Kleinen Sundainseln Bali, Lombok, Sumbawa und Komodo. Außerdem findet man es auf Ceylon Hainan und Taiwan, auf Borneo scheint die Art dagegen zu fehlen. Die Vorkommen auf Sardinien, Korsika und den Andamanen sind vermutlich durch den Menschen dort angesiedelt worden[4].
In Nordafrika war es bis vor wenigen Jahrhunderten entlang des Niltals bis südlich von Khartum sowie nördlich der Sahara verbreitet. Mittlerweile gilt das Wildschwein in Nordafrika als selten. Die früher von der Südtürkei bis nach Palästina (Region)Palästina vorkommende Unterart Sus scrofa libycus sowie die früher in Ägypten und Sudan beheimatete Unterart Sus scrofa barbarus gelten als ausgestorben. Auf der Arabischen Halbinsel kommen Wildschweine nur im äußersten Norden vor.
Die ursprüngliche Nordgrenze der Verbreitung erstreckte sich vom Ladogasee (auf 60° N) im Nordwesten südwärts über Nowgorod bis Moskau um dann in west-östlicher Richtung über die Wolga bis zumsüdlichen Ural (wo sie 52° N erreichten). Von da aus schob sich die Grenze wieder leicht nach Norden um beinahe Ishim und weiter östlich den Irtysch auf 56° N zu erreichen. In der östlichen Barabasteppe (westlich Nowosibirsk) bog die Linie scharf nach Süden ab und erreichte beinahe die Ausläufer des Altaigebirges, das sie umkreiste und sich von dort aus über das Tannu-ola-Gebirge bis zum Baikalsee zog. Von hier verlief die Grenze nördlich des Amur bis zu seinem Unterlauf am Chinesischen Meer. Auf Sachalin ist das Wildschwein nur fossil nachgewiesen. In trockenen Wüsten, Hochgebirgen und im Tibetanischen Hochland fehlt das Wildschwein naturgemäß auch südlich der beschriebenen Linie. So fehlt es in den Trockengebieten der Mongolei ab 44–46° N südwärts, in China westlich von Sechuan, und in Indien nördlich des Himalaya. In den hohen Berge des Pamir und im Tianshan findet man keine Wildschweine, im Tarimbecken und an den unteren Hängen des Tianshan kommen die Tiere dagegen vor.
Das Verbreitungsareal hat sich im Laufe der Jahrtausende mehrfach verändert. Während der Kaltzeiten hat sich das Verbreitungsgebiet mehrfach in östlicher und südlicher Richtung verschoben und während Wärmeperioden wieder in westlicher und nördlicher Richtung ausgedehnt.
In den letzten Jahrhunderten hat sich die Verbreitung des Wildschweins vor allem aufgrund menschlicher Eingriffe verändert. Mit der Ausdehnung und Intensivierung der Landwirtschaft nahm auch die Bejagung des Wildschweins zu, so dass beispielsweise die Art in England bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts ausgerottet war. In Dänemark erlegte man die letzten Wildschweine Anfang des 19. Jahrhunderts, bis 1900 gab es auch in Tunesien und dem Sudan keine Wildschweine mehr, und auch in Deutschland sowie in Österreich, Italien und der Schweiz waren weite Teile wildschweinfrei. Zu den deutschen Regionen, in denen bis in die 1940er Jahre Wildschweine nicht mehr vertreten waren, zählen beispielsweise Thüringen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg.
Rückgewinnung des Verbreitungsgebiets
Im 20. Jahrhundert haben sich Wildschweine weite Teile ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes wieder zurückerobert. So sind beispielsweise in die italienische Toskana, die lange Zeit aufgrund der intensiven landwirtschaftlichen Bewirtschaftung wildschweinfrei war, in den 1990er Jahren wieder Wildschweine eingewandert.
Auch in Russland war das Wildschwein in den 1930er Jahren in weiten Teilen ausgerottet und die Nordgrenze der Verbreitung war besonders im Westen weit nach Süden verschoben. Bis 1950 hatten sich die Tiere jedoch wieder ausgebreitet und an vielen Stellen fast wieder die alte Nordgrenze des Verbreitungsgebietes erreicht. Besonders gut dokumentiert ist die Arealerweiterung in Osteuropa. Um 1930 gab es beispielsweise in den Sumpfwaldgebieten Weißrusslands, der Ukraine, Litauens und Lettlands noch Wildschweinbestände. Von dort aus verbreitete sich die Art anfangs entlang der Flussniederungen von Daugava (deutsch: Düna), Dnepr und Desna sowie später auch entlang der Oka, Wolga und dem Don. Um 1960 waren Wildschweine bereits von Sankt Petersburg bis Moskau wieder verbreitet; um 1975 erreichten sie Archangelsk bis Astrachan. Auch in Finnland wanderten Wildschweine wieder ein.
Ähnliches vollzog sich auch in westlicher Richtung. In den 1970er Jahren gab es in Dänemark und Schweden wieder Wildschweinvorkommen, wobei diese jedoch auf aus Wildgehegen ausgebrochene Tiere zurückgingen.
Die Populationsentwicklung der letzten Jahrzehnte wird auch an den Jagdstrecken deutlich. So wurden in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2003 erstmals jeweils mehr als 500.000 Wildschweine erlegt. In den 1960er Jahren lag die jährliche Jagdstrecke noch bei unter 30.000 Tieren.
Vordringen in den städtischen Lebensraum
Die Anpassungsfähigkeit der Wildschweine zeigt sich besonders deutlich in Berlin. Wildschweine haben sich dort die stadtnahen Wälder als Lebensraum erobert und dringen heute auch in die Vorstädte ein. Gelegentlich führt sie ihr Weg bis in die Innenstadt. So mussten im Mai 2003 zwei Wildschweine erschossen werden, die auf dem Alexanderplatz auftauchten.
Der Bestand an Wildschweinen rund um Berlin wird mittlerweile auf 10.000 Tiere geschätzt. Im unmittelbaren Stadtgebiet fühlen sich nach Schätzungen der Berliner Forstverwaltung rund 4.000 Tiere wohl. Sie dringen in die Gärten und Parks ein und richten dort z. T. beträchtliche Schäden an. Sie durchstöbern auch Mülltonnen nach Essensresten. Die intelligenten Tiere registrieren sehr schnell, dass ihnen in Wohngebieten keine Bejagung droht, und werden gelegentlich sogar tagaktiv. So sind in einigen Berliner Stadtparks am helllichten Tag spielende Jungtiere zu beobachten. Der Berliner Senat hat ein strenges Fütterverbot erlassen, um zu verhindern, dass noch mehr Wildschweine in die Stadt gelockt werden.
