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Eine Fußgängerzone (auch Fußgängerbereich) ist ein den Fußgängern vorbehaltener Bereich, der für alle Kraftfahrzeuge gesperrt ist. Öffentlicher Personennahverkehr, Lieferverkehr oder Fahrradverkehr kann davon ausgenommen sein, eine entsprechende Beschilderung weist dann darauf hin. Die Straßenraumgestaltung wird an die Bedürfnisse des Fußverkehrs angepasst, die Trennung des Verkehrsraums in Fahrbahn und seitlichem Gehweg wird aufgehoben. Die Fußgängerzone besteht aus einer oder mehreren Fußgängerstraßen.
Um eine Gefährdung der Fußgänger durch den Kraftfahrzeugverkehr auszuschließen, werden in der Straßenverkehrsordnung entsprechende Verkehrsregeln formuliert. Kraftfahrzeuge müssen sich mit Schrittgeschwindigkeit in der Fußgängerzone bewegen, des Weiteren haben Fußgänger stets Vorrang(§ 41) vor dem Kraftfahrzeugverkehr. Kinder bis zehn Jahre dürfen die Fußgängerzone mit Fahrrädern benutzen, da Fußgängerzonen in diesem Fall als Gehweg betrachtet werden. Ist die Benutzung von Fahrrädern nicht durch ein entsprechendes Verkehrszeichen freigegeben, so muss der Radfahrer in der Fußgängerzone absteigen.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung und Verbreitung
In vielen Fällen wurde in den 1950er Jahren die Gelegenheit des Wiederaufbaus von im Zweiten Weltkrieg zerstörten Stadtkernen benutzt, um Fußgängerzonen als wesentliches Element modernen Städtebaus zu planen und einzurichten. Dabei wurde ein Konzept umgesetzt, das Verkehr, Einkaufen und Wohnen räumlich trennt: Einkaufen sollte in Fußgängerzonen stattfinden; sie wurden so zu einem Symbol prosperierenden Wirtschaftslebens und vielerorts zum zentralen Ort des anspruchsvollen Massenkonsums. Insbesondere in größeren Städten finden sich dort auch große Kaufhäuser.
Ein Vorläufer der Fußgängerzonen in Deutschland wurde bereits vor dem Zweiten Weltkrieg in den 1920er Jahren in der Kettwiger Straße in Essen angelegt.
Nach dem Krieg wurde am 9. November 1953 als offizielle erste Fußgängerzone Deutschlands die Treppenstraße in Kassel eröffnet. Sie ging aus einem Wiederaufbauwettbewerb von 1947 hervor. Kiel folgte mit der Holstenstraße am 12. Dezember 1953; entsprechende Planungen gab es hier zwar bereits seit 1950/1951, doch die Freigabe erfolgte erst zwei Jahre später. Auch Stuttgart behauptet gern, 1953 die erste Fußgängerzone Deutschlands eröffnet zu haben, doch scheint nicht ganz klar zu sein, ob es sich dabei um die Königstraße oder die Schulstraße handelte und wann das Eröffnungsdatum exakt war.
Mit der Bebauung des kriegszerstörten Nordabschnitts des Breiten Wegs (damals Karl-Marx-Straße) in der ersten Hälfte der 1960er Jahre entstand in Magdeburg die erste Fußgängerzone in der DDR. Die erste Fußgängerzone Österreichs entstand 1961 in der Klagenfurter Krämergasse.
Die erste deutsche Fußgängerzone, die auch mehrere Straßen umfasste, wurde 1967 in Oldenburg eingeweiht.
Die erste und bislang einzige Fußgängerzone, welche direkt nach der Abstufung von einer Bundesstraße (B 18) zur Fußgängerzone umgestaltet wurde, wurde 1972 in Memmingen eingeweiht.