Eingebürgerte Wildschweinbestände
Das Wildschwein wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zu Jagdzwecken in den USA eingebürgert, wo es sich zum Teil mit verwilderten Hausschweinen vermischt hat, die seit Anfang des 16. Jahrhunderts im Südwesten der Vereinigten Staaten (vor allem in Texas) lebten. Durch diese Vermischung gibt es in Nordamerika heute keine klare Abgrenzung zwischen Hausschwein und Wildschwein. Dabei scheinen sich aber Tiere, die einen relativ hohen Wildschwein-Anteil haben, gegenüber Schweinen mit hohem Hausschwein-Anteil durchzusetzen, obwohl die Bestände oft scharf bejagt werden. Zu den US-Staaten mit einem hohen Wildschweinbestand zählen Kalifornien, Florida, South Carolina, Georgia, Alabama, Arkansas, Oklahoma, Arizona und Louisiana.
Auch in Südamerika gibt es eingebürgerte Wildschweinbestände. In Argentinien wurden Wildschweine um 1900 eingebürgert und leben dort zwischen dem 40. und 44. Breitengrad.
Wildschweinbestände, die sich zum Teil ebenfalls mit dem Hausschwein vermischt haben, gibt es außerdem auch auf Neuguinea, Neuseeland und in Australien sowie auf Hawaii, Trinidad und Puerto Rico. Teilweise wurden die Tiere hier bereits vor hunderten von Jahren eingeführt. Nach Hawaii etwa gelangten die ersten Schweine vor rund 1000 Jahren mit polynesischen Seefahrern. In Australien wurde das Wildschwein zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingeführt, um dort unter anderem Schlangen zu bekämpfen. Heute gelten Wildschweine in Australien als Plage – sie töten beispielsweise regelmäßig neugeborene Lämmer und gelten daher als landwirtschaftliche Schädlinge. Auf zahlreichen südostasiatischen Inseln (Bismarck- und Louisiadearchipel, Salomon- und Admiralitätsinseln und anderen im dortigen Bereich) wurde es ebenfalls durch den Menschen eingeführt.
Lebensraum
Wildschweine sind in der Lage, sich unterschiedlichsten Lebensräumen anzupassen. Dazu trägt bei, dass das Wildschwein ein ausgesprochener Allesfresser ist, der sich schnell neue Nahrungsnischen erschließt. Wildschweine haben durch die Fähigkeit, den Boden aufzubrechen, Zugang zu Nahrung, die anderen Großsäugern nicht zur Verfügung steht. Mit ihrem kräftigen Gebiss sind sie sogar in der Lage, hartschalige Früchte wie Kokosnüsse aufzubrechen. Wildschweine sind außerdem ausgezeichnete Schwimmer und verfügen über eine gute Wärmeisolation, so dass sie sich auch an Feuchtgebiete anpassen können. Auf Grund dieser Fähigkeit zählen sowohl borealer Nadelwald, schilfbewachsene Sumpfgebiete als auch immergrüner Regenwald zu den Lebensräumen, die vom Wildschwein besiedelt werden können.
Ihre nördliche Verbreitung wird dadurch begrenzt, dass über längere Zeit gefrorener Boden es ihnen unmöglich macht, an unterirdische Nahrungsreserven zu gelangen. Hoher Schnee behindert außerdem ihre Fortbewegung und damit ihre Nahrungssuche. Daher fehlen Wildschweine auch in Hochgebirgslagen.
Im klimatisch gemäßigten Mitteleuropa entwickeln Wildschweine die höchste Bestandsdichte in Laub- und Mischwäldern, die einen hohen Anteil an Eichen und Buchen haben und in denen es sumpfige Regionen sowie wiesenähnliche Lichtungen gibt.
Den subtropischen und tropischen Klimabedingungen passen sich Wildschweine durch eine Reduktion des Haarkleides an; sie bilden dort außerdem kein Unterhautfett, das ihnen im nördlichen Verbreitungsgebiet als Wärmeisolation dient. In heißen Regionen sind Wildschweine auf Wasserquellen angewiesen, Wüsten werden daher von ihnen nicht besiedelt.
Ernährung
Das Wildschwein durchwühlt bei der Nahrungssuche den Boden nach essbaren Wurzeln, Würmern, Engerlingen, Mäusen, Schnecken und Pilzen. Wildschweine fressen neben Wasserpflanzen wie beispielsweise dem Kalmus auch Blätter, Triebe und Früchte zahlreicher Holzgewächse, Kräuter und Gräser. Als Allesfresser nehmen sie auch Aas und Abfälle an. Es wurde beobachtet, dass Wildschweine Kaninchenbauten aufbrechen, um die Jungkaninchen zu fressen. Gelegentlich fallen ihnen auch Eier und Jungvögel bodenbrütender Vögel zum Opfer. An trockengefallenen Gewässern fressen sie sogar Muscheln.
Eine besondere Rolle im europäischen Verbreitungsgebiet spielen in der Nahrung von Wildschweinen die Früchte von Eichen, Buchen. In Jahren, in denen diese Bäume besonders gut tragen (so genannte Mastjahre), leben Wildschweine monatelang überwiegend von diesen Früchten. Im asiatischen Raum gilt ähnliches für die Samen verschiedener Zirbelkieferarten.
Zur bevorzugten pflanzlichen Nahrung gehören in Mitteleuropa auch die Wurzeln von Adlerfarn und Weidenröschen. Je nach Jahreszeit haben auch die Wurzeln von Buschwindröschen, Schlangen-Knöterich, Wegerich und Sumpfdotterblumen einen größeren Anteil an ihrer Nahrung. Wildschweine weiden außerdem gerne an Klee und fressen die oberirdischen Pflanzenteile von Süßgräsern, Ampfer, Giersch, Adlerfarn und Wiesen-Bärenklau sowie Eichenlaub.
Wildschweine können erheblichen Schaden auf landwirtschaftlichen Nutzflächen verursachen. Sie fressen alle Feldfrüchte, die in Mitteleuropa in der Landwirtschaft angebaut werden. Bei Kartoffeln unterscheiden sie dabei sogar zwischen einzelnen Sorten und fressen besonders gerne Frühkartoffeln. Wildschweine durchwühlen auch Getreidefelder und richten mit ihrer Wühlerei regelmäßig einen größeren Schaden als durch das Fressen an. Auch die Schäden, die sie beispielsweise in Landschaftsparks anrichten, sind vor allem Wühlschäden. Sie graben dabei ganze Wiesen und Rabatten auf der Suche nach Blumenzwiebeln um.
Große landwirtschaftliche Schäden treten vor allem dann auf, wenn Eichen und Buchen nicht ausreichend Frucht angesetzt haben und die Wildschweine daher bevorzugt auf den landwirtschaftlichen Feldfluren auf Nahrungssuche gehen. Dies ist der Hauptgrund, warum Wildschweine so stark bejagt wurden, dass sie in Teilen Europas über Jahrhunderte hinweg fehlten. Es wird vermutet, dass die schon in der Bronzezeit nachweisbaren Einzäunungen von Feldern den Versuch darstellten, Wildschweine aus den Feldern fernzuhalten.
Wildschweine fressen allerdings auch Insekten, die einen Teil ihrer Entwicklungszeit im Boden verbringen und andere Kleintiere. Die starke Wühltätigkeit dabei kann auch unter der Bodenfauna erhebliche Schäden verursachen, so etwa bei Eigelegen und Überwinterungsplätzen von Eidechsen.
Fortbewegung und Ruheverhalten
Gangarten
Ruhende Wildschweine belasten in der Regel alle vier Beine gleichermaßen. Im Schritttempo ist die normale Fortbewegungsform der Kreuzgang, bei dem die jeweils diagonal gegenüber befindlichen Vorder- und Hinterläufe nahezu gleichzeitig vorwärts gesetzt werden. Vorder- und Hinterbein verlassen erst dann den Boden, wenn das jeweilige andere Bein bereits aufgesetzt hat. Die Tiere können dabei 3 bis 6 km in der Stunde zurücklegen.
Im Trab verlassen Hinter- oder Vorderbein bereits den Boden, bevor das jeweilige andere Bein aufgesetzt hat. Diesen Trab können Wildschweine über eine sehr lange Zeit aufrechterhalten und legen damit 6 bis 10 km pro Stunde zurück. Im Galopp flüchten Wildschweine, wenn sie aufgeschreckt werden. Ausgewachsene Tiere legen mit jedem Galoppsprung bis zu zwei Meter zurück, allerdings können Wildschweine diese Gangart nicht lange aufrechterhalten. Sie fallen auch bei einer Flucht schnell in den Trab zurück.
Wildschweine können außerdem sehr gut schwimmen und vermögen dabei längere Strecken zurückzulegen. Sie bewegen dabei ihre Beine ähnlich wie beim Trab und nur Teile des Vorder- und Oberkopfes ragen aus dem Wasser.
Ruheverhalten
Wildschweine verbringen einen großen Teil ihres Tages ruhend. Zu welcher Tageszeit sie dies tun, ist abhängig von den jeweiligen Umweltbedingungen.
Zum Ruhen benutzen sie gerne spezielle Ruheplätze, die sie sowohl einzeln als auch gemeinsam nutzen. Dösende Wildschweine liegen meist mit gestreckten Beinen, indem sie entweder auf dem Bauch ruhen und die Vorder- und Hinterbeine nach vorne oder hinten ausstrecken. Typisch ist auch die Seitenlage, bei denen die Beine im rechten Winkel abgestreckt sind. Die Kauerlage, bei der die Beine eingeknickt werden, kommt bei Wildschweinen nur für kurze Zeit vor.
Das Suhlen in Schlammlachen gehört zum typischen Verhaltensrepertoire von Wildschweinen. Besonders im Sommer dient es der Wärmeregulation. Durch den Schlamm werden Hautparasiten eingekapselt; die trocknende Schlammschicht erschwert außerdem stechenden Insekten den Zugang zur Haut.
In der Nähe der Suhlen findet man die so genannten Malbäume, an denen sich Wildschweine nach dem Suhlen scheuern. Dazu lehnen sie sich an einen Stamm und reiben ihren Körper daran entlang. Als Malbäume werden Bäume mit grober Rinde und/oder harzende Bäume bevorzugt, in Mitteleuropa vor allem Eichen, Kiefern und Fichten. Diese Bäume weisen bei längerer Nutzung deutliche Spuren auf. Durch den abgeriebenen Schlamm ist der Baum an den Scheuerstellen weißgrau, die Rinde ist in Teilbereichen abgetragen. Zum Scheuern ihres Unterkörpers stellen sich Wildschweine über Baumstümpfe und reiben sich daran.
Das Scheuern des Körpers an Bäumen ist notwendig, da Wildschweine aufgrund ihres kurzen und unbeweglichen Halses nicht in der Lage sind, sich mit Hilfe ihres Gebisses zu putzen und von Schadinsekten zu befreien.
Fortpflanzung
Paarungszeit
Weibliche Jungtiere können – sofern ihnen ausreichend Nahrung zur Verfügung steht – bereits nach 8 bis 10 Monaten geschlechtsreif werden. Männliche Tiere sind in der Regel erst im zweiten Lebensjahr fortpflanzungsfähig. Ausnahmen von dieser Regel hat man bisher nur in den USA beobachtet, wo Wildschweinpopulationen stark mit Hausschweinen durchmischt sind.
Die Paarungszeit ist von den jeweiligen klimatischen Bedingungen abhängig; in Mitteleuropa beginnt sie meistens im November und endet im Januar oder Februar – der Höhepunkt ist im Dezember. Zu Verpaarungen kann es auch außerhalb dieser Zeit kommen – manche Autoren führen eine solche Paarungsbereitschaft außerhalb der typischen Zeit auf Hausschweineinfluss zurück. Weibchen, die eine Fehlgeburt erlebt haben, oder deren gesamter Wurf kurz nach der Geburt gestorben ist, können erneut empfängnisbereit sein.
Der Beginn der Paarungszeit wird von den ausgewachsenen und einzelgängerisch lebenden Männchen eingeleitet, die ihre Sommereinstände verlassen und beginnen, den Weibchen zu folgen.
Werbung und Paarung
Trifft ein Männchen in der Paarungszeit auf Weibchen, beriecht es diese in deren Genitalregion. Ist das Weibchen empfängnisbereit, stößt er es leicht in die Bauchseite, gegen die Flanken oder an die Halsunterseite und umkreist sie. Wenn das Weibchen sich dem entzieht, folgt das Männchen ihm und versucht, den Körperkontakt aufrechtzuerhalten, indem es seinen Schädel auf den Rücken des Weibchens legt oder an ihre Flanken presst. Dieses so genannte Treiben kann sich über längere Zeit hinziehen. Wenn das Weibchen noch nicht paarungsbereit ist, attackiert es das Männchen gelegentlich. Das Männchen versucht dann, das Weibchen durch Nasonasal-Kontakt und Anhauchen zu beruhigen. Will das Weibchen nicht kopulieren, kann es quiekende Abwehrlaute ausstoßen. Wenn es nicht anders möglich ist, entzieht es seine Analregion durch Hinsetzen oder -legen.
Zur Paarung spreizt das Weibchen die Hinterläufe steif-schräg nach hinten und dreht den Schwanz seitlich weg. Das Männchen reitet auf, wobei es den Kopf auf ihren Rücken legt. In dieser Stellung verbleiben beide Tiere gewöhnlich fünf Minuten regungslos, bevor sie sich wieder trennen.