Die Verbreitung von Fußgängerzonen ist weitgehend auf Europa beschränkt geblieben. So gibt es in Deutschland heute etwa 3000 Fußgängerzonen, während in den USA von ursprünglich 200 vor allem in den 1960er Jahren gegründeten Fußgängerzonen nur ungefähr 30 übrig geblieben sind. Für Aufsehen sorgte kürzlich der Plan des New Yorker Bürgermeisters Michael Bloomberg, zeitweise Teile des berühmten Broadway zur Fußgängerzone zu erklären. Von Mai bis Dezember 2009 sollen auf dem etwa 500 Meter langen Bereich zwischen 42. und 47. Straße, der auch den Times Square umfasst, als auch zwischen 33. und 35. Straße keine Autos fahren dürfen. Abhängig von den Erfahrungen mit dieser Regelung soll die Fußgängerzone nach Dezember 2009 eventuell bestehen bleiben. Bei Taxifahrern und Zulieferern stößt der Plan auf Widerstand.[1]
Aktuelle Trends
Einhergehend mit wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit, zunehmender Mobilität und der konkurrierenden Errichtung von Einkaufszentren „auf der grünen Wiese” verändern Fußgängerzonen ihr Gesicht. Die wichtigsten aktuellen Trends in Fußgängerzonen lassen sich unter den folgenden Stichworten zusammenfassen:
- Trading Down - Renommierte Fachgeschäfte müssen schließen und werden teilweise, vor allem in kleineren Städten, durch Ramschläden ersetzt oder bleiben leerstehend. Damit einhergehend nehmen die Attraktivität und die Besucherfrequenz der Fußgängerzonen ab. Diese discountorientierten Betriebsformen kompensieren ihre relativ niedrige Gewinnspanne durch hohe Umsätze oder profitieren von sinkenden Mieten.
- Filialisierung - Unter Filialisierung versteht man die Verdrängung privat betriebener individueller Geschäfte durch Franchiser oder Filialisten, die mit ihren standardisierten Sortimenten und Geschäftsmodellen die Fußgängerzonen zunehmend prägen.
- Textilisierung - Der Anteil der Geschäfte, die Textilien verkaufen, steigt.
- Krise des Kaufhauses - Kaufhäuser befinden sich seit den 1980er Jahren in einer Krise, auf die bisher keine endgültige Antwort gefunden wurde. Das Kaufhaus stellt bis heute den Hauptanziehungspunkt vieler Fußgängerzonen dar. Neue Formen, die Kaufhäuser allerdings nicht vollständig ersetzen können, sind Einkaufszentren, die sich in zunehmendem Maß in Innenstädten und an Fußgängerzonen ansiedeln.
- Banalisierung - Die anspruchslose, homogene, einfache und austauschbare Architektur vieler Geschäftsgebäude banalisiert das Stadtbild im Bereich vieler Fußgängerzonen.
- Neue Nutzungen - Zunehmend breiten sich Nutzungen aus, die es so häufig in der Vergangenheit nicht gab. Hierzu zählen Fast-Food-Lokale, in kleineren Städten auch Sex-Shops und Spielhallen.
- Lärmbelästigung - Aufgrund der seit den letzten Jahren stark zunehmenden Schanigärten und Events, haben Wohnqualität und Wohnungswert in vielen Fußgängerzonen durch hohe Lärmbelästigung, die zeitweise sogar den Schallpegel von Autobahnen übersteigt, stark abgenommen. Mieter können Mietpreisreduzierung einklagen.
Als besonders zukunftsträchtiges Instrument zur Revitalisierung von Fußgängerzonen wird die Einrichtung von erstmals in den 1970er Jahren in Kanada erprobten Business Improvement Districts (etwa: Distrikte zur Verbesserung der Geschäftslage) gesehen. In diesen Bereichen vereinbaren die Besitzer der darin liegenden Immobilien rechtskräftig, gemeinsam zur Verbesserung der Einkaufssituation beizutragen, indem sie etwa das äußere Erscheinungsbild ihres Bereiches verbessern oder gemeinsame Verkaufsaktionen durchführen. Die Idee ist von den Erfolgen von Einkaufszentren inspiriert.
Siehe auch
Literatur
- Kerstin Hilt: The Demise of Germany's Pedestrian Zones Deutsche Welle Köln, 28. Juni 2005 [2] (engl., Der Niedergang von Deutschlands Fußgängerzonen)
Weblinks
- Informationen zur Treppenstraße in Kassel
- Informationen zur Fußgängerzone in Kiel
- Informationen zur Kettwiger Straße in Essen
- Informationen zu vorhandenen und diskutierten Fußgängerzonen in Berlin
- Verkehrszeichen Fußgängerzone
Einzelnachweise
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