Ein Weibchen kopuliert während der Paarungszeit etwa sechs bis sieben Mal.
Paarungssynchronisation
Bei gut gegliederten Familienverbänden mit intakter Sozialordnung synchronisiert das älteste fortpflanzungsfähige Weibchen, das als so genannte Leitbache die Familienrotte anführt, die Paarungsbereitschaft aller Bachen in der Rotte. Außerdem verhindert die Leitbache die Paarungsbereitschaft bei juvenilen weiblichen Rottenmitgliedern. Diese hormonell gesteuerten Abläufe bewirken nicht nur eine zeitgleiche Paarungsbereitschaft, sondern führen vor allem zu einer gemeinsamen Geburt, bei der die Altersunterschiede der Frischlinge gering und damit ihre Überlebenschancen höher sind.
Fehlt der steuernde Einfluss älterer Tiere auf das Paarungsgeschehen (etwa durch Abschuss, Verkehrsunfall, Unfall, Krankheit führender Bachen), können Bachen das ganze Jahr über empfängnisbereit sein. Bei guter Nahrungsversorgung kann es dazu kommen, dass sich sogar Einjährige (Überläufer) oder noch jüngere Tiere an der Fortpflanzung beteiligen. Hierdurch entsteht dann eine unkontrollierte Vermehrung.
Männchenkämpfe
Treffen während der Paarungszeit Männchen aufeinander, die um Weibchen konkurrieren, kommt es in der Regel zu Hierarchiekämpfen, die stark ritualisiert ablaufen.
Zum Imponiergehabe von aufeinandertreffenden Männchen gehört unter anderem ein Scharren mit den Hinterbeinen, das Verspritzen von Urin sowie das Wetzen des Kiefers. Beim Wetzen wird der Unterkiefer rasch seitlich hin und her geschoben. Die Eckzähne des Ober- und des Unterkiefers schleifen dabei aneinander. Mit zunehmender Erregung geht dies in Kaubewegungen oder Kieferschlagen über, bei denen Ober- und Unterkiefer laut auf- und zugeklappt werden. Häufig bildet sich dabei Speichelschaum am Maul der Männchen. Gleichzeitig sind die langen Borsten des Kamms aufgestellt, der Kopf ist gesenkt. Im Imponierlauf umkreisen sich die beiden Männchen, was häufig in Schulterkämpfe übergeht.
Hat bis dahin keines der Tiere die Flucht ergriffen, kommt es zum echten Kampf, bei dem die Tiere ihre Unterkiefereckzähne einsetzen, um mit seitwärts-aufwärts gerichteten Hieben gegen Bauch und Körperseite zu schlagen. Dabei können sich die Tiere heftig blutende Verletzungen zufügen. Zum Ende des Kampfes kommt es erst, wenn eines der Tiere flieht.
Geburt der Jungtiere
Die Tragezeit der Weibchen beträgt etwa 114 bis 118 Tage („drei Monate, drei Wochen und drei Tage“). Die Jungtiere kommen in Mitteleuropa meist in der Zeit von März bis Mai zur Welt. Falls das Weibchen zu einer Rotte gehört, trennt es sich von dieser und geht seinen eigenen Weg, bis die Jungen groß genug sind, um mit der Rotte mitzuhalten.
Das Weibchen wählt dabei vor der Geburt sorgfältig den Ort für ein Geburtsnest aus. Diese Nester sind häufig in Richtung Süden exponiert, so dass sie von der Sonne erwärmt werden. In sumpfigen Regionen sucht das Weibchen nach Bodenerhebungen, damit das Nest trocken ist. Sie polstert das Nest mit Gras aus und baut anschließend eine Art Dach. Im Durchschnitt bringen Weibchen etwa sieben Jungtiere zur Welt. Während der Geburt liegt das Weibchen gewöhnlich in der Seitenlage.
Während der ersten Lebenstage der kälte- und nässeempfindlichen Jungtiere bleibt das Weibchen meist im Geburtsnest. Je nach Witterungsbedingungen verlässt das Weibchen das Nest mit seinen Jungtieren nach ein bis drei Wochen. Weibchen verteidigen ihre Jungtiere energisch. Dabei kann es auch zu Angriffen auf Menschen kommen.
Die Sterblichkeit unter den Jungtieren ist sehr hoch. Sie sterben vor allem dann, wenn es während ihrer ersten drei Lebenswochen zu Kälteeinbrüchen und Nässeperioden kommt, da ihre Wärmeregulation noch nicht voll ausgebildet ist. Die Sterblichkeit ist auch davon abhängig, wie viele Fressfeinde im Gebiet leben. In raubtierfreien Gebieten überleben durchschnittlich 75 von 100 Jungtieren das erste Jahr (die, die nicht überleben, verenden meist schon im ersten Lebensmonat), in Gebieten, in denen Wölfe, Bären und Luchse den Lebensraum mit den Wildschweinen teilen, sind es hingegen nur etwa 30 von 100.
Sozialverhalten
Wildschweine leben in Mutterfamilien, im Harem oder in Gruppen vorjähriger Tiere zusammen. Einzelgängerisch leben insbesondere männliche Tiere.
Die typischste Form des Zusammenlebens ist die Mutterfamilie, die aus einem Weibchen mit ihrem letzten Nachwuchs besteht. Gelegentlich bleibt der weibliche Nachwuchs des Vorjahres bei der Mutter und führt dann mitunter auch schon eigenen Nachwuchs. Die ursprüngliche Mutter ist in einem solchen Sippenverband das Leittier. Fremde Wildschweine werden in der Regel nicht in eine solche Gruppe aufgenommen. Treffen verschiedene Mutterfamilien aufeinander, wahren sie voneinander Abstand. Diese Gruppen brechen auseinander, wenn das Nahrungsangebot nicht ausreichend ist, wenn sie durch Jagd oder sonstige Störungen auseinandergesprengt werden oder wenn das Leittier stirbt. Aufgrund der hohen Sterblichkeit der Jungtiere schwanken die Gruppenstärken sehr stark. Gruppen von mehr als 20 Tieren sind in Mitteleuropa Ausnahmen.
Die vorjährigen Männchen werden vom Weibchen aus der Gruppe vertrieben und leben dann in der Regel für mindestens ein Jahr in einem eigenen Verband. Auch hier kommt es nicht zu Zusammenschlüssen mit vorjährigen Tieren aus anderen Gruppen. Die Hierarchie zwischen den einzelnen Tieren einer solchen Gruppe ist seit der Jungtierzeit ausgekämpft.
Ab dem zweiten Lebensjahr ziehen Männchen meist als Einzelgänger durchs Revier. Während der Paarungszeit von November bis Januar schließen sie sich einzeln Mutterfamilien an. Der Kontakt zwischen dem Männchen und der Mutterfamilie bleibt jedoch lose – er ruht nicht im gemeinsamen Lager und das Leitweibchen führt die Gruppe.
Gelegentlich lassen sich auch Gruppen vorjähriger Tiere beobachten, in denen männliche und weibliche Tiere zusammenleben. Sie treten dann auf, wenn das Mutterweibchen entweder abgeschossen wurde oder eines natürlichen Todes starb. Solche untypischen Gruppen lösen sich in der nächsten Paarungszeit auf.
Fressfeinde
Zu den natürlichen Feinden des Wildschweins zählen Tiger, Wolf, Braunbär und Luchs. Sowohl Fuchs, Wildkatze als auch der Uhu schlagen außerdem gelegentlich Jungtiere.
Für Wölfe stellen Wildschweine eine Hauptbeute dar, wobei der Anteil je nach Lebensraum schwankt. Bei einer zu Beginn der 1980er Jahre im nordeuropäischen Russland durchgeführten Untersuchung enthielten 47 % der Wolfsexkremente Wildschweinreste. In anderen Regionen Russlands kamen ähnliche Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass Wildschweine im Frühjahr und Sommer bis zu 80 % und im Herbst 40 % der Beute ausmachen. Bei der Jagd hetzen Wölfe die Wildschweingruppe über eine längere Strecke und versuchen dabei, ein Tier von der Gruppe abzutrennen. Vor allem Jungtiere und vorjährige Tiere fallen den Wölfen zum Opfer. Ausgewachsene Wildschweine sind – wenn sie in die Enge getrieben werden – durchaus in der Lage, sich Wölfen gegenüber zu verteidigen.
Nach Untersuchungen in Osteuropa jagen Braunbären dann Wildschweine, wenn ihnen andere Nahrungsreserven nicht zur Verfügung stehen oder wenn sie aufgrund unzureichender Fettreserven nicht in den Winterschlaf verfallen. Sie beschleichen dann die nachts im Nest ruhenden Wildschweine oder überfallen sie in ihrer Suhle. Im Winter verfolgen sie aber auch kranke und geschwächte Tiere über weite Strecken.
Luchs, Fuchs, Wildkatze und Uhu haben im Vergleich zu Wolf, Sibirischer Tiger und Braunbär nur eine untergeordnete Rolle als Beutegreifer. Sie jagen vor allem frisch geborene oder geschwächte Jungtiere. Vom Fuchs wird berichtet, dass er Weibchen mit Jungtieren gelegentlich nachfolgt, um eventuell zurückbleibende Jungtiere zu erjagen.
Krankheiten
Wildschweine gelten als ständiges Erregerreservoir und als Hauptüberträger der Schweinepest auf Hausschweinbestände. 2002 wurden noch 451 Fälle bei Wildschweinen in Deutschland gemeldet, was auch zu einem erhöhten Jagddruck führte. In den letzten Jahren ist die Befallssituation jedoch zurückgegangen.
Wildschweine sind Wirte für Trichinen. Aus diesem Grund muss Wildschweinfleisch vor der Verwertung einer Trichinenschau unterzogen werden. Positive Befunde sind sehr selten; die Untersuchung ist jedoch notwendig, da eine Erkrankung für den Menschen im Extremfall tödlich enden kann.
Lebenserwartung
Physisch ausgewachsen sind Wildschweine im Alter von fünf bis sieben Jahren; allerdings erreichen nur wenige Individuen dieses Lebensalter. Die Sterblichkeit besonders unter Jungtieren ist so hoch, dass im Durchschnitt weniger als 10 % neugeborener Wildschweine das vierte Lebensjahr erreichen. Physisch ausgereifte Wildschweine machen daher nur einen geringen Teil der Wildschweinpopulation aus. Nur wenige Tiere werden noch älter. In Gefangenschaft dagegen erreichen Wildschweine ein wesentlich höheres Lebensalter. Belegt sind Wildschweine, die das 21. Lebensjahr erreicht haben.
Systematik
Die ältesten bekannten Fossilfunde, die eindeutig dem Wildschwein zugeordnet werden können, stammen in Europa aus dem späten Miozän (vor etwa 6 Millionen Jahren) und in Nordamerika aus dem frühen und mittleren Pleistozän (vor etwa 1,8 Millionen Jahren).
Innerhalb der Gattung Sus ist die dem Wildschwein am nächsten verwandte Art mit sehr großer Wahrscheinlichkeit das Zwergwildschwein (Sus salvanius). Diesen beiden Arten stehen alle weiteren Sus-Arten als Bart- und Pustelschweine gegenüber. Deren innere Verwandtschaftsbeziehungen sind allerdings noch ungeklärt.
Unterarten
Neben der Nominatform wurden eine Reihe von Unterarten beschrieben. Diese werden anhand der Basilarlänge des Schädels und der Größenverhältnisse des Tränenbeins differenziert. Die Länge des Tränenbeins nimmt von Westen nach Osten ab und seine Höhe nimmt zu. Der gesamte Schädel wird dabei kürzer und höher. Die nördlicheren und nordwestlicheren Arten haben außerdem eine zunehmend dichtere und längere Behaarung. Auf Inseln lebende Wildschweine sind generell kleiner.
Folgende Unterarten werden unterschieden:
- Sus scrofa scrofa – die Nominatform, die in West- und Mitteleuropa bis zu den Pyrenäen und Alpen sowie bis zum Nordwesten der Slowakei verbreitet ist. Die Unterart ist mittelgroß, dunkel mit rostbraunem Fell.
- Sus scrofa castillianus – ist die auf der iberischen Halbinsel verbreitete Unterart.
- Sus scrofa meridionalis – war die auf Korsika und Sardinien beheimatete Unterart. Sie gilt mittlerweile als ausgerottet.
- Sus scrofa majori – die auf der italienischen Halbinsel verbreitete Unterart. Sie ist verhältnismäßig klein und dunkel. Im Norden Italiens ist sie mittlerweile von der Unterart scrofa verdrängt.
- Sus scrofa reiseri – aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien.
- Sus scrofa barbarus – die mittlerweile selten gewordene Unterart, die ursprünglich in Marokko, Algerien und Tunesien verbreitet war.
- Sus scrofa sennaarensis – war die mittlerweile ausgerottete Wildschweinunterart, die in Ägypten und im Sudan beheimatet war.
- Sus scrofa libycus – war die von der Südtürkei bis nach Israel und Palästina verbreitete Unterart. Sie ist gleichfalls durch Bejagung ausgerottet.
- Sus scrofa attila – ist die im Kaukasus, in Südosteuropa, Kleinasien, Nordpersien und entlang der Nordküste des Kaspischen Meeres beheimatete Unterart, die größer und schwerer als die mitteleuropäische Unterart wird. Das Fell ist dagegen etwas heller.
- Sus scrofa nigripes – ist die mittelasiatische Unterart, die in Kasachstan, Südsibirien, dem östlichen Tianshan, der Westmongolei und möglicherweise in Afghanistan und dem Südiran verbreitet ist. Die Unterart ist im Durchschnitt recht groß, zeigt aber diesbezüglich eine große Variationsbreite. Die helle Fellfarbe kontrastiert mit den schwarzen Beinen.
- Sus scrofa sibiricus – die im Baikalgebiet sowie der nördlichen Mongolei lebende Unterart. Sie gilt als eine verhältnismäßig kleine Unterart. Die Fellfärbung ist dunkelbraun, beinahe schwarz.
- Sus scrofa ussuricus – das so genannte „Ussurische Wildschwein“, das zu den größten Unterarten zählt. Die Grundfärbung ist variabel, meist aber dunkel, vom Maul zum Ohr zieht sich ein weißes Band. Bewohnt das Amur- und Ussurigebiet.
- Sus scrofa leucomystax – ist das in Japan lebende Wildschwein.
- Sus scrofa riukiuanus – das als gefährdet eingestufte Wildschwein der Ryukyu-Inseln im Südwesten Japans.
- Sus scrofa cristatus – das Indische Wildschwein ist die in Indien und Indochina lebende Unterart, die einen verkürzten Gesichtsschädel hat.
- Sus scrofa vittatus – auf den Sunda-Inseln verbreitet.
- Sus scrofa timorensis – auf Timor verbreitet.
- Sus scrofa nicobaricus – von den Nicobaren.
- Sus scrofa andamanensis – von den Andamanen.
- Sus scrofa chirodontus – aus Südchina und Hainan.
- Sus scrofa taivanus – aus Taiwan.
- Sus scrofa moupinensis – aus Zentral-China.
- Sus scrofa papuensis – aus Neu Guinea
Mensch und Wildschwein
Wildschwein und Hausschwein
In dem großen Verbreitungsgebiet des Wildschweins ist es mehrfach unabhängig voneinander zur Domestikation gekommen. Die Domestikation des Wildschweins ist ähnlich wie bei Schafen und Ziegen mit einer Abnahme der Größe einhergegangen. Archäologische Funde von Schweineknochen, die deutlich unterhalb der Variationsbreite von Wildschweinknochen liegen, werden deshalb als Beleg für eine Wildschweindomestikation betrachtet. Die ältesten gesicherten Belege für eine Domestikation hat man im Südosten der Türkei gefunden. In frühneolithischen Siedlungen aus der ersten Hälfte des 8. Jahrtausends v. Chr. haben Ausgrabungen Schweineknochen an den Tag gebracht, die sich in ihren Größenverhältnissen deutlich vom Wildschwein unterscheiden. Im Irak und für Europa datieren sichere Belege auf 7000 v. Chr.
Unabhängig davon fand die Domestikation des Wildschweins in China statt, wo die ältesten Knochenfunde auf eine Haustierhaltung des Wildschweins im 6. Jahrtausend v. Chr. hinweisen. In Thailand lassen archäologische Befunde die Domestikation auf das 4. Jahrtausend vor Christus datieren.
Die Domestikation hat in Mitteleuropa zu Schweinen geführt, die im Mittelalter häufig nur eine Widerrist- Höhe von 75 cm hatten. In ihrem Erscheinungsbild – dichte Körperbehaarung, langgestreckter Kopf, Stehmähne – glichen sie jedoch noch sehr dem Wildschwein:
- „Bis zum 18. Jahrhundert wich das Leben der europäischen Hausschweine nicht grundlegend von dem der Wildschweine ab. Durch die Haltungsbedingungen waren sie nicht gegen klimatische Unbilden abgeschirmt. Ihr Futter mussten sie überwiegend in den Wäldern selbst suchen, und sie bekamen nur Abfälle zugefüttert. Zudem dürfte gelegentlich ein Keiler in ihr Gehege eingedrungen sein, um eine Sau zu decken. Die Folge war, dass sich Hausschweine bis zu dieser Zeit im Typ kaum von Wildschweinen unterschieden. Es waren langbeinige schlanke Tiere mit langem gestrecktem Kopf und einem deutlichen Borstenkamm auf dem Rücken. Noch um 1800 betrug das Schlachtalter von Schweinen in Deutschland 1½ Jahre; ihre Gewicht lag damals bei 50 kg.“ (Sambraus, S. 277)
Die heutigen Hausschweine, wie etwa das Schwäbisch-Hällische Landschwein oder das Deutsche Edelschwein, sind verhältnismäßig moderne Züchtungen. Sie entstanden, nachdem die Praxis der Eichelmast zunehmend eingestellt wurde. Die erste moderne Schweinerasse entstand um 1770 in England.
Das Wildschwein als Jagdwild
Für das Wildschwein und seine Körperteile haben sich im jagdlichen Brauchtum eigene Namen ausgebildet. Die Art wird hier als Schwarzwild oder Sauen bezeichnet. Männliche Wildschweine werden Keiler genannt, ein starker, älterer Keiler ab dem fünften oder sechsten Lebensjahr wird als Basse oder Hauptschwein bezeichnet. Das weibliche Tier heißt Bache, das Jungtier beiderlei Geschlechtes nennt man von seiner Geburt bis zum darauffolgenden 31. März Frischling. Ab dem der Geburt folgenden 1. April werden junge Wildschweine als Überläufer, genauer als Überläuferbache bzw. Überläuferkeiler, bezeichnet. Die Eckzähne werden beim Keiler auch als Gewaff bezeichnet. Die Eckzähne im Oberkiefer heißen Haderer, die im Unterkiefer nennt man Gewehre.
Das Wildschwein gehörte zum wichtigsten Jagdwild der Menschen des Mesolithikums. Aufgrund archäologischer Befunde ist man der Überzeugung, dass Wildschweine in Mitteleuropa etwa 40 bis 50 % der Jagdbeute ausmachten. Unsere Vorfahren verwendeten Fallgruben und jagten mit Pfeil und Bogen die leicht zu erlegenden Jungtiere und vorjährigen Tiere.
Die Jagd auf einen ausgewachsenen Keiler stellte eine Mutprobe dar. Ein verletztes ausgewachsenes Wildschwein greift auch den Menschen an und insbesondere die männlichen Tiere vermögen mit ihren langen Eckzähnen dem Mensch tödliche Verletzungen beizufügen. Es galt daher durchaus als königliche Mutprobe, sich nur mit der so genannten Saufeder – einem Jagdspieß – auf Wildschweinjagd zu begeben. Die erfolgreiche Jagd Karls des Großen auf einen Keiler wird dementsprechend auch in der St. Galler Handschrift Carolus Magnus et Papa Leo aus dem Jahre 799 gewürdigt.
Wie zahllose Gemälde und kunsthandwerkliche Arbeiten zeigen, war die Wildschweinhatz mit Pferd und Jagdhunden die übliche Jagdweise. Am württembergischen Herzogenhof wurden zu Anfang des 17. Jahrhunderts 900 große Jagdhunde gehalten, mit denen man auf Wildschweinjagd ging. Die wertvollen Hunde, die man auch als „Sauhunde“ oder „Saupacker“ bezeichnete, wurden gegen die Angriffe der Wildschweine mit breiten Halsbändern und mitunter sogar Panzerhemden geschützt. Aufgabe der Hunde war es, das Wildschwein so lange zu hetzen, bis es ermüdete und es dann an einem Ort festzuhalten, bis der Jäger es aus naher Entfernung tötete. Bei diesen Sauhatzen wurden regelmäßig Menschen, Pferde und Hunde durch angreifende Wildschweine schwer und mitunter tödlich verletzt.
Die Entwicklung der Feuerwaffen machten die Jagd auf das Wildschwein einfacher. Es bestand keine Notwendigkeit mehr, sich einem mit seinen Hauern wild schlagenden Keiler direkt zu stellen. Trotzdem war insbesondere im Barock die Jagd auf das Wildschwein fester Bestandteil des höfischen Zeremoniells. Sauhatzen zu Pferd gehörten zwar noch zu den fürstlichen Vergnügungen, häufig wurden die Tiere jedoch auch in so genannten Hetz- oder Saugärten vor die Büchsen der höfischen Gesellschaft getrieben. Die erjagten Tiere spielten dabei durchaus auch eine Rolle bei der Versorgung der Bevölkerung mit Fleisch. 1669 verkaufte beispielsweise das „Proviant- und Rauchhaus des Jägerhofes Dresden“ 616 geschossene Tiere an die Bevölkerung; in Preußen waren die Bürger der Städte gezwungen, dem königlichen Hof erjagte Wildschweine abzukaufen. Dem gegenüber stand der massive landwirtschaftliche Schaden, den die Wildschweine auf den Feldern anrichteten. Den Bauern war es in der Regel nicht erlaubt, die in ihre Felder einfallenden Wildschweine abzuschießen – sie durften lediglich mit Knüppeln ihre Anbauflächen schützen.
Dies änderte sich mit dem Verfall des Absolutismus. Jagdbeschränkungen auf Wildschweine wurden aufgehoben und ab dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurden in vielen mitteleuropäischen Ländern Verordnungen erlassen, nach denen Wildschweine nur noch in Tiergärten oder Wildgattern erlaubt waren. Mitte des 19. Jahrhunderts war das Wildschwein deswegen in zahlreichen mitteleuropäischen Regionen nicht mehr vertreten. Dazu trug wesentlich bei, dass in Folge der Revolution von 1848 das Jagdrecht an das Grundeigentum gebunden wurde. Der Jagdinhaber hatte den entstehenden Wildschaden zu ersetzen und dies führte zu einer massiven Dezimierung der Wildschweinbestände. Das preußische Wildschadengesetz von 1891 beispielsweise verlangte vom Jagdberechtigten vollen Ausgleich des Wildschweinschadens, wenn ihm Hegeabsichten unterstellt werden konnten. Als Hegeabsicht wurde dabei schon gewertet, wenn der Jagdberechtigte ein Weibchen mit Jungtieren nicht abschoss.
Wie im Kapitel „Verbreitung“ beschrieben, waren in den 1940er Jahren des 20. Jahrhunderts viele Regionen Mitteleuropas von Wildschweinen nicht mehr besiedelt. Zur Ausbreitung des Wildschweins hat beigetragen, dass in den ersten Nachkriegsjahren insbesondere in Deutschland die Jagd nur eingeschränkt erlaubt war. Auch der vermehrte Anbau von Mais lässt die Wildschweinstrecken steigen. Im Jagdjahr 2007/2008 wurden in Deutschland 447.000 Tiere erlegt.[5]
Verhalten gegenüber Menschen
Als Folge der intensiven Verfolgung durch den Menschen sind sie heute meist scheu und nachtaktiv. Männchen in der Paarungszeit und Weibchen mit Frischlingen können jedoch gelegentlich gegenüber Menschen aggressiv werden, insbesondere wenn diese mit Hunden unterwegs sind. In bekannten Vorkommensgebieten von Wildschweinen sollten Hunde daher nur angeleint mitgeführt werden.
In Großstädten können Wildschweine ihre Scheu vor Menschen weitgehend ablegen, insbesondere wenn sie gefüttert werden. Erfahrungen in Berlin zeigen, dass die Bejagung im urbanen Raum von Teilen der Bevölkerung einerseits häufig aus Sympathie für die Tiere und Tierschutzgründen abgelehnt wird, andererseits wegen der verursachten Schäden in Gärten und Grünanlagen massiv gefordert wird. Hier steht daher neben der Bejagung vor allem die Beratung der Bürger zum angemessenen Umgang mit Wildschweinen im Wohnumfeld im Vordergrund.[6]
Abgerichtete Wildschweine
Im Perigord (Frankreich) werden speziell zur Trüffelsuche trainierte Wildschweine eingesetzt.
Siehe Hauptartikel: Luise (Wildschwein)
In den 1980er Jahren gelangte ein im Hildesheimer Raum abgerichtetes Wildschwein zu weltweiter Bekanntheit und fand als erstes Schwein im Dienst der Polizei Aufnahme in das Guinness-Buch der Rekorde: Das Spürwildschwein Luise der Polizei Niedersachsen war nach Ausbildung durch einen Diensthundeführer in der Lage, vergrabene Sprengstoffe und Rauschgiftproben ebenso wie Suchtmittelspürhunde zu finden. Die Bache stand von 1984 bis zur Pensionierung ihrer Ausbilders und Führers 1987 im Dienst der Polizei. Sie kam wegen ihrer aufwändigen Öffentlichkeitsarbeit nur in vier Fällen zu einem Polizeieinsatz, wobei sie zweimal fündig wurde.
Wildschweine in der Literatur
Die Jagd auf das wehrhafte Wildschwein ist immer wieder Thema der Literatur gewesen. Das reicht von den Taten des Herakles, der den Erymanthischen Eber einzufangen hat, über das Nibelungenlied und die griechische Überlieferung der Wildschweinjagd der Atalante und des Meleager (von Peter Paul Rubens auch in Gemälden festgehalten) bis zur Darstellung in der Comic-Serie „Asterix“.
Schon in den Erzählungen des Homer wird davon berichtet, wie die griechische Göttin der Jagd Artemis aus Rache ein Wildschwein auf die Erde schickt, das die Felder und Weingärten verwüstet. Auch der römische Dichter Ovid hat beschrieben, welche Schäden wühlende Wildschweine auf den Feldern der Bauern verursachen. In der germanischen Edda jagen die Helden jeden Tag den Keiler Sährimnier, der am nächsten Morgen aufersteht, um erneut gejagt zu werden. Auch in Märchen taucht der heldenhafte Kampf gegen das Wildschwein auf. Im Märchen vom Tapferen Schneiderlein, das die Gebrüder Grimm überliefert haben, fängt durch einen schlauen Trick das schmächtige Schneiderlein den wilden Eber, vor dem sich sogar die Jäger fürchten.
In der Comic-Serie „Asterix“, deren Handlung im Gallien der Römerzeit um das Jahr 50 v. Chr. unter Julius Caesar spielt, gelten Wildschweine als Leibspeise nicht nur der Hauptcharaktere Asterix und Obelix, sondern aller Bewohner des gallischen Dorfes, welches den Römern erbittert Widerstand leistet. Jedes Heft der Comic-Serie endet damit, dass das gesamte Dorf sich beim gemeinsamen Wildschweinessen versöhnt und feiert.
Im Roman Hannibal von Thomas Harris spielen Wildschweine eine Rolle in den Racheplänen von Mason Verger, eines Opfers von Doktor Lecter. Er lässt eine Wildschweinrasse züchten, die besonders wild und sogar blutrünstig ist, um sie als Mordwaffe gegen Doktor Lecter einzusetzen.
Wildschwein als Wappentier und Namensgeber für Ortschaften
Aufgrund seiner weiten Verbreitung taucht Schwarzwild wiederholt als Wappentier auf und stand auch Pate für die Namensgebung von Ortschaften. Bekannte Beispiele sind die Kreisstadt Eberswalde nordöstlich von Berlin und die mehrfach auftretenden Ortsnamen Eberbach bzw. Ebersbach.
Das Wappen von Wolfsburg-Vorsfelde zeigt auf silbernem Grund einen springenden schwarzen Keiler über grünem Boden. Es ist ein redendes Wappen, denn das Wildschwein vergegenständlicht den Namensteil Vor im Ortsnamen Vorsfelde. Dat Vor ist ein Begriff aus dem Niederdeutschen und steht für ein mageres Schwein. Das Wappenbild in der heutigen Form tauchte erstmals um 1740 auf. Es entstand aus dem Vorsfelder Ortssiegel, auf dem ein springendes Wildschwein bereits 1483 nachweisbar ist. Die Übernahme als Wappentier beruht vermutlich auch auf der Häufigkeit von Schwarzwild in den nahen Drömlingswäldern. Seit 1952 steht ein leibhaftiger Keiler als ausgestopftes Wappentier in einem Schaukasten im früheren Vorsfelder Rathaus (heute Verwaltungsstelle Stadt Wolfsburg), der in Ortsnähe geschossen wurde.
Der Keilerkopf ist Markenzeichen der Spirituosenfabrik Hardenberg-Wilthen in Nörten-Hardenberg („Hardenberger“).
Literatur
- Norbert Benecke: Der Mensch und seine Haustiere – Die Geschichte einer jahrtausendealten Beziehung. Konrad Theis Verlag, Stuttgart 1994, S.248–260. ISBN 3-88059-995-5
- Lutz Briedermann: Schwarzwild. 2., bearbeitete Auflage. Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin 1990, 540 S., ISBN 3-331-00075-2
- Lutz Heck: Die Wildsauen. Verlag Paul Parey, Hamburg 1980, 1985. ISBN 3-490-06612-X
- Heinz Meynhardt: Schwarzwild-Report. Mein Leben unter Wildschweinen. 8., überarbeitete Auflage. Neumann, Leipzig und Radebeul 1990, 220 S., ISBN 3-7402-0080-4
- Rolf Hennig: Schwarzwild. Biologie, Verhalten, Hege und Jagd. 7., überarbeitete Auflage (Neuausgabe). BLV, München 2007, ISBN 3-8354-0155-6
- Cord Riechelmann: Wilde Tiere in der Großstadt. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 2004. ISBN 3-89479-133-0
- Michael Petrak: Schwarzwild. Biologie, Bestandsreduktion, Sozialstrukturen, Wildschadenseindämmung, Schweinepest. Wild und Hund. Exklusiv, 22. Parey, Singhofen 2003, 114 S., ISBN 3-89715-022-0
- Hans Hinrich Sambraus: Farbatlas Nutztierrassen. Ulmer, Stuttgart 2001. ISBN 3-8001-3219-2
- F. Müller, D. G. Müller (Hrsg): Wildbiologische Informationen für den Jäger. Band 1: Haarwild. (Reprint der früheren Ausgabe aus Jagd+Hege). Verlag Kessel, Remagen-Oberwinter 2004, ISBN 3-935638-51-5
- H. Gossow: Wildökologie. (Reprint der letzten Auflage des BLV.) Verlag Kessel, Remagen-Oberwinter 2005, ISBN 3-935638-03-5
- V. G. Heptner: Mammals of the Sowjetunion Vol. I Ungulates. Leiden, New York, 1989 ISBN 9004088741
Filmdokumentationen
- Schwarzwildreport, TV-Dokumentarfilmreihe von Heinz Meynhardt, 1974 bis 1977
- Wildschweingeschichten, zehnteilige Fernsehserie von Heinz Meynhardt
- Die Wildschweine im Teutoburger Wald. 45 Min. (Reihe: Expeditionen ins Tierreich), Erstausstrahlung am 26. März 2008 (NDR); Autor: Tierfilmer Günter Goldmann
Einzelnachweise
- ↑ I. Haseder & G. Stinglwagner: Knaurs großes Jagdlexikon. Weltbild Verlag, München 2000. S. 732
- ↑ Hans Stubbe (Hrsg.): Buch der Hege, Band 1 Haarwild. Verlag Harri Deutsch, Thun-Frankfurt/Main, 1988: S. 254-255.
- ↑ Edgar Böhm: Jagdpraxis im Schwarzwaldrevier. Leopold Stocker Verlag, Graz, 1997. S. 29ff
- ↑ Ronald M. Nowak: Walker’s mammals of the world. 6. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, ISBN 0-8018-5789-9.
- ↑ Wildschweinstrecke steigt rasant Deutsche Jagdzeitung (19.11.2008)
- ↑ L. Wittich: Wildtierpräsenz und Wildtieraktivität im urbanen Raum. In: H. Hofer & M. Erlbeck (Hrsg.): Wildtiermanagement im urbanen Raum? Wildtiere im Spannungsfeld von Tierschutz, Jagdrecht und Naturschutz. Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), Berlin, 2007 ISBN 978-3-00-021684-8: S. 16-20
